Der Kommentar

Der Garten als Luxus und Pflichtaufgabe

von:

Die für andere Branchen unglaublichen Zuwachsraten des Garten- und Landschaftsbaus haben sicher auch eine Begründung darin, dass es sich immer mehr Haushalte erlauben können, einen "Gärtner zu beschäftigen". Mein Haus, mein Auto, meine Küche und seit einigen Jahren eben auch mein Garten. Am besten im pflegeleichten Kies-Design, aufwändiger Beleuchtung, mit sündhaft teuren Big Bonsai und natürlich mit einem Schwimmteich. Den haben die Kinder im ersten Jahr zwar nur dreimal genutzt und dann nie wieder, aber die Nachbarn sind beeindruckt und darum geht es doch am Ende, oder? Der private Garten, so wie er vom Landschaftsbau als attraktiver Markt erkannt wurde, ist ein Luxusgut. Dem Landschaftsbau geht es vermutlich als Branche auch deshalb so gut, weil es den Deutschen so gut geht wie noch nie, die Zinsen niedrig sind und wer Geld hat, legt es in Immobilien an, gerne auch in die eigene.

Zuwachs bekommt der Landschaftsbau jetzt vielleicht in einem altbekannten Markt. Die Politik hat das öffentliche Grün wieder für sich erkannt. Diesmal nicht als arbeitspolitische Maßnahme für Langzeitarbeitslose. Jetzt soll es tatsächlich um die Bedeutung des Stadtgrüns für eine bessere Umwelt in den Städten gehen. "Da immer mehr Menschen in unseren Städten leben wollen und werden, nimmt die Bedeutung einer Grünen Infrastruktur zu. Mit städtischem Grün können die negativen Begleiterscheinungen der Urbanisierung wirksam begrenzt werden." So ist es beim Bundesumweltministerium zu lesen. Nachdem das Grünbuch "Grün in der Stadt" im Juni 2015 veröffentlicht wurde, soll bereits im Mai 2017 ein Weißbuch durch die Umweltministerin vorgestellt werden. Ein politisches Weißbuch ist eine Sammlung mit Vorschlägen zum Vorgehen. Es soll Orientierung über politische Fragen geben oder es ist Rechtfertigung des eigenen politischen Handelns. Wie aus dem Ministerium zu hören ist, soll das Weißbuch "Grün in der Stadt" auch ein Leitfaden für kommende Gesetzgebungsverfahren sein.

Ein Ansatz, der das Stadtgrün, vor allem in der finanziellen Ausstattung, ganz weit nach vorne bringen könnte, wäre, wenn der Gesetzgeber das Vorhalten von ausreichenden öffentlichen Grünanlagen als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe, Leistungen wie Bauleitplanung, Feuerschutz, Abwasserbeseitigung, Kindergärten oder der Schulträgerschaft gleichsetzen würde. Auch wenn die Chancen nicht so groß sind, sollte es ein Ziel der grünen Fachverbände sein, diese Forderung im Weißbuch zu verankern.

Am Ende bleibt die Frage, wie viel Stadtgrün sich eine Gesellschaft leisten möchte. Die Kommunen haben kaum noch Spielraum für freiwillige Aufgaben. Viele sind froh, die Pflichtaufgaben zu stemmen. Da die finanzielle Ausstattung der Kommunen vom Bund gesteuert wird, ist am Ende die Frage, welches tagesaktuelle Problem größer ist. Neben der durch das Bundesnaturschutzgesetz vorgesehenen Vorsorge für eine bessere Umwelt in der Landschaft hätte das Stadtgrün sicher eine Chance. Die Zeit ist reif dafür. Ein wenig ist das Stadtgrün neben den vielen positiven Effekten auch ein Luxusgut, aber ein wenig Luxus darf es auch für die Allgemeinheit sein, wir könnten es uns als Gesellschaft leisten.

Ihr Martin Thieme-Hack

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Fachkraft für Baumkontrolle (m/w/d), Stuttgart  ansehen
Bauleitung (a) im Bereich Grünplanung, Freiburg  ansehen
Gärtner:in mit Funktion Vorarbeiter:in (w/m/d) -..., Bremen  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen