Teil 1

Brauchen wir ganz andere Zukunftsbäume?

von: Jonas Reif
Die Lebensbedingungen für Bäume waren bereits vor den zunehmend spürbaren Auswirkungen des Klimawandels in Städten oft erschwert. Die daraus abzuleitenden Konsequenzen sind allgemein unstrittig und werden unter anderem im "Weißbuch Stadtgrün" dargelegt. In der Umsetzungsebene sollten jedoch Alternativen und neue Strategien diskutiert werden. Dieser Artikel soll dazu einen Anstoß geben. Teil 1 geht auf den Status quo und derzeitige Ansätze ein.
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Die Platane ist trotz spezifischer Krankheiten noch immer ein Straßen- und Stadtbaum, den man nicht missen möchte. Foto: Jonas Reif

Ein Anlass, sich mit der Thematik intensiver zu beschäftigen, bot die 2020 erschienene Publikation "Zukunftsbäume für die Stadt – Auswahl aus der GALK-Straßenbaumliste". Im Vorwort von Dr. Joachim Bauer (GALK) und Helmut Selders (BdB) lautet die Kernbotschaft "Vielfalt nutzen": "Zu den größten Herausforderungen des Klimawandels wird es gehören, deutlich mehr Vielfalt in die städtischen Baumbestände zu bringen, die heute größtenteils aus den drei Baumgattungen Linde, Ahorn und Platane bestehen. Wir brauchen stattdessen ein wesentlich breiteres Sortiment." Weiterhin heißt es: "Baumbestände mit einer größeren Vielfalt bei der Pflanzenverwendung sind besser gegen die vielen verschiedenen, heute teilweise noch nicht bekannten Schaderreger gewappnet als monokulturelle Bestände. Die Konzentration auf wenige Baumarten birgt bei einem Befall mit entsprechenden Schaderregern große Gefahren, bis hin zum Ausfall einzelner Arten." Diese Aussagen erscheinen unstrittig.

Bei genauerer Betrachtung der vorgeschlagenen 65 Arten und Sorten, die wegen ihrer positiven Erfahrungen aus dem GALK-Arbeitskreis in der Publikation besonders hervorgehoben und für die zukünftige Verwendung empfohlen werden, bleibt jedoch zu konstatieren: Drei Gattungen machen dort 1/3 aller 65 vorgeschlagenen Bäume aus (bzw. 5 Gattungen fast die Hälfte). Auch auf Art-Ebene lässt sich feststellen, dass fünf Arten mit deren Sorten 43 Prozent aller Bäume abbilden. Fast 1/10 der empfohlenen Arten sind Acer platanoides (Spitz-Ahorn) und Auslesen. Ist das die Vielfalt, denen die Autoren so viel Bedeutung beimessen?

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Der Spitz-Ahorn gehört zu den meistgepflanzten Straßenbäumen. Selten sind mehrere Sorten in einer Allee. Foto: Jonas Reif
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Hainbuchen galten lange als Baum mit Zukunft, doch in Städten weisen sie inzwischen starke Schadsymptome auf. Foto: Jonas Reif
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Linden sind vor allem ist Ostdeutschland die Nr. 1 – aber auch im Rest der Republik gehören sie zu den populärsten Bäumen am Straßenrand. Foto: Jonas Reif

Wie lässt sich Vielfalt bei Stadtbäumen bewerten?

Eine "Vielfalts-Bewertung" ist wenig aussagekräftig, wenn es keine Möglichkeit zur Einordnung gibt. Als Grundlage für einen Vergleich soll hier eine Auswertung von deutschen Baumkatastern dienen, die Thorben SELL (2020) im Rahmen seiner Master-Thesis vorgenommen hat und für diesen Artikel vom Autor ergänzt wurde. Die ausgewerteten Kommunen waren dabei über das gesamte Bundesgebiet verteilt und gliederten sich wie folgt auf: Fünf Großstädte über 500.000 Einwohner, 16 Großstädte mit 100.000 bis 500.000 Einwohner, zwölf Mittelstädte (20.000 bis 100.000) und eine Kleinstadt (unter 20.000). Auch wenn Kleinstädte damit kaum vertreten sind, sollten die Daten für Deutschland ausreichend repräsentativ sein.

