GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Das Sachverständigen(un-)wesen: Fatale Fehler in Gutachten

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Der Einfluss von Sachverständigen, auch Gutachter genannt, auf die Entscheidung von gerichtlichen Baurechtsstreiten ist deutlich größer, als man eigentlich vermutet. Zwar fällt der Richter in seinem Urteil die Entscheidung. In Wahrheit aber stammt sie indirekt von einem Sachverständigen, der vom Gericht zur Klärung der Fakten beauftragt war.

So gut wie nie ermittelt ein Richter selbst, ob die vom Kläger behaupteten ausgeführten Leistungen beziehungsweise die angeführten Massen einzelner Positionen der Schlussrechnung tatsächlich ausgeführt worden sind oder nicht. Ebenso wird ein Gericht einen Sachverständigen heranziehen, um von einer Partei gerügte Mängel zu überprüfen und zu bewerten. Zumeist setzt ein Richter in seinem Urteil nur das in ein Ergebnis um, was der Sachverständige in seinem Auftrag zuvor ermittelt hat. Wie oft liest man in Urteilen den Satz: "Wie der Sachverständige zur Überzeugung des Gerichts festgestellt hat…". Worin allerdings die Überzeugung des Gerichts besteht, bleibt offen, obwohl oft Anlass besteht, die Feststellungen des Sachverständigen kritisch zu hinterfragen und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Allzu häufig wird in Urteilen das von Sachverständigen gefundene Ergebnis unkritisch übernommen, obwohl es angezeigt wäre, das Ergebnis detaillierter zu überprüfen.

Die Tätigkeit des Sachverständigen

Sachverständige können im privaten oder gerichtlichen Auftrag tätig werden. Aufgrund ihrer Sachkunde sollen sie nach dem Maßstab des Standes der anerkannten Regeln der Technik einzelne Fragen oder einen vorgetragenen Sachverhalt begutachten. Immer wieder kommt es allerdings vor, dass man die Sachkunde beim Sachverständigen vergeblich sucht. Der Verfasser erinnert sich noch allzu gut an einen Rechtsstreit, bei dem ein gerichtlich beauftragter, von einer IHK vereidigter Sachverständiger sich in seinem schriftlichen Gutachten auf DIN-Normen und technische Regeln berief, die es schon lange nicht mehr gab und restlos überholt waren. Die Bezeichnung "Sachverständiger" ist nicht gesetzlich geschützt und bedarf auch keiner Genehmigung oder Erlaubnis. Die Bestellung durch eine Institution und die Vereidigung ist nicht Voraussetzung für die Tätigkeit eines Sachverständigen. Eine solche Bestellung kann insbesondere durch die Industrie- und Handelskammern, aber auch durch Architekten-, Ingenieur- oder Handwerkskammern erfolgen. Im GaLaBau-Bereich gibt es auch recht viele Vereidigungen durch Landwirtschaftskammern. Vereidigte Sachverständige sind berechtigt einen Rