GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Urteile aus Hamm und Karlsruhe betreffen den GaLaBau

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Die deutschen Oberlandesgerichte sind mit ihren Urteilen stets für Überraschungen gut. So haben die Oberlandesgerichte Karlsruhe und Hamm neue Urteile verkündet, die für GaLaBau-Unternehmen von Bedeutung sind.
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1. Der Nussbaum des Nachbarn kann bei Bauarbeiten schnell zum Streitfall führen. Foto: M. Schuppich, Adobe Stock

1. Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe: Wurzeln auf Nachbargrundstück

Der vom Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 17.01.2023, Az. 12 U 92/22) entschiedene Fall scheint auf den ersten Blick ein reiner Nachbarschaftsstreit zu sein, über den es sich nicht lohnt, näher zu berichten. Das Gericht macht jedoch in seinem Urteil generelle Ausführungen, die für ein GaLaBau-Unternehmen wichtig sein können.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nah an der Grenze zum Nachbargrundstück stand ein alter Walnussbaum. Der Nachbar beabsichtigte zu bauen. Die Baugenehmigungsbehörde hatte Kenntnis des ihres Erachtens erhaltenswerten Nussbaumes.

Dem bauwilligen Nachbarn machte die Genehmigungsbehörde in der Baugenehmigung diverse Auflagen zum Schutz des Nussbaumes, so zum Beispiel die Einhaltung eines Mindestabstands der Baugrube zum Stammfuß, Suchgräben entlang des Baugrubenverbaus in Handarbeit oder Suchbagger vor dem Abfangen der Baugrube mit Berliner Verbau und bei Wurzelverletzungen Schneiden und Versorgen der Wurzeln.

Der Bauherr übertrug die Erdarbeiten an ein Unternehmen, dem er zu Beginn der Arbeiten auch die Baugenehmigung mit den Auflagen zum Schutz des Nussbaums aushändigte. Der Erdbauunternehmer befolgte die Auflagen aus der Baugenehmigung nicht. Weder hielt er den Mindestabstand ein, noch stellte er einen Verbau her.

Durch seine Arbeiten wurde halbseitig das gesamte Wurzelsystem des Baumes zerstört, so dass der Baum letztendlich beseitigt werden musste.

In dem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe fordert der Eigentümer des Nussbaums für diesen Schadensersatz zuzüglich der Fäll- und Entsorgungskosten. Sowohl das erstinstanzliche Landgericht, als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe gaben dem Nussbaumeigentümer in vollem Umfang Recht.

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe

Wie beim Überhang von Ästen und Blattwerk steht einem Nachbarn auch bei Wurzeln kein Selbsthilferecht zu. Weder der Nachbar, noch der beauftragte Betrieb durften die Wurzeln des Baumes im Wege der Selbsthilfe gemäß § 910 BGB beseitigen.

Soweit grundstücksübergreifende Wurzeln vorhanden sind und einem Bauvorhaben im Wege stehen, bedarf es einer besonders schonenden Vorgehensweise, die sogar in der Baugenehmigung ausdrücklich angesprochen war. Der Bauherr beziehungsweise seine beauftragte Erdbau-Firma hätte nur mit größter Sorgfalt und unter Beachtung aller Auflagen im Einvernehmen mit dem Nussbaumeigentümer Wurzeln entfernen dürfen. Daran haben sich weder der Bauherr, noch die von ihm beauftragte Fachfirma gehalten.

Den Bauherrn trifft dementsprechend eine besondere Verkehrssicherungspflicht aus der von ihm geschaffenen Gefahrenlage durch die Baumaßnahme. Die nicht ausreichend sorgfältigen Erdarbeiten, die zu der Wurzelschädigung und letztendlich zum Fällen des Nussbaums geführt haben, waren Grund für die volle Schadenersatzpflicht des Bauherrn.

Hinweis für den GaLaBau-Unternehmer

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe sei jedem GaLaBau-Unternehmer, der bei einer Baumaßnahme mit Wurzeln aus dem Nachbargrundstück zu tun hat, angeraten, äußerste Vorsicht walten zu lassen. Insbesondere sollten die Wurzeln nicht ohne entsprechende

Rücksprache mit dem Eigentümer und möglichst im Einvernehmen mit ihm, beseitigt werden. Wenn ein Baum durch Beseitigung der Wurzeln droht einzugehen, gibt es möglicherweise sogar eine Duldungspflicht, dass die Wurzeln so ohne weiteres nicht entfernt werden dürfen.

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2. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe sollten Landschaftsgärtner, die bei einer Baumaßnahme mit Wurzeln aus dem Nachbargrundstück zu tun hat, äußerste Vorsicht walten lassen. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Der Verlust größerer Bäume wird in der Rechtsprechung häufig sehr hoch bewertet, sodass ich immer wieder Schadenersatzansprüche in fünfstelliger Höhe feststellen muss. Im Zweifel haftet dafür allzu leicht auch der Landschaftsgärtner.

Aus meiner Erfahrung über baubedingte Nachbarstreitigkeiten vermute ich sogar, dass die irreparable Beschädigung des Wallnussbaums dem Bauherrn sehr Recht war.

Wenn ein derartiger Baum so nah an der Grenze steht, beeinträchtigt er mit Sicherheit das spätere Gebäude. Auch machen Wallnussbäume mit ihren Blättern recht viel Dreck, so dass man den Baumverlust mehr oder minder bewusst in Kauf genommen hat.

Man hat wohl nur nicht damit gerechnet, dass der Baum zum einen recht viel wert war und zum anderen es zu einem Prozess kommen würde, den man voll verliert und dadurch nochmals erhebliche Kosten der zwei Instanzen aufzuwenden waren.

2. Ist die im Werkvertragsrecht geltende Rechtsprechung zur Schwarzarbeit auf das Kaufrecht übertragbar?

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 06.02.2023, Az. 2 U 78/22) ist eine deutliche Warnung an alle, die Geschäfte mit Kunden "an der Steuer vorbei" machen.

Bekanntlich hat der Bundesgerichtshof schon seit Jahren festgehalten, dass bei sogenannten "Schwarzarbeitsfällen" der von den Parteien geschlossene Werkvertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist und weder der Auftraggeber, noch der Auftragnehmer irgendwelche Forderungen gegeneinander wegen Verstoßes gegen § 370 AO geltend machen können.

Auch wenn man in der Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht von "Schwarzarbeitsfällen" spricht, wird der Begriff von den Gerichten recht weit gesehen, das heißt Schwarzarbeit soll im Sinne der Rechtsprechung auch dann gegeben sein, wenn der Auftraggeber nur die in einem Vertrag festgehaltene niedrige Vergütung zahlt und der Rest "schwarz" unversteuert entrichtet wird.

Mitunter hat das nach der Rechtsprechung zur Folge, dass dem Auftraggeber trotz Zahlung der vollen "schwarzen Vergütung" keinerlei Gewährleistungsrechte zustehen und auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche geltend gemacht werden können.

Das Oberlandesgericht Hamm musste sich jetzt in seiner Entscheidung mit der Frage befassen, ob die im Werkvertragsrecht geltenden Grundsätze auch auf das Kaufrecht übertragbar sind. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Verkäufer war Inhaber eines Sportstudios, das er an den Käufer für 35.000 Euro verkaufte. Schriftlich wurde allerdings ein Kaufpreis von lediglich 5000 Euro festgehalten. Die restlichen 30.000 Euro sollten "an der Steuer vorbei" bar gezahlt werden.

Der Käufer hatte bereits 30.000 Euro "schwarz" gezahlt und auf den schriftlichen Vertrag selbst 1000 Euro überwiesen. Der Verkäufer erklärte sodann, den Rücktritt vom Vertrag, so dass der Käufer aufgrund des Rücktritts vom Verkäufer seine insgesamt an den Verkäufer gezahlten 31.000 Euro zurückverlangte. Das erstinstanzliche Gericht hatte den Verkäufer auch entsprechend zur Zahlung an den Käufer verurteilt.

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3. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 06.02. 2023, Az. 2 U 78/22) ist eine deutliche Warnung an alle, die Geschäfte mit Kunden "an der Steuer vorbei" machen. Foto: mpix-foto, Adobe Stock

Die Entscheidung des Gerichts

Im Berufungsverfahren sah das Oberlandesgericht Hamm die Sache allerdings anders. Das Gericht entschied, dass der Verkäufer das bereits empfangene Geld an den Käufer nicht zurückzahlen muss. Die verbotswidrige Vereinbarung der Parteien verdiene keinen Schutz. Diese Schutzlosigkeit sei auch zur Eindämmung solcher Rechtsgeschäfte durchaus gewollt.

Das Behalten des Geldes durch den Verkäufer verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Letztendlich soll die Zielsetzung des Gesetzgebers, die Steuerhinterziehung und damit die Wettbewerbsverzerrung eingedämmt werden.

Das Oberlandesgericht Hamm wendet in seiner Entscheidung voll und ganz die Grundsätze des Bundesgerichtshofs aus dem Werkvertragsrecht an, da mit der Steuerhinterziehung eine der Schwarzarbeit vergleichbaren Wettbewerbsverzerrung gegeben sei.

Nach der Entscheidung des Gerichts kann der Verkäufer die bereits erhaltenen 31.000 Euro behalten und muss das Geld nicht an den Käufer zurückzahlen. Dem Käufer bleibt bei einem solchen Geschäft nichts, außer der Verlust seiner 31.000 Euro.

Wenn die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem geschilderten Fall Schule macht, wird sich mancher überlegen, ob er so ohne weiteres noch Geschäfte "an der Steuer vorbei" macht.

Überträgt man die Grundsätze der Entscheidung des Gerichts auf einen normalen Sachkauf, bei dem die Parteien beispielsweise für ein Elektrogerät einen Teil offiziell und einen schwarz vereinbaren, so wird nach der Meinung des Oberlandesgerichts Hamm in Zukunft ein Käufer einer Sache bei einem derartigen Schwarzkauf keinerlei Gewährleistungsansprüche haben, wenn das erworbene Gerät nicht oder nicht mehr funktioniert.

Da bisher die Rechtsprechung des Werkvertragsrechts zu Schwarzarbeitsfällen von den Gerichten nicht auf das Kaufrecht angewandt wurde, hat das Oberlandesgericht Hamm in der Sache die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen. Es bleibt also spannend, ob der Bundesgerichtshof die Meinung des Oberlandesgerichts Hamm teilt und die Strafsanktionen für "Schwarzgeschäfte" bestätigt.

Ich habe allerdings Zweifel, ob die sehr harte Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm beim Bundesgerichtshof Bestand haben wird. Das Urteil befasst sich nur mit dem eingeklagten vom Käufer bezahlten Betrag, nicht jedoch, was es mit dem Verkauf des Sportstudios auf sich hat.

Sollte der Verkäufer das Sportstudio und die 31.000 Euro erhalten haben, dürfte bei vielen das Gerechtigkeitsgefühl rebellieren. Sollte der Käufer allerdings bereits in den Besitz des Sportstudios gelangt sein, so könnte das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm Bestand haben. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann man neugierig sein.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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