Projektarbeit an der Fachschule im Lehr- und Versuchszentrum Gartenbau in Erfurt

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Die Projektarbeit ist an der Fachschule für Gartenbau ein wesentlicher Bestandteil des zweiten Ausbildungsjahres in der Technikerschule. Die Fachschüler bearbeiten in Gruppen ein komplexes Thema vom Aufmaß bis zur Kalkulation und stellen anschließend ihre Ergebnisse vor. Neben den fachlichen Kenntnissen werden so Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Stresstoleranz trainiert.

Wie es häufig ist, fängt alles mit einer gewagten Idee an. Als junge Lehrerin in der Fachschule an der damaligen Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau überlegte ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen, wie wir die Inhalte der einzelnen Unterrichtsfächer besser verknüpfen können. Wichtig war und ist für uns der Praxisbezug im Unterricht. Jeder Lehrer unserer Fachschule integriert schon immer kleine Projekte in den Fachunterricht. Das Zusammenführen der einzelnen Unterrichtsfächer zu einem komplexeren Thema entspricht den zukünftigen Aufgaben eines Technikers/einer Technikerin im Garten- und Landschaftsbau.

Seit 1999 werden 160 Unterrichtsstunden im 2. Ausbildungsabschnitt der Technikerschule für das Projekt genutzt. Neben dem Fachunterricht zum Beispiel in Bau- und Vegetationstechnik bildet diese Arbeit einen Schwerpunkt auf dem Weg zum Techniker. Diese 160 Stunden reichen jedoch bei weitem nicht aus, um die komplexe Aufgabe vom Aufmaß der Fläche bis zum Erstellen von Ausführungsplänen und der Formulierung der Arbeiten komplett zu erledigen. Weitere Zwischenschritte sind Erstellen eines Aufmaß-Planes in CAD, Entwurfsplanung, Schreiben eines Leistungsverzeichnisses, Massenberechnung und Kalkulation der Preise anhand der Daten eines Beispielbetriebes.

Im Folgenden möchte ich den Ablauf einer solchen Projektarbeit und die Ergebnisse unserer Technikerklasse 2019-2021 vorstellen. Seit 2019 gehören wir als Fachschule für Gartenbau zum Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR). Diese Behörde bündelt als Kompetenzzentrum für den ländlichen Raum verschiedenste Aufgabenbereiche. Neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung in Landwirtschaft und Gartenbau bearbeiten die Mitarbeiter Fragestellungen in angewandter und praxisorientierter Forschung, dem Hoheitsvollzug von landwirtschaftlichem Fachrecht, zur Förderung von Agrar- und Umweltmaßnahmen und Aufgaben des landwirtschaftlichen Untersuchungswesens. Als nachgeordnete Einrichtung des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft wird damit aktiv zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Agrar- und Ernährungswirtschaft und Erhaltung der Kulturlandschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes beigetragen.

Wer das Gelände des Lehr- und Versuchszentrums (LVG) in Erfurt kennt, wird zustimmen, dass wir hier sehr gute Bedingungen für Ausbildung, Fachschule und Versuchswesen haben. Neben modernen Lehr- und Ausbildungsräumen bietet auch das attraktiv gestaltete Freigelände mit hoher Aufenthaltsqualität und multifunktionalen Nutzungen eine angenehme Arbeits- und Lernatmosphäre. Bei uns blüht es von Frühjahr bis Herbst, selbst im Winter, Inspirationen zur Pflanzenverwendung sind überall zu finden. Ja, man sieht es - hier wirken Gärtner aller Fachrichtungen.

So erreichte uns die Anfrage zur Planung einer Freifläche am Hauptsitz des TLLLR in Jena. Die Aufgaben der Behörde sollten sich auch hier im Außenbereich wiederfinden. Ein in die Jahre gekommener und nicht mehr genutzter Schaugarten für nachwachsende Rohstoffe sollte in einen neuen attraktiven und multifunktional nutzbaren Freiraum umgewandelt werden (Abb. 1). So war das Thema für die Projektarbeit der Technikerklasse des Jahrganges 2019-2021 in der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau gefunden: Die Umgestaltung der Fläche um den ehemaligen Schaugarten für Nachwachsende Rohstoffe auf dem Gelände des TLLLR in Jena.