Wie kann man nun "Vielfalt" messen? Ein Versuch, die vorgefundenen Baumarten mit allen höheren Pflanzen Mitteleuropas ins Verhältnis zu setzen, erweist sich als wenig sinnvoll. Auch ein Vergleich mit der Baumartenzahl von heimischen, naturnahen Wäldern dürfte nicht zum Ziel führen. Mathematische Berechnungen von Diversitäts-Indexen, zum Beispiel nach (1948) oder (1949), könnten – wie in jüngeren amerikanischen Betrachtungen (Cowett & Bassuk 2017 & 2020) – durchaus ein genaues Bild liefern. Sie erscheinen für einen vergleichenden Überblick jedoch relativ komplex. Eine verhältnismäßig einfache Abschätzung ermöglicht die ebenfalls in den USA angewendete 10-20-30-Regel von (1990) zur Bemessung der Vielfalt bei Stadtbäumen. Danach sollten maximal 30 Prozent aller Stadtbäume zu einer Pflanzenfamilie, 20 Prozent zu einer Gattung und 10 Prozent zu einer Art gehören. Autoren jüngerer Publikationen zum Thema Vielfalt in städtischen Ökosystemen sprechen sich sogar für deutlich anspruchsvollere Ziele bei der Baumartenwahl aus, wie etwa John BALL (2015), der eine 5-Prozent-Regel auf Ebene der Gattungen für Stadtbäume favorisiert.

Wie setzt sich der deutsche Straßenbaumbestand zusammen?

Den höchsten Anteil haben mit fast einem Viertel Seifenbaumgewächse (s. Top 10 nach Familien). Dieser resultiert vor allem aus der Gattung Acer (Ahorn). Es folgen die Malvengewächse, die fast ausschließlich durch die Linde (Tilia) vertreten sind. Ebenfalls über der 10 %-Marke liegen Buchengewächse, zu deren beachtlichem Wert weniger die namensgebende Buche (Fagus) als die Eiche (Quercus) beiträgt. Um die 5-Prozent-Marke oder darüber liegen Birken-, Ölbaum- und Platanengewächse.

Angesichts der vorgenannten Zahlen überraschen die Ergebnisse auf Gattungs-Ebene wenig: Ahorn (21,1 %) und Linde (19,1 %) nehmen hier die Spitzenpositionen ein (s. Top 19 nach Gattungen). Ein Blick auf die Landkarte lässt eine leichte Signifikanz von Acer-Anteilen über 20 Prozent in West-Deutschland erkennen, wohingegen Tilia-Werte über 20 Prozent vor allem in den kontinentaleren Städten im Osten der Republik erfasst sind – teils sehr deutlich. Weit unterhalb der 20-Prozent-Marke sind Quercus (9,8 %) und Platanus (4,8 %), die jedoch gewisse regionale Signifikanzen für Nord- beziehungsweise Süd-Deutschland besitzen. Ebenfalls um den 5-Prozent-Wert liegen die Gattungen Carpinus (Hainbuche) und Fraxinus (Esche).

Auf Art-Ebene fällt es teilweise schwer, genaue Werte zu ermitteln (s. Top 17 nach Arten). Vor allem bei den Linden scheint in den Baumkatastern eine gewisse Unsicherheit oder Ungenauigkeit zu herrschen, welche Linde zu welcher Art gehört. Während Winter- und Sommerlinde (T. cordata, T. platyphyllos) wohl noch gut zu unterscheiden sind, scheint die Differenzierung zwischen T. cordata und den verschiedenen Hybridlinden (an denen T. cordata fast immer beteiligt ist) schwierig. Anders lässt sich zumindest die hohe Zahl von nicht zu einer Art zugeordneten Linden in den Katastern nicht erklären. Manche Hybrid-Bezeichnungen sind auch Synonyme, so dass hier eine genaue Anteilsermittlung erschwert wird. Addiert man alle Linden, an denen die Winter-Linde als Kreuzungspartner beteiligt ist, kommt man auf 13,2 Prozent. Sie würde damit den Spitzenplatz im Art-Vergleich belegen. Würde man nur die gesichert als T. cordata bestimmte Art werten, würde diese hinter Acer platanoides (Spitz-Ahorn, 9,8 %) liegen. Mit Acer pseudoplatunus (Berg-Ahorn) und A. campestre (Feld-Ahorn) erzielen weitere Ahorn-Arten Spitzenplätze bei den Stadtbaumarten. Platz 3 im Arten-Ranking nimmt Quercus robur (Stiel-Eiche) ein, wohingegen auf die genetisch nicht weit entfernte Trauben-Eiche (Q. petraea) nur 0,3 Prozent entfallen. Von größerer Bedeutung sind zudem Carpinus betulus, Fraxinus excelsior und Platanus x acerifolia – bei den Anteilswerten jeweils mit einer 4 vor dem Komma.

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Nicht jeder Katasterbaum ist automatisch ein Straßenbaum. Zierkirschen-Allee an der Berliner Stadtgrenze. Foto: Jonas Reif
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Hänge-Birken – ohnehin eine seltene Erscheinung an Straßen – wird man kaum noch neu pflanzen. Foto: Jonas Reif

Alles prima oder Grund zur Sorge?

Die bundesdeutschen Mittelwerte scheinen hinsichtlich der nach definierten Schwellenwerte wenig Handlungsbedarf zu bieten. Auch bei Einzelbetrachtung der Städte (s. Tabelle Beispiel-Städte) zeichnet sich kein dramatisches Bild ab. Frankfurt am Main erreicht sogar auf Art-Ebene die "Zielvorgabe". Städte mit dem Farbcode grün-grün-gelb (erste drei Spalten) scheinen nur einen geringfügigen Anpassungsbedarf zu haben. Würde man jedoch die Ball-Regel (eine Gattung max. 5 %) als Ziel ansehen, würden für alle von SELL betrachten Kommunen Umgestaltungsbedarf im Stadtbaumbestand besitzen.

Manche Kommunen haben allerdings einen deutlich einseitigeren Baumartenbestand. Das Extrembeispiel ist hier eine Mittelstadt in Sachsen-Anhalt. Dort macht die Winter-Linde etwa die Hälfte aller Katasterbäume aus. Trotz solcher Zahlen besteht nicht zwingend ein akuter Handlungsdruck, wenn man einen Blick über den Teller- beziehungsweise Straßenrand wirft oder spezielle Gegebenheiten in die Gesamtbetrachtung einbezieht (siehe Kasten Katasterwerte sind nicht alles).

Ein Blick in die Zukunft

Angesichts von Durchschnitts-Alterserwartungen von 50 Jahren und mehr für einen Straßenbaum (Balder et al., 1997) liegt es in der Sache, dass sich Artenanteile in Baumkatastern nur zögerlich verändern. Dies bietet einerseits die Möglichkeit, gewisse Abschätzungen für Entwicklungen vorzunehmen, zugleich ist es eine Herausforderung, angestrebte sinnvolle Veränderungen umzusetzen – es braucht ein klares Konzept, Konsequenz in der Umsetzung und den sprichwörtlichen "langen Atem".

Basierend auf der Altersanalyse von und unter der Annahme, dass die nachfolgenden Arten keine überdurchschnittliche Lebenserwartung besitzen, ist zu erwarten, dass der Anteil von Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior) und Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), die zusammen heute noch etwa jeden 9. Katasterbaum ausmachen, in den nächsten Jahren deutlich sinken werden. Angesichts bekannter Probleme bei diesen Arten sicherlich wenig verwunderlich. Auch die Platane könnte zu den Bäumen mit abnehmender Bedeutung gehören.

