Was blüht uns morgen?
von: Dipl.-Ing Petra PelzDie "Große Staudenschau" erstreckt sich mit einer Fläche von 4000 m² entlang der Großen Wasserachse. Dort gab es traditionell schon immer Stauden, die im Wandel der Zeiten und Moden immer wieder änderten. Zuletzt waren verschiedene Staudenthemen bruchstückhaft aneinandergereiht. Mit der Umgestaltung sollte die Große Staudenschau an der Wasserachse wieder zu einer homogenen Pflanzung entwickelt werden. Jetzt nach der Umgestaltung treten die historisch angelegten vier heckenumsäumten Plätze wieder besser in Erscheinung. Sie ragen wie ein Kamm in die Fläche, gliedern sie, geben ihr Rhythmus und Struktur.
Das Staudenbeet planen - das war wichtig
Für eine Gartenschau eine Staudenpflanzung planen heißt, die Pflanzung zur Gartenschau prächtig im Takt der Jahreszeiten blühen zu lassen, damit den Besuchern wirklich "das Herz aufgeht". Er soll das Gefühl bekommen, am liebsten nochmal wiederzukommen. Während dieser Aspekt zunächst in den Vordergrund rückt, ist gleichzeitig an das "Danach" zu denken. Die folgende Pflege und die Bewirtschaftung der Flächen dürfen dabei nicht aus den Augen verloren werden. Alle Pflanzenkombinationen müssen möglichst dauerhaft sein. Es soll kein kurzlebiges Strohfeuer für ein Gartenschauevent sein. Generell waren mit den Staudenflächen an der Wasserachse verschiedene Standorte zu bepflanzen. Einige Beete lagen in der Sonne, andere Beete waren halbschattig oder schattig. Eine Herausforderung, denn alle Bereiche sollten ohne sichtbare "Brüche" harmonisch ineinander übergehen. So gab es unterschiedliche Themen mit verschiedenen Schwerpunkten. Ein Großteil der neuen Pflanzen sollte künftig mit weniger Wasser auskommen. Ein Punkt, der sicher vielen Gartenschaubesuchern unter den "Nägeln" brennt. In einigen Bereichen konnten sie exemplarisch sehen, was im eigenen Garten möglich ist.
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Pflanzen sind mehr als die Summe ihrer Blüten
Neben eine langanhaltende Blüte, waren Kombinationen mit schönen Strukturen und interessanten Blattkontrasten wichtig. Denn Pflanzen sind mehr, als die Schönheit ihrer Blüten! Stauden und Gräser haben über das gesamte Jahr viele Facetten. Hier lohnt der genaue Blick, um diese Aspekte gestalterisch einzubinden. Wie schön ist beispielsweise das Ausrollen der Blätter im Frühling bei Funkien oder Farnen im Frühlingsgarten oder die frischen farbigen Blätter bei den Pfingstrosen im Gräsergarten, die sich später verändern und einen schönen Laubkontrast zu den Japanwaldgräsern schaffen. Aber auch die Wuchsform einer Pflanze, ihre Struktur wirkt im Beet. Gerade sie prägt ihr Wesen, den Charakter. Besonders deutlich wird dies im Winter, wenn Raureif die kahlen Stängel überzuckert und die Form der Pflanze nachgezeichnet wird. Dann bleibt nur die wesentliche Form übrig. Farbe spielt keine Rolle mehr.
Schöner Fruchtschmuck und sogar eine leuchtende oder dezente Herbstfärbung sind ebenfalls spannend. So blüht der Röhrenstern im Frühsommer in den Beeten in einem atemberaubenden Blau. Im Herbst hat er wundervolle leuchtend gelbe Blätter, die mit dem Ocker und Brauntönen der absterbenden Stauden malerisch wirken. Das gesamte Jahr wirken schöne Blätter. Wenn man hier genau hinschaut, sieht man die verschiedenen Formen, Blattoberflächen (Texturen) und auch Blattgrößen. Rundes, längliches Laub mit einer glatten oder rauen Oberfläche lassen sich besonders spannungsreich arrangieren. Insbesondere im Schatten gibt es schöne und markante Blätter. Das alles funktioniert auch ohne Blüte.
Im Frühlingsgarten entlang der Wasserachse ist das besonders ausgeprägt. Wenn das frühe zarte Blütenfeuerwerk vorbei ist, treten eher schöne Blattstrukturen in den Vordergrund. Hier im Frühlingsgarten blüht es hauptsächlich im März, April und Mai. Frühlingsalpenveilchen Cyclamen coum, besondere Krokusse, Tulpen sowie Hunds-Zahnlilie Erythronium dens-canis und andere besondere Kostbarkeiten sind teilweise versteckt zu finden. Nichts für eilig vorbeieilende Besucher. Pflanzliche Details gibt es für diejenigen zu entdecken, die sich einlassen genauer hinzuschauen. Der Frühlingsgarten im Sommer oder Herbst ist eher zurückhaltend, nicht langweilig.
Ein Hauch Toskana - Ganz anders auf den höher gelegen Fensterbeeten mit überwiegend mediterranen Arten. Hier beginnt das Jahr mit wildnishaft mit Wildtulpen, kleine Narzissen und Zierlauch Arten. Sie sind wirken zwischen zitronengelbblühender Walzen-Wolfsmilch Euphorbia myrsinites wie reingetupft und bilden farbenfrohe Mosaike in Gelb und Rot. Dort geht es generell trocken zu. Eine erhöhte, von alten Waschbetonmauern eingefassten Fläche hebt die Pflanzung an und kommt den Besuchern entgegen. Wie praktisch! So können diese würzigen mediterranen Düfte von Lavendel, Heiligenkraut und Salbei besser wahrgenommen werden. Silberlaubige Pflanzen, halbkuglige Halbsträucher, kerzenförmige Arten und trockenheitsverträgliche Gräser lassen eine strukturreiche karge Pflanzung entstehen. Gepflanzt wurde in langgezogenen Bändern, in die einzelne Gruppen und Solitärs eingefügt wurden.
Die Große Staudenschau nebenan wirkt anders. Hier geht es opulent zu. Vorwiegend nordamerikanische Stauden sind auf großen Flächen verwoben. So entsteht eine weitläufige, geschlossene Pflanzendecke. Die lässt sich von den Hauptwegen aus betrachten. Intensiver ist jedoch in die Pflanzung einzutauchen. Dann ist man mittendrinn, wandelt auf sattgrünen geschwungenen Rasenpfaden durchs Pflanzenreich. Das Werden, Wachsen und Vergehen, sowie die fliegende Tierwelt lässt sich so ganz aus der Nähe betrachten.
Bestechend ist die unglaubliche Dynamik und Wuchskraft der Pflanzung gegen Ende der Vegetation. Noch im Frühsommer ist alles flach und weit und die Verwandlung lässt sich noch nicht erahnen. Dann nach und nach wachsen die großzügig bemessende Staudengruppen und formen Räume. Durch unterschiedliche Höhen bekommt die Pflanzung Struktur. Die Flächen sind nun modelliert. So lassen riesige Staudensonnenblumengruppen im Spätsommer die Besucher staunen. Sie ragen aus großen Gruppen von Schönaster, Aster oder Sonnenbräuten. Der große Maßstab dieser fast 3000 m² großen Staudenfläche verlangt Opulenz und Höhe. Die hat sie hier.
Etwas Dschungelfeeling gab es angrenzend gleich in der Nähe des großen Staudenbandes. Üppige exzentrische Blätter, prachtvolle Blüten - Dschungelfeeling kündigt sich bereits im kräftigen Austrieb an. Später wird es üppiger. Verschiedenste Blätter mit unterschiedlichen Texturen und Größen wirkten zusammen. Einen Dschungel pflanzen, kann eine spannende Idee sein. Auch bei uns wird es wärmer, wenn auch trockener. Aber mit etwas Wasser und einem halbschattigen Standort auf kleineren Flächen, lässt sich so eine üppige Pracht auch bei uns umsetzten. Städtische leicht schattige Innenhöfe sind ideal.
Das Thema wurde mit hier winterharten Stauden und Gräser, wie dem Kastanienblättrigen Schaublatt Rodgersia aesculifolia, der Scheinhortensie Deinanthe caerulea, dem Scheinhanf Datisca cannabina oder dem Pfahlrohr Arundo donax nachempfunden. Üppige Blätter, mal oval und länglich mal gefiedert, gerippt, genarbt oder glatt schaffen spannende Kombinationen. Dazu passen die feurigen Blüten des Riesenhibiskus Hibiscus moscheutos oder dem Purpurglöckchen Heuchera x cultorum 'Paris'. Im Frühling sind es vor allem die Texturen, der verschiedenfarbige Austrieb der Gräser und der Stauden im Zusammenspiel mit den Geophyten und den Blüten der ersten Stauden, wie dem Kaukasischem Vergissmeinnicht Brunnera macrophylla 'Variegata' die wirken.
