Umweltbewusste Grünraumpflege

Co-kreative Umsetzung und partizipative Erhaltungspflege von Gemeinschaftsgrün

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"Care4GREEN" stellt ein neues Konzept zur partizipativen und co-kreativen Entwicklung und Pflege von Gärten in Wiener Wohnanlagen vor. Die Einbeziehung der Bewohner*innen in diesen Prozess wertet das Wohnumfeld auf, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert nachhaltige sowie lebenswerte urbane Räume durch umweltbewusste Grünraumpflege.
Wien Gartengestaltung und Grünflächengestaltung
1. Ein Rankgerüst als Ergebnis der co-kreativen Umsetzung der Maßnahmen. Foto: M. Obriejetan, F. Schiefermair

In den letzten Jahren haben städtische Grünflächen und Grünstrukturen zunehmend an Bedeutung in der nachhaltigen Stadtentwicklung gewonnen, da sie eine entscheidende Rolle bei der Schaffung lebenswerter und widerstandsfähiger Städte spielen. Sorgfältig geplante und umgesetzte städtische Grünflächen liefern bedeutende Ökosystemleistungen in Bezug auf Biodiversität und Klimaregulierung und sind zugleich von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität in hoch verdichteten städtischen Gebieten. Ein integriertes Grünflächenmanagement muss als unverzichtbarer Bestandteil der Strategie zur Bewältigung aktueller Herausforderungen (z. B. Klimawandelfolgen, erhöhter Nutzungsdruck) betrachtet werden. Dadurch kann nicht nur der Ressourcenverbrauch verringert, sondern auch die Pflege- und Instandhaltungskosten minimiert werden, die einen erheblichen Anteil der Gesamtlebenszykluskosten ausmachen.

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2. Care4GREEN Konzept – schematisches Modell der Prozesse und Abläufe. Quelle: tatwort Nachhaltige Projekte, 2023
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3. Impressionen der Lernplattform – Auszug aus den Anleitungen und Beispiel einer Maßnahmenbeschreibung. Grafik: Fluxguide, 2023
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4. Übersichtsbeispiel des Gartenplaners mit Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Terminplaner und Pflegeintervallen. Grafik: Fluxguide, 2023

Die Stadt Wien gilt als größte Immobilienbesitzerin und kommunale Hausverwaltung Europas und betreut rund 220.000 Gemeindewohnungen mit dazugehörigen Grünflächen im Ausmaß von über 6 km² (Stadt Wien, 2023). Bei der Gesamtfläche Wiens von circa 415 km² entspricht das einem Anteil von knapp 1,5 Prozent, der sowohl intern als auch mit externen Partnerfirmen gepflegt und instandgesetzt werden muss. Durchschnittlich stehen somit gut 12 m² Grünfläche je Bewohner*in im städtischen Wohnbau zur Verfügung. Zahlreiche andere Hausverwaltungen sind gleichsam mit denselben Herausforderungen konfrontiert, ein entsprechend effizientes, qualitätsvolles und ökonomisch tragbares Grünpflegemanagement umzusetzen. Um diese Aufwände möglichst gering zu halten, werden meist pflegeleichte, extensive Begrünungen geplant und umgesetzt. Hochwertigere Begrünungs- und Bepflanzungsmaßnahmen mit besserem Kühlungseffekt, höherem Biodiversitätswert und gesellschaftlichem Nutzen werden von Planer*innen zwar vorgesehen, eine Umsetzung scheitert häufig aber an den Pflegekosten.

Das Projekt Care4GREEN hat die Intention, Bewohner*innen partizipativ in die laufende Pflege und den nachhaltigen Erhalt des Gemeinschaftsgrüns in ihrer Wohnanlage einzubeziehen. Ziel ist es, die Bewohner*innen zu Expert*innen zu machen. Dadurch sollen nicht nur Kosten für externe Firmen eingespart, sondern die Pflege und Qualität der wohnraumnahen Grünflächen auf ein neues Level gehoben werden: Durch die laufende Kontrolle, die stetigen sanften Eingriffe und die Identifikation mit dem eigenen Freiraum können hochwertige, artenreiche, klimaresiliente und sozial wertvolle Flächen kosteneffizient gewartet werden. Ein zusätzlicher gesellschaftlicher Mehrwert kann sich durch gesteigerten Aufenthalt im Grünen beziehungsweise die Beschäftigung mit Pflanzen und Grünfläche ergeben, was nachweislich positive Auswirkungen auf Wohlbefinden, Psyche und Gesundheit hat (Gvein und McKenna, 2023; Claßen und Bunz, 2018). Die Berücksichtigung der Bedürfnisse und möglichen Bedenken (rechtliche Unsicherheiten, Haftungsfragen etc.) bei der Entwicklung von partizipativen Grünflächen-Pflegemodellen ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass diese Modelle effektiv und akzeptabel für die Gemeinschaft sind.

