Vergleich unterschiedlicher Bautypen

Straßenbäume und dezentrale Entwässerung

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Die Folgen des Klimawandels gefährden Städte und ihre Bevölkerung durch Hitze, Dürre und Überflutungen. Ansätze zur Regenwasserbewirtschaftung an Baumstandorten können dazu beitragen, diesen Auswirkungen entgegenzutreten. Entscheidend dabei ist, dass die richtige Bauweise am richtigen Ort eingesetzt wird. Der folgende Artikel liefert Entscheidungshilfen bei der Auswahl.
Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Hydrologisch optimierter Baumstandort in Kombination mit Versickerungsmulde, Alter Postweg in Maschen. Foto: Michael Richter

Immer häufiger auftretende Starkregenereignisse und Extremwetterlagen sorgen für Überflutungen, die Beschädigungen an Gebäuden, Straßen und anderer städtischer Infrastruktur verursachen. Ebenso machen immer länger auftretende Hitzeperioden, die durch den Hitzeinsel-Effekt in Städten noch verstärkt werden, der Bevölkerung zu schaffen (BBSR 2015: 17). Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklungen in den nächsten Jahren zunehmen werden (Schmidt/Selinger 2019: 1). Neben den negativen Auswirkungen auf die Stadtbevölkerung treffen vor allem die in ihrer Temperatur und Länge gestiegenen Hitzeperioden auch die Stadtbäume, deren Standortbedingungen bereits ohne diese Extremwetterlagen als prekär zu bezeichnen sind. Im Besonderen gilt das für Straßenbäume, die unter dem urbanen Druck besonders leiden (Dickhaut et al. 2019: 13).

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Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Abb. 1: Beispielhafte Schemazeichnungen der Bauweisen vitaler Baumstandorte. Abbildung: Michael Schuster
Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Abb. 1: Beispielhafte Schemazeichnungen der Bauweisen vitaler Baumstandorte. Abbildung: Michael Schuster
Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Abb. 1: Beispielhafte Schemazeichnungen der Bauweisen vitaler Baumstandorte. Abbildung: Michael Schuster

Stadtbäume und Regenwasserbewirtschaftung

Um die Standortbedingungen für Stadtbäume zu verbessern und einer wassersensiblen Stadtentwicklung gerecht zu werden, wurden Baumstandorte entwickelt, die eine Kombination aus optimiertem Baumstandort und dezentralem Entwässerungselement darstellen. In Deutschland hat sich für solche Baumstandorte mittlerweile der Begriff Baumrigole etabliert, welcher jedoch nur ungenügend die Unterschiede in den in der Praxis geplanten und gebauten Varianten solcher Baumstandorte beschreibt. Im Projekt "BlueGreenStreets" wurde ein erster Versuch unternommen, die verschiedenen Systeme Begrifflich zu trennen beziehungsweise besser zu beschreiben (BGS 2022a: 43). Dort wurden unter dem Oberbegriff vitale Baumstandorte in Kategorien hydrologisch optimierte Baumstandorte und Baumrigole mit/ohne Speicher differenziert. Diese Begriffe werden im Folgenden weiterverwendet. Unabhängig vom jeweiligen System sollen durch das Einleiten von Regenwasser in die Baumgrube die Bäume besser mit Wasser versorgt und der natürliche Wasserkreislauf gestärkt werden. Ebenso sollen Hochwasserspitzen durch Retention und Speicherung gekappt und Überflutungen vermieden werden (BGS 2022a: 43).

Auf nationaler, wie auf internationaler Ebene ist eine Vielzahl verschiedener Bauweisen sogenannter vitaler Baumstandorte zu verzeichnen. Die hohe Zahl an Ausführungsvarianten ist wahrscheinlich auf die noch wenig ausgeprägte Standardisierung und die relativ junge Geschichte der Thematik – zumindest im deutschsprachigen Raum – zurückzuführen. Im vorliegenden Artikel, der eine Zusammenfassung der Masterthesis "Straßenbaumstandort und dezentrale Entwässerung – Bauweisen und Substrate: Kriterien zur Optimierung" von Michael Schuster darstellt, werden die Bauweisen vitaler Baumstandorte untersucht. Dabei wird der zentralen Fragestellung nachgegangen, unter welchen (Standort-)Kriterien es sinnvoll ist, eine bestimmte Bauweise einzusetzen? Um diese Frage fundiert und möglichst praxisbezogen beantworten zu können, wurden in einem ersten Schritt Fallbeispiele ermittelt, die bereits umgesetzte beziehungsweise geplante Bauweisen darstellen. Diese wurden entsprechend ihrer Bauart kategorisiert, um in einem zweiten Schritt, eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen. Anhand der Vergleichsergebnisse wurden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausführungsvarianten dargestellt. Diese Ergebnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung von Entscheidungsparametern, die die zentrale Fragestellung beantworten und Aussagen darüber zulassen, unter welchen Standortfaktoren es sinnvoll ist, eine bestimmte Bauweise einzusetzen.

Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Herstellung einer abgedichteten Kiesrigole unterhalb eines vitalen Baumstandortes. Foto: Michael Richter
Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Baumsubstrat mit eingemischtem Schotter, Mischung angelehnt an das Stockholmer Modell. Foto: Michael Richter

Ermittlung von Fallbeispielen und Kategorisierung

Für die Ermittlung von Fallbeispielen wurde definiert, welche Kriterien ein Baumstandort erfüllen muss, um für eine weitere Untersuchung berücksichtigt werden zu können. Der Baumstandort musste den Kriterien eines vitalen Baumstandortes entsprechen: Es sollte eine gezielte Einleitung sowie Rückhaltung von Regenwasser vorgesehen sein und sichergestellt werden, dass dem Baum ausreichend Wurzelraum zur Verfügung steht. Weiter musste, je nach Standort, der Schutz des Baumsubstrats vor Verdichtung sowie die ausreichende Reinigung der eingeleiteten Niederschläge gewährleistet sein. Außerdem stellten der Arbeitsstand der Projekte, die bereits umgesetzt sein mussten oder sich in der Ausführungs(-planung) befanden sowie die Verfügbarkeit von Informationen, wie entsprechende Planunterlagen, wichtige Faktoren bei der Auswahl dar. Das Untersuchungsgebiet wurde auf Deutschland, Österreich und die Schweiz beschränkt.

Insgesamt konnten 41 Beispielprojekte ermittelt werden, die die Umsetzung mindestens eines vitalen Baumstandortes vorgesehen haben. Zu 26 dieser Fallbeispiele waren ausreichend Informationen verfügbar, die eine weitere Untersuchung zuließen. Mit Hilfe von Schnittzeichnungen, Lageplänen, Leistungsverzeichnissen und Baubeschreibungen konnten die ermittelten Baumstandorte entsprechend ihrer Bauweise kategorisiert werden. Von besonderer Bedeutung hierbei war die Unterscheidung der eingesetzten baulichen Mittel, die die Verdichtung des Baumsubstrats verhindern sollen. Dabei spielten zum einen die Korngrößen der Gerüststoffe der eingebauten Strukturböden eine große Rolle, welche in fein (<0,002-2 mm), mittel (>2-63 mm) und grob (>63 mm) unterschieden wurden. Zum anderen war der Volumenanspruch der in die Erde eingebauten Kasten- und Zellsysteme von Bedeutung, die aus Beton, Stahl oder Kunststoff bestanden. Weiter wurden die Bauweisen danach unterschieden, ob die Baumgrube zur vollständigen Durchwurzelung vorgesehen ist oder über eine unterirdische Retentionskammer wie beispielsweise eine Kiesrigole verfügt, die zwar durchwurzelt werden kann, aber nicht dafür vorgesehen ist. Abschließend spielte die unterirdische Abdichtung eine Rolle, die einen unterirdischen Wassereinstau ermöglicht, aber nicht bei allen ermittelten Fallbeispielen vorhanden war.

Anhand der Kategorisierung war es möglich, der Bauart entsprechend ähnliche vitale Baumstandorte zusammenzufassen und somit vergleichbar zu machen, auch wenn diese nicht bis ins letzte Detail baugleich sind. Beispielsweise liegen Unterschiede bei der Art und Weise der Einleitung von Niederschlagswasser in den Baumstandort vor, was im Weiteren jedoch nicht beachtet wurde. Ebenso erhalten die Vergleichsergebnisse durch die Kategorisierung eine höhere Allgemeingültigkeit als beim Vergleich zweier konkreter Beispiele.

Vergleich

Um die Bauweisen vergleichen zu können, wurden zunächst Anforderungen an vitale Baumstandorte ermittelt werden, anhand derer die Kategorien verglichen werden können, also in welchem Umfang eine Kategorie eine Anforderung erfüllt. Weiter wurde untersucht, welche Parameter den Grad der Erfüllung einer Anforderung beeinflussen und drittens, wie Vergleichsbedingungen entwickelt werden können, die gleiche Voraussetzungen für alle Kategorien schaffen.

Wie bereits erwähnt, stellen vitale Baumstandorte eine Kombination aus optimiertem Baumstandort und dezentralem Entwässerungselement dar, weshalb diese auch die entsprechenden Anforderungen erfüllen müssen. Als optimierter Baumstandort muss dem Baum ausreichend Wurzelraum zur Verfügung stehen, es muss eine gute Wasser- und Nährstoffversorgung vorliegen sowie ein günstiger Lufthaushalt bestehen und das Baumsubstrat muss vor Verdichtung geschützt werden. Als dezentrales Entwässerungselement müssen ein hohes Retentionsvermögen, eine hohe Wasserkapazität und eine ausreichende Entwässerungsleistung sowie der Schutz vor Verdichtung garantiert werden. Ebenso ist eine ausreichende Luftkapazität sicherzustellen.

Für den Vergleich der hier angeführten Anforderungen an vitale Baumstandorte wurden Vergleichsbedingungen entwickelt, die eine gleiche Ausgangslage – umgangssprachlich faire Wettbewerbsbedingungen – für alle Kategorien schaffen. Der erste Schritt hierbei war die Entwicklung einer Referenzbaumgrube, die eine immer gleich große Baumgrube, in welche die verschiedenen Bauweisen "eingebaut" werden können, darstellt. Bei der Dimensionierung dieser wurde sich an den Vorgaben der FLL-Empfehlungen als Mindestmaß orientiert, weshalb die Referenzbaumgrube über eine Grundfläche von 3 x 2 Meter (6 m²) und eine Baumgrubentiefe von 2 Meter verfügt (12 m³ Baumgrubenvolumen) (Abb. 2a, 2b). Die über der Vorgabe aus den FLL-Empfehlungen liegende Baumgrubentiefe begründet sich darin, dass der Aufbau eines vitalen Baumstandortes in der Regel deutlich über der Vorgabe aus den Regelwerken liegt. Dies ist auf die Stärken der verschiedenen verbauten Schichten zurückzuführen, die bei einem Großteil der Fallbeispiele verbaut wurden.

Neben einer festgesetzten Baumgrubengröße wurden Komponenten definiert, die nur im Zusammenhang mit bestimmten Kategorien angewendet wurden. Beispielsweise war die Körnung der Gerüststoffe der feinen, mittleren und groben Strukturböden exakt festzulegen sowie die genauen Eigenschaften der verwendeten Substrate. Ebenso wurden Schichtstärken von Struktur- und Oberböden, Wandstärken von Betonelementen und Stärken sowie Materialität von Kiesrigolen vorher definiert, um dann, entsprechend der zu untersuchenden Kategorie, eingesetzt werden zu können. In Abbildung 2c wurde der "Einbau" eines vitalen Baumstandortes mit Strukturboden mittelgroßer Körnung, Kiesrigole sowie unterirdischer Abdichtung dargestellt. Die Einbaustärken der unterschiedlichen Schichten wurden für alle Bauweisen auf die gleiche Stärke festgelegt.

Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Abb. 2a: Die Referenzbaumgrube in Schnitt. Abbildung: Michael Schuster
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Abb. 2b: Die Referenzbaumgrube in der Draufsicht. Abbildung: Michael Schuster
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Abb. 2c: Referenzbaumgrube in Verbindung mit einer Bauweise (Strukturboden mittelgrober Körnung, Kiesrigole und unterirdischer Abdichtung). Abbildung: Michael Schuster
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Baumrigolen, Alter Postweg in Hamburg-Harburg. Foto: Michael Richter

Wurzelraumvolumen & Substrateigenschaften

Im ersten Schritt des Vergleichs wurden die einzelnen Bauweisen unter Anwendung der vorher definierten Referenzbaumgrube auf das zur Verfügung stellen von Wurzelraum untersucht. Dabei wird der Volumenanspruch der jeweiligen Bauweise ermittelt und vom möglichen Gesamtvolumen (12 m³) der Referenzbaumgrube abgezogen. Elemente, die an dieser Stelle als Wurzelraumvolumen einschränkend eingestuft wurden, sind zum einen grobe Strukturböden (Körnung >63 mm), da diese aus Grobschlag bestehen, der nicht durchwurzelt werden kann. Zum anderen schränken unterirdische Retentionskammern und Kiesrigolen, die nicht zur Durchwurzelung vorgesehen sind, sowie Beton- und Stahlkastenrigolen, das dem Baum zur Verfügung stehende Wurzelraumvolumen ein. Im Gegensatz hierzu wurde davon ausgegangen, dass das Baum- und Einschlämmsubstrat sowie die unterirdischen Abdichtungen, die in der Regel aus einer vergleichsweise dünnen Schicht bestehen, das Wurzelraumvolumen lediglich in einem nicht zu beachtenden Maße verringern. Weitere Elemente eines Baumstandorts wie Bewässerungs- und Belüftungsleitungen wurden an dieser Stelle ebenfalls nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden in Tabelle 01 dargestellt. Dabei ist augenscheinlich, dass die Bauweisen, die über einen Strukturboden mit mittelgroßen Gerüstgebern verfügen, die höchsten Werte aufweisen beziehungsweise, bezogen auf die Referenzbaumgrube, am meisten Wurzelraum zur Verfügung stellen. Die Baumrigolen in Kasten-/Zellbauweise erzielen Ergebnisse, die leicht oberhalb beziehungsweise leicht unterhalb des durchschnittlichen Volumens von 8,82 Kubikmeter liegen. Durch die Differenzierung des Volumenanteils in Volumen des Oberbodens und durchwurzelbares Volumen des Strukturbodens wird sehr deutlich, welche Auswirkungen der Volumenanspruch der groben Gerüstgeber auf das Endergebnis hat. Sämtliche Kategorien, die über einen groben Strukturboden verfügen, weisen Werte auf, die deutlich unterhalb des Durchschnitts liegen. Das Wurzelraumvolumen wird bei allen Kategorien, die über eine unterirdische Retentionskammer oder Kiesrigole verfügen, weiter eingeschränkt. Die Kombination aus groben Gerüststoffen und unterirdischem Retentionselement führt zu den niedrigsten Gesamtergebnissen von jeweils 5,82 Kubikmeter Wurzelraumvolumen.

Diese Ergebnisse stellen zum einen das Volumen dar, das dem Baum zunächst zur Durchwurzelung der angelegten Baumgrube zur Verfügung steht. Zum anderen kann dieses Volumen auch mit dem Einbauvolumen des Substrats gleichgesetzt werden, das in den Baumstandort eingebaut werden kann. Dies ist für die weitere Untersuchung der Leistungsfähigkeit der Bauweisen entscheidend, da der Anteil an organischem Material (Nährstoffzufuhr), die Wasser- und Luftkapazität, das Einstauvolumen, die Entwässerungsleistung sowie das Erfüllen der Anforderungen an vitale Baumstandorte maßgeblich beeinflussen, stark vom Einbauvolumen des Substrats abhängt. Aufgrund der wichtigen Rolle, die die Substrate spielen und um eine allgemeingültigere Vergleichsgrundlage zu schaffen, wurden im Voraus zwei Substrate mit entsprechenden Eigenschaften festgelegt. Es wurde zum einen ein Baumsubstrat festgelegt, das den Anforderungen eines überbaubaren Substrats nach FLL entspricht (Vulkatree L 0-32). Dabei wurden dessen Eigenschaften definiert, wie unter anderem ein Gesamtporenvolumen von 39,2 Vol.-% und der Anteil des organischen Materials auf 1,7 Masse-% festgelegt. Diese Festlegung wurde auch für ein Einschlämmsubstrat durchgeführt, das für die Bauarten mit groben Strukturböden berücksichtigt wird und über ein Gesamtporenvolumen von 31 Vol.-% sowie einem Anteil an organischem Material von 0,11 Masse-% verfügt (Daten zur Verfügung gestellt vom Österreichischen Bundesamt für Wasserwirtschaft).

Bei der weiteren Untersuchung in Zusammenhang mit dem weiter oben im Text ermittelten möglichen Einbauvolumen des Substrats, spielten vor allem die volumenbezogenen Eigenschaften der Substrate eine wichtige Rolle: Je größer der Volumenanteil eines Substrates am Gesamtvolumen einer Baumgrube ist, desto stärker kamen bestimmte Eigenschaften des Substrats zur Geltung. Wenn ein Substrat beispielsweise eine Luftkapazität von 10 Vol.-% hat und zwei verschiedene Bauweisen den Einbau von einmal 10 Kubikmeter Substrat und einmal von 5 Kubikmeter Substrat in eine 12 Kubikmeter große Baumgrube zulassen, so verfügt eine Baumgrube über eine Luftkapazität von 1 Kubikmeter und die andere über 0,5 Kubikmeter.

Diese Berechnungen wurden im Folgenden für die Masse an organischem Material, die Wasserkapazität der Pflanzsubstrate, das Einstauvolumen in unterirdische Retentionskörper, die Berechnung der Wasserkapazität der gesamten Baumgrube sowie die Luftkapazität durchgeführt. Die Tragfähigkeit der Bauweisen wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls berücksichtigt, jedoch sind aussagekräftige Ergebnisse zu dieser Thematik schwer zu erhalten, da neben der Vorgabe in den FLL zur erforderten Mindestragfähigkeit von 45 Meganewton pro Quadratmeter, kaum Angaben zur tatsächlichen Tragfähigkeit der Bauweisen existieren. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden in Tabelle 02 zusammenfassend dargestellt, wobei die Ergebnisse anhand eines Punktesystems bewertet werden, um eine bessere Übersichtlichkeit zu schaffen. Die Punkte werden dabei in sehr gut (+++), gut (++), gering (+) und nicht vorhanden/kein Wert (-) kategorisiert.

An dieser Tabelle wird sehr deutlich, dass Kategorien mit Strukturboden mittlerer Körnung fast ausschließlich gute bis sehr gute Bewertungen haben. Die Bauweisen mit groben Gerüstbildnern hingegen schneiden deutlich schlechter ab. Wie weiter oben im Text bereits herausgearbeitet, hängen diese Werte sehr stark vom Volumenanspruch der Komponenten einer Kategorie ab, die die Verdichtung des Substrats verhindern sollen. Die niedrigeren Ergebnisse lassen sich darauf zurückführen, dass Bauweisen mit groben Gerüststoffen am schlechtesten abschneiden, was auf den hohen Volumenanspruch des verbauten Grobschlags zurückzuführen ist. Dieser verfügt über einen Hohlraumanteil von 30 Prozent, was im Umkehrschluss bedeutet, dass 70 Vol.-% dieses Strukturbodens nicht zur Durchwurzelung beziehungsweise zum Einbau von Substrat zur Verfügung stehen. In Kombination mit Kiesrigolen werden die Werte weiter verschlechtert und sogar das Volumen der Wasserkapazität, das durch Kiesrigolen vermeintlich besser sein sollte, liegt bei Bauweisen mit groben Gerüststoffen unterhalb des Durchschnittswertes.

Regenwasserbewirtschaftung Stadtbäume
Tab. 1: Übersicht Wurzelraumvolumen nach Bauart Tabelle: Michael Schuster
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Tab. 2a: Übersicht der Ergebnisse nach Bauart Tabelle: Michael Schuster
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Tab. 2b: Übersicht der Ergebnisse nach Bauart (Abkürzungen s. Tab. 1) Tabelle: Michael Schuster
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Abb. 3: Platzverfügbarkeit eines Standorts und zu empfehlende Bauarten vitaler Baumstandorte. Tabelle: Michael Schuster
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Baumpflanzung in Tiefbeet, Kasseler Straße in Leipzig. Foto: Michael Richter

Wahl der Bauweise und Verfügbarkeit von unterirdischem Raum

Die Ergebnisse für vitale Baumstandorte in Bauweisen mit mittelgroßen Strukturböden und in Kasten-/Zellsystem-Bauweise fallen, wie in Tabelle 2 dargestellt, für die Betrachtung von 12 Kubikmeter Referenzbaumgruben, durchaus positiv aus. Untereinander schwanken die Ergebnisse dieser Bauarten nur in wenigen Punkten. Bauweisen mit Strukturböden, die über eine grobe Körnung verfügen, fallen dagegen stark ab. Für eine differenzierte Betrachtung dieser Ergebnisse, auf deren Grundlage Entscheidungsparameter und -hilfen entwickelt werden sollen, müssen neben dem Vergleich der Eigenschaften der Bauweisen, auch die Standortfaktoren, denen ein Baumstandort ausgesetzt ist, beachtet werden. Für die Auswahl einer der hier aufgeführten Bauweisen spielt die Raumverfügbarkeit eine entscheidende Rolle. Der verfügbare Platz beschreibt, wie viel Raum ein Standort der Einrichtung eines vitalen Baumstandortes zur Verfügung stellt. Dabei kann man nach oberirdischem Platz unterscheiden, der bestimmt, wie viel Platz für die Einrichtung einer Baumscheibe zur Verfügung steht und nach unterirdischem Platz, welcher die Größe einer Baumgrube vorgibt.

