Versickerungsmulden mit Pflanzen gestalten
von: Dipl.-Biologin Angelika Eppel-HotzVersickerungsmulden sind zusammen mit weiteren Maßnahmen zur Retention und Versickerung von Niederschlagswasser ein Baustein zur Überflutungsvorsorge. Darüber hinaus bergen sie ein großes Gestaltungspotential und können einen wichtigen Beitrag zur Klimaverbesserung in der Stadt leisten. Wichtig ist, das anfallende Regenwasser nicht nur als Entsorgungsprodukt zu betrachten, sondern vor allem auch in seinem Nutzen für die Siedlungsökologie und Freiraumgestaltung.
Modellversuche an der LWG und an anderen Standorten haben in der Vergangenheit vielversprechende Ansätze zur Wirksamkeit und zur Gestaltung vegetationsfähiger Versickerungseinrichtungen aufgezeigt. Hierbei fiel auf, dass die Leistungsfähigkeit von bepflanzten Mulden - vor allem in konventioneller zweischichtiger Bauweise - sogar ein größeres Versickerungspotential aufwies als mit Rasen bestockte Muldenvarianten. Heute werden diese Erkenntnisse in realen Bauprojekten unter wirklichkeitsnahen Bedingungen bereits erfolgreich umgesetzt. Im Weißbuch Stadtgrün "Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft" empfiehlt der Bund den Kommunen, das Regenwassermanagement auf Rückhalt und Verdunstung auszurichten als Maßnahme zur Stärkung des Klimaschutzes.
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Normative Vorgaben und technische Voraussetzungen
Wie und wo Regenwasser versickern darf, ist auf Bundesebene vor allem durch das Wasserhaushaltsgesetz geregelt. Die Länder können ergänzende oder abweichende Regelungen treffen, sofern das Bundesgesetz ihnen dazu die Möglichkeit gibt. Darüber hinaus gibt es auf kommunaler Ebene Satzungen, die Aussagen über die Versickerung von Niederschlagswasser treffen. Technische Vorgaben auf Bundesebene sind über einschlägige DIN-Normen sowie die ATV: DWA-A 138 "Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser" (2005) und in der FLL-Richtlinie "Empfehlungen zur Versickerung und Wasserrückhaltung" (2005) definiert. Beide Richtlinien werden derzeit überarbeitet.
Grundsätzlich bieten sich vier Varianten zur direkten Versickerung von Niederschlagswasser an, die auch miteinander kombiniert werden können. Integrierte Konzepte mit Zisternen sind zu empfehlen.
- Oberirdisch - je nach Flächenverfügbarkeit: Flächen- oder Muldenversickerung
- Unterirdisch - Rohr-/Rigolen bzw. Schachtversickerung
Im Folgenden soll speziell auf die Muldenversickerung eingegangen werden, da hier bepflanzungstechnisch noch große Unsicherheiten bestehen, aber ein großes Potential zur Erweiterung von klimawirksamen Grünflächen im Siedlungsbereich vorhanden ist. In der FLL-Richtlinie "Empfehlungen zur Versickerung und Wasserrückhaltung" ist die Versickerungsmulde definiert als "eine begrünte (meist) flache Geländevertiefung mit Aufstau und zeitlich verzögerter Ableitung des Wassers". Zielvorgabe ist eine maximale Entleerungsdauer von 24 Std. und eine Einstauhöhe von nicht mehr als 0,30 m. Die Muldenböschungen sollten nicht steiler als 1:1,5 (besser 1:2) geneigt sein, um Erosion zu minimieren.
Grüne Versickerungsanlagen erfordern - je nach Standort - zusätzliche Flächen von 10 bis 20 Prozent der zu entwässernden befestigten Flächen. Für die standortgerechte Dimensionierung sind die ortsüblichen Niederschläge, die befestigten Anschlussflächen sowie die Wasserdurchlässigkeit des anstehenden Bodens und des Baugrundes vorab zu bestimmen. Wenn es die Flächengröße hergibt, können zusätzlich zu den Versickerungsmulden Varianten mit Einstauflächen angelegt werden, die für eine längere Verweildauer des Niederschlagsabflusses sorgen. Diese bergen zum einen Möglichkeiten zur Erhöhung der Verdunstungsrate und bieten zum anderen zusätzliche gestalterische Chancen.