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5. Dokumentation der co-kreativen Umsetzung der Maßnahmen – Hochbeet, Rankgerüst, Pergola, Beetbepflanzung und Blumenwiesenansaat. Fotos: M. Obriejetan, F. Schiefermair

Das Care4GREEN-Konzept

Basierend auf einem integrativ kooperativen Ansatz, der lebenszyklusbasiert gestaltet und praxisnah an mehreren Pilotstandorten in Wien auf Anwendbarkeit getestet wird, zielt dieses Projekt darauf ab, nachhaltige Lösungen für urbane Herausforderungen zu entwickeln. Das Konzept baut auf einem 6-stufigen Prozess (s. Abb. 1) auf, das nach einer ersten Bestandsanalyse partizipative Methoden zur Bedarfsanalyse nutzt [Stufe I]. In [Stufe II] werden Lernplattformen mit detaillierten Anleitungen entwickelt und ein webbasiertes Organisationsmanagement eingerichtet. Die co-kreative Umsetzung anhand von Praxisworkshops an drei Demo-Standorten in Wien [Stufe III] dient zur Etablierung oder Reaktivierung von Grünstrukturen und -flächen. [Stufe IV] widmet sich dem Training der interessierten Anwohner*innen durch Pflegeworkshops, der Dokumentation und der Wirkungskontrolle der Maßnahmen. Rechtliche Grundsätze und Rahmenbedingungen werden in [Stufe V] geklärt. In der abschließenden Phase [Stufe VI] konzentriert sich das Projekt auf die Entwicklung effektiver Anreizsysteme. Diese Systeme sollen eine fundierte Entscheidungsgrundlage für zukünftige Finanzierungs- und Förderstrategien bieten.

I. Bestands- und Bedarfsanalyse

Vor der Entwicklung eines partizipativen Grünflächenpflege-Modells ist es essenziell, die Bedürfnisse und Präferenzen der Gemeinschaft zu erfassen. Das Care4Green-Team führte daher eine Online-Umfrage und persönliche Interviews mit Anwohner*innen in ausgewählten Demo-Standorten durch, um Einblicke in die Nutzung und Wahrnehmung der Grünflächen zu gewinnen. Dabei standen Aufenthaltsqualität, Nutzungshäufigkeit, Zufriedenheit, demografische Nutzerstrukturen und bevorzugte Gartenaktivitäten im Fokus. Parallel dazu wurden Hausverwaltungen interviewt, um Einblicke in die Gemeinschaftsstrukturen, Kommunikationswege und mögliche Beteiligungsbarrieren zu erhalten. In einem zweiten Schritt folgten Visionsworkshops mit den Anwohner*innen, um deren Wünsche und Bedürfnisse detaillierter zu erfassen und in die Planung einzubeziehen.

Die Bestandsaufnahme und Definition der Pflegebedarfe sind ebenfalls unerlässlich, um abzugrenzen, welche Aufgaben von Fachkräften übernommen werden müssen. Hierzu wurden sowohl eigene Recherchen angestellt als auch Informationen aus den Verwaltungsinterviews genutzt. Die Erkenntnisse aus der Anfangsphase und einer Studie zu Wiener Wohnanlagen offenbaren, dass die Nutzungsdauer der Grünflächen durch die Anwohner*innen vergleichsweise kurz ist und erhebliches Verbesserungspotenzial in Bezug auf ihre Zufriedenheit besteht. Dabei zeigte sich, dass die Zufriedenheit mit den Grünflächen stark variiert und das Interesse an der Grünpflege unterschiedlich ausgeprägt ist. Einige Standorte weisen eine hohe Bereitschaft und intrinsische Motivation zur Pflege auf, während an anderen Standorten finanzielle Anreize bevorzugt werden. Die gewonnenen Ausgangsdaten sind von großer Bedeutung und bilden gleichsam die Grundlage für die Ableitung konkreter Maßnahmen der nachfolgenden Projektphasen. Die Initiativen zielen darauf ab, die Anwohner*innen aktiv in die Umgestaltung und Aufwertung der Grünflächen zu integrieren, um das Wohlbefinden zu steigern, die Verbundenheit mit den Grünflächen zu vertiefen und eine intensivere Nutzung der Räume zu fördern.

