Junge Landschaft - GaLaBau Wissen

Durchgefallen, Teil 1: Allgemeines

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193 Folge: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Prüfung
Junge Landschaft Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

Es war 2018, als wir an dieser Stelle schon einmal das Thema Prüfung angegangen sind. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich damit wieder einmal zu beschäftigen. Mein Triggerpunkt, um dieses Thema erneut aufzugreifen, war folgender: Stellen Sie sich vor, ein junger Mann (nennen wir ihn der Einfachheit halber Nils) hat sich entschlossen, den Beruf des Gärtners im Bereich Garten- und Landschaftsbau zu erlernen. Das ist schon mal bemerkenswert, weil ein junger Mensch von sich aus diesen Wusch äußert und das Ziel offensiv verfolgt.

Nils hat eine Lernschwäche und ist daher nicht in der Lage, eine "Vollausbildung" zu absolvieren. Deshalb informiert er sich über Alternativen und wird auch in einer ortsansässigen Bildungseinrichtung fündig. Es kommt zum Deal und der Ausbildungsvertrag wird unterschrieben. Nils wird "Helfer im Garten- und Landschaftsbau" (auch mancherorts als Werker bezeichnet). Während seiner Ausbildungszeit stellen sich seine Stärken und Schwächen heraus: Alles mit Pflanzen richtig gut, alles mit Technik so "Lala" und alles mit Bautechnik etwas schwach!

Soweit alles kein Problem, denke ich, ist ja eine Lehre. Bei der Zwischenprüfung wird ihm bescheinigt, dass sich seine Kenntnisse in der Bautechnik noch verbessern müssen. Dazu ist die Prüfung ja auch da! Für den Ausbildungsbetrieb, in diesem Fall eine Bildungseinrichtung, steht schon zu diesem Zeitpunkt fest: Aus dem wird nie was. So bekam ich für ein Langzeitpraktikum die Gelegenheit, Nils kennenzulernen. Ein aufgeschlossener junger Mann mit sehr viel Neugier und Interesse an Pflanzen und allem, was mit ihnen zu tun haben könnte. Aber auch ein junger Mann, für den Motoren sehr suspekt sind und der rein bautechnisch doch zwei linke Hände zu haben scheint. Schnell in unser Team eingefügt, fühlte er sich wohl und wurde auch unliebsamen Aufgaben gegenüber aufgeschlossener. Nach dem Praktikum verließ er uns wieder und mir rutsche er ein wenig vom Schirm. Später bekam ich über seine Mutter zu hören, dass er in der Abschlussprüfung durchgefallen ist – im Bereich Bautechnik.

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Junge Landschaft Ausbildung und Beruf

Der Ausbildungsbetrieb verweigerte ihm den Verbleib in der Einrichtung.

Wenn Sie jetzt glauben: "Das hat er sich aus den Fingern gesogen!", irren Sie gewaltig. So etwas passiert in diesem Land nicht nur einmal; hier in diesem Fall im schönen Thüringen, in einer Bildungseinrichtung, die ihren Namen nicht verdient, die mit den jungen Menschen Geld verdient und ihrer Verantwortung nicht gerecht wird und der offensichtlich die staatliche Kontrolle durch die zuständige Stelle fehlt. Freunde, es gibt Gesetze! Die es gilt umzusetzen – und zwar immer im Sinne des Auszubildenden. Berufsnachwuchs ist rar gesät und solcher mit Eigenantrieb erst recht.

Deshalb an dieser Stelle nun noch einmal einige Fakten zu Prüfungen und den daran beteiligten Personen und deren Verantwortung für das Gelingen. Vielleicht auch einige Tipps aus meiner eigenen Erfahrung als Azubi (damals war's), als Ausbilder, als Lehrer und als Prüfer – ohne dabei als Besserwisser rüber kommen zu wollen.

Was gibt uns die Richtung vor?