Anforderungen an das Substrat
In der FLL-Richtlinie ist von "geeignetem Bodenmaterial in einer Dicke von mindestens 10 cm" die Rede, das nach DWA A-138 als "Oberbodenschicht" definiert ist. In Verbindung mit einer Begrünung soll eine nicht mehr als 20 cm dicke Schicht mit einer Wasserdurchlässigkeit kf >= 1*10-5 m/s nach DIN 18130 aufgetragen werden. Problematisch ist jedoch oft die Befrachtung mit Unkrautsamen, was einen hohen Pflegeaufwand zur Folge hat. Alternativ können spezielle Substrate verwendet werden, um den Pflegeaufwand zu minimieren. Allerdings müssen diese sowohl den oben .genannten Vorgaben der Wasserdurchlässigkeit genügen und trotzdem das Wasser erst zeitlich verzögert an das Grundwasser abgeben, um die Reinigung zu gewährleisten. Vorgaben für die Substratwahl sind länderspezifisch geregelt und müssen an den zuständigen Stellen erfragt werden.
Um den Pflegeaufwand gering zu halten, ist über der mindestens 20 cm dicken Vegetationstragschicht aus Oberboden beziehungsweise mineralischen Stoffen, ein Auftrag einer zusätzlichen Schicht aus wasserdurchlässigen Mulchmaterialien wie Sand, Kies oder Kalkschotter wünschenswert, sofern keine kommunale Vorgabe dagegen spricht.
Anforderungen an die Bepflanzung
Laut DWA-A 138 wird in der Regel eine Rasenansaat empfohlen, als sofort wirkende Erosionssicherung auch Muldenbegrünungsmatten oder Rollrasen. Keine Bedenken gibt es gegen Bepflanzung mit Bodendeckern und Hochstauden. Für Versickerungsmulden mit zusätzlichem unterirdischen Zwischenspeicher (Rigolen) sollen nur Flachwurzler, aber keine flachwurzelnden Koniferen verwendet werden. Der Abstand von Bäumen sollte mindestens die Hälfte des Kronendurchmessers betragen. Nach FLL (2005) dürfen in Versickerungs- und Rückhalteanlagen keine Sträucher und Bäume gepflanzt werden - allerdings ist dies keine bindende normative Vorschrift, sondern eine Richtlinie mit Empfehlungscharakter.
Eine wesentliche Voraussetzung für eine geeignete Begrünung ist der schnelle Schluss der Bodenoberfläche zur Vermeidung von Erosion in den Böschungsbereichen. Folgende Begrünungsarten stehen zur Verfügung:
Rasen
Die Rasenbegrünung wird in der Praxis am häufigsten angewendet. Ihre Vorteile liegen in der immergrünen, stark durchwurzelten Vegetationsdecke sowie der relativ einfachen Pflege. Viele handelsübliche RSM-Standardmischungen eignen sich hierfür, zum Beispiel RSM 2.4. Gebrauchsrasen-Kräuterrasen oder RSM 7.1 Landschaftsrasen-Standard. Eine Rasenansaat ist immer dann zu bevorzugen, wenn aus funktionalen, gestalterischen oder pflegetechnischen Gründen eine Pflanzung mit Stauden, Gräsern oder gar Gehölzen nicht zweckmäßig ist. Nachteilig sind die hohe Anzahl der Schnittmaßnahmen sowie die nicht ganz problemlose Mahd bei steilen Böschungen. Optisch und ökologisch bieten sie wenig Potential.
Neben einer Rasenansaat stehen verschiedene Möglichkeiten der attraktiven Begrünung zur Verfügung:
Blütenreiche Ansaaten
Ansaaten mit blütenreichen mehrjährigen Mischungen können eine ökologisch wertvolle und attraktive Alternative zu einer Rasenansaat darstellen. Hierbei wird zusätzlich Nektar für Bienen und Schmetterlinge zur Verfügung gestellt. Dies können je nach optischem Anspruch und Lage der Fläche Mischungen mit gebietsheimischen Arten sein, sogenannte RSM Regio-Mischungen oder speziell im Siedlungsbereich kombinierte blütenreiche Mischungen mit einem Anteil nicht heimischer Arten, wie sie in den letzten Jahren immer häufiger im innerstädtischen Raum anzutreffen sind. Pflegetechnisch fallen je nach Mischung lediglich ein bis zwei Schnitte im Jahr an sowie entsprechende Kontrollgänge auf Gehölze und unerwünschter Dauerunkräuter.