II. Lernplattform und Organisationsmanagement

Im Rahmen des Forschungsprojekts zur effektiven Pflege von Gemeinschaftsgrün wurde eine innovative Lern- und Informationsplattform entwickelt, die als Open Access Online-Plattform konzipiert ist. Die Plattform präsentiert eine Vielzahl an Informationen und detaillierten Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die nicht nur Pflegetätigkeiten, sondern auch weitere leicht umsetzbare Gartenaktivitäten abdecken. In Abbildung 3 werden zwei Beispiele gezeigt, die die Funktionsweise der Plattform erläutern und beispielhaft eine Anleitung darstellen.

Das System basiert auf neuesten E-Learning-Prinzipien und ermöglicht es den Nutzer*innen, Pflegeaufgaben eigenständig durchzuführen. Zudem wurde ein effizientes Gartenmanagement-Tool (Gartenplaner) entwickelt, das nicht nur bei der Planung und Dokumentation von Grünpflege-Aufgaben hilft, sondern auch als Kommunikationsplattform dient, die Zusammenarbeit und Selbstorganisation in Hausgemeinschaften fördert. Es bietet Funktionen wie das Anlegen individueller Listen mit verschiedenen Ansichten, die Definition wiederkehrender Aufgaben und benutzerdefinierte Optionen, ein Dashboard für Schnellübersichten, Formulare für direkte Kommunikation und einen Automatisierungsassistenten. Anwendungsbeispiele werden im Dokument mit Screenshots veranschaulicht.

Diese integrierte Lösung, bestehend aus Lernplattform und Organisationsmanagement-Tool, zielt darauf ab, die partizipative Pflege und Erhaltung von Gemeinschaftsgrün auf eine effektive, zugängliche und flexible Weise zu realisieren. Sie ist niederschwellig, optional nutzbar und ergänzt den direkten Austausch in der Gemeinschaft.

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6. Dokumentation der dynamischen Entwicklung im Gemeinschaftsgarten – neben exotischen Pflanzen (z. B. Essbanane) sind Tomaten, Paprika, Beeren, Kräuter und Salate besonders beliebt. Fotos: M. Obriejetan, F. Schiefermair

III. Praxisworkshops – Umsetzung neuer Grünflächen und Grünstrukturen

Im Verlauf des Projekts wurden an den Demonstrationsstandorten umfangreiche Maßnahmen realisiert. Die Anlage neuer Grünflächen und Strukturen, die Bereitstellung notwendiger Ausstattung und Infrastruktur sowie die Implementierung von Pflege- und Instandhaltungsmaßnahmen bildeten hierbei die Säulen für die partizipative Umsetzung und erfolgreiche Entwicklung der Zielvegetation in einer frühen Phase der Projektentwicklung. Sämtliche Maßnahmen wurden im Rahmen von co-kreativen Workshops mit den Nutzer*innen erarbeitet, geplant und umgesetzt. Aufbauend auf die an den Baupraxis-Tagen erfolgten Umsetzungen fanden Pflanz-Workshops an den drei Demo-Cases statt. Nach dem gewonnenen Feedback der Nutzer*innen und Hausverwaltungen aus den Workshops konnten im Rahmen der Hands-on Workshops bereits wertvolle Erkenntnisse zum Ausmaß der Pflegebereitschaft von Grünflächen ausgelotet werden. Auch über die bevorzugten Tätigkeiten der Nutzer*innen und die identitätsstiftenden Aspekte dieser Arbeiten konnte durch die Workshops konkretisiert und erhoben werden.