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Im Juni 2020 begann die Arbeit am Projekt mit dem Aufmaß vor Ort. Die Ausgangs-Situation wurde mit einer Totalstation vermessen (Abb. 2). Der Unterricht in der Vermessungskunde hatte das Handwerkszeug vermittelt, jetzt ging es an die Anwendung. Hier zeigte sich der Realitätsbezug der Aufgabe - zum Termin regnete es in Strömen, aber der Tag war für diese Arbeiten verplant und dann hieß es durchhalten. Schon hier sollten die Fachschüler selbst entscheiden - haben wir alle wichtigen Punkte erfasst? Oder fehlt noch etwas? Die Daten wurden dann von der Totalstation auf die Rechner in der Fachschule übertragen und daraus der CAD-Aufmaß-Plan abgeleitet. Und auch hier ging es wieder um das Sammeln von Erfahrung und nachdem einzelne wichtige Punkte vergessen wurden, musste nochmal raus zur Baustelle gefahren werden. Gerade solche Erkenntnisse sind für die spätere Praxis in der Bauleitung unverzichtbar.

Nach den Sommerferien startete im September 2020 die Entwurfsplanung auf Basis des Aufmaß-Planes. Damit die Wünsche der Auftraggeber berücksichtigt werden, wurden vor Ort die zuständigen Mitarbeiterinnen anhand einer erarbeiteten Checkliste befragt.

Als wichtigste Kriterien wurde Folgendes herausgefiltert:

  • Aufgaben des TLLLR sollten sich in der Gestaltung wiederfinden - Darstellung als Fachbehörde für Landwirtschaft;
  • Integration einer flexiblen und etwas abgeschirmten Beratungsfläche für circa 25 Personen;
  • barrierefreie Gestaltung der Wege;
  • attraktive Bepflanzung unter dem Aspekt der bienen- und insektenfreundlichen Pflanzenauswahl;
  • Entwicklung Pflegekonzept - Pflegeplan in die Projektarbeit einarbeiten;
  • Nutzung als attraktive Pausenfläche für die Mitarbeiter des TLLLR am Standort Jena;
  • so wenig wie möglich versiegelte Fläche.

Die Projektarbeit soll als Basis für die Markterkundung zur Umgestaltung dieses Geländes dienen. Damit die Fachschüler die weiteren Aufgaben des TLLLR besser kennen lernen, besuchten wir noch die Außenstelle in Dornburg. Hier werden im Thüringer Zentrum für Nachwachsende Rohstoffe verschiedene Kulturpflanzen auf ihre Eignung zur nachhaltigen Rohstoffbereitstellung angebaut und untersucht.

Mit diesen Eindrücken und einem langen Notiz-Zettel erarbeitete jeder Fachschüler bis zum Dezember 2020 einen Entwurf für die rund 3500 m² große Fläche. Diese Einzelplanung vor der Gruppenarbeit hat sich über die Jahre bewährt. So erhalten wir eine Vielzahl von Ideen, die dann in den Gruppen weiterentwickelt werden. Die Entwürfe wurden den Auftraggebern coronabedingt erst im Januar 2021 in kleiner Runde vorgestellt. Dabei übten die Fachschüler die Präsentation und stellten sich den Fragen der Gäste. Der Präsident des TLLLR, Peter Ritschel und die anwesenden Kolleginnen der Zentralabteilung des TLLLR, zeigten sich beeindruckt von den präsentierten Möglichkeiten, wie die doch zurzeit recht unscheinbare Fläche gestaltet werden kann.

Mit konstruktiven Hinweisen ging es jetzt weiter in die Gruppenarbeitsphase. Die Fachschüler bildeten selbständig Zweier- und Dreiergruppen. Als erstes war zu entscheiden, welcher Entwurf weiterbearbeitet wird - oder es entstand nochmal etwas vollständig Neues. Ich denke, dass ist die entscheidende Phase - die Fachschüler müssen hier eine gemeinsame Basis als Team finden. So soll sich jedes Gruppenmitglied mit der Arbeit identifizieren. Nur so sind die weiteren Arbeitsschritte bis zum Abgabetermin zu realisieren. Wir Lehrer stehen nur beratend zur Seite, wenn wir zu speziellen Konsultationsterminen befragt werden. Die Fachschüler bearbeiten die weiteren Aufgaben selbständig.