Begrünung mit Stauden, Gräsern und Geophyten
Gerade im Siedlungsbereich lassen sich durch eine gestalterisch ausgerichtete Artenauswahl attraktive Pflanzflächen schaffen, die gleichzeitig Versickerungsfunktionen übernehmen. Durch eine gezielte Berücksichtigung von Bienenweidepflanzen kann, wie bei den Ansaaten, das Nahrungsangebot für Insekten gefördert und ein Beitrag zur Steigerung der Biodiversität geleistet werden. Bei der Etablierung einer standortgerechten Vegetation und deren Anforderungen an die technische Ausgestaltung der Mulden bieten sich zwei Gestaltungsvarianten mit Übergangsformen an:
- Sickermulden als "Trockenstandort"
- Sickermulden in Kombination mit Einstauflächen als wechselfeuchter Standort
Natürliche Vorbilder können wichtige Hinweise auf die Pflanzenauswahl geben. Für den Siedlungsbereich stehen zahlreiche Arten fremdländischer Herkunft zur Ergänzung bereit.
Sickermulden als "Trockenstandort"
Eingebrachte Pflanzen müssen - zumindest im unteren Bereich der Mulde - gelegentlich im beziehungsweise unter Wasser stehen. Wesentlich für ihre Über-/Lebensfähigkeit ist, dass sie bei Überflutungen nicht mit Boden- oder Schlammteilen bedeckt werden. Da jedoch das Überschusswasser im Regelfall von bereits vorgefilterten Bereichen stammt und bei normgerechter Ausgestaltung der Mulde nicht länger als 24 Std. verweilt, besteht keine Gefahr von Verschlickung und Verdichtung und der gelegentliche Einstau wird von den allermeisten Arten toleriert.
Prinzipiell ist daher von einem überwiegend trockenen Standort auszugehen, das heißt, die Artenauswahl sollte so erfolgen, dass die Pflanzen ohne weitere Zusatzbewässerung am gegebenen Standort überdauern können. In Abhängigkeit der ortsüblichen Klimaverhältnisse kann folglich bei der Artenauswahl auf das breite Repertoire der Artenlisten der trockenen bis frischen Freifläche nach Sieber zurückgegriffen werden. Je nach Substrat finden sich zusätzliche Arten in den Lebensbereichen Steppenheide, Steinflächen, Felssteppen, Matten beziehungsweise Freiflächen mit Heidecharakter. Pflanzen mit großer Feuchtigkeitstoleranz aus wechselfeuchten oder wechseltrockenen Standorten sind vor allem im Sohlbereich besonders gefragt. Nässeempfindliche Arten, wie zum Beispiel Thymian sollten hier gemieden werden. In niederschlagsreichen Wintermonaten beispielsweise kann das problematisch werden, wenn gleichzeitig Frost herrscht. Ist eine zeitweise Bewässerung während längerer Trockenperioden möglich, erweitert sich das Artenspektrum.
Projekte der LWG zur Bepflanzung von Sickermulden
In verschiedenen Projekten der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) konnte eine Reihe von Pflanzenarten in derartigen Anlagen geprüft werden.
In einem ersten Lysimeterversuch im Jahr 1998 bis 2002 bewährten sich Molinia caerulea, Iris sibirica sowie Iris pseudacorus bezüglich Wachstum und Versickerungsleistung im Vergleich mit Rasen. Darüber hinaus erwiesen sich Geranium sanguineum 'Compactum', Achillea millefolium (rote Sorte), Calamagrostis arundinacea var. brachytricha, Inula ensifolia 'Compacta' sowie Teucrium chamaedrys als dauerhaft vital. Diese Arten wurden in einem Versuch in Versickerungsmulden bei unterschiedlichen Substrataufbauten geprüft, in denen der Oberflächenabfluss von definierten Anschlussflächen auch bis zum Überstau bei Starkregenereignissen kontinuierlich simuliert wurde. Die bepflanzten Mulden konnten circa ein Drittel mehr Wasser aufnehmen als der Rasen in den Vergleichsmulden.
Die Bewirtschaftung des Oberflächenabflusses der Gebäude und Belagsflächen im Betriebsgelände des Institutes für Stadtgrün und Landschaftsbau erfolgt ebenfalls durch bepflanzte Versickerungsmulden. Folgende weitere Arten behaupten sich hier seit knapp zwanzig Jahren: Iris sibirica in Sorten 'White Swirl' und 'Caesar',Lysimachia ciliata 'Firecracker', Hemerocallis citrina und Hemerocallis middendorfii, Molinia in Arten und Sorten, Eupatorium fistulosum in Sorten, Lythrum salicaria und Sorten sowie Vernonia arkansana.
Mit dem Neubau von Labor und Zierpflanzenbau entstanden im Jahr 2012 an der LWG im Gebäudeumgriff weitere Versickerungsbereiche, die neben dem Dachabfluss- das abfließende Oberflächenwasser von angrenzenden befestigten Flächen und den Überschuss der Regenwasserzisternen aufnehmen müssen. Diese wurden mit einer artenreichen Bepflanzung versehen. Als Substrat dient 30 cm dick aufgetragener Oberboden, der mit Kalksplitt (8/16 mm) 5 cm abgemulcht wurde. Der Standort entspricht dem Lebensbereich sonnige Freifläche (Fr1-2). Bewusst wurden Arten aus unterschiedlichen Lebensbereichen kombiniert, um herauszufinden, welche sich für den Standort am besten eignen. Da die Flächen zu den repräsentativen Bereichen der LWG gehören, wurden diese regelmäßig gepflegt und in Trockenzeiten bewässert. Daher ist nicht verwunderlich, dass sich die meisten Pflanzen gut gehalten haben. Spitzenreiter waren die Gräser Panicum virgatum und Calamagrostis x acutiflora 'Karl Foerster' sowie Euphorbia seguieriana subsp. niciciana bei den Stauden. Letztere hat sich durch die Bewässerung sehr üppig entwickelt und zusätzlich ausgesät, so dass sie in der Pflanzung stark dominiert. Bei ihr empfiehlt sich eher eine geringe Stückzahl, da ihr Platzbedarf recht groß ist. Aufgrund der hohen Trockenheitsresistenz ist sie allerdings für Extremstandorte hervorragend geeignet und selbst in den Wintermonaten noch recht attraktiv. Als empfehlenswert haben sich zusätzlich Liatris spicata, Sedum telephium 'Matrona', Solidago caesia, Iris spuria sowie Geranium renardii 'Philippe Vapelle' erwiesen. Auch Anemone sylvestris, Sporoblus heterolepis 'Cloud' und Salvia nemorosa 'Caradonna' haben sich zwar nicht üppig entwickelt, aber gut gehalten. Aster turbinellus entwickelte sich gut und die hellvioletten Blüten harmonieren im Herbst hervorragend mit dem Dunkelrot rvon Bistorta amplexicaulis 'Blackfield'. Nicht dauerhaft waren Kniphofia uvaria 'Green Jade' und Lythrum salicaria 'Stichflamme'. Sie sind nur noch in Einzelexemplaren vorhanden. Die rotblättrige Sedum telephium-Sorte 'Aubergine', Euphorbia polychroma 'Bonfire', Echinacea purpurea 'Vintage Wine' sowie Filipendula ulmaria 'Plena' sind nach einem guten Start im Laufe der Zeit komplett ausgefallen.
Neben den Modellversuchen der LWG konnten in einem realen Pilotprojekt in einem Neubaugebiet der Gemeinde Willanzheim im Steigerwald weitere Pflanzenarten getestet werden. Dort wurden im Jahr 2007 im Vorgriff der Baumaßnahmen entsprechende Versickerungseinrichtungen in Form von bepflanzten Mulden mit nachgeordneten Überlaufbecken errichtet, mit dem Ziel, kein Niederschlagswasser aus dem bebauten Gebiet zusätzlich in die Vorflut abzuleiten. Hierfür wurden zwei verschiedene Pflanzenkombinationen zusammengestellt. Von vier Mulden wurden je zwei mit einer Artenauswahl für eher trockene Verhältnisse bestückt und zwei mit Arten, die eher einen frischen Standort bevorzugen. Zur Pflanzvorbereitung wurde im versickerungsaktiven Bereich auf Miete gelagerter Oberboden aus der ehemals landwirtschaftlichen Fläche 20 cm dick aufgetragen. Eine genaue Beschreibung des Projektes und der Bepflanzung findet sich bei Eppel-Hotz (2009). Die Tabellen 2 und 3 geben einen Überblick über die verwendeten Arten und deren Entwicklung nach elf Jahren.
Bisher haben sich die eher "frisch ausgestatteten" Mulden am besten entwickelt. Offensichtlich reichte das angefallene Regenwasser zusammen mit dem Oberflächenabfluss der angeschlossenen Dach- und Belagsflächen für ein gutes Wachstum aus. Selbst der trockene Sommer 2018 wurde gut überstanden. Fast alle ursprünglich gepflanzten Arten sind noch vorhanden und geben ein positives Bild. Lysimachia ciliata 'Firecracker' als sehr starkwüchsige Art hat im Laufe der Zeit einen geschlossenen Bestand im inneren Muldenbereich gebildet, muss allerdings immer wieder eingedämmt werden, um die anderen Arten nicht gänzlich zu verdrängen. Gut gehalten haben sich Gillenia trifoliata, Iris sibirica, Hemerocallis in früh- und spätblühenden Sorten, Geranium renardii 'Philippe Vapelle' sowie die verwendeten Gräser Panicum virgatum 'Rotstrahlbusch' und Molinia caerulea 'Strahlenquelle'.
Die Grundstücke, die den beiden Mulden mit trockenheitsverträglichen Arten zugeordnet sind, wurden erst in den letzten zwei beziehungsweise drei Jahren bebaut. Bis auf den Winterrückschnitt wurde in der Zwischenzeit kaum gepflegt. Zudem herrschte ein großer Beikrautdruck durch die Nähe zu angrenzenden Brachflächen. Dies führte teilweise zu großflächigem Rückschnitt in den Mulden. So lag die eher schlechte Bilanz der Pflanzung wohl mehr an den Gegebenheiten als an der Pflanzenauswahl. Trotz der widrigen Umstände und der extremen Trockenheit im Jahr 2018 konnte sich noch eine Reihe an Arten halten. Die eindeutigen "Gewinner" sind hier: Aronia melanocarpa 'Viking' - im oberen Böschungsbereich, Euphorbia seguieriana subsp. niciciana, Geranium sanguineum 'Elsbeth' sowie Anemone sylvestris, die vom oberen Bereich der Krone in die Böschung eingewandert ist. Auch Iris spuria, Iris sibirica, Achillea filipendulina 'Coronation Gold' und Inula ensifolia 'Compacta' sind noch in mehreren Exemplaren vorhanden. Lediglich Carex buchananii und Lythrum salicaria sind komplett ausgefallen, alle weiteren Arten überlebten zumindest als Einzelpflanzen.
Sickermulden mit Einstauflächen als wechselfeuchter Standort
Im Jahr 2018 wurden im Rahmen des Forschungsprojektes "Klimaforschungsstation" der LWG in Würzburg zwei weitere Versickerungsmulden angelegt, wovon eine als Retentionsmulde mit einer Kunststoffabdichtung ausgebildet ist. Ein Teil des anfallenden Niederschlagswassers von Dach- und Belagsflächen wird hier zunächst zurück gehalten und bis max. 25 cm angestaut bevor es in die zweite klassische Versickerungsmulde überläuft. Die Anstaumulde soll als Verdunstungsfläche modellhaft zur Klimamäßigung beitragen.