Wir sind in der "göttlichen" Lage in Deutschland, ein Berufsausbildungssytem zu haben, auf welches viele Länder dieser Welt mit Neid blicken. Wir sind aber auch gerade dabei, unser System zu destabilisieren uns zu demontieren. Grund dafür ist die unzureichende "Vorarbeit" aus dem Bereich Schulbildung. Schule muss dringend reformiert werden. Um dieses Thema ausführlich zu bearbeiten, reicht der Platz hier nicht aus, nur so viel: Solange Schulen nicht in der Lage sind, das Gelingen zu organisieren (viele Lehrer und Lehrerinnen hatten diese Gabe noch nie), sondern nur das Misslingen dokumentieren, haben wir es in der Ausbildung in allen Berufsgruppen schwer. Denn in der Schule wird der Grundstein dafür gelegt, ob ein Mensch in seinem späteren Leben gern lernt und an Wissenzuwachs interessiert ist oder ob er sich treiben lässt. Leider ist dieser sehr wichtige Gedanke nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt von dem deutschen Reformpädagogen Otto Herz. Ein bemerkenswerter Zeitgenosse mit sehr viel Wahrheit in seinen Aussagen.

Lernen darf Spaß machen! Doch dazu ist es notwendig, die Lernvoraussetzungen drastisch zu ändern. Ein schöner Satz von Otto Herz lautet dazu: "Kinder dürfen nicht UNTERrichtet werden, sondern sollen sich AUFrichten können!" – das ist sehr philosophisch, beinhaltet aber alles, was zu diesem Thema wichtig erscheint.

Wir sind uns sicher einig, dass die Schulbildung eine wichtige Grundlage für eine spätere Lehre sein muss. Dort werden die Grundlagen für logisches Denken, Kombinationsvermögen, Faktenwissen und Grundkompetenzen gelegt. Für die Berufsausbildung haben wir als Leitmotiv für die Organisation und Durchführung der Ausbildung das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und für deren Inhalt die Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin (GärtnAusbV).

Junge Landschaft Ausbildung und Beruf
Junge Landschaft Ausbildung und Beruf

Der große Vorteil unserer Berufsausbildung ist die Zweigleisigkeit (duales System). Warum redet der Mann von Zweigleisigkeit und nicht von dualer Ausbildung? Ganz einfach, weil es mich stört, dass der gleiche Begriff für Bildung und Abfallwirtschaft Verwendung findet – unsere Sprache gibt bedeutend mehr her!

Die Zweigleisigkeit beruht in der Berufsausbildung auf den beiden Komponenten Berufsschule und Ausbildungsbetrieb. In der Berufsschule soll für den Auszubildenden ein kompaktes Paket Wissen für den jeweiligen Beruf – in unserem Fall Gärtner im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau – angeboten werden. Das schafft zum einen eine gewisse Entlastung der Ausbildungsbetriebe (es ist unmöglich in jedem Betrieb den gesamten theoretisch-fachlichen Inhalt des Gärtnerberufes zu lehren), zum anderen ist durch den gemeinsamen einheitlichen Lehrplan die Garantie gegeben, dass alle Auszubildenden die gleichen gemeinsamen Startbedingungen (das Fachwissen betreffend) haben müssten (ich möchte hier auf meine optimistische Schreibweise einmal selbst lobend hinweisen).

Der Ausbildungsbetrieb ist somit in der Lage, dieses Grundwissen zu nutzen um eine praktische Anwendung auf den Baustellen zu gewährleisten. Eigentlich ist das noch nicht die gesamte Wahrheit, denn es gibt ja auch noch die ÜA, die überbetriebliche Ausbildung. Sie fungiert als Bindeglied zwischen den beiden vorhergenannten Elementen. In ihr werden sowohl Theorie und auch Praxis in einem zeitlich knapp gehaltenen Rahmen verbunden. In der Regel handelt es sich dabei um Spezialthemen (Natursteinarbeiten, Vermessung, Teichbau u. ä.).

Was muss der GaLaBauer eigentlich wissen?

