Den Rasen fit und zukunftsfähig machen

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Schwierig zu sagen, was in den folgenden Monaten im Frühjahr und im Sommer richtig ist. Die passende und wirkungsvolle Rasenpflege hängt nun mal von der Witterung ab. Und wie die Wetterlage im April oder gar im Mai oder im Sommer sein wird – ist schwer vorherzusehen.
Rasenpflege Klimawandel
Wiese voller Krokusse. Foto: Martin Bocksch

Ich möchte es dennoch an dieser Stelle einmal versuchen, da gerade viele Rasenfreunde nach Orientierung suchen. Klimawandel mit Verschiebung der Jahreszeiten, Kritik an artenarmen, ja "toten" Rasenflächen und immer neue Produkte und Hilfsmittel, die die ultimative Lösung aller Probleme versprechen. Wer soll da den Überblick behalten.

Das zeitige Frühjahr nutzen

Ende Februar 2024 – die Rasenpflegesaison hat begonnen! Auch zukünftig werden wir uns auf einen früheren Beginn einrichten müssen. Die Rasenflächen sehen momentan größtenteils gelblich aus. Moos hat sich erkennbar ausgebreitet. Der Wind treibt das letzte Laub darüber hinweg und Äste liegen auch darauf. Aber der Frühling steht in den Startlöchern: Schneeglöckchen und auch Winterlinge blühen bei Sonnenschein bereits herrlich bunt und die ersten Krokusse lassen auch in unserem schattigen Garten ihre Blüten erahnen. Es geht also schon was.

Wecken wir daher nun unseren Rasen. Aber bitte schonend. Ein ordentlicher Eisenrechen oder Striegel auf dem Sportplatz ist gerade recht. So kommt wieder Licht an die Gräser. Dass dabei immer wieder Pflanzen herausgerissen werden ist ganz in Ordnung. Sie sind nicht gut verwurzelt und das in der Zeit des stärksten Wurzelwachstums (Abb. 1: Wachstumskurve). Das ist ein Zeichen, dass sie krank sind und es sinnvoll ist, sie zu entfernen. Daher gehören alle diese Rasenabfälle auch nicht auf den Kompost, sondern besser in die Mülltonne oder anderweitig entsorgt. Aber immer auf die Krokusse aufpassen!

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1. Wachstumskurve, Gräser. Abbildung: Martin Bocksch

Bei dieser schönen und fast meditativen Tätigkeit beobachtet man jedoch noch zwei weitere Auffälligkeiten: Erstens sind manche Gräser bereits grüner als andere und zweitens, dass diese oft bereits höher aufgewachsen sind. Ein mitteleuropäischer Rasen ist immer eine Mischung verschiedener Gräser. Und die starten sehr unterschiedlich mit dem Wachstum im Frühjahr. Unsere üblichen Rasengräser – Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe und Rotschwingel – sind bis auf das Deutsche Weidelgras eher Spätstarter. Die Gräser wachsen, wenn es wieder wärmer ist und die Tage bereits länger. Weidelgras startet durchaus nach zwei, drei schönen, warmen Tagen im März. Wir haben jedoch in unseren Rasenflächen nicht nur diese drei Grasarten, auch wenn wir das vielleicht einmal so angesät oder als Fertigrasen verlegt haben. Die Jährige Rispe, die Gemeine Rispe oder immer häufiger auch Honiggras leisten ihnen Gesellschaft. Und alle diese Arten sind aus verschiedenen Gründen unerwünscht, aber wesentlich kältetoleranter. Nur 5 °C sind kein Grund nicht bereits zu wachsen. Wasser und Licht sind ausreichend vorhanden. Diese Gräser nutzen die für sie bereits günstige Phase und machen kräftig Photosynthese. Dabei produzieren sie viel Zucker, den sie gleich in die Bildung weiterer und noch größerer Blätter und Seitentriebe und Ausläufer stecken und sich so bereits kräftig ausbreiten, während unsere Gräser noch im Winterschlaf stecken. Daher sollte nach dem Rechengang der Rasen auch zum ersten Mal in diesem Jahr gemäht werden und von da an nun zunächst mal alle 14 Tage, um so diese unerwünschten Gräser etwas zu schwächen.

