GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt
Das neue Bauvertragsrecht ab 1. Januar 2018
von: Rainer SchillingIn der Septemberausgabe der Neuen Landschaft wurde am Ende meines Beitrages zum neuen Bauvertragsrecht die Fortsetzung in der Oktoberausgabe angekündigt. Wegen zweier neuer BGH-Entscheidungen, die aktuell gerade auch den GaLaBau-Bereich betreffen, sah ich mich veranlasst, die Urteile schnellstmöglich den Lesern vorzustellen. Die weitere Erläuterung des neuen Bauvertragsrechts wurde deshalb auf die Novemberausgabe verschoben.
Für Bauverträge, die nach dem 31. Dezember 2017 geschlossen werden, gelten im Bauwerkvertragsrecht Neuregelungen und Änderungen, die die Vertragsparteien unbedingt kennen und beachten sollten. Auf die wichtigsten Bestimmungen möchte ich im Einzelnen eingehen, zumal auch hier wieder der Verbraucher noch weiter als bisher geschützt wird und die verbraucherschützenden Vorschriften zum Teil zwingendes Recht darstellen, so dass sie unbedingt zu beachten sind.
Der gesetzlich definierte Begriff des Bauvertrages
Bisher gab es im BGB keine genaue Bestimmung, was unter einem Bauvertrag zu verstehen ist. Es wurde in § 631 BGB nur allgemein der Werkvertrag angesprochen. Dieser muss aber nicht unbedingt etwas mit dem Bau zu tun haben. In der Neufassung des BGB wird der Bauvertrag wie folgt definiert (§ 650a BGB): "(1) Ein Bauvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. (2) Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist." Die neue Definition bringt eine entscheidende Änderung. Bisher waren Arbeiten zum Abbruch eines Bauwerks oder eines Teiles davon keine Arbeiten am Bauwerk, weil sie nach Meinung des BGH nicht zur Errichtung eines Bauwerks dienten. Nach der neuen Definition im BGB zählen aber auch diese Arbeiten ab dem 01.01.2018 zum Bauvertrag.
Neuregelungen bei der Abnahme
In dem neuen § 640 Abs. 2 BGB ist eine Abnahmefiktion enthalten, die sich deutlich von der bisherigen Rechtslage unterscheidet. Der neue Gesetzestext lautet wie folgt: "Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen."
Nach dem Wortlaut der neuen Bestimmung genügt für die Abnahmefähigkeit allein schon die "Fertigstellung des Werkes". Das Vorliegen eines wesentlichen Mangels schließt nach dem neuen Recht die Abnahmefiktion nicht mehr von vorneherein aus. Zu beachten ist allerdings, dass die Abnahmefähigkeit nur dann eintreten soll, wenn der Auftraggeber innerhalb der gesetzten angemessenen Frist keinen Mangel an der Werkleistung des Auftragnehmers nennt. Nach dem Wortlaut ist es wohl nicht entscheidend, ob es sich hierbei um einen wesentlichen Mangel handelt oder nicht. Allein schon die Rüge eines einzelnen Mangels durch den Auftraggeber soll genügen, die Abnahmefiktion des § 640 BGB nicht eintreten zu lassen. Das Gesetz macht des Weiteren einen Unterschied, ob der Auftraggeber ein Unternehmer oder ein Verbraucher ist. Bei Verbraucherverträgen soll die Abnahmefiktion nur dann eintreten, wenn der Unternehmer zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme in Textform hingewiesen hat. Man beachte, dass das Gesetz nicht einen schriftlichen sondern lediglich einen textlichen Hinweis verlangt. Dies bedeutet, dass wohl auch der vom Gesetzgeber verlangte Hinweis per E-Mail erfolgen kann. Der Streit der Parteien, ob ein wesentlicher Mangel an der Werkleistung des Auftragnehmers vorliegt, wird bzgl. der Frage der Abnahme wohl nicht mehr eine so entscheidende Rolle spielen.
Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme
Wie weiter zu verfahren ist, wenn der Auftraggeber die Abnahme unter Nennung mindestens eines Mangels verweigert, regelt der neue § 650g BGB. Die bisherige bis zum 31. Dezember 2017 geltende Fassung des BGB kennt keine Zustandsfeststellung bei verweigerter Abnahme. Eine solche können die Parteien bisher wohl nur durch die Einleitung eines selbständigen gerichtlichen Beweisverfahrens nach § 485 ff. ZPO erreichen, was sich erfahrungsgemäß oft als langwierig, teuer und nicht sehr praktikabel erweist.
Nach der Neuregelung im BGB sollen die Parteien nach § 650g Abs. 1 BGB bei einer verweigerten Abnahme eine gemeinsame Zustandsfeststellung bezüglich des Werks des Auftragnehmers vornehmen. Der Gesetzgeber scheint sich diese Zustandsfeststellung so ähnlich vorzustellen, wie eine gemeinsame Abnahme mit Protokoll, das unterschrieben werden soll. Der Gesetzgeber hat insoweit recht optimistische Vorstellungen. Es bleibt abzuwarten, ob es in Zukunft häufig zu derartigen gemeinsamen Zustandsfeststellungen kommen wird. Es wird damit zu rechnen sein, dass Auftraggeber sich nicht immer an solchen Zustandsfeststellungen beteiligen werden. In weiser Voraussicht hat der Gesetzgeber dafür bereits in § 650g BGB eine Regelung vorgesehen. Der Unternehmer soll das Recht auf eine einseitige Zustandsfeststellung haben, wenn der Auftraggeber ohne triftigen und dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilten Grund einem Treffen zur Zustandsfeststellung fern bleibt.
Der Unternehmer kann dann einseitig die Zustandsfeststellung seiner Leistung vornehmen. Unter Angabe des Tages der Zustandsfeststellung muss der Auftragnehmer eine unterschriebene Ausfertigung der Abschrift seiner einseitigen Zustandsfeststellung dem Auftraggeber zur Verfügung stellen.
Vermutung des Vertreten-müssens eines Mangels
Jedem Auftraggeber sei nach dem neuen Recht dringend angeraten, sich der Zustandsfeststellung nicht zu verweigern, sondern sich, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, an ihr zu beteiligen. Grund hierfür sind die für den Auftraggeber nachteiligen Folgen des § 650g Abs. 3 BGB. Dieser lautet wie folgt:
"Ist das Werk dem Besteller verschafft worden und ist in der Zustandsfeststellung nach Absatz 1 oder 2 ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, wird vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein kann."
Es dürfte allzu menschlich sein, dass ein Unternehmer bei einer einseitig von ihm nach § 650g Abs. 2 BGB vorgenommenen schriftlichen Zustandsfeststellung mit dem Auflisten von Mängeln äußerst sparsam ist und in dem Protokoll der Zustandsfeststellung im Zweifel gerade werthaltige Mängel ganz oder teilweise fehlen. Für nicht in der Zustandsfeststellung enthaltene Mängel soll dann die Vermutung gelten, dass der Mangel erst nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Auftraggeber zu vertreten ist. Diese Vermutung des Gesetzgebers dürfte widerleglich sein und kann in der Praxis zu heftigen Streiten führen.
Fälligkeit von Abschlags- und Schlussrechnungen
a. Abschlagsrechnungen
Die in der alten Fassung des BGB missglückte Formulierung des §632a BGB wonach der Auftragnehmer in Höhe des "Wertzuwachses" eine Abschlagszahlung verlangen kann, ist in der Neufassung nicht nur verständlicher geregelt sondern auch inhaltlich maßgeblich geändert worden. § 632a Satz 1 und 2 BGB lautet wie folgt: "Der Unternehmer kann von dem Besteller eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen. Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern."
Die neue Regelung in § 632a BGB stellt nicht mehr darauf ab, ob ein wesentlicher Mangel vorliegt oder nicht. Nach der Neuregelung steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auch dann zu, wenn ein wesentlicher Mangel vorhanden ist. Durch einen Verweis auf § 641 Abs. 3 BGB, steht dem Auftraggeber, ganz gleich, ob ein wesentlicher oder unwesentlicher Mangel vorliegt, für den Mangel ein Zurückbehaltungsrecht zu, das in der Regel das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten ausmachen wird. Die häufigen Fälle, bei denen Auftraggeber jegliche Zahlung unter Hinweis auf einen wesentlichen Mangel verweigern können, werden ab dem 01.01.2018 nicht mehr möglich sein. Die Neuregelung vermeidet demnach Konflikte zwischen den Parteien. Ansonsten bleibt es bei den Regelungen für Abschlagsrechnungen, wonach diese so aufzustellen sind, dass eine rasche und sichere Beurteilung des Leistungsstandes und damit der Höhe der zu leistenden Abschlagszahlungen möglich ist.
b. Schlussrechnungen
Bezüglich der Schlussrechnung hat das BGB weitgehend die Regelung der VOB übernommen, das heißt zur Fälligkeit der Schlusszahlung bedarf es nicht nur der Abnahme der Leistung des Unternehmers sondern zusätzlich auch noch der Stellung einer prüffähigen Schlussrechnung. Nach dem Gesetzgeber ist eine Schlussrechnung prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Auftraggeber nachvollziehbar ist. Auch hier arbeitet der Gesetzgeber wieder mit einer Vermutung. Die Schlussrechnung gilt als prüffähig, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat.
Spezielle Fälligkeitsregelungen, wie sie § 16 VOB/B für die Schlussrechnung vorsieht, enthält die Neuregelung des BGB nicht, so dass die allgemeinen Grundsätze des BGB für die Fälligkeit und den Verzug der Schlussrechnung gelten.
Bauhandwerkersicherung
Ab dem 1. Januar 2018 findet sich die Vorschrift nicht mehr in § 648a BGB sondern in einem neuen § 650f BGB mit einer maßgeblichen Korrektur, dass der Auftraggeber bei einem "Verbraucherbauvertrag" (§ 650i BGB) und bei einem "Bauträgervertrag" (§ 650u BGB) nicht verpflichtet ist, eine Sicherheit zu leisten. Es kommt also entgegen der bisherigen Regelungen nicht mehr darauf an, ob es sich bei dem Bauvertrag um den Bau eines Einfamilienhauses (mit oder ohne Einliegerwohnung) handelt. Dieses Kriterium wurde ersatzlos gestrichen. Dies bedeutet, dass Auftraggeber nach altem Recht keine Sicherheit zu leisten hatten aber nach neuem Recht vom Auftragnehmer unter Umständen eine Sicherheit verlangt werden kann. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese gesetzliche Neuregelung in der Praxis auswirken wird. Ich erwarte nach dieser gesetzlichen Neuregelung eine Zunahme der Sicherungsverlangen durch Auftragnehmer.
Ausblick auf den nächsten Beitrag
Mit den bisherigen Ausführungen zum neuen Bauvertragsrecht sind wir noch lange nicht am Ende dessen, was uns der Gesetzgeber als neues Recht zum 01.01.2018 präsentiert hat. In der Dezemberausgabe der Neuen Landschaft werden wir uns unter anderem mit den Rechten befassen, die ab dem 1. Januar 2018 im Wege einer einstweiligen Verfügung und damit auf schnellstem Weg durchgesetzt werden können. Des Weiteren befassen wir uns mit dem neuen Anordnungsrecht des Auftraggebers sowie dem neuen § 648a BGB, der Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grund. Auf die Vertragsparteien kommt also noch viel Neues zu, an das man sich erst einmal gewöhnen muss. Die Arbeit der Rechtsanwälte dürfte im Baubereich aufgrund der zahlreichen Änderungen mit Sicherheit nicht weniger werden.
Rainer Schilling, Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht