Rasen trotz(t) Klimawandel

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Klimarasen Rasenrekultivierung
Viele Rasenflächen des öffentlichen Grüns am Frankfurter Mainufer werden mit Versenkregnern (Uferfiltrat aus dem Fluss) bewässert. Foto: Thomas Herrgen

Trockenheit und Hitze als Folge des Klimawandels setzen auch dem Rasen in Privatgärten und öffentlichen Anlagen zu. Um dennoch ein befriedigendes Rasenbild zu erzielen, können neue trockenheitsresistente Samenmischungen, Wasserspeicherung im Substrat und verschiedene, auch computergestützte Techniken der über- und unterirdischen Bewässerung geeignete Strategien für schöne, harmonisch gleichmäßige grüne Flächen sein. Rasenflächen sind der Teppich jeder Freianlage und der muss in Zeiten der Erderwärmung optimal angelegt und erst recht gut gepflegt werden, schon allein deswegen, weil die obersten Bodenschichten bei intensiver Sonneneinstrahlung, Hitze und Trockenheit ohnehin schon am allerschnellsten austrocknen. So ist bei der Anlage, Nutzung und Pflege einiges zu beachten.

Die "unnatürliche" Pflanzengemeinschaft

Rasenflächen als Summe von verschiedenen Gräserarten mit den sichtbaren Halmen sind ein wenig mit dem menschlichen Haar vergleichbar. Und so ist auch dieser Gartenaspekt von Moden geprägt, er wird ähnlich intensiv und mitunter sogar emotional diskutiert. Hinzu kommt nun der Klimawandel, der einerseits von großer und langanhaltender Hitze im Sommer, mit starker Trockenheit über Wochen hinweg (wie auch wieder im Jahr 2022), andererseits aber auch von Unwettern und Überflutungen (Ahrtal Juli 2021!) gekennzeichnet ist. Darüber hinaus kommt es, wie bei der modischen Frisur, immer darauf an, welches Bild beim Rasen gewünscht wird. Soll es eine Projektionsfläche, etwa für Schattenwürfe von Bäumen und Sträuchern sein, ein normaler Gebrauchsrasen, der klassische "englische Rasen", ein Golf-Green oder ein flaches Grün wie ein grüner Teppich, auf dem auch Kinder spielen dürfen und gelegentlich Gartenfeste gefeiert werden können? Kurzum, wie robust, widerstandsfähig und resilient soll oder muss die Fläche sein? Dabei ist auch zu beachten, dass Rasen als Vegetationsaspekt eine vollkommen künstliche Pflanzengesellschaft ist, die so in der Natur nicht vorkommt. Und unter den Bedingungen des Klimawandels muss sie noch mehr und intensiver gepflegt werden, als unter normalen Bedingungen ohnehin schon. Und letztere wird es so schnell nicht wiedergeben.

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Klimarasen Rasenrekultivierung
Frisch gemähter Rasen im Innenhof eines Klosters, Ende April. Die Anlage wird seit vielen Jahren von einer Fachfirma gepflegt. Foto: Thomas Herrgen
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Gemähte Rasenflächen können bei starker Sonneneinstrahlung auch eine Projektionsfläche sein. Hier der Schattenwurf eines alten, noch unbelaubten Apfelbaums Ende April (im Mittelgebirge). Foto: Thomas Herrgen

Speichern und versickern - kein Widerspruch

Und das beginnt schon vor der Pflege mit der Anlage des Rasens. Ein ungünstiger Untergrund, der stark verdichtet oder steinig ist, muss maschinell 20 bis 30 cm tief kreuzweise aufgerissen, im ungünstigsten Fall ausgetauscht werden. Alles, was jetzt gemacht oder unterlassen wird, wirkt sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sehr nachhaltig aus. Grundvoraussetzung für einen gegen die Klimawandelfolgen resilienten Rasen ist eine normgerechte, ca. 15 cm dicke Rasentragschicht (RTS) aus stein- und wurzelfreiem Oberboden, Zuschlagstoffen wie etwa Wasser speichernden Lava-Anteilen und eine ortsangepasste Vorratsdüngung. Dazu kann auch vorab eine Bodenanalyse gemacht und ausgewertet werden. Neben zu wenigen oder zu vielen Nährstoffen im Substrat ist dies oft auch der ermittelte PH-Wert. Mit Düngergaben und Bodenverbesserungsmitteln wie etwa gedämpftem Kompost (ca. 20 l/m²) lässt sich die Tragschicht entsprechend den Ansprüchen der geplanten Art des Rasens beeinflussen. Fertigsubstrate mit Wasser speichernden Komponenten oder die Zugabe der feinen Lavaanteile sorgen dafür, dass der natürliche Niederschlag länger in der Rasentragschicht verbleibt. Der nach DIN 1917 hergestellte und an der Oberfläche mit höchstens 3 cm (bei Landschaftsrasen bis 5 cm) Abweichung (über eine Messstrecke von 4 m) planierte Untergrund (Feinplanum) wird dann einerseits die aufgenommene Feuchtigkeit gut speichern, andererseits bei Starkregenereignissen die Wassermengen gut und schnell versickern bzw. ableiten, wenn die Wassermassen zu groß werden.