Nach dem ersten Mähgang erhält der Rasen die erste von den insgesamt fünf Düngergaben des Jahres. Die weiteren Gaben folgen im April, Juni, Ende August und Anfang Oktober. 4 bis 5 g Reinstickstoff pro Quadratmeter sind angezeigt. Wichtig ist jedoch, jetzt die richtige Stickstoffform auszuwählen. Graswurzeln können nur Ammonium (NH4) oder Nitrat (NO3) aufnehmen. Direkt als Dünger verabreicht nehmen sie es bei dem starken Wurzelwachstum im zeitigen Frühjahr schnell auf und fangen nicht an zu wachsen! Dafür ist es noch zu kalt. Aber wir beobachten etwas Anderes – der Rasen wird wieder grün. Es wird neues Chlorophyll gebildet und die Gräser machen intensiv Photosynthese. Wasser ist genug im Boden und die Bäume ohne Laub werfen noch weniger Schatten. Der Zucker wird eingelagert und wenn die Temperaturen steigen, werden viele neue und große Blätter gebildet und noch mehr Zucker. Dieser ist die Versicherung der Graspflanze, Trockenphasen im Frühsommer – wenn die Photosynthese eingestellt werden muss, weil kein Wasser aus dem Boden nachgeliefert werden kann – gut zu überstehen.

Organische Dünger zu dem frühen Zeitpunkt zeigen keine Wirkung, da hier erst Mikroorganismen im Boden den organisch gebundenen Stickstoff in Ammonium und Nitrat umwandeln müssen. Sie starten ihre Aktivität jedoch auch erst bei Bodentemperaturen von 10 bis 12 °C, also irgendwann im April oder Mai.

Eine frühe Stickstoffgabe mit sofort verfügbaren Stickstoffformen, mehr Zucker in der Pflanze – sie zusammen bewirken, wenn es wieder wärmer wird und die Bodentemperatur auf die bereits angesprochenen 10 bis 12 °C steigt, intensives Wachstum. Es werden neue Blätter gebildet und mit jedem neuen Blatt auch ein Seitentrieb. So wird der winterlich ausgedünnte, lückige Rasen wieder dicht und drängt das sich über den Winter ausbreitende Moos zurück. Und in einer dichten, geschlossenen Grasnarbe haben es unerwünschte Kräuter schwerer, sich anzusiedeln.

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Frühjahrspflege. Foto: Martin Bocksch

Vertikutierer und Rasenkalk

Viele Rasenbesitzer versuchen den Rasengilb und auch das Moos mit zwei anderen Maßnahmen bereits im frühen Frühjahr zu vertreiben. Mit Rasenkalk und dem Vertikutierer. Aber Rasenkalk hat gegen Moos kaum Wirkung, da Moose mit vielen pH-Werten zurechtkommen – sie wachsen auf sauren und basischen Böden. Im Gegenteil, durch den fehlenden "sauren Regen", ist immer weniger Schwefel in der Luft, werden unsere Böden derzeit basischer. Der pH-Wert, den wir aktuell bei Bodenuntersuchungen messen, steigt im Durchschnitt an. Kalk hebt ihn noch zusätzlich und dann fühlen sich unsere Gräser irgendwann nicht mehr wohl, die einen schwach sauren Boden (pH 5,5 bis 6,5) bevorzugen.

Und der Vertikutierer, soll den Rasen ebenfalls "wecken". Aber auf die harte Tour: Führen die vertikal arbeitenden Messer doch zu Verletzungen an den Blättern und Stängeln, die aufgrund fehlenden Wachstums nur sehr langsam verheilen. Krankheiten nutzen das aus und können unsere Gräser leichter befallen. Zudem wird vielfach falsch vertikutiert – nämlich viel zu tief. Die Messer sollen den Boden gerade berühren. Ein Vertikutierer ist keine Fräse! Diese Lücken nutzen sonst unerwünschte Gräser und Unkräuter, um sich zu etablieren. Richtig wirkungsvoll wird der fachgerechte Vertikutierer-Einsatz erst Ende April, Anfang Mai. Erst dann nämlich verwachsen Schäden an den Pflanzen und der Grasnarbe schnell. Eine Düngergabe circa zehn Tage vorher und eine Nachsaat nachher verbessert diese Regeneration noch.

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2. Wachstumskurve Kaltzonengräser. Abbildung: Ursula Knödler

Trockenheit – Auswirkungen und Gegenmaßnahmen

Nach dem Frühjahr kommt der Sommer und spätestens dann immer häufiger die große Trockenheit. Der Winter hat zwar einiges an Niederschlag gebracht, aber unsere Gräser kommen an dieses nun tiefer liegende Wasser nicht heran. Sie benötigen es in den oberen 20 bis 30 cm des Bodens und die fangen bereits nach wenigen Wochen ohne Niederschlag an auszutrocknen. Also wäre es doch sinnvoll, wenn unsere Gräser tiefer wurzeln würden und sich somit tiefer liegendes Wasser erschließen könnten. Aber wie die Wurzeln dorthin bekommen? Ziehen ist ja schwerlich möglich. Es geht jedoch einfacher. Heben sie die Schnitthöhe an und reduzieren sie die Mähhäufigkeit bei Trockenheit. Gräser, wie die allermeisten anderen Pflanzen auch, haben ein Gleichgewicht zwischen oberirdischer und unterirdischer Masse. Mehr Blattmasse und Triebe bedeutet auch mehr und tieferreichende Wurzeln.

