Warum leiden große Bäume besonders unter dem Klimawandel?

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Baumsterben Bäume
Abb. 1: Erhöhte Baummortalität und Waldschäden hervorgerufen durch klimawandelbedingte Dürre und Hitzeereignisse weltweit. Die hier gezeigten Ereignisse sind seit 1970 durch wissenschaftliche Studien belegt, spiegeln wahrscheinlich aber nur einen Teil der eigentlichen Situation wider. Quelle: William Hammond

Spätestens seit 2018 ist der Klimawandel im deutschen Wald angekommen, auch im Stadtwald, bei den Bäumen in Straßen und in Parkanlagen und großen Gärten. Extreme Dürre- und Hitzeperioden und stetig steigende Temperaturen machen gerade großen Bäumen besonders zu schaffen, aber warum eigentlich?

Bäume sind wunderbare Lebewesen. Sie gehören nicht nur zu den langlebigsten Organismen, sondern auch zu den größten. Der Nordamerikanische Küstenmammutbaum Hyperion im Redwood National Park in Kalifornien ist 115,85 Meter hoch, ein wahrer Riese. Durch ihr Höhenwachstum erheben sich Bäume über andere Pflanzen hinweg und ernten so unbeeinträchtigt eine der wichtigsten Ressourcen für Pflanzen, das Sonnenlicht. Bäume sind sogenannte Ingenieur-Arten, die ihre Umwelt zu ihren Gunsten beeinflussen und dadurch selbsterneuernde Ökosysteme erschaffen - Wälder. Man findet Bäume und Wälder auf nahezu allen Kontinenten, in der borealen Kälte bis hin zur tropischen Hitze, von niederen Auen bis ins hohe Gebirge. Man kann also sagen, Bäume haben über ihre fast 400 Millionen Jahre andauernde Existenz auf Erden die Welt fest in den Griff genommen - bisher jedenfalls.

Verstärktes Absterben von Bäumen im Klimawandel

Über die Jahrmillionen haben Bäume viele Veränderungen überstanden, sie wurden verfolgt von der wiederkehrenden Ausbreitung der Gletscher und in Fluchtburgen gezwungen, relativ kleine Rückzuggebiete, von denen sie nach dem Verschwinden des Eises ihren erneuten Siegeszug starteten. Im Laufe der Zeit gab es mehrere Wellen von globalen Massensterben, so zum Beispiel wurde vor 65 Millionen Jahren das Ende der Dinosaurier durch einen Meteoriteneinschlag ausgelöst, der die Welt für mehrere Jahre verdunkelte. Bäume und Wälder haben all das überstanden, und sehen sich nun erneut schwierigen Zeiten gegenüber, dem Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen.

Der große Unterschied des Anthropozän zu den vergangenen Epochen wiederkehrender Eis- und Warmzeiten liegt vor allem in der Geschwindigkeit mit der sich die klimatischen Bedingungen ändern. Innerhalb weniger Jahrzehnte sind die Temperaturen so stark gestiegen, wie es in der Vergangenheit über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende geschah. Und obgleich Bäume extrem resiliente Organismen sind, die vieles wegstecken können, so sind sie aber auch träge, brauchen Jahrzehnte um sich fortzupflanzen, und können sich daher auch nur gemächlich an neue Bedingungen anpassen. Der Klimawandel des Anthropozän ist ein geogeschichtlicher Raser, Bäume sind die Brummis auf der rechten Spur. Berichte über verstärktes Absterben von Bäumen nach Hitze- und Dürreperioden häufen sich in den letzten Jahrzehnten weltweit (Abb. 1), aber auch in Deutschland sind in Folge der Extremsommer die Absterberaten vieler Baumarten drastisch gestiegen (Abb. 2). Bäume und Wälder scheinen in vielen Regionen der Erde vom Klimawandel überrollt zu werden.

Auffallend bei dieser Entwicklung ist zudem, dass es vor allem die alten und großen Bäume sind, die oft am meisten unter Dürre und Hitze leiden. Die Wissenschaft geht mittlerweile davon aus, dass die globalen Wälder in Zukunft kleiner und jünger sein werden (7) und auch hierzulande sieht man, dass gerade große Bäume im Wald verstärkt Schäden aufweisen (Abb. 3), aber auch Prachtbäume in Straßen und Parks sind vielerorts betroffen. Doch warum sind es große und alte Bäume die unter dem Klimawandel am meisten leiden? Hört man doch oft, dass gerade die Großen auch stark seien? Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, muss man sich den Ressourcenhaushalt eines Baumes vor Augen halten, insbesondere den Wasser- und den Kohlenstoffhaushalt (Abb. 4).

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Abb. 2: Entwicklung der jährlichen Absterberaten (%) von Fichte, Kiefer, und allen Baumarten zusammen im deutschen Wald. Die Tendenz der letzten drei Jahre ist drastisch, Absterberaten sind um ein Vielfaches angestiegen. Quelle: Bundesministerium für Ernährung u. Landwirtschaft (BMEL), 2021. Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020. Referat 515 – Nachhalt. Waldbewirtschaft., Holzmarkt, Bonn

Wassertransport in großen Bäumen ist besonders schwierig und störungsanfällig

Der Baum zieht sein Wasser aus dem Boden über die Saugspannung, die auf den Zelloberflächen im Inneren der Blätter entsteht. Bei der Verdunstung von Wasser im Blatt (Transpiration) bilden sich kleine Krümmungen (Menisken) auf der Wasseroberfläche zwischen den Fasern der Zellwände, die wie Membranen einer Pumpe einen Sog generieren. Dieser Transpirations-Sog wird über die verketteten Wassermoleküle durch Zellen und Zellzwischenräume bis in das Leitgewebe (Xylem) der Blätter weitergeleitet, dann in die Äste, den Stamm bis hin in den Zentralzylinder der Wurzeln. Das Wasser wird also den Baum hochgezogen, entgegen der Schwerkraft.

Wer schon einmal versucht hat, Wasser mit einem Gartenschlauch anzusaugen wird bestätigen können, dass auch nur relativ geringe Höhenunterschiede durch Saugen sehr schwierig zu überwinden sind. Bei großen Bäumen jedoch muss das Wasser 20 bis 30 Meter oder sogar höher transportiert werden und da die Masse der Wassersäule mit steigender Höhe immer größer wird, ist der Wassertransport besonders für große Bäume eine wahre Herkulesaufgabe. Der Transpirations-Sog lässt den Druck in der Wassersäule sinken, und je höher der Baum ist, je stärker der Druckabfall.

Ab einen bestimmten Punkt treten dann Gase, die im Xylemwasser gelöst sind, wie zum Beispiel CO2 von der Zellatmung in Wurzeln und Stamm, aus der Lösung aus und werden wieder gasförmig. Unter dem Einfluss der Saugspannung reißt der Wasserfaden. Dieser Vorgang nennt sich Kavitation, und führt zur Bildung von Embolien, also von Gasblasen in Gefäßzellen die den Wasserfluss im Xylem unterbinden. Kavitationen treten in der Regel zunächst vereinzelt auf, breiten sich aber oft über Verbindungen zwischen Gefäßzellen (Tüpfel) in benachbarte Zellen aus. So kann es zu einer flächigen Schädigung des Xylems kommen und, unter extremen Bedingungen, zum kompletten Ausfall des Wassertransportes.

Es ist mittlerweile wissenschaftlich anerkannt, dass die im Xylem auftretenden Kräfte, dazu gehören neben der Schwerkraft auch sich addierende Reibungskräfte des Wasserflusses durch die dünnen Xylemzellen, das Höhenwachstum von Bäumen begrenzen. Diese enormen Kräfte bewirken, dass das Wasser mit steigender Höhe immer weniger für notwendige Funktionen (z. B. Fotosynthese, Zellstreckung) zu Verfügung steht und Wachstum und Entwicklung der Äste somit stark gehemmt werden. Fotosyntheseraten sinken, Blätter und Äste werden mit aufsteigender Höhe kürzer und kleiner.

Aufbauend auf physikalischen Grundprinzipien geht man davon aus, dass Bäume nicht mehr als 120 bis130 Meter hoch werden können (5) - unter normalen Bedingungen. Der oben erwähnte Hyperion wächst im Kalifornischen Redwood National Park, einem gemäßigten Regenwald mit mehr als 2000 Millimeter jährlichem Niederschlag und milden Temperaturen, also unter optimalen Wohlfühlbedingungen für Bäume.

Bei Dürre und Hitze verschärfen sich diese Bedingungen rasant. Verringerte Verfügbarkeit von Bodenwasser bei gleichzeitigem Anstieg des atmosphärischen Feuchtigkeitssättigungsdefizits bewirken, dass nun fester an der Wassersäule im Blatt gezogen wird, während weniger Wasser von den Wurzeln gefördert werden kann. Man kann sich das vorstellen wie eine straff gespanntes Gummiband an dem von beiden Seiten gezogen wird. Die Saugspannung in der Wassersäule steigt bis Kavitationen aufkommen und Embolien entstehen, das Gummiband reißt.

Bei anhaltenden Bedingungen wandern diese Embolien von Zelle zu Zelle bis ein Großteil der wasserleitenden Fläche geschädigt ist, kein Wasser mehr fließt und die Versorgung der Baumkrone unterbunden ist. Die Krone welkt und kann sogar auf lange Sicht absterben, zunächst einzelne Äste, im weiteren Verlauf die komplette Baumkrone (Abb. 3). Auch ein flächiger Blattabwurf oder Blattwelke, wie er oft bei großen Buchen beobachtet wurde, ist mittlerweile als Folge der unterbundenen Wasserzufuhr erkannt und nicht, wie bisher angenommen, als Schutzfunktion um die Transpirationsraten zu verringern (11).

Baumsterben Bäume
Abbildung 3a: Schäden an Buchen in Folge der Extremsommer 2018 bis 19 in der Nähe Jenas. Besonders auffällig sind die Schäden an Starkbäumen, also den großen Individuen, während kleinere Bäume im Unterbestand relativ unbeschadet aussehen. Foto: Henrik Hartmann
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Abbildung 3b: Schäden an Buchen in Folge der Extremsommer 2018 bis 19 in der Nähe Jenas. Besonders auffällig sind die Schäden an Starkbäumen, also den großen Individuen, während kleinere Bäume im Unterbestand relativ unbeschadet aussehen. Foto: Henrik Hartmann

Dürre bedeutet nicht nur weniger Wasser, sondern auch weniger Zucker

  • Die Verteilung des Zuckers in nicht-fotosynthetische Organe wie Stamm und Wurzeln wird verlangsamt oder sogar unterbunden.
  • Aufgrund der verringerten Kohlenstoffaufnahme und Verteilung:
  • ) kann das Wachstum beeinträchtigt werden, wichtig gerade für das Wachstum von Wurzeln bei Dürre. Der Baum kann seinen Bedarf an Ressourcen nicht mehr decken.
  • ) werden weniger Abwehrstoffe gebildet, die oft stark kohlenstoffhaltig sind wie beispielsweise Harze. Die Abwehrkräfte des Baumes gegen Fressfeinde und Krankheiten sinken.
  • Auf lange Sicht kann die Versorgung von fundamentalen metabolischen Prozessen, wie zum Beispiel die Zellatmung, nicht aufrechterhalten werden. Der Baum verhungert.

Bäume und andere Gefäßpflanzen schützen sich gegen weiteren Wasserverlust bei Dürre durch das Schließen der Spaltöffnungen, kleine ovale Perforationen der Epidermis, meist auf der Unterseite der Blätter. Ein Schließzellenpaar, welches die Spaltöffnungen umgibt, ist bei guter Wasserversorgung tagsüber prall (hoher Zelldruck) und erzeugt durch Krümmung eine zentrale Öffnung. Diese Zellen registrieren den Feuchtezustand des Baumes und werden bei abfallendem Wassergehalt und durch Wurzelsignale über sinkende Bodenwasserverfügbarkeit schlaff und schließen sich.

Die Transpiration durch die Öffnung wird verringert, der Wasserverlust gehemmt. Allerdings kommt das für die Fotosynthese wichtige CO2 auch durch die Spaltöffnung in das Blatt und das Schließen führt somit auch zu verringerten Fotosyntheseraten (Abb. 4) und zu weniger Zuckerproduktion. Zucker jedoch ist eine zentrale Ressource für den Baum, sowohl als Baustein für Pflanzenbiomasse (z. B. Zellulose, Hemizellulose, Lignin und Pektine für den Aufbau von Zellwänden) aber als Energieträger um den Aufbau und Erhalt von Biomasse zu ermöglichen. Auf kurze Sicht ist eine verringerte Zuckerproduktion unbedenklich, so schließen sich die Spaltöffnungen oft sogar im Verlauf eines Tages schon unter normalen Bedingungen, wenn beispielsweise mittags Wasser schneller transpiriert wird als die Wurzeln nachfördern können. Sollten diese Bedingungen jedoch für längere Zeit vorherrschen, hat das ernste Konsequenzen für den Baum:

Da die Last auf dem Leitgewebe bei großen Bäumen größer ist als bei kleinen, treten die hier angeführten Konsequenzen von Wassermangel bei großen Bäumen öfter, früher und meist auch stärker in Erscheinung und führen zu Schäden. Dabei ist zu bemerken, dass auch Schadbilder die auf den ersten Blick nicht unbedingt auf klimatische Bedingungen zurückzuführen sind, wie etwa die Rußrindenkrankheit bei den Ahornen oder das Triebsterben bei der Esche, durch eine klimatisch bedingte Schwächung der Bäume gefördert werden (8).

Baumsterben Bäume
Abbi. 4: Wasser- und Kohlenstoffhaushalt von Bäumen bei Dürre und Hitze. Die verringerte Verfügbarkeit von Wasser im Boden bei gleichzeitig erhöhtem Feuchtigkeitssättigungsdefizit der Luft führt dazu, dass Bäume die Spaltöffnungen schließen, um die Transpirationsraten zu verringern. Wird die Transpiration bei starker Dürre nicht entscheidend verringert oder die Dürre halt über lange Zeit vor, steigt die Saugspannung bis zu einem Punkt an dem es zur Bildung von Embolien im Leitgewebe kommt (s. Text). Wenn Embolien sich weiter ausbreiten, wird die Wasserversorgung der Krone unterbrochen und sie welkt oder vertrocknet. Das Schließen der Spaltöffnungen wiederum reduziert die Kohlenstoffaufnahme, führt zu Einschränkungen bei der Verteilung von Zuckern zu anderen Organen (Stamm, Wurzeln), welche dann nicht oder nur eingeschränkt wachsen können. Zudem werden andere Funktionen, wie die Bildung von Abwehrstoffen beeinträchtigt und der Baum wird anfälliger gegen Krankheiten und Insektenbefall. Schließlich kann es sogar zum Verhungern des Baumes kommen, wenn die Zellatmung nicht mehr über ausreichend Substrate (Zucker) verfügt. Die eingefügten Grafiken symbolisieren den zeitlichen Verlauf einer Dürre und die Reaktion der verschiedenen Funktionen. Grafik: Henrik Hartmann

Große Bäume brauchen viel Ressourcen und kommen mit Mangel schlechter klar

Große Bäumen haben viel mehr lebende Biomasse als kleine Bäume und diese muss mit mehr Ressourcen erhalten werden. Diese Kohlenstofflast, sozusagen der Grundumsatz des Baumes, ist daher viel höher als bei kleineren Bäumen und macht große Bäume viel empfindlicher gegenüber Ressourcenmangel (2). Insbesondere Bäume, die vor einer Dürre unter sehr guten Bedingungen gewachsen sind, leiden dann besonders stark, da sie während der guten Zeiten zusätzlich Biomasse angelegt haben, einen "strukturellen Überhang", der auch weiterhin versorgt werden muss (4).

Diese "fetten" Bäume reagieren mit einer schrittweisen Reduzierung der Biomasse, zunächst durch Aufgabe von Zweigen und Ästen. Auf lange Sicht führt dies jedoch zu einer fortschreitenden Schwächung und kann zum letztendlichen Absterben des Baumes führen. Auch hier kommt es in dieser Phase des Vitalitätsverlustes zu eine Reihe von Wechselwirkungen mit anderen Faktoren, wie zum Beispiel Befall durch Insekten oder Krankheiten, die den Abgang beschleunigen und schließlich zum Tod führen (6).

Der Wasserbedarf von großen Bäumen ist enorm und kann sich auf mehrere Hektoliter pro Tag belaufen (12). Die Wasseraufnahme durch die Wurzeln stößt bei Dürre und Hitze auf mehrere Phasen von Engpässen, die bei großen Bäumen besonders ausgeprägt sind:

  • Das große atmosphärische Feuchtigkeitssättigungsdefizit bei Dürre und Hitze führt zu einer schnellen Ausschöpfung der Bodenwasservorräte in Wurzelnähe, der Nachfluss im Boden ist hingegen langsam und es kommt zu zeitweiligen Engpässen obwohl im wurzelfernen Boden eigentlich noch genug Wasser vorhanden ist.
  • Mit anhaltender Dürre werden die Wasservorräte im Boden nach und nach erschöpft, auch in tieferen Bodenschichten, und die Wurzeln können das an Bodenpartikeln haftende Restwasser immer schwerer dem Boden entziehen.
  • Ab einem bestimmten Punkt verlieren die Wurzeln Kontakt zum Boden, der beim Austrocknen schrumpft. Dieser Kontakt lässt sich auch nach späterer Aufsättigung des Bodens nur langsam wiederherstellen.

Da große Bäume eine größere Blattfläche besitzen als kleine Bäume, ist die transpirierende Oberfläche ebenfalls größer. Spätestens ab der 2. Phase muss der Baum meist die Blattfläche verringern. Der Blattabwurf führt jedoch dazu, dass schon erworbene Ressourcen verloren gehen und die fotosynthetische Kapazität sinkt. Der Baum muss auf gespeicherte Reserven zurückgreifen, wie Zucker oder Stärke im Stamm und Wurzeln, was aber auch zu einer allgemeinen Schwächung führt. Zwar können sich Bäume oft von solchen Störungen erholen, jedoch nur dann, wenn das Leitgewebe nicht geschädigt ist und die verbleibenden Kohlenstoffvorräte einen neuen Blattaustrieb erlauben (9).

Bäume in Städten und Parks sind ganz besonderen Belastungen ausgesetzt

Stadt- und Parkbäume stehen in der Regel in keinem Bestand, sondern sind Einzelbäume ohne Nachbarn. Bei Dürre und Hitze ist somit die gesamte Baumkrone direktem Sonnenlicht und Wind ausgesetzt, während Bäume in Beständen den Schutz durch ihre Nachbarn beziehungsweise durch den Bestand genießen. Der größere Eintrag von Wärme- und Lichtenergie allein führt schon zu höheren Transpirationsraten, während die sonst in Beständen entstehende höhere Luftfeuchte, die sich aus der Summe der Transpiration aller Bäume ergibt, hier nicht zum Tragen kommt.

Der Wind zerstört zudem die Grenzschicht, eine Zone von hoher Luftfeuchte, die sich in Blattnähe bildet, und ersetzt diese mit trockener Luft, was wiederum zu höheren Transpirationsraten führt. Solitärbäume sind somit größeren Feuchtigkeitssättigungsdefiziten ausgesetzt, was die oben angemerkten Wirkungsmechanismen im Wasser- und Kohlenstoffhaushalt deutlich verstärkt. Bei extremen Temperaturen kann zudem Hitzestress auch zu Schäden von Zellen und Organellen führen (10), unabhängig einer möglichen Wasser- oder Kohlenstoffunterversorgung.