Der Abgabetermin stand fest. Bis zum 7. Mai 2021 war die komplette Arbeit mit allen dazugehörigen Anlagen fertigzustellen. Das geht nur mit Arbeitsteilung. Die persönlichen Stärken der Fachschüler können in der Gruppe natürlich berücksichtigt werden. Jedoch verweisen wir Lehrer immer wieder darauf, dass jeder für das gesamte Projekt auskunftsfähig sein sollte. Ausgehend vom gemeinsamen Entwurf waren jetzt die Vergabeunterlagen zusammenzustellen. Dazu gehörten ein komplettes Leistungsverzeichnis von der Baustelleneinrichtung und Erdarbeiten über Wege- und Mauerbau bis hin zu Pflanz- und Pflegearbeiten sowie eine Kalkulation der Preise. Die Fachschüler ermittelten Mengen zum Beispiel von zu bewegendem Erdstoff und erfragten Preise für Materialien bei Baustoffhändlern und Pflanzenlieferanten. Jede Menge zeitaufwändige Detailarbeit.

Basis für die Preisbildung war ein Beispielbetrieb aus dem Unterricht in Betriebs- und Unternehmensführung. Der Baustellenmittellohn und die Zuschlagsätze wurden durch die Fachschüler ermittelt. Die Gruppen entschieden sich dann jeweils eigenständig für ein geeignetes Kalkulationsverfahren. Parallel wurden verschiedene Ausführungspläne erarbeitet. Es tauchte immer wieder die Frage auf: Was gehört noch alles dazu? "Alles das, was es braucht, damit die Baustelle abgearbeitet werden kann!" - war dann unsere Antwort. Pflanzpläne, Schnitte von Wegeflächen, Fundamentpläne und weitere Details waren notwendig.

Damit die komplexe Arbeit dann zusammengestellt werden kann, planten wir in der Endphase der Bearbeitung Ende April eine komplette Projektwoche ein. Die Fachschüler nutzten in dieser Zeit intensiv das Computerkabinett. Natürlich liefen auch die Plotter heiß, denn es galt die Vielzahl von Plänen fristgerecht auszudrucken. Das Falten der doch teilweise recht großformatigen Pläne ging dann immer leichter von der Hand.

Zum Datenaustausch und Zusammenführen von Dateien hatte sich jede Gruppe auf unserer Schulplattform "XSchool" einen Projektraum erstellt. So ist von jeder Projektgruppe ein dicker Ordner mit Unterlagen entstanden. Viel Arbeit, die sicher manchmal unterschätzt wurde, machte auch das Zusammenstellen der Unterlagen sowie die dazugehörigen Formalitäten wie Inhaltsverzeichnis, Quellenangaben, Rechtschreib- und Grammatikkontrolle.

Am 7. Mai war dann die Arbeit abzugeben, wie bei einer Submission pünktlich bis 14 Uhr. Alle Arbeitsgruppen haben die Arbeit rechtzeitig eingereicht. Der erste Meilenstein war damit geschafft und es hieß verschnaufen, bevor die Verteidigung anstand. Neben der schriftlichen Arbeit gehört zur Projektarbeit die Verteidigung, vergleichbar mit einer mündlichen Prüfung. Jede Projektgruppe hatte eine Stunde Zeit, ihre Arbeit zu präsentieren und sich den Fragen der Jury zu stellen. Diese Jury besteht aus drei Fachlehrern.

Die Bewertung der Projektarbeit erfolgt dabei in zwei Schritten. Es gibt eine gemeinsame Note auf die schriftliche Arbeit und eine weitere Note für jeden einzelnen Fachschüler auf die Präsentation und Beantwortung der Fragen in der Verteidigung. Hier zeigte sich, wie detailliert sich jedes Gruppenmitglied in das gesamte Projekt eingearbeitet hatte. Teilweise wurden zusätzlich die Entwürfe noch mit dem Programm "Sketchup" visualisiert, so konnte die Raumwirkung zum Beispiel von Rankgittern und Pergolen besser wahrgenommen werden. Die Gesamtnote der Projektarbeit erscheint mit dem Thema auf dem Zeugnis für den Staatlich geprüften Techniker.