Aussäen oder ausrollen?

Beim Thema Saatgut geht der Markt inzwischen auf viele Nutzerwünsche ein. Vom "normalen" Rasen über den Landschaftsrasen bis hin zum strapazierfähigen Kurzschnittrasen ist je nach Nutzung, Beanspruchung und dem angestrebten Bild alles möglich. Dazu gehören heute auch Samensorten (nach RSM, siehe Infos am Ende) für besonders trockene Standorte, wie sie im Klimawandel zunehmen. Hitzestress, vor allem in Innenstädten wird immer häufiger. So ist es ratsam, von vornherein Gräser ("Hitzerasen") auszusäen, der mit diesen Verhältnissen besser zurechtkommt. Demgegenüber stehen andere Sorten für schattige und/oder feuchte Lagen, die es trotzdem auch weiterhin gibt.

Saatgut wird mit 20 bis 25 g/m² gleichmäßig aufgetragen, gewalzt und mit feiner Tröpfchenbewässerung oder Sprühnebel befeuchtet. Die günstigsten Zeiten für die Aussaat sind Frühling und Herbst. Bis zum Keimen und Auflaufen muss der Rasen dann sehr regelmäßig bewässert werden, vor allem in den inzwischen trockenen Klimawandel-Monaten April, September und Oktober.

Klimarasen Rasenrekultivierung
Aufsitzmäher bei der Arbeit, in einem öffentlichen Park in Malmö/Schweden. Foto: Thomas Herrgen
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Versenkregner heben sich bei Wasserdruck an, verteilen das Nass gleichmäßig und versinken nach Abschluss wieder im Boden. Foto: Thomas Herrgen

Bei Fertigrasen, oft auch als "Rollrasen" bezeichnet, wird der Prozess verkürzt. Die Bodenvorbereitung bleibt die gleiche, dann werden die Soden ausgerollt und angewalzt. Schon nach drei bis fünf Wochen sind die Bahnen eingewurzelt und die Fläche kann genutzt werden. Fertigrasen ist eher für kleinere Gärten und Flächen geeignet oder im profimäßigen Sportplatzbau üblich, denn die Kosten liegen zehn bis 15-fach höher als bei einem Aussaatrasen.

"Erziehung" mit Wassergaben

Die Bewässerung bleibt dann in der laufenden Pflege ein Thema, da die natürlichen Niederschläge heute oft nicht mehr ausreichen. Doch bei den Wassergaben sollte weniger nun mehr sein. Rasen, der zu oft zu viel Wasser erhält wird "faul" und bleibt mit seinen Wurzeln weit oben. Wird mit kleineren Mengen in verkürzten Intervallen bewässert, sind die Wurzeln bestrebt nach unten zu wachsen, wo tendenziell die feuchteren Schichten sind. Die Wassermengen hängen aber auch von den lokalen Faktoren ab. Richtwerte sind von 5 bis 15 l/m² und Wässerungsgang, etwa ein bis dreimal pro Woche (Neuanlage Privatgarten). Diese Menge in Handarbeit mit dem Schlauch gleichmäßig zu verteilen kann schwierig sein. Mobile Regner, die versetzt werden, sind vorteilhafter.