Schon vor dem Erscheinen der "Zukunftsbäume für die Stadt"-Broschüre waren Lederhülsenbaum (Gleditisia triacanthos), Schnurbaum (Styphnolobium japonicum) und Amberbaum (Liquidambar styraciflua) in anderen Publikationen empfohlen worden und galten vielerorts als "Bäume mit Potential". Nimmt man das relativ geringe Durchschnittsalter als Grundlage, wurden in den vergangenen Jahren vor allem Acer campestre (Feld-Ahorn) deutlich häufiger gepflanzt. Während die drei erstgenannten Arten in den Baumkatastern bislang eher eine Nebenrolle spielen (0,2–0,4 %), ist der Feld-Ahorn-Anteil bereits recht respektabel. Diese vier Baumarten werden deshalb in 10 bis 20 Jahren in weit höheren Anteilen im Gesamtspektrum vertreten sein.

Diese Annahmen basieren darauf, dass keine spezifischen Baumkrankheiten auftreten. Wie schnell eine vermeintliche Zukunftsbaumart "abhanden" kommen kann, lässt sich gut an der Gemeinen Esche (Fraxinus excelsior) nachvollziehen, die noch vor 20 Jahren mit mehreren Sorten in der FLL-Straßenbaumliste empfohlen wurde. Gleiches könnte bald für die Hainbuche (Carpinus betulus) gelten: Nach mehreren Trockenjahren weist sie inzwischen in vielen Städten verstärkt Schadbilder auf. Im ohnehin trockenen Klima Erfurts findet bereits ein erhöhtes Absterben von Altbäumen statt. Spoiler: In der Zukunftsbaum-Broschüre sind zwei Carpinus-betulus-Sorten vertreten.

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Nullsummenspiel oder wirklicher Fortschritt?

Würde man ab sofort neue Bäume ausschließlich und entsprechend anteilsmäßig nach der "Zukunftsbäume für die Stadt"-Publikation von GALK und BbB (2020) pflanzen, so ließen sich bei einigen Gattungen und Arten kaum Veränderungen zum Status quo erzielen – dies trifft vor allem für den Ahorn zu, in abgeschwächter Form auch für die Hainbuche und Linde (siehe Vergleich der in "Zukunftsbäume für der Stadt" (ZfdS, GALK & BdB 2020) am häufigsten genannten Gattungen und Arten mit dem Ist-Anteil in den untersuchten Städten).

In der Empfehlungsliste sind gleichwohl Gattungen und Arten genannt, die das Potential für eine größere Verwendung im Öffentlichen Raum haben (siehe Empfehlenswerte Arten). Unter den kleiner bleibenden Arten scheinen etwa Amelanchier arborea 'Robin Hill', Fraxinus ornus oder Magnolia kobus an Bedeutung zu gewinnen. Auch bei den Großbäumen sind einige Gattungen aufgeführt, die aufgrund der nun vorliegenden Erfahrungen in Mitteleuropa verstärkt verwendet werden sollten. Als Indikatoren, ob sich neue, in Tests bislang besonders gut bewertete Bäume in Städten auch durchsetzen werden, können Alnus x spaethii, Celtis australis und Ulmus x 'Lobel' dienen. Diese zeigten sich in Versuchen an bayrischen Standorten bei unterschiedlichen Lebensbedingungen zuverlässig, besitzen aber eher wenig Schmuckmerkmale (Schönfeld 2019). Hier müssen also die "inneren Werte" überzeugen.

Auf bestimmte Arten in Zukunft verzichten?