Trockenheit bringt für Gräser und Rasenbesitzer/-pfleger jedoch noch weitere Probleme mit sich. Durch langsameres oder gar ganz ausbleibendes Wachstum erfolgt keine Regeneration von Narbenschäden, die durch Sport oder andere Rasennutzung entstanden sind. Düngerkörner, die man bei den Düngergaben im Juni oder Ende August ausbringt, bleiben einfach auf dem Rasen liegen. Sie lösen sich bei Trockenheit nicht auf und die Nährstoffe gelangen somit nicht in den Wurzelraum, wo sie benötigt werden. Und meist sind unsere Rasenflächen, abgesehen von der Anhebung der Schnitthöhe, nicht richtig auf solche Trockenphasen vorbereitet. Denn auch mit Nährstoffen können wir den Gräsern helfen, besser damit zurecht zu kommen und sich vor allem nach Trockenphasen schneller und sicherer wieder zu regenerieren.

Viele reut das Wasser zur Beregnung der Rasenflächen oder es wird gleich von Seiten der Kommunen oder Landkreise verboten, den Rasen zu beregnen. Gerade dann wird die Vorbereitung der Rasenflächen in Zeiten mit noch ausreichenden Niederschlägen umso wichtiger. Und hier spielt der Nährstoff Kalium die zentrale Rolle: Wir kennen Kalium in der Regel als "Herbstdünger", der kein neues Wachstum anregt, aber die Bildung stabiler Zellen. Das reduziert Rasenkrankheiten und Winterschäden. Im Sommer wird seine Bedeutung jedoch bei Trockenheit fast noch größer: Die Zellen regeln ihren Wasserhaushalt mit sogenannten "Kalium-Ionen-Pumpen", die in den Zellwänden sitzen. Mehr Kalium im zeitigen Frühsommer, also bereits in der April- und Juni-Düngung verabreicht, hilft den Gräsern beim Überstehen von Trockenphasen und bei der Regeneration danach.

Um die in den Düngerkörnern enthaltenen Nährstoffe zu lösen und in den Boden zu bringen kann man eventuell mit Wassergaben, also Beregnung, arbeiten. Wenn das nicht möglich ist, weil man diese Option nicht hat oder nicht nutzen möchte, dann sollte man mit der Düngergabe warten bis der Wetterbericht Regen ankündigt und unmittelbar vor dem Niederschlag die Düngerkörner ausbringen. So mache ich es bereits seit einigen Jahren ganz erfolgreich. Übrigens, wer mit organischen Düngern arbeitet, muss darauf achten, dass der Rasen mehr Wasser als bei konventionellen Düngern braucht. Das Bodenleben benötigt schließlich auch Wasser. Bei ausgetrockneten Böden stellen die Mikroorganismen ihre Tätigkeit ein und damit wird auch kein Stickstoff aus dem Dünger mehr in die pflanzenverfügbaren Formen umgewandelt. So wird der Trockenheit ein kleines Schnippchen geschlagen und immer noch für ein wenig Wachstum sowie für die notwendige Regeneration des Rasens gesorgt.

Trockenheit wird vielfach mit Hitze gleichgesetzt. Für die Gräser sind das jedoch zwei völlig unterschiedliche Probleme. Trockenheit vertragen unsere mitteleuropäischen Rasengräser bei moderaten, sommerlichen Temperaturen durchaus auch mehrere Wochen. Hitze – ich spreche von mindestens 50 °C in der Grasnarbe – sind tödlich für viele unserer Gräser. Ab 52 °C bis 55 °C fangen die Eiweiße in den Zellen an zu denaturieren. Das kann man sich durchaus ähnlich vorstellen wie die Umwandlung vom Eiklar zum weißen Eiweiß in der Bratpfanne. Diese können wir auch nicht wieder rückgängig machen. Einige Stunden bei den genannten Temperaturen – also ein heißer Nachmittag – können reichen, ganze Rasenflächen für immer zu zerstören. An solchen Tagen kann daher eine ganz leichte und kurze "Kühlungsberegnung" die Lösung sein. Dabei wird nur die Grasnarbe befeuchtet, und zwar etwa zwei Stunden vor dem Sonnenhöchststand. Dieses Wasser kann im Anschluss verdunsten und die dabei entstehende Verdunstungskälte kühlt die Grasnarbe effektiv ab. Oder sie haben die Möglichkeit, ihren Rasen zur Zeit der größten Hitze zu beschatten – auch das kühlt erfolgreich.

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Dieser Rasen ist nicht vertrocknet, sondern im Sommer 2003 durch Hitzeeinwirkung vernichtet worden. Schatten hat ihn jedoch überleben lassen. Foto: Martin Bocksch
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Rasen ist kaum wegzudenken aus dem Privatgarten. Muss auch nicht! Zusammen mit Bepflanzung ergänzen sich die Bereiche sinnvoll. Foto: Andrea, Adobe Stock

Rasenflächen oder doch Blumenwiesen?

Immer häufiger beobachtet man im Moment eine Schelte von verschiedenen Seiten gegenüber unseren gemähten, schönen Rasenflächen, vornehmlich im Haus- und Privatgarten. Die Flächen seien tot, ja lebensfeindlich und so weiter. Dass das in der vorgetragenen Vehemenz nicht stimmt, ist vielfach nachgewiesen. Es sind halt kleinere, unscheinbarere Insekten, die darin leben. Aber Amseln oder Greifvögel freuen sich beispielsweise, weil sie Regenwürmer oder Mäuse darin finden und so Nahrung. Und wir Menschen wollen, ja sollen unseren Bewegungsdrang ausleben. Gerade bei Kindern, wird immer wieder beklagt, dass sie sich viel zu wenig bewegen. Wo sollen sie sich jedoch bewegen, wenn nicht auf gemähten, dichten, vitalen Rasenflächen, auf denen sie ohne Verletzungsrisiko auch fallen können? Eine Blumenwiese oder schon ein Blumenrasen ist keine Fläche auf der gerne getobt wird. Mir ist dieses von vielen Autoren immer so hingestellte "entweder/oder" zu schwarz-weiß gemalt. Dazwischen gibt es noch einige Graustufen. Und diese sollten wir nutzen. Das eine machen heißt ja nicht, das andere zu lassen. Also, warum nicht einen Rasen mähen, aber eine oder zwei Inseln mit Wildblumen darin anlegen. Überall ist das ohnehin nicht machbar, denn Wildblumen sind in der Regel Sonnenliebhaber und im Schatten sind die meisten Ansaaten zum Scheitern verurteilt. Auch die Hauptachse im Garten oder gleich am Gartentor ist sicher kein guter Platz dafür. Aber er wird sich finden und so kann ich das eine mit dem anderen verbinden.

Einen etablierten, dichten Rasen in eine Wildblumenwiese umzuwandeln, ist aus meiner Sicht nicht möglich und auch nicht zielführend. Dort muss die Grassode abgetragen werden, was eine klar umrissene Fläche ermöglicht. Für eine Wildblumenwiese sollte der Boden mit Sand oder Kies abgemagert und anschließend eingesät werden. Mischungen ohne Gräser sind immer vorzuziehen. Gras wächst in einem Rasen von ganz alleine hinein. Der optimale Ansaattermin ist der Frühherbst (September). Für einjährige Blumenwiesen muss der Boden nicht abgemagert werden. Im Gegenteil, kann eine leichte Düngergabe nach dem Etablieren der Pflanzen für eine üppigere Blüte sorgen. Optimaler Aussaattermin für solche einjährigen Mischungen (sie sind in der Regel immer ohne Gräser) ist je nach Klimaraum April bis Mai. Übrigens kann die Blüte beider Mischungen intensiviert werden, indem man nach dem Aufwachsen der Pflanzen auf circa 15 cm einen Schnitt mit dem Rasenmäher auf höchster Stufe durchführen. Dabei werden unerwünschte Konkurrenten entfernt und die Seitentriebbildung der Blühpflanzen angeregt. Und statt eines Triebes wachsen zwei, drei oder gar vier Triebe auf und bilden ihre Blüten.

Mit diesem Wissen gehen sie nun hoffentlich einem erfolgreichen Rasenjahr entgegen und können sowohl den gemähten Rasen als auch die Blumeninseln mit gutem Gewissen genießen.

Prof. Martin Bocksch
Autor

Diplom Agrarbiologe

Hochschule Geisenheim University

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