Die Freiräume der drei Demo-Cases wurden durch die Errichtung von Hoch- beziehungsweise Zierpflanzenbeeten, Rankgerüsten für Gemüse und Kletterpflanzen oder der Errichtung einer schattenspendenden Pergola und der Implementierung von Regenwassernutzungssystemen bedeutend aufgewertet. Abbildung 5 zeigt Eindrücke von Maßnahmen, die im Zuge der partizipativen Praxis-Workshops umgesetzt werden konnten.

IV. Pflegeworkshops, Dokumentation und Monitoring

Die neu geschaffenen, qualitätsvollen Freiräume stellen andere und vor allem spezifischere Ansprüche an die Grünpflege. Die üblichen Pflege-Intervalle beauftragter externer Unternehmen sind hierbei meist nicht ausreichend. In der Praxis führt dies oft zu verwilderten Grünflächen und Pflanzenausfällen, wodurch sich die Qualität der Grünflächen reduziert und die gewünschten positiven Effekte ausbleiben. Ziel von Care4GREEN ist, die Bewohner*innen zur aktiven Beteiligung an der Pflege sowie insbesondere an der Nutzung der Gemeinschaftsgrünflächen zu motivieren. Die wohnungsnahen Grünräume können durch regelmäßige Kontrolle, stetige kleinere Eingriffe und die Identifikation der Bewohner*innen mit den Flächen zu hochwertigen, artenreichen und sozial wertvollen Bereichen kosteneffizient umgewandelt werden. Soweit die Theorie – in der Praxis bedeutet dies, oft bei Null zu beginnen und die Bewohner*innen auf unterschiedlichen Levels abzuholen. Es ist wesentlich, die Leute zu unterstützen und zu motivieren, sich aktiv einzubringen. Dies erfordert eine individuelle Herangehensweise, um sicherzustellen, dass alle Bewohner*innen unabhängig von ihren Vorkenntnissen oder Fähigkeiten teilnehmen und einen Beitrag leisten können.

Entsprechend den Pflegeanforderungen der neu geschaffenen Begrünungen folgten Hands-On-Grünpflegeworkshops mit Schwerpunkten wie Rasenpflege und artenreiche Wiesenelemente, Pflege und Wartung der neuen und vorhandenen Grünstrukturen sowie Nutzpflanzen und Hochbeet-Bewirtschaftung zur Aktivierung weiterer Bewohner*innen für die Grünraum-Nutzung und Grünpflege. Basierend auf den Analysen von mehreren wohnungsbezogenen Freiräumen wurden allgemeine Pflegekonzepte mit Arbeitsanleitungen und Arbeitskalender erstellt. Zusätzlich wurde eine Abgrenzung zwischen privat und professionell (gewerblich) durchführbaren Pflegemaßnahmen erstellt. Grünpflege- und Wartungsarbeiten wurden als Anleitungen in die Lernplattform integriert und auch grobe Zeiträume für deren Durchführung definiert. Die Hochbeete erfreuen sich besonders großer Beliebtheit unter den Grünstrukturen, da sie von den Bewohner*innen selbstorganisiert und mit einer beeindruckenden Vielfalt an Kräutern, Salaten und anderem Gemüse bepflanzt wurden. In den ersten zwei Jahren nach der Implementierung wurden bereits über 30 verschiedene Nutzpflanzenarten sowie neun Zierpflanzenarten dokumentiert, was die lebendige und dynamische Entwicklung dieser Grünbereiche eindrucksvoll unterstreicht.

V. Rechtliche Grundsätze und Rahmenbedingungen

Die Pflege von Grünflächen durch Bewohner*innen stellt rechtlich eine Nutzung dieser Flächen dar, die sowohl für Bewohner*innen als auch für Eigentümer*innen beziehungsweise Hausverwaltungen von Bedeutung ist. Es ist entscheidend, dass die rechtlichen Grundlagen, die mit dieser Nutzung verbunden sind, klar definiert werden, um die damit verbundenen Rechte und Pflichten beurteilen zu können. Die Art der Nutzung wird individuell zwischen den Parteien vereinbart, sei es ausdrücklich durch Verträge oder konkludent durch tatsächliches Handeln und dessen Duldung. Ohne eine klare Vereinbarung entsteht ein rechtlicher Graubereich. Verschiedene rechtliche Grundlagen für die Nutzung sind möglich, darunter die Ausweitung der Mietrechte auf die Grünfläche, die separate Vermietung, die Überlassung als Prekarium oder Leihe (Überlassung gegen jederzeitigen Widerruf beziehungsweise auf bestimmte Zeit ohne Mietverhältnis) oder die Überlassung im Rahmen der Nutzungsrechte an allgemeinen Teilen, etwa durch eine Hausordnung.

Die Abrechnung der Betriebskosten für Grünanlagen kann auf der Grundlage von mehreren unterschiedlichen Gesetzesbestimmungen erfolgen. Bei Standardtätigkeiten wie Reinigen, Bewässern und Mähen entstehen in der Regel keine Abrechnungsprobleme. Bei umfangreicheren Tätigkeiten, die mit höheren Kosten verbunden sind, kann es sinnvoll sein, einen speziellen Verrechnungskreis zu bilden, um die Kosten auf bestimmte Bewohner*innen umzulegen. Um Haftungsfragen zu klären und Zuordnungsschwierigkeiten bei möglichen Schäden zu vermeiden, ist es entscheidend, mit den Bewohner*innen klare Vereinbarungen über die zu übernehmenden Pflegetätigkeiten zu treffen. Diese Vereinbarungen sollten die Identifizierung von Gefahrenquellen und die Notwendigkeit, Bedienungsanleitungen zu studieren, umfassen, sodass alle Beteiligten über die richtige Nutzung der Werkzeuge und die Risikovermeidung informiert sind. Zur Unterstützung dieser Prozesse sind standardisierte Musterverträge in Ausarbeitung, die als solide Vorlage für partizipative Beteiligungsmöglichkeiten dienen sollen. Diese Verträge werden speziell darauf ausgerichtet sein, die Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen und rechtliche Sicherheit zu gewährleisten.

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7. Chili zählt zu den besonders beliebten Pflanzen. Foto: M. Obriejetan, F. Schiefermair

VI. Anreiz- und Finanzierungsmodelle

Die Einbindung von Bewohner*innen in die Pflege von Grünanlagen ist ein wesentlicher Schritt, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken und die Lebensqualität im Wohnumfeld zu erhöhen. Durch die Übernahme von Pflegeaufgaben können Betriebskosten gesenkt und Einsparungen erzielt werden, die entweder direkt an die Bewohner*innen zurückfließen oder in die Gemeinschaft investiert werden können. Die Teilhabe schafft nicht nur finanzielle Anreize, sondern fördert auch soziale Interaktionen und das Gemeinschaftsgefühl. Veranstaltungen und Workshops dienen als Plattformen für Austausch und Wertschätzung der geleisteten Arbeit und stärken die Bindung innerhalb der Nachbarschaft. Aufgaben, die von den Bewohner*innen übernommen werden können, umfassen Bewässerung der Grünflächen, Rasenmähen, Laubentfernung, Kompostierung, Unkrautbekämpfung, Hecken- und Strauchschnitt sowie die Pflege von bodengebundenen Kletter- und Gemüsepflanzen. Nicht empfohlen für die Übernahme durch Bewohner*innen sind: Baumschnitt und andere baumpflegerische Arbeiten, Arbeiten in der Höhe sowie die Kontrolle und Wartung komplexer technischer Anlagen.

Zusätzlich wird durch die aktive Mitgestaltung der Grünflächen das Bedürfnis befriedigt, den eigenen Lebensraum zu verschönern. Die Möglichkeit, eigene Beete für den Anbau zu nutzen, erhöht die Bereitschaft zur Mithilfe und kann zu einem finanziellen Beitrag motivieren, der in die Pflege der Gemeinschaftsflächen fließt. Die Freude am Gärtnern und das Erleben der Natur sind dabei zentrale Motivationsfaktoren. Eine speziell entwickelte Lernplattform sowie fachliche Begleitung durch Expert*innen unterstützen die Bewohner*innen dabei, ihr Wissen zu erweitern und tragen zur nachhaltigen Pflege und Gestaltung der Grünanlagen bei.

Fazit und Ausblick

Die effektive Gestaltung von Grünflächen setzt voraus, dass bereits in der Planungsphase eine Auswahl an Grünstrukturen berücksichtigt wird, die den örtlichen Bedingungen entspricht. Beispiele hierfür sind einheimische Pflanzenarten, bienenfreundliche Gärten oder Regengärten. Eine sorgfältige Zonierung, die funktionale Gliederung und die Anpassung an die erwartete Vegetationsentwicklung sind dabei entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung. Die Projektergebnisse zeigen, dass Hochbeete und die Möglichkeit zur privaten Nutzung von Teilbereichen der Grünflächen wesentliche Aspekte sind. Sie tragen maßgeblich zur Optimierung der Nutzung von Hofgrünflächen bei und fördern den Aspekt der Selbstversorgung. Die Bereitstellung von Ausstattung und Infrastruktur sowie die Schaffung von dynamischen und frei nutzbaren Bereichen ermöglichen eine flexible Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzer*innen und fördern die Biodiversität und Resilienz durch Strategien wie die Pflanzung verschiedener Arten und die Schaffung von Lebensräumen für lokale Tierarten.

Die Motivation der Bewohner*innen zur Beteiligung an der Pflege von Grünflächen ist ein entscheidender Faktor, der durch Wohnverhältnisse beeinflusst wird. Einfache Pflegetätigkeiten können von den Bewohner*innen übernommen werden, wenn eine klare Kommunikation und die notwendigen Werkzeuge vorhanden sind. Die intensive Betreuung durch das Projektteam hat eine direkte Verantwortlichkeit geschaffen, deren Langzeitwirkung ohne diese Unterstützung noch zu erproben ist, was die Bedeutung langfristiger Nachhaltigkeitsmaßnahmen unterstreicht. Ein tiefgreifendes Verständnis der Motivationsfaktoren und die Entwicklung maßgeschneiderter Beteiligungsansätze sind essenziell, um die Pflege der Gemeinschaftsflächen zu fördern und die Qualität und den Wert der Immobilien zu steigern. Anreizsysteme, die Einsatzfreude steigern, sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor und müssen sorgfältig gestaltet sein, einschließlich der Entwicklung von Fördermodellen, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden und eine effektive Mittelverwendung sicherstellen. Die Herausforderung liegt in der Entwicklung von Fördermodellen, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden und eine effektive Mittelverwendung sicherstellen, wobei die Einbindung der öffentlichen Verwaltung und die Berücksichtigung von Budgetbeschränkungen und politischen Überlegungen zentral sind.

Zusammenfassend ist die Einbeziehung der Bewohner*innen in die Pflege und Entwicklung von Grünflächen ein komplexes Unterfangen, das eine sorgfältige Planung, Anreizgestaltung und fortlaufende Betreuung erfordert, um nachhaltige und klimaresiliente Grünräume zu schaffen, die von der Gemeinschaft geschätzt und gepflegt werden, unterstützt durch Maßnahmen wie Bildungsprogramme, regelmäßige Treffen und Feedbacksysteme.

Der Beitrag wurde im Rahmen des Forschungsprojekts "Care4GREEN" verfasst, das vom Klima- und Energiefonds im Programm "Smart Cities Demo – Boosting Urban Innovation 2020" unterstützt wird.

Literatur

Claßen, T.; Bunz, M. (2018): Einfluss von Naturräumen auf die Gesundheit – Evidenzlage und Konsequenzen für Wissenschaft und Praxis. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 61.

Fluxguide Ausstellungssysteme GmbH (2023): Care4Green Plattform. Online: https://care4green.gruenstattgrau.at

Gvein, M. H.; McKenna, D. (2023): The nature – climate change – mental health nexus: A literature review. Ecologic Institute, Berlin.

Stadt Wien (2023): Über Wiener Wohnen. Online: www.wienerwohnen.at/ueber-uns/ueber.html

Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rosemarie Stangl
Autorin

Institutsleiterin

Universität für Bodenkultur Wien
 Anna Briefer
Autorin

Universitätsassistentin

Universität für Bodenkultur Wien
 Michael Obriejetan
Autor

Senior Scientist

Universität für Bodenkultur Wien
 Ines Otter
Autorin

Projektmitarbeiterin

GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations-GmbH
 Julia Salzlechner
Autorin

Projektmanagerin

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 Fabian Schiefermair
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Dipl.-Ing. Ralf Dopheide e. U.
 Patrick Seirafi
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Projektmanager

Fluxguide Ausstellungssysteme GmbH
 Peter Skolek
Autor

Rechtsanwalt

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