Bei einer hohen oberirdischen Platzverfügbarkeit ist der Einsatz jeder Kategorie/Bauweise denkbar, da auch Bauweisen, die über einen oberirdischen Einstau verfügen und somit einen hohen oberirdischen Platzanspruch aufweisen, umgesetzt werden können. Bei geringerer Platzverfügbarkeit an einem Standort sollte je nach Belastung der Fläche eine Kategorie gewählt werden, die einen vergleichsweise hohen Schutz des Substrats vor Verdichtung gewährleistet und somit gut überbaubar sind. Bei einer geringen unterirdischen Platzverfügbarkeit sind Kategorien zu empfehlen, die auf engem Raum hohe Werte an Wurzelraumvolumen, Masse an organischem Material, Wasser- und Luftkapazität verfügen. Also Bauweisen mit mittelgroben Gerüststoffen oder Kasten-/Zell-Baumrigolen. Besteht jedoch die Möglichkeit der Einrichtung einer großvolumigen Baumgrube, die unterhalb von Gehwegen, Parkplätzen und Fahrbahnen erweitert werden kann, sind Kategorien mit groben Gerüststoffen vorzuziehen.

Diese halten der hohen Belastung der zu unterbauenden Flächen stand, während die anderen Bauweisen in vielen Fällen ein Baumgrubenvolumen von 12 Kubikmeter nicht überschreiten beziehungsweise nicht überschreiten können, da diese nicht ohne Weiteres unterhalb der Verkehrsflächen erweiterbar sind. Der Einbau von vitalen Baumstandorten mit Strukturböden, die aus einem grobkörnigen Gerüst bestehen, hingegen kann in großem Maße unterhalb von Fahrbahnen erweitert werden. Das durch die Erweiterung unterhalb von Verkehrsflächen erhöhte Gesamtvolumen einer Baumgrube, kann trotz des hohen Volumenanspruchs grobkörniger Gerüststoffe dem Baum gleich oder sogar bessere Bedingungen gewährleisten.

Schlussbetrachtung

Die vorliegende Arbeit gibt erste Ansätze zur Wahl von Baumgrubensystemen mit Regenwassereinleitung. Die große Vielfalt an Ausführungsvarianten sogenannter vitaler Baumstandorte kann als ein Indikator dafür angesehen werden, dass das Thema dezentrale Regenwasserbewirtschaftung an Baumstandorten noch weit von einer Standardisierung entfernt ist. Diese setzt eine grundlegende und ausführliche Erforschung der Bauweisen sowie eine mehrjährige Erfahrung beim Einsatz und deren Wirkungen auf die Baumentwicklung voraus, um entsprechende Anwendungsvorschriften und Empfehlungen für vitale Baumstandorte formulieren zu können.

Literatur

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, 2015: Überflutungs- und Hitzevorsorge durch die Stadtentwicklung Strategien und Maßnahmen zum Regenwassermanagement gegen urbane Sturzfluten und überhitzte Städte. Zugriff: www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/sonderveroeffentlichungen/2015/DL_UeberflutungHitzeVorsorge. [abgerufen am 08.11.2023].

BGS – BlueGreenStreets, 2022a: BlueGreenStreets Toolbox – Teil A. Multifunktionale Straßenraumgestaltung urbaner Quartiere, März 2022, Hamburg.

Dickhaut, Wolfgang; Doobe, Gerhard; Eschenbach, Annette; Fellmer, Mareike; Gerstner, Judith; Gröngröft, Alexander; Jensen, Kai; Lauer, Johannes; Reisdorff, Christoph; Sandner, Anna; Titel, Selina; Wagner, Annette; Winkelmann, Annika, 2019: Entwicklungskonzept Stadtbäume – Anpassungsstrategien an sich verändernde urbane und klimatische Rahmenbedinungen. Zugriff: https://fiona.uni-hamburg.de/3573328e/sik-enwicklungskonzept-stadtbaeume.pdf [abgerufen am 18.01.2023].

Schmidt, Stefan; Selinger, Johannes, 2019: Das Schwammstadt-Prinzip für Stadtbäume. Zugriff: https://triplen.unileoben.ac.at/fileadmin/shares/triplen/docs/add-info/schwammstadt_Strassenbau_20191217_002.pdff [abgerufen am 05.02.2023].

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