Sind die großen alten Bäume noch zu retten?

Wie oben bereits geschildert, sehen große, alte Bäume schwierigen Zeiten entgegen. Die klimatische Entwicklung wird sich aller Voraussicht nach fortsetzen, Maßnahmen zur Rettung des Altbaumbestandes sind zumindest in Städten und Parks denkbar, aber sicherlich auch sehr kostspielig. So könnte eine gezielte und bedarfsabhängige Bewässerung des Wurzelsystems Stresssituation lindern helfen. Allerdings werden andere Faktoren, wie Krankheiten und Insektenbefall, durch die zu erwartenden weiter steigenden Temperaturen begünstigt und extreme Hitze kann zu weiteren Schäden führen.

Ob beziehungsweise wie lange die Altbäume diesem Trend standhalten können, hängt stark vom physiologischen Aufbau der verschiedenen Baumarten ab und von der Schwere zukünftiger Extremereignisse. Wo und wann diese vorkommen werden, kann im Moment kein Modell vorhersagen, sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass bis zum Ende des Jahrhunderts mit häufigeren und stärkeren Dürre und Hitzeereignissen zu rechnen ist (3). Dass der Klimawandel andere Regionen für Wälder zugänglich machen wird, die bislang zu kalt und zu trocken sind, ist tröstlich, kann aber die zu erwartenden Schäden in den jetzigen Waldregionen nicht verhindern. Zudem wird der dort einwachsende junge Wald Jahrhunderte brauchen, um das zu ersetzen, was jetzt verloren geht - die großen alten Bäume.


Quellen

1 Bundesministerium für Ernährung u. Landw.(BMEL). 2021. Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020. Referat 515 - Nachh. Waldbewirtschaftung, Holzmarkt, Bonn.

2 Gessler A., Schaub M., McDowell NG. 2017. The role of nutrients in drought-induced tree mortality and recovery. New Phytol. 214(2): 513-20

3 IPCC. 2019. Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems. www.ipcc.ch/srccl/.

4 Jump AS, Ruiz-Benito P., Greenwood S., Allen CD, Kitzberger T., et al. 2017. Structural overshoot of tree growth with climate variability and the global spectrum of drought-induced forest dieback. Glob. Change Biol. 23(9):3742-57.

5 Koch GW, Sillett SC, Jennings GM, Davis SD. 2004. The limits to tree height. Nature. 428(6985): 851-54

6 Manion PD. 1991. Tree disease concepts. Engelwood Cliffs, NJ (USA): Prentice Hall. 402 pp.

7 McDowell NG, Allen CD, Anderson-Teixeira K., Aukema BH, Bond-Lamberty B., et al. 2020. Pervasive shifts in forest dynamics in a changing world. Science. 368(6494):

8 Ogris N., Brglez A., Pis?kur B. 2021. Drought Stress Can Induce the Pathogenicity of Cryptostroma corticale, the Causal Agent of Sooty Bark Disease of Sycamore Maple. Forests. 12(3):

9 Rehschuh R., Zuber M., Cecilia A., Faragó T., Baumbach T., et al. 2018. Recovery of Pinus sylvestris from severe drought: Impacts on leaf gas exchange and xylem embolisms.

10 Rennenberg H., Loreto F., Polle A., Brilli F., Fares S., et al. 2006. Physiological Responses of Forest Trees to Heat and Drought. Plant Biol. 8(5): 556-71.

11 Walthert L., Ganthaler A., Mayr S., Saurer M., Waldner P., et al. 2021. From the comfort zone to crown dieback: Sequence of physiological stress thresholds in mature European beech trees across progressive drought. Sci. Total Environ. 753:141792.

12 Wullschleger SD, Meinzer FC, Vertessy RA. 1998. A review of whole-plant water use studies in trees. Tree Physiol. 18:499-512.

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