In der GärtnAusbV findet man unter anderem die Ausbildungsinhalte des Berufes. Dabei wird in Grundbildung und in Fachkenntnisse unterschieden. In allen der sieben gärtnerischen Ausbildungsberufe werden gleiche Anforderungen an die Grundkenntnisse gestellt:

Neben den allgemeinen Kenntnissen sind aber auch für die einzelnen Fachrichtungen Spezialkenntnisse erwähnt. (siehe dafür die Tabelle auf Seite 67)

Wir sind uns sicher einig, dass man jeden dieser einzelnen Unterpunkte nochmals aufdröseln könnte in eine Unmenge von Detailpunkten; das lasse ich an dieser Stelle einfach mal und überlasse es jedem Einzelnen, sich darüber zu informieren. Im Ausbildungsrahmenplan werden dann in Zusammenarbeit zwischen Ausbilder und Auszubildenden die genauen Festlegungen getroffen, wie die Ausbildung ablaufen wird und das Ganze wird mit dem Ausbildungsvertrag besiegelt.

Wichtige Stationen

Die wichtigsten Stationen innerhalb der Ausbildung sind ohne Zweifel die Zwischenprüfung und die Abschlussprüfung. Aber auch jeder Kurs der Überbetrieblichen Ausbildung sollte als Meilenstein des Wissenserwerbs verstanden werden. Dort werden zum Teil Themen vermittelt, die im Verlauf der Ausbildung kein zweites Mal in dieser Ausführlichkeit besprochen werden können (Vermessung, Teichbau, Dachbegrünung u. ä.). Die Teilnahme an den Kursen der ÜA sind auch die Voraussetzung, um zu der Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Wobei die Pflichtkurse dabei maßgeblich sein werden.

Junge Landschaft Ausbildung und Beruf

Die Zwischenprüfung eine Bestandsaufnahme

    Zwischenprüfungen sind eigentlich keine, wie der Name irrtümlich suggeriert, Prüfungen, sondern nur Bestandsaufnahmen über den derzeitigen Wissenstand und die praktischen Fähigkeiten des Auszubildenden. Sie sollen neben dem Stand in der Ausbildung auch zeigen, wie verhält sich der Azubi in einer Stresssituation – in einer Prüfung. Sie findet in der Regel vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres statt und beinhaltet einen schriftlichen und einen praktischen Teil.

    Im praktischen Teil, der knapp drei Stunden umfasst, sollen drei Aufgaben durchgeführt werden, die in einem Prüfungsgespräch erörtert werden sollen. Die Schwerpunkte liegen hier bei:

    1. Durchführen von Arbeiten an der Pflanze,
    2. Einsatz von Werkzeugen und Geräten,
    3. Vermehren von Pflanzen,
    4. Be- und Verarbeiten von Materialien und Werkstoffen,
    5. Durchführen von Bodenbearbeitungsmaßnahmen,
    6. Durchführen von Pflegemaßnahmen an Maschinen, Geräten oder baulichen Anlagen

    Diese Aufgabe kann als gärtnerisches Gesamtwerk, aber auch in Einzelaufgaben konzipiert sein. Die Festlegungen dazu liegen bei den zuständigen Stellen.

    Die höchstens 90-minütige schriftliche Prüfung soll sich an praxisbezogenen Fällen orientieren und kann folgende Themengebiete umfassen:

    1. der Ausbildungsbetrieb, betriebliche Zusammenhänge und Beziehungen,
    2. Natur- und Umweltschutz,
    3. rationelle Energie- und Materialverwendung,
    4. betriebliche Abläufe,
    5. wirtschaftliche Zusammenhänge,
    6. Böden, Erden und Substrate,
    7. Erkennen von Pflanzen,
    8. Bau und Leben der Pflanze,
    9. Kultur und Verwendung von Pflanzen,
    10. Materialien und Werkstoffe,
    11. Maschinen, Geräte und Betriebseinrichtungen,
    12. anwendungsbezogene Berechnungen.

    Die Krone der Ausbildung: Die Abschlussprüfung

    Hier kann ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Die Abschlussprüfung unterteilt sich in drei Komplexe. Die praktische Prüfung umfasst einen Zeitrahmen von fünf Stunden. In dieser Zeit soll der Prüfling ein landschaftsgärtnerisches Gesamtwerk erstellen, das aus fünf komplexen Prüfungsaufgaben besteht. Das Gesamtwerk ist in einem Prüfungsgespräch zu erläutern, das sich auf die fünf Prüfungsaufgaben beziehen muss. Der Prüfungsbereich Baustellenabwicklung und Bautechnik soll dabei mit mindestens drei Aufgaben und der Bereich Vegetationstechnik mit mindestens einer Aufgabe vertreten sein. Der Prüfling soll zeigen, dass er die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse praxisbezogen unter Verwendung geeigneter Maschinen, Geräte und technischer Einrichtungen anwenden kann. Dabei sind Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, Natur- und Umweltschutz, rationelle Energie- und Materialverwendung, Wahrnehmen und Beurteilen von Vorgängen sowie Beschaffen und Auswerten von Informationen einzubeziehen.