Das wohl rigideste Methode, um Baumarten-Anteile in deutschen Städten signifikant zu verändern, wäre, Spitz-Ahorn, Stiel-Eiche und den Winter-Linden-Komplex bei Neupflanzungen nicht mehr zu berücksichtigen und stattdessen nur noch Arten zu verwenden, die bislang wenig im Baumbestand vorhanden sind. Ob dies zielführend ist, soll hier nicht abschließend beantwortet werden. Allerdings wurden die drei genannten Bäume in der Vergangenheit nicht zufällig so häufig verwendet. Und längst nicht an allen Standorten ist zu erwarten, dass der Klimawandel ein vorsorgliches austauschen bewährter Bäume erfordert. Auch soziale und geschichtliche Aspekte sollten nicht außer Acht gelassen werden. Um dies kurz zu illustrieren: Ein Berliner Prachtboulevard "Unter den Linden" wäre ohne Linden wohl nur schwer vorstellbar.

Zwischenfazit

Jede Baumpflanzung bietet die Chance, den Stadtbaumbestand vielfältiger und resilienter zu gestalten. In Innenstädten, wo besonders extreme Verhältnisse existieren, aber auch dort, wo lokal eine Baumart sehr häufig anzutreffen ist, sollte diese nicht ungenutzt bleiben. Dies erfordert jedoch ortsspezifische Betrachtungen, die am besten in lokalen Stadtbaumkonzepten Eingang finden. Nur auf einige wenige "neue" Favoriten zu setzen, wie sie in der Publikation "Zukunftsbäume für die Stadt" genannt sind, wird allein keinen deutlichen Effekt auf die Baumartenvielfalt haben. Vielmehr scheint es erforderlich, Ansätze zu verfolgen, die auch andere Herausforderungen bei Stadtbaumpflanzungen berücksichtigen (siehe Teil 2).

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Spitz-Ahorn: wenn es hart auf hart kommt, zeigt er deutliche Schwächen. Foto: Jonas Reif
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Straßenbaum ohne Zukunft: Rosskastanien werden kaum noch nachgepflanzt. Foto: Jonas Reif
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Katasterwerte sind nicht alles

Die in den Baumkatastern erfassten Bäume machen nur einen Bruchteil der tatsächlich in Städten vorkommenden Bäume aus – wie groß dieser ist, lässt sich nur bedingt ermitteln. Man muss davon ausgehen, dass noch nicht einmal sämtliche Bäume in Parkanlagen bekannt sind. Teilweise werden flächige Gehölzgruppen als solche erfasst. Zahlenmäßig bedeutender dürften Bäume in Wäldern und entlang von großen Verkehrstrassen sein, von denen nur der für die Verkehrssicherheit relevante Teil in den Katastern berücksichtigt sein dürfte. Ebenso unberücksichtigt bleiben Großgehölze auf Privatgrundstücken. Eine genaue Baumartenerfassung erscheint angesichts dessen nur exemplarisch oder für Teilflächen möglich. Trotz dieser unklaren Datenlagen erscheinen ein paar grundsätzliche Aussagen möglich: Die in Privatgrundstücken anzutreffenden Arten dürften sich nur in einem begrenzten Maß mit denen der Baumkataster überschneiden. Aufgrund ihrer Größe, aber auch wegen der fehlenden Blütenschmuckwirkung machen Linden, Ahorn und Eiche vielerorts im privaten Grün nur einen geringen Anteil aus. Immergrüne Nadelgehölze und Rosengewächse (vorrangig Malus und Prunus) scheinen dort dagegen vermehrt gepflanzt zu sein. Stadtwälder dürften aufgrund der weniger auf Wirtschaftlichkeit und stärker auf Erholung und Naturschutz ausgerichteten Nutzung hingegen einen überproportionalen Anteil an Laubholz haben, also generell weniger Fichte und Kiefer, dafür mehr Buche, Eiche und heimische Ahorn-Arten. Entlang von Verkehrstrassen sind wiederum überproportional viele Weiden, Pappeln, Eschen, Robinien und – mit zunehmender Urbanität – Götterbäume zu finden, teilweise treten auch verstärkt Walnuss und inzwischen Blauglockenbaum auf. Umgekehrt dürfte – vor allem in kleineren Kommunen – ein gewisser Anteil der im Baumkataster erfassten Bäume nicht in der Stadt wachsen, sondern an Straßen außerhalb des dichter besiedelten Raums. Unter Berücksichtigung all der Faktoren und Annahmen ist davon auszugehen, dass es gesamtstädtisch zu einer Nivellierung der Artenhäufigkeit kommt. Lediglich bei Acer platanoides (Spitz-Ahorn) und Quercus robur (Stiel-Eiche) scheint ein häufigeres Vorkommen durch die Überlagerung als Stadt- und Waldbaum nicht ausgeschlossen. Deshalb könnte bei Kommunen mit hohem Anteil dieser Arten im Katasterbestand eine genauere Betrachtung der städtischen bzw. an die Stadt angrenzenden Waldflora sinnvoll sein.