Der Gräsergarten wurde bereits 2014 umgestaltet. Die Planung war ein gemeinschaftliches Projekt mit dem Landschaftsarchitekturbüro Ihle aus Weimar. Zur BUGA 2021 waren die Gräser natürlich daher schon gut etabliert und prächtig. Auf einer Fläche von 2500 m² entstand ein Garten, der das breite Spektrum an Ziergräsern (70 %) in passen Kombinationen mit Stauden (30 %) zeigt. Ausgesucht wurden Arten für die Sonne, für den Schatten, für feuchte und für trockene Standorte. So waren alle Lebensbereiche abgedeckt. Zu sehen ist auch das kleinste und das größte Gras. Verwendet wurden die Gräser mal flächig, mal in Gruppen oder einzeln als Solitär. Besonders reizvoll sind Wasserspiele zwischen zarten Gräsern und ornamentale Stauden. Feine Nebeldüsen stoßen in regelmäßigen Intervallen feine Nebelschwaden aus. Sie überziehen die Pflanzen mit feinen Wasserperlen. Aufgrund der Feuchtigkeit wurden entsprechende Arten gepflanzt. Das Diamantgras Calamagrostis brachytricha verträgt die Feuchtigkeit ebenso, wie das ornamentale Tafelblatt Astilboides tabularis , das Schildblatt Darmera peltata, die Sumpfwolfsmilch Euphorbia palustris, Hoher Indianerwegerich Arnoglossum atriplicifolium und Mädesüß Filipendula rubra 'Venusta'. Sie schaffen Kontraste zu den filigranen Gräser.
Pflanzliche Ideen gekonnt geplant
Welche Pflanzen in welchen Lebensbereichen gedeihen und wie sie zu kombinieren sind, damit auch tatsächlich ganzjährig attraktives Grün entsteht, ist eine komplexe Planungsaufgabe, die vielen nicht immer leichtfällt. An dieser Stelle kommt meine neu entwickelte App ins Spiel. Sie ist nichts anderes als ein konsequenter Schritt und eine Weiterentwicklung meiner Botschaft für die professionelle Zielgruppe, die sich nicht nur in Sachen Pflanzenkenntnis weiterbilden will, sondern die auf einfache Art und Weise selbstständig vielseitige, artenreiche Gärten und Anlagen gestalten möchte.
Ich hatte schon lange die Idee, die Disziplin Pflanzplanung einfacher und niederschwelliger zugänglich zu machen und das ist mir jetzt mit der App "Pflanzenreich" eine webbasierte Anwendung für Tablet, Laptop oder PC speziell für Landschaftsplaner, Landschaftsgärtner und andere grüne Profis gelungen. Zahlreiche Nutzer planen bereits mit ihr. Drei Jahre lang habe ich daran getüftelt und jetzt ist sie so, dass sie nach draußen kann. Mit 4000 Pflanzen und detaillierten Informationen von Stauden, Gräsern, Farnen, Rosen und Blumenzwiebeln hat die App derzeit einen vernünftigen Grundstock, mit dem man gut und praktisch arbeiten kann. Und sie wird weiterwachsen. So können künftig weitere Pflanzengruppen, wie Gehölze oder Einjährige miteinander und den anderen Gruppen kombiniert werden.
Die Pflanzen lassen sich unter anderem nach den Kriterien Lebensbereiche, Bodenfeuchte, Licht, Wuchshöhe, Blütenfarbe, Laubfarbe, Blühzeit sortieren und filtern. Das, was gefällt, wird angeklickt und in eine Auswahlliste kopiert und danach spielerisch auf einem leeren Blatt zusammengefügt, bis alles perfekt ist. Dann können Pflanzenportraits mit automatisch generierten Blühzeitenkalender Kunden überzeugen. Alle Ideen lassen sich abspeichern und wieder aufrufen beziehungsweise weiterbearbeiten.Unterschiedliche Dateiformate von Excel bis PDF unterstützen die Planungs-App, deren Handhabung wirklich so einfach wie sinnvoll ist. Sie motiviert und inspiriert und geizt überhaupt nicht mit Know-how. Denn all die Inspirationen (wie diese hier von der BUGA) sind in der Pflanzenreich-App enthalten. Die Pflanzenaufnahmen stammen von namhaften Fotografen, wie Ferdinand von Luckner, Sylvia Knittel, Marianne Majerus oder Martin Staffler. Jeder Nutzer, ob Gartenamt, Planungsbüro, Hochbauarchitekt, Landschaftsgärtner oder passionierter Hobbygärtner, wird die App auf seine eigene Weise nutzen und seinen Gewinn daraus ziehen. Und die App wird wachsen. Deswegen gibt es die Anwendung auch im Abo, damit die User auch immer auf dem neuesten Stand sind. Wer möchte, kann gern mal kostenlos ausprobieren.
Mehr Informationen gibt es unter www.pflanzenreich-app.de.
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