Noch mehr Planungs- und Ausführungsfehler bei gebundenen Pflasterdecken
von: Dr. rer. Karl-Uwe Voß
Mangelhafte Entwässerungsfähigkeit einer Pflasterdecke
Fehlende Erfahrungen der Planer und Ausführenden führen immer wieder zu der fehlerhaften Annahme, dass kein Wasser in gebundene Pflasterdecken eindringt. So ist es keine Seltenheit, dass Plattenbeläge unter Verwendung von Bettungsmörteln oder Fliesenklebern direkt auf bestehende Betonoberflächen "aufgeklebt" werden, ohne dass Maßnahmen zur schadensfreien Wasserableitung (z. B. in Form einer Flächendrainage) getroffen werden. Die nachfolgenden Bilder zeigen beispielhaft die Terrasse eines repräsentativen Objektes, bei der sich aufgrund einer nicht ausreichenden Entwässerungsfähigkeit Grünbeläge und massive Ausblühungen in der Oberfläche der Fugen beziehungsweise der Plattenbeläge gebildet haben.
Nach dem Öffnen des Plattenbelags zeigte sich, dass die Bettung stark durchfeuchtet war und auf der Plattenrückseite, neben Resten des Bettungsmörtels, massive Ausblühungen vorzufinden waren.
Dieser Schaden hätte durch Anordnung einer Flächendrainage unterhalb des Bettungsmörtels mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Wie dieses Beispiel zeigt, kann die "Fliesenlegerbauweise" aus dem Gebäudeinnern nicht ohne Weiteres nach außen übertragen werden. Vielmehr müssen die klimatischen Rahmenbedingungen (Einwirkung von Niederschlägen und von Frost) im Außenbereich bei der Festlegung der anzuwendenden Bauweise zwingend berücksichtigt werden.
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Bauweise
In den letzten Jahren hat die Bedeutung von keramischen Platten bei der Herstellung von Plattenbelägen auf Terrassen deutlich zugenommen, wobei die althergebrachten Bauweisen teilweise durch neue ersetzt wurden. Für viele dieser Bauweisen liegen aber keine ausreichenden Erfahrungen bei der Anwendung im Außenbereich vor, einige der Bauweisen stellen sogar nicht selten den Ausgangspunkt für Streitigkeiten dar. Das nachfolgende Beispiel zeigt die Terrasse eines repräsentativen Objektes, auf der ein keramischer Plattenbelag zur Anwendung kam, der mittels der "Batzenverlegung" verlegt worden war.
Ein Haftvermittler zur Sicherstellung eines sachgerechten Verbundes zwischen den keramischen Platten und dem Bettungsmörtel kam nicht zur Anwendung. Da die keramischen Platten nicht mit flächigem Verbund zur Unterlage, sondern auf Mörtelbatzen verlegt worden waren, klang der keramische Belag über große Teile des Plattenbelags hohl, was durch den Bauherrn reklamiert wurde. Leider hatte der Ausführende den Bauherrn über diesen "Nebeneffekt" der gewählten Bauweise im Vorfeld nicht informiert.
Neben dem vorgefundenen Hohlklang ist diese Bauweise aber auch aus technischer Sicht kritisch, da der Verleger nicht nur die Batzenverlegung gewählt hatte! Vielmehr hatte er die Terrasse trotz einer Gesamtbreite von rund 20 m zusätzlich ohne Bewegungsfugen ausgeführt. Da der Verbund zwischen den keramischen Platten und dem Bettungsmörtel aufgrund der Batzenverlegung und dem eingesparten Haftvermittler deutlich reduziert war und ein viel zu großer Bewegungsfugenabstand vorlag (s. Teil 2 dieser Artikelserie) war das Risiko für die Entstehung von Folgeschäden in Form von Rissbildungen und der Ablösung der keramischen Platten vom Bettungsmörtel im vorliegenden Fall deutlich erhöht.
Wie in vielen anderen Fällen lagen auch dort gleich mehrere Fehlerquellen vor. So waren die aufgehenden Bauteile darüber hinaus nicht durch Bewegungsfugen vom Plattenbelag getrennt worden (s. Abb. 4 ). Im Gegensatz dazu waren die Zwischenräume zwischen den aufgehenden Bauteilen und dem Plattenbelag mit einem starren Zementmörtel verfüllt worden, so dass ein starrer Anschluss der Platten an die aufgehenden Bauteile vorlag.