Alters-Analyse Katasterbäume

Auswahl, Datenbasis: Acht Städte mit relativ genauen Altersangaben

Liquidambar styraciflua 16,4 Jahre
Fraxinus ornus 22,1 Jahre
Styphnolobium japonicum (Syn. Sophora japonica) 23,5 Jahre
Gleditsia triacanthos 28,2 Jahre
Acer campestre 38,8 Jahre
Tilia cordata 42,0 Jahre
Carpinus betulus 43,3 Jahre
Acer platanoides 44,5 Jahre
Zw1: Mittelwert aller Bäume 46,7 Jahre
Fraxinus excelsior 47,2 Jahre
Platanus x acerifolia (Syn. P. x hispanica) 47,8 Jahre
Robinia pseudoacacia 48,6 Jahre
Acer pseudoplatanus 50,5 Jahre
Quercus robur 58,4 Jahre
Aesculus hippocastanum 62,2 Jahre

Literatur/Quellen

Balder, H., Ehlebracht, K. & Mahler, E. (1997): Strassenbäume: Planen – Pflanzen – Pflegen am Beispiel Berlin.

Ball, J. (2015): The 5 percent rule. American Nurseryman, January:8–11.

Cowett, F.D. & Bassuk, N. (2017): Street Tree Diversity in Three Northeastern U.S. States Arboriculture & Urban Forestry 43(1):1–14. www.hort.cornell.edu/uhi/research/articles/1_14_AUFJan2017.pdf

Cowett, F.D. & Bassuk, N. (2020): Street Tree Diversity in Massachusetts, U.S.A. Arboriculture & Urban Forestry 2020. 46(1): 27–43.

Jack-Scott, Emily J. (2012): Survival and Growth Factors Affecting Community-Planted Urban Street Trees. Cities and the Environment (CATE): Vol. 4: Iss. 1, Article 10.

Roloff, A. et al., (2018): Interesting and new street tree species for European Cities Journal of Forest and Landscape Research 1:1–7.

Santamour, F.S. Jr. (1990): Trees for urban planting: Diversity, unifor-mity, and common sense. Proceedings 7th Conference Metropolitan Tree Improvement Alliance (METRIA) 7:57–65.

Schönfeld, P. (2019): "Klimabäume" – welche Arten können in Zukunft gepflanzt werden? LWG aktuell 2019. www.lwg.bayern.de/mam/cms06/landespflege/dateien/zukunft_klimabaeume.pdf

Sell, T. (2020): Städtische Baumkataster im Kontext Open Data – Potentiale, Analysemöglichkeiten und ein neues Rollenverständnis. Master-Thesis an der FH Erfurt, Fak. Architektur und Stadtplanung.

Shannon, C.E. (1948): A mathematical theory of communication. Bell System Technical Journal 27:379–423.

Simpson, E.H. (1949): Measurement of diversity. Nature 163:688.

Xie Xiaoyang et al. (2023). Analysis on changes of street tree structure in Beijing from 2010 to 2020. Journal of Beijing Forestry Universty, 45(1): 78–88.

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