Die Artenauswahl ist deutlich eingeschränkter als bei klassischen Versickerungsmulden, da diese sowohl zeitweilige Überstauung als auch Austrocknung bei längeren Trockenperioden tolerieren müssen, wenn eine Wassernachspeisung zum Beispiel durch Grauwasser nicht möglich ist. Durch den extrem trockenen Sommer in 2018 fiel die Mulde der Klimaforschungsstation immer wieder längere Zeit trocken. Der Sohlbereich wurde mit robusten Arten, wie zum Beispiel Juncus inflexus, Iris pseudacorus und Lythrum salicaria bepflanzt, die sich allesamt gut entwickelten. Auch Euphorbia palustris 'Teichlaterne', Achillea ptarmica 'Boule de Neige' sowie Liatris spicata 'Floristan White' und Lychnis flos-cuculi konnten im unteren Bereich der Muldenböschung gut Fuß fassen. Die langfristige Entwicklung der Arten bleibt abzuwarten.
Verwendung von Bäumen und Sträuchern
Obwohl die aktuelle FLL-Richtlinie "Empfehlungen zur Versickerung und Wasserrückhaltung" keinen Bewuchs mit Gehölzen vorsieht, spricht nichts gegen deren Verwendung, wenn die Funktion der Anlagen nicht beeinträchtigt wird. Vor allem im innerstädtischen Raum ist durch die Berücksichtigung von Gehölzen von einer Verbesserung des Kleinklimas und einer raumwirksamen Optimierung der Aufenthaltsqualität auszugehen - gerade, wenn der Platz begrenzt ist und keine zusätzlichen Baumstandorte ausgewiesen werden können. Ausreichende Abstände zu Ein- und Überleitungsrohren sollten in jedem Fall eingehalten und die Entfernung des Falllaubes im Winter sichergestellt werden. Im erwähnten Baugebiet wurden in den oberen Bereichen der Überlaufmulden Halimodendron halodendron, Potentilla fruticosa 'Abbotswood', Cytisus nigricans 'Cyni' sowie Aronia melanocarpa 'Viking' verwendet, die sich allesamt bewährt haben. Derzeit gibt es zwar einzelne Projekte, aber wenig wissenschaftliche Untersuchungen über die Eignung von Gehölzen in Verbindung mit Versickerungssystemen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung eines Berliner Verbundprojektes konnten erste Handlungsempfehlungen formuliert werden. So wird empfohlen mehr Bäume, Sträucher und Bodendecker in Mulden zu verwenden und Bäume - speziell Kleinbäume - vorrangig im Sohlbereich zu platzieren. Welche Bäume und Sträucher sich für solche Situationen eignen, ist ein zukünftiges Forschungsfeld. Denkbar wäre es, in diesem Zusammenhang auch die neuen Klimabäume zu testen.
Zusammenfassende Erkenntnisse für die Pflanzenverwendung
Zusammenfassend kann aus den Ergebnissen geschlossen werden, dass durch die Versickerung keine nennenswerten Einschränkungen für die Verwendung der sonst üblichen standortgerechten Pflanzen entstehen. Im Gegensatz zu einer ebenflächigen Pflanzung führt die Sammlung und Einleitung des Niederschlagswassers aus den angeschlossenen Flächen in die Mulden zu einem leicht verbesserten Wasserangebot ohne ein Staunässeproblem nach sich zu ziehen. Je flacher die Versickerungsbereiche angelegt sind, umso unproblematischer sind Pflanzenauswahl und Pflanzung. Zur Vermeidung von Erosion bei steileren Mulden sollte ein Mindestanteil an Bodendeckern beziehungsweise Ausläufer treibenden Arten zur möglichst schnellen Durchwurzelung der Böschungsbereiche verwendet werden. Bei einer Pflanzdichte von 5 bis 8 Stauden/m² - wie sie auch bei Staudenmischpflanzungen zugrunde gelegt wird sollte die dauerhafte Funktion ohne das Auftreten von Verschlämmungsprozessen gewährleistet sein. Prinzipiell sind Staudenmischpflanzungen, die in ihrer Zusammensetzung auf eine geschlossene Pflanzendecke abzielen, hierfür geeignet.