Fugenfüllung
Neben zementgebundenen Fugenmörteln kommen in den letzten Jahren verstärkt harzgebundene Fugenmörtel zum Einsatz. Diese Mörtel haben den großen Vorteil, dass sie deutlich elastischer als zementgebundene Fugenmörtel (geringeres E-Modul) und somit weniger rissanfällig sind.
Das nachfolgende Bespiel zeigt ein Objekt, in dem ein harzgebundener, aber nicht wasserdurchlässiger Fugenmörtel bei einer Mischbauweise zum Einsatz kam. Leider hatte man sich aus Kostengründen aber dazu entschlossen, den Fugenmörtel nicht über die gesamte Steinhöhe einzubringen, sondern nur die obersten circa 2 cm mit dem Fugenmörtel zu verfüllen. Darunter kam ein ungebundenes Fugenmaterial zum Einsatz.
Das Schadensrisiko dieser ohnehin schon schadensträchtigen Bauweise wurde dadurch noch verschärft, dass es sich bei dieser Fläche um eine (zwar nur in geringer Frequenz) befahrene Pflasterdecke handelt. Erwartungsgemäß waren massive Schäden die Folge, allerdings wiesen die Schäden im vorliegenden Fall ein ungewöhnliches Erscheinungsbild auf (Abb. 5).
Wie diese Bilder zeigen, äußerten sich die Schäden derart, dass zuerst Risse im Bereich der Steinränder entstanden und die Steinoberfläche anschließend in diesem Bereich abwitterte (Abb. 6). Aus diesem Grunde bestand seitens des Bauherrn die Vermutung, dass die Pflastersteine verantwortlich für diesen Schaden wären.
Auffällig war, dass der Fugenmörtel im Bereich der Ausbruchstellen in der Fuge verblieb und der Zementstein im Randbereich der Steinoberfläche durch die Fuge sogar stabilisiert wurde. Erst im Rahmen der Öffnung der Pflasterdecke zeigte sich, dass die Fugen nur im oberflächennahen Bereich mit dem Fugenmörtel verfüllt waren und die darunter liegende Fuge ein ungebundenes Fugenmaterial enthielt (Abb. 7).
Außerdem wies die Bettung auch hier keine ausreichende Entwässerungsfähigkeit auf, so dass sich in die Konstruktion eindringendes Wasser auf der Bettung staute. Ursächlich für diesen Schaden war die Kombination mehrerer Effekte:
Die gewählte Bauweise mit nur teilgebundener (über eine Höhe von rund 2 cm gebunden ausgeführte) Fuge ist allein aufgrund der entstehenden Temperaturspannungen nicht zur Herstellung gebundener Pflasterdecken (weder befahren noch unbefahren) geeignet, da in diesem Fall hohe Belastungen auf die obere Steinkante zu erwarten sind;
Die Pflasterdecke war nicht in der Lage, die aufgebrachten Lasten zerstörungsfrei abzuleiten, vielmehr bewegten sich die Pflastersteine der Pflasterdecke bei der Befahrung leicht, wobei sich die Verwendung eines "elastischen" Fugenmörtels negativ auf die dynamisch einwirkenden Zugspannungen im Bereich der Steinecken beziehungsweise -kanten auswirkte. Der Entstehungsmechanismus der vorgefundenen Schäden ist in Abb. 8 skizziert.
Abschließend wurde das Schadensrisiko noch durch die nicht ausreichend wasserdurchlässige Bettung und die einwirkenden Temperaturspannungen beim Abkühlen der Pflasterdecke verstärkt.



Sanierung von Rissen
Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, stellen Rissbildungen in gebundenen Flächenbefestigungen ein nicht zu vernachlässigendes Problem dar, woraus sich ein erhebliches Streitpotenzial zwischen Bauherrn, Ausführenden und Materiallieferanten ergibt. Bezüglich der gutachterlichen Bewertung von Rissen in gebundenen Flächenbefestigungen sei darauf hingewiesen, dass sich Risse bei der gebundenen Bauweise nicht vollständig vermeiden lassen.