Noch genauer und im digitalen Zeitalter einfach zu bedienen sind automatische Bewässerungssysteme. In der Regel sind es Versenkregner mit einem fixen Sprühwinkel. Der Wasserdruck hebt sie an, die Bewässerung startet und schließlich versinken die Module wieder im Boden. Mit Steuergeräten, teilweise auch Feuchtefühlern lassen sich die Wassermengen, Zeitpunkte und Intervalle exakt regeln. Bewässert wird am frühen Morgen, um die Verdunstung zu minimieren und Schimmelbildung zu vermeiden.

Inzwischen bietet der Markt auch unterirdische Tropfrohre an, die in Wurzeltiefe verlegt werden. Vorteil ist, dass das Wasser direkt dort ankommt, wo es gebraucht wird und Verdunstungsdefizite ausbleiben. Tropfrohre bewässern relativ langsam und die Anlage lohnt vor allem bei einer Gartenneuanlage. Der nachträgliche Einbau ist aber auch möglich und die Bewässerung kann ebenso digital gesteuert werden.

Schon aus Gründen der Nachhaltigkeit sollten alle Systeme möglichst mit gesammeltem Regenwasser, etwa aus Zisternen betrieben werden. Trinkwasser ist in Zeiten des Klimawandels kostbar und wird ein immer knapperes Gut!

Klimarasen Rasenrekultivierung
Das gewölbte Dach über dem unterirdischen Anbau des Städel-Museums in Frankfurt am Main ist wie eine extensive Dachbegrünung konzipiert. Die Rasenfläche wird unterflur automatisch bewässert. Foto: Thomas Herrgen
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Beim "Mariengarten" des Limburger Bischofssitzes (einstiges "Skandalprojekt" wegen hoher Kosten) liegt Fertigrasen in den vier Hochbeeten. Er wird mittels Versenkregnern in den Eckbereichen bewässert. Foto: Thomas Herrgen

Auch seltener mähen

Wie die Haare muss der Rasen regelmäßig geschnitten werden. Beim Mähen werden die Grashalme mit unterschiedlichsten Techniken gekürzt. An der Schnittstelle entsteht eine Verletzung, die zu Verdunstungsverlusten führt. Im Klimawandel und vor allem in den heißen, trockenen Sommern sollte Rasen deshalb an den Tagesrandzeiten gemäht werden. Im Sommer können die Schnittintervalle länger und die Schnitthöhe kann größer sein, etwa bei 6 bis 8 cm, damit sich die längeren Grashalme gegenseitig ein wenig beschatten. Das Rasenmähen selbst hängt aber, wie schon bei der Anlage, auch vom Wunschbild des Besitzers ab.

Gekürzt wird mit mechanischen Handmähern, Elektro- oder Benzinrasenmähern, Aufsitzmähern beziehungsweise Mähtraktoren. Seit einigen Jahren sind auch so genannte Mähroboter auf dem Markt. Sie arbeiten selbstständig, erkennen Ränder und Hindernisse und belassen in der Regel die sehr kurzen Schnittstückchen als "Dünger" auf der Fläche.

Bei allen anderen Mähgeräten ist es erforderlich, das Schnittgut aufzufangen oder einzusammeln und dem Kompost oder der Biotonne zuzuführen. Stark verdeckter Rasen würde schnell gelb und unansehnlich werden.

Richtig Düngen gegen den "Durst"

Durch die permanenten Schnitte werden dem Rasen Biomasse und Nährstoffe entzogen. Zur Erhaltung der Vitalität und Strapazierfähigkeit und in Abhängigkeit vom Boden muss die Fläche entsprechend gedüngt werden. Hauptbestandteile sind Stickstoff (N), Phosphat (P2O5), Kalium (K2O) und teilweise Magnesium (MgO). Vor allem im Frühjahr ist eine stickstoffreiche Startdüngung in die neue Saison erforderlich. Im Klimawandel wird nun zum Frühling neuerdings auch eine Kaliumgabe empfohlen. Kalium senkt den Wasserbedarf des Rasens und damit vor allem den während des Sommers Ressourcen belastenden "Durst" grüner Teppiche. Über den Sommer selbst wird dann nur nach Bedarf gedüngt und im Herbst, ab spätem September folgt nochmals eine kaliumbetonte Düngung zur Kräftigung für den bevorstehenden Winter.

