Werk von Mattern, Hammerbacher und Foerster

Denkmal moderner Gartenkunst in Berlin ruiniert

Gartenkunst Gartendenkmäler
Scharoun-Haus in Berlin-Spandau: Die Terrasse ist weg und auch vom Garten ist nicht mehr viel übrig. Foto: Axel Noll

Die Nachbarn merkten es zuerst: Plötzlich war der Garten weg. Das von Hans Scharoun entworfene Haus Baensch in Berlin, das mit seinem Garten eine vollkommene Einheit bildete, war von den privaten Besitzern unsachgemäß verändert worden. Wo vorher ein seit 1971 denkmalgeschützter Garten war, gab es nur noch eine sandige Baugrube.

Das zerstörte Ensemble trug die Handschrift von gleich drei Koryphäen der modernen Gartenkunst: Hermann Mattern, Herta Hammerbacher und Karl Foerster haben 1934/35 den Privatgarten des Wohnhauses von Rechtsanwalt Dr. Felix Baensch realisiert. Die drei Gartengestalter arbeiteten immer wieder eng mit Hans Scharoun zusammen. Wie Scharoun war auch Mattern Mitglied der Akademie der Künste Berlin.

Wertvoller historischer Garten zerstört

Haus Baensch thront auf einer Anhöhe über der Havel. Statt die Haveldüne waagerecht einzuebnen, wie auf dem Nachbargrundstück geschehen, modellierte Mattern für den Garten des Scharoun-Gebäudes eine hügelige Dünenlandschaft. Der Garten weitet sich zum Wasser hin Stück für Stück. Ein geschwungener Naturstein-Plattenweg verstärkt diesen Eindruck. Garten und Haus bilden eine Einheit. So beginnt die Terrassierung des Gartens schon im Wohnraum durch eine fest eingebaute Sitzbank, die auf ein anderes Bodenniveau führt. Schiffsmotive verbanden Haus und Garten vor der Zerstörung: Ein Handlauf aus geflochtenem Tau, der den Weg in den Garten begleitete, führte vom Innen- in den Außenraum.

Mattern war einer der bedeutendsten Landschaftsarchitekten des 20. Jahrhunderts. Die Modellierung des Geländes war typisch für ihn. Garten- und Hausgestaltung sollten "(…) nicht zueinander addiert sein, sondern sich gegenseitig vollkommen ergänzen".

Foerster, sein Mitstreiter bei dieser Gestaltung, war Staudengärtner, Züchter und Garten-Philosoph. Hammerbacher, die dritte im Bunde, war eine der ersten Professorinnen an der Technischen Universität Berlin. Sie lehrte dort mehr als 20 Jahre Landschaftsarchitektur.

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Künftige Gärtnermeister retten Kulturdenkmal

Die derzeitige Besitzerin hatte für die vorgenommenen Maßnahmen keine Baugenehmigung. Lediglich ein kleiner Anbau war vorgesehen. Vertreter des Landesdenkmalamtes und des Stadtentwicklungsamtes stellten beim Ortstermin fest, dass der Aushub eines Kellerumbaus in den denkmalgeschützten Garten gekippt worden war und dessen Gestaltung weitgehend zerstört hatte. Eine von der Dachterrasse in den Garten führende Außentreppe, die als Wahrzeichen des Ensembles galt, war demontiert und entsorgt worden. Inzwischen wurden die Arbeiten komplett gestoppt und die Baustelle versiegelt.

Hilfe kommt von unerwarteter Seite: Axel Noll, Landschaftsgärtnermeister und Landschaftsarchitekt, ist seit rund 35 Jahren Ausbilder. Er hatte eine ungewöhnliche Idee: Seine angehenden Gärtnermeister sollen die historische Gartengestaltung als Meisterarbeit wiederherstellen. Diese Hausarbeit, die das Ziel hat, den Fachtitel Gärtnermeister zu erlangen, beinhalte immer "…das Erfassen der Situation auf der Baustelle, eine Vorplanung, ein Leistungsverzeichnis aller Arbeiten die anfallen und deren Kalkulation", sagt der Landschaftsarchitekt. Die umfangreiche gartenhistorische Vorarbeit und die Formulierung der Zielvorgaben übernimmt er selbst. Dabei helfen historische Fotos und Archivpläne des Landesdenkmalamtes.

Unter Leitung von Noll wird so ein gartenpflegerisches Gutachten erstellt, dass die Grundlage für eine denkmalgerechte Wiederherstellung des Gartens sein wird. Die Eigentümerin hat bereits zugestimmt. Dabei kann es wegen der historischen Besonderheiten zu zahlreichen Schwierigkeiten kommen. So verwendete Mattern gern polygonale Natursteinplatten. Möglicherweise war der Plattenweg am Hang aus Steinen gebaut, die nicht mehr im Handel sind. Auch werde die Höhenerfassung des modellierten Gartens kein Kinderspiel, gibt Noll zu bedenken: "Was genau auf uns zukommt, erfahren wir erst bei der genauen Erforschung des Gartens". Nicht ohne Grund geht dem Umbau eines Denkmals normalerweise eine detaillierte Bestandsaufnahme inklusive der Nummerierung aller Einzelteile voraus. Das ist hier nicht geschehen. "Was wir aber nicht wollen, ist eine historisierende Planung: ein Disneyland mit dem Anschein eines Denkmals", erklärt Noll. Er hofft auf Unterlagen aus dem Nachlass der Familie Baensch: "Abrechnungen, Material- und Bestandslisten aus Privatarchiven könnten uns Aufschluss darüber geben, wie der Garten wirklich einmal war."

Dass Meisterschüler die Planung eines historischen Objekts übernehmen, ist eine ganz neue Idee. "Ich stelle immer wieder fest, dass den angehenden Gärtnermeistern das Verständnis für historische Gärten fehlt. Wertschätzung kann nur entstehen, wenn wir deren Qualität begreifen, indem wir sie wiederaufleben lassen", berichtet Noll. Er weiß: "Gärtner kommen von der Baustelle und sind nicht gleich in der Lage, sich in Gartengestaltung hineinzudenken. Beim Haus Baensch können sie sich zunächst an einer schon vorhandenen Gestaltung abarbeiten." Ausgebildet werden die angehenden Gärtnermeister, mit denen Noll arbeitet, in der Regionalstelle für Bildung im Agrarbereich (RBA) unter dem Dach der Heimvolkshochschule Seddinersee.

Bei einem Garten soll es jedoch nicht bleiben: Inzwischen hat Noll die Besitzer aller Gärten von Scharoun-Häusern, die es in Berlin und Brandenburg gibt, angeschrieben. Acht von zehn haben ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit den Meisterschülern bekundet. Kein Wunder: Für alle Beteiligten ist die Idee ein Gewinn. Die Eigentümer geben den künftigen Gärtnermeistern die Möglichkeit, eine konkrete praktische Aufgabe am historischen Objekt umzusetzen. Dafür erhalten sie das sonst teure Gartengutachten kostenlos und können sich dann mit einer Preisvorstellung und einem Konzept das passende GaLaBau-Unternehmen für die Umsetzung suchen. Elisabeth Voigt

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