Aus diesem Grunde wird sowohl im FGSV-Merkblatt M FPgeb als auch in der neuen ATV DIN 18 318 darauf hingewiesen, dass vereinzelte Risse, beispielsweise durch Schwinden zulässig sind, sofern deren Rissbreite einen Wert von 0,8 mm nicht übersteigt. Demnach handelt es sich bei derartigen Rissen sehr häufig um "optische Beeinträchtigungen" und weder um eine Abweichung vom Regelwerk noch um technische Mängel.
Nicht selten fordern Bauherrn trotz der nicht eingeschränkten technischen Funktionsfähigkeit gerissener Pflasterdecken, dass diese Risse aus optischen Gründen zu sanieren sind, wobei die Risse aufgeschnitten und verharzt werden sollen (Bild 8).
Wie die Fotos aus Bild 8 zeigen, weisen derart "sanierte" Risse häufig eine noch größere optische Auffälligkeit auf, so dass das optische Erscheinungsbild nach der Sanierung schlechter als vor der Sanierung ist.
Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Artikelserie wurde über Fehler bei der Planung und Ausführung von gebundenen Pflasterdecken berichtet. Dabei wurden im ersten Teil die Anforderungen an Fugen- und Bettungsmörtel sowie Fehler bei der Auswahl der Fugen- und Bettungsmörtel dargestellt. Der zweite Teil der Artikelserie hat sich mit der Erstellung von Bewegungsfugen, den Bewegungsfugenabständen, der Breite der Bewegungsfugen, der Art der Fugeneinlagen und den Einbautemperaturen beschäftigt. Im dritten Teil wurde auf ausgewählte, schadensträchtige Sonderbauweisen eingegangen.
Aktuell ist festzustellen, dass die gebundene Bauweise aufgrund Ihrer Vorteile immer mehr an Bedeutung gewinnt. Leider hat das nicht selten zur Folge, dass sowohl Planer als auch Ausführende mit der Herstellung entsprechender Pflasterdecken beauftragt werden, die keine ausreichende Erfahrung mit dieser Bauweise besitzen. Im Ergebnis entstehen vermeidbare Schäden, die teilweise zu langwierigen Streitigkeiten führen und die gebundene Bauweise in Verruf bringen.
Literaturverzeichnis
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[L 3] Deutscher Naturwerkstein-Verband e. V. (1996). Mörtel für Außenanlagen (Merkblatt 1.6), DNV Verlag GmbH, Kornwestheim.
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[L 5] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2015): Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbelägen in ungebundener Ausführung sowie für Einfassungen (M FP), FGSV Verlag, Köln.
[L 6] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2015): Technische Lieferbedingungen für Bauprodukte zur Herstellung von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen (TL Pflaster-StB 06/15), FGSV Verlag, Köln.
[L 7] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2018): Merkblatt für Flächenbefestigungen mit Pflasterdecken und Plattenbelägen in gebundener Ausführung (M FPgeb), FGSV Verlag, Köln.
[L 8] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2018): Arbeitsanleitung zur Durchführung von Prüfungen für Pflasterdecken und Plattenbelägen in gebundener Ausführung (ALP Pgeb), FGSV Verlag, Köln.
[L 9] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2020): Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Pflasterdecken, Plattenbelägen und Einfassungen (ZTV Pflaster-StB), FGSV Verlag, Köln.
[L 10] Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (2022). Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen für den Bau von Wegen und Plätzen außerhalb von Flächen des Straßenverkehrs (ZTV Wegebau), FLL Verlag, Bonn.
[L 11] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V. (01-2009): Gebundene Bauweise – historisches Pflaster (Merkblatt 5–21), Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart.
[L 12] Dr. Voß, Karl-Uwe: Schäden an Flächenbefestigungen aus Betonpflaster – Teil 2: Frostschäden, gebundene Bauweise, oberflächenvergütete Produkte. 1. Auflage. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2018.
[L 13] Dr. Voß, Karl-Uwe (07–2019): Gebundene Pflasterdecken – Fehler vermeiden – Teil 1. Straße und Tiefbau, Giesel Verlag GmbH, Hannover, Seite 40.
[L 14] Dr. Voß, Karl-Uwe (10–2019): Gebundene Pflasterdecken – Fehler vermeiden - Teil 2. Straße und Tiefbau, Giesel Verlag GmbH, Hannover, Seite 20.