Für Luft und Licht sorgen

Selbst gut gepflegte Rasenflächen verfilzen irgendwann einmal, vor allem in Schattenlagen durch Moose, Reste von Schnittgut, Laub benachbarter Bäume und Sträucher, Staub und Schmutz aus der Luft. Damit der Rasen nicht "erstickt" und gerade im Klimawandel widerstandsfähig bleibt, muss er von Zeit zu Zeit vertikutiert werden. Entsprechende Geräte mit etwa 10 cm langen, drehenden Messern arbeiten den Filz heraus. Zusätzlich kann der Rasen durch Aerifizierung mit 6 bis 8 mm dicken, 5 bis 10 (15) cm langen Nadeln gelocht, belüftet und mit feinem Sand verfüllt werden. In den aufgefüllten Löchern dringt Wasser schneller und tiefer ein und der Rasen kann auch wieder "atmen". Mit angemessener Pflege sehen Rasenflächen dauerhaft gut aus und können auch dem Klimawandel trotzen.

Klimarasen Rasenrekultivierung
Angelieferte Fertigrasen-Soden ("Rollrasen") am Ernst-Happel-Stadion in Wien, kurz vor der Verlegung. Foto: Priwo, Public domain, Wikimedia Commons,

Keinesfalls "billig" - Kosten für Anlage und Pflege

Verglichen mit anderen Vegetationsflächen ist Rasen zwar günstiger, aber dennoch keinesfalls billig. Die Herstellungskosten für die Neuanlage einer normalen Rasenfläche variieren stark, abhängig vom Flächenumfang, von Standort und Region, Art und Menge der Bodenverbesserungsmittel. Sie liegen dann bei etwa 15 (-20/25) Euro/m² und bei Erdanschluss. Bei unterbauten Flächen, etwa über Tiefgaragen im EG-Bereich oder bei Dachbegrünungen steigt der Preis.

Für die spätere Rasenpflege (privat; Eigenleistung) mit den wichtigsten, regelmäßigen Pflegemaßnahmen wie Mähen, Düngen, Wässern ergibt sich ein Preisindex ab etwa drei bis fünf Euro/m² und Jahr (Kosten für Wasser, Dünger, Strom, Geräte usw.). Je intensiver die Pflege, desto höher die Kosten.

Bei Vergabe an externe Pflegefirmen des Garten- und Landschaftsbaus ist mit mindestens acht bis 15 Euro/m² und Jahr und mehr zu rechnen. Die Entwicklung der Inflation, vor allem die gestiegenen Energiekosten seit 2022/23 aber auch Wasserknappheit bis hin zum Wassernotstand werden künftig noch mehr zu Buche schlagen oder sich auswirken. Bei sehr kleinen Gartenflächen kann man auch immer noch mit dem guten alten Handrasenmäher auskommen. Das schont die Stromkosten und stärkt die Muskeln. n

nach FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., D-Bonn). Aktuelle Ausgabe "Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) Rasen, 2021".

Gebräuchliche Saatgut-Mischungen

nach FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., D-Bonn). Aktuelle Ausgabe „Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) Rasen, 2021“.

Beispiele

Häufig verwendet:
RSM 2.3 (normaler Gebrauchsrasen)
RSM 2.2.1 (Gebrauchsrasen - Trockenlagen)
RSM 2.2.2 (Gebrauchsrasen - Trockenlagen, tiefgründiges Wurzelsystem)
"BUGA- Mischungen" für verschiedene Nutzungen, darunter auch BUGA Nr. 5® - Schattenrasen mit Poa supina

Normen und Richtlinien für Rasen

DIN 18915 Bodenarbeiten
DIN 18917 Rasen und Saatarbeiten (2018-07)
DIN 18919 Entwicklungs- und Unterhaltungspflege von Grünflächen

Links/Infos/Tipps

www.eurogreen.de (mit Ratgeber Rasenkrankheiten)
www.fll.de (Richtlinien und RSM)
www.hauenstein.ch/de/produktfinder-rasen-begruenunung,html
www.juliwa-hesa.de (Saatgut, Fertigrasen, Dünger, etc.)
www.lwg.bayern.de/landespflege/gartendokumente/fachartikel/136193/index.php
www.rasenberater.ch/uebersicht/3-rasenarbeiten
www.rasen-begruenung.ufasamen.ch (Samen, Rasenpflege, Bio-Produkte)
www.rasengesellschaft.de (DRG, Deutsche Rasengesellschaft e. V., Bonn)

Dipl.-Ing.(FH) Thomas Herrgen
Autor

Landschaftsarchitekt

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