Am 25. Juni stellten die Fachschüler ihre Arbeit außerdem im Rahmen eines Kolloquiums einem größeren Publikum vor (Abb. 4). Dieses Kolloquium ist bei uns fester Bestandteil der Projektarbeit. Hier geht es darum, die Ergebnisse den Mitarbeitern des TLLLR und weiteren Gästen zu präsentieren. Aufgrund der aktuellen Begrenzungen war der Zuschauerkreis in diesem Jahr beschränkt. So haben die Klasse der einjährigen Fachschule in der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau und Mitarbeiter der Zentralabteilung des TLLLR teilgenommen.

Für Fachschüler der einjährigen Fachschule stand im Herbst 2021 die Gärtnermeisterprüfung an. Zu dieser Prüfung gehört auch die Vorstellung der Meisterarbeit vor der Prüfungskommission. So konnten hier die angehenden Gärtnermeister der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau erleben, wie man Projekte präsentieren und eigene Ideen verkaufen kann. Auch das ist eine wichtige Kompetenz für angehende Führungskräfte.

Ein kleiner Wettbewerb ergänzte das Kolloquium an der Fachschule. Alle anwesenden Gäste hatten die Möglichkeit für die beste Präsentation abzustimmen. Damit die Entscheidung leichter fällt, wurden im Foyer der Fachschule die Projekte in einer Posterschau präsentiert. Die Gruppen standen vor ihren Beiträgen Rede und Antwort (Abb. 5). Alle Teams haben sich der Herausforderung gestellt und wurden mit Applaus bedacht.

Das Siegerteam mit den Fachschülern Jakob Rudek, Christoph Telle und Philipp Würll konnte sich über Bücherschecks freuen. Ihr Entwurf und die gemeinsame Präsentation hat das Publikum am meisten überzeugt. Kernstück dieses parkähnlich angelegten Entwurfes (Abb. 6) ist eine große zentrale Veranstaltungsfläche, die durch eine Stufenanlage aus Naturstein gerahmt ist. Die Fläche wird von einem begrünbaren Rankgerüst überspannt, damit im Sommer für Schatten gesorgt ist. Bei der Pflanzenauswahl wurde darauf Wert gelegt, dass die Fläche ganzjährig attraktiv wirkt. Außerdem sind Ruheinseln integriert. Durch die geschwungenen Wege und die Veränderungen in den Höhen wirkt die Fläche größer und abwechslungsreicher.

Damit ist ein erster Schritt zur Umgestaltung getan. Attraktive ganz unterschiedliche Ideen liegen vor. Jetzt obliegt es den Verantwortlichen für Bau und Unterhaltung der Flächen die Umgestaltung anzugehen. Die Pläne der Fachschüler bilden eine Grundlage für die Kostenschätzung und weitere Planungen.

In einer Arbeit findet sich folgendes Fazit: "Trotz vieler Rückschläge hat die kreative Arbeit Spaß gemacht und wir sind gespannt, welche Elemente unserer Arbeit letztendlich umgesetzt werden." Wir Lehrer konnten wieder beobachten, wie jeder Fachschüler mit dieser Aufgabe gewachsen ist. Die komplexe Projektarbeit wird weiter ein fester Bestandteil der zweijährigen Fachschule sein und die Absolventen gut auf ihre Aufgaben im Beruf vorbereiten.

Quellen

  • tlllr.thueringen.de/wir am 22.10.2021.
  • Projektarbeit: Christian Kannenberg, Fabian Staab.
  • Projektarbeit: Jakob Rudek, Christoph Telle, Philipp Würll.
  • Projektarbeit: Kassandra Eißrich, Bendix Fehl, Patric Stahl.
 Annett Panknin
Autorin

Schulleiterin Fachschule Gartenbau am Lehr- und Versuchszentrum Gartenbau

Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum

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