Auch Zwiebelpflanzen wie Camassia-, Leucojum-Arten, Narzissen, Schachbrettblume, Krokusse sowie Schnittlauch und viele mehr sind denkbar. Vorteil einer artenreichen Ausstattung bei geschickter Pflanzenauswahl ist eine lange Blütezeit, die nicht nur der Optik dienlich ist, sondern auch die Förderung von Insekten begünstigen kann.
Pflege
Gemäß der FLL-Richtlinie, muss eine fachgerechte Pflege gewährleistet und dokumentiert werden, um die Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Das Hauptaugenmerk dient hier vor allem der Vorbeugung und Beseitigung einer Verschlämmung und Selbstabdichtung. Hierzu ist mindestens einmal jährlich der komplette Aufwuchs zu entfernen sowie Laub, Unrat und Abfall insbesondere im Versickerungsbereich zu beseitigen. Ein Eintrag verschlämmender Stoffe ist zu vermeiden. Unkontrollierter Anflug von Gehölzen muss eingedämmt werden (DWA A-138). Prinzipiell fallen bei der Pflege von Versickerungsmulden nicht mehr Arbeitsgänge an als bei konventionellen Staudenpflanzungen. So sollte einmal im Jahr - wie oben gefordert - eine komplette Aufwuchsentfernung im Spätwinter erfolgen. Während der Vegetationsperiode sind zwei bis vier Jätgänge einzuplanen sowie gegebenenfalls einzelne Wassergänge in Abhängigkeit von Witterung und Pflanzenauswahl. Während der Fertigstellungspflege sollte auf alle Fälle während anhaltender Trockenphasen ausreichend gewässert werden. Herbizide dürfen grundsätzlich nicht eingesetzt werden. Streusalzeintrag ist generell zu vermeiden.
Versickerung in der praktischen Umsetzung
Grüne Versickerungseinrichtungen erfordern zusätzliche Flächen. Dafür besteht ein großes gestalterisches Potential, das es zu nutzen gilt. Ist der Platz knapp, bietet es sich an, vorgesehene Grünflächen von vorneherein als Versickerungsgrün anzulegen und Funktion und Nutzen zu kombinieren. Werden diese als Blühflächen ausgebildet, sind sie gleichzeitig ein Gewinn für Klima und Biodiversität. Damit sie auch beim Bürger gut ankommen muss in jedem Fall die Pflege sichergestellt werden, sonst könnten zukünftige Kombiprojekte zum Scheitern verurteilt. Vor allem beim Anschluss privater Grundstücke, sind die Optionen einer Versickerung vor der Haustüre mit dem Grundstückseigner und Hausbesitzer rechtzeitig zu erörtern. Daraus erwächst dann auch Verständnis, die bereits bei der Erschließung vor dem Hausbau angelegten Versickerungsmulden während der Baumaßnahmen entsprechend abzusperren und vor unnötigem Stoffeintrag oder Verdichtung zu schützen. Nur so kann es vielleicht auch gelingen, die Mulde vor der Haustüre als erweiterten Vorgarten zu akzeptieren und Verantwortung hinsichtlich Pflege und Unterhalt zu übernehmen.
Literatur
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BMUB - Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (2017): Weißbuch Stadtgrün Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft, 52 S.
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Dunett, N. und Clayden, A. (2007): Rain Gardens. Timber Press Portland, London, 188 S.
DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (Hrsg.) (2005): ATV-DWA-A138, Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser.
Eppel, J. (2004): Bepflanzung beeinflusst die Sickerleistung. G'plus - die Gärtner-Fachzeitschrift. 10, S.19ff.
Eppel-Hotz, A. (2009): Versickerungsmulden standortgerecht bepflanzt. Neue Landschaft 11, S. 41-45.
FLL - Forschungsgesellschaft für Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau (2005): Empfehlungen zur Versickerung und Wasserrückhaltung, 47 S.
Mahabadi, M. (2012) Regenwasserversickerung, Regenwassernutzung, Ulmer, 257 S.
Scharf, B., Pitha, U., Allabashi, R. und Ertl, Th. (2017): Entkopplung von Niederschlägen mit Drain Gardens. Neue Landschaft 10/2017, S. 23-28.
Witt, R. (2018): Regenwassermanagement naturnah gestalten. Stadt + Grün, 5/2018, S. 11-18.