Förderprogramm "Lebenswerte Klimamusterstadt"
100 Millionen Euro für den grünen Umbau Wiens bis 2025
von: M.Soc.Sci Hendrik BehnischDie Umsetzung nachhaltiger Klimaanpassungsmaßnahmen bis 2025 ist in der Donaumetropole bereits in vollem Gange. Über 58,4 Millionen Euro wurden schon an Begrünungs- und Entsiegelungsprojekte vergeben. Das ist auch nötig: Laut der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich werden die Wiener Sommer ohne Gegenmaßnahmen bis 2050 um bis zu 7,6 °C wärmer werden.
"Raus aus dem Asphalt" von Straßen und Plätzen
Die Umbau-Maßnahmen, die Wiens Mikroklima positiv verändern sollen, beinhalten beispielsweise Begrünungen und Baumpflanzungen sowie das Schaffen von Wasserflächen als "lokale Kühlzonen". Darüber hinaus sollen vorhandene Parks ausgebaut und Flächen entsiegelt werden. Das Motto des Maßnahmen-Bündels lautet "Raus aus dem Asphalt". Es subsumiert die Begrünung von Parkstreifen, Straßen und Plätzen.
Planungsstadträtin Ulli Sima freute sich, dass bereits zur Halbzeit des Förderprogramms – also schon im Sommer 2023 – eine stattliche Anzahl von Projekten realisiert war. Viele Plätze und Straßenzüge würden schon jetzt "in neuem Glanz erstrahlen". 1700 neue Bäume, über 47.000 m² Begrünung, mehr als 1500 m² neue Wasserspiele und rund 1.600 zusätzliche Sitzgelegenheiten seien durch das Förderprogramm bisher schon fixiert worden, sagte Sima.
Eine wichtige Rolle komme dabei großen Gehölzen zu, so die Planungsstadträtin weiter: "Besonders freut mich, dass wir im Rahmen der Förderungen auch viele XL-Bäume gepflanzt haben, die über 25 Jahre alt sind und daher schon von Anfang an Schatten spenden." Auf den Lorbeeren ausruhen will sich in an der Donau aber niemand, wie Sima versichert: "Das war erst der Anfang. Wir wollen bis 2025 mit weiteren Investitionen unsere Klimamusterstadt begrünen, kühlen und entsiegeln!"
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Zentraler Michaelerplatz wird ab April begrünt
Den Worten folgen Taten: In diesem Monat beginnt der Umbau eines Ortes, der auch über Wiens Stadtgrenzen hinaus bekannt ist: Der Michaelerplatz mit der Hofburg, der Michaelerkirche und dem Looshaus. Der zentrale Platz soll ab April 2024 neue XL-Bäume und Grünanlagen erhalten. Zudem werden fünf bepflanzte Hochtröge den Begrünungsanteil erhöhen. Entlang des Michaelertraktes der Hofburg werden zwei große Pflanzbeete angeordnet. Diese werden mit Gräserstauden und sechs Bäumen bepflanzt. Vor dem Looshaus entsteht ein großes Wasserspiel mit 39 Bodendüsen, das Spielspaß für Kinder und Kühlung schafft. Weitere Orte, die 2024 "raus aus dem Asphalt" sollen, sind unter anderem die Wiedner Hauptstraße, der Christian-Broda-Platz und die Favoritenstraße.
So vorbildlich die Stadtgrün-Offensive in Wien auch erscheint, nicht alle sind von ihr restlos überzeugt. Kritik kommt unter anderem von Forschern der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien. Lilli Licka, Mitautorin der Studie "Grünraumgerechtigkeit für eine resiliente Stadt", sagte gegenüber der Austria Presse Agentur (APA): "Die Stadt Wien ist in der PR sehr gut und in ihren Konzepten ebenso. Auch die Beamtinnen und Beamten sind gut. Aber sie bringen es politisch nicht durch."
Skeptisch äußerte sich ebenfalls Rosemarie Stangl, Professorin am BOKU-Department für Bautechnik und Naturgefahren, gegenüber der APA. Das Hauptproblem liege jedoch vor allem in der Stadtplanung der vorherigen Generation: "Jede einzelne Maßnahme ist ein wichtiger Puzzlestein, der mithilft, die Sünden und Fehler der vergangenen 30, 40 Jahre zu lindern", so Stangl. "Doch es muss uns bewusst sein: Alles, was wir nach einer Vollversiegelung in einer Stadt wie Wien machen können, ist nur Kosmetik."
Gleichwohl räumte sie ein: "Die Initiativen der Stadt Wien sind nicht schlechtzureden." In puncto Stadtgrün steht die österreichische Hauptstadt im europäischen Vergleich tatsächlich gut da. Erst 2021 wurde ihr vom European Arboricultural Council (EAC) der europäische Stadtbaumpreis ECOT verliehen.
Hendrik Behnisch