    Während sich die mündliche Prüfung nur auf das Prüfungsfach "Landschaftsgärtnerische Arbeiten" erstreckt, werden in der schriftlichen Prüfung die Prüfungsfächer "Pflanzenkenntnisse", "Betriebliche Zusammenhänge" sowie "Wirtschafts- und Sozialkunde" geprüft. Im Prüfungsfach "Landschaftsgärtnerische Arbeiten" sollen landschaftsgärtnerische Außenanlagen im Mittelpunkt stehen.

    Junge Landschaft Ausbildung und Beruf

    Das Ergebnis

    Sind in der schriftlichen Prüfung die Prüfungsleistungen in bis zu zwei Fächern mit mangelhaft und in den übrigen Fächern mit mindestens ausreichend bewertet worden, so ist auf Antrag des Prüflings oder nach Ermessen des Prüfungsausschusses in einem der mit mangelhaft bewerteten Fächer die schriftliche Prüfung durch eine mündliche Prüfung von etwa 15 Minuten zu ergänzen, wenn diese für das Bestehen der Prüfung den Ausschlag geben kann. Das Fach ist vom Prüfling zu bestimmen. Bei der Ermittlung des Ergebnisses für dieses Fach hat die schriftliche Prüfung gegenüber der mündlichen Prüfung das doppelte Gewicht. Innerhalb der praktischen Prüfung hat jede Prüfungsaufgabe und innerhalb der schriftlichen und mündlichen Prüfung jedes Prüfungsfach das gleiche Gewicht. Für die Ermittlung des Gesamtergebnisses sind die Prüfungsleistungen wie folgt zu gewichten:

    • praktische Prüfung 60 Prozent,
    • mündliche Prüfung 40 Prozent.

    Die Prüfung ist bestanden, wenn im Gesamtergebnis und jeweils in der praktischen, schriftlichen und mündlichen Prüfung mindestens ausreichende Leistungen erbracht worden sind. Sie ist nicht bestanden, wenn eine der Prüfungsaufgaben oder eines der Prüfungsfächer mit ungenügend oder zwei der vorgenannten Prüfungsbestandteile mit mangelhaft bewertet worden sind.

    Ach, noch was!

    Jeder, der an dieser Extremsituation "Prüfung" einen Anteil hat, sollte sich im Klaren drüber sein, wie groß seine Verantwortung in diesem Team ist und welche Auswirkungen auch die kleinsten Entscheidungen haben können. Warum erwähne ich das? Was wurde aus Nils? Nils durfte seine Lehre in dem besagten Betrieb nicht fortsetzen, ihm wurde die nochmalige Teilnahme an einer Abschlussprüfung vorenthalten. Heute ist er ohne Arbeit und wird in einer psychiatrischen Tagesklinik betreut. Sicher ein Extremfall, dumm gelaufen (werden einige sagen) – aber vermeidbar!

    Quellen

    Berufsbildungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Mai 2020 (BGBl. I S. 920), das zuletzt durch Artikel 10a des Gesetzes vom 16. August 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 217) geändert worden ist, Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin vom 6. März 1996 (BGBl. I S. 376), Bilder Uwe Bienert, Farbatlas Krankheiten und Schädlinge an Zierpflanzen, Obst und Gemüse, (Bernd Böhmer, Walter Wohanka; Ulmer-Verlag), Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag), Schädlinge & Krankheiten (Pippa Greenwood, Andrew Halstead; Dorling Kinderley Verlag), Einheimische Laubgehölze (Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim), Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim), Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim), International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group), www.kiefernspezi.de, Wikipedia, www.hortipedium.de

    Uwe Bienert

    Nächsten Monat lesen Sie: „Durchgefallen, Teil 2: Der Prüfer“

     Uwe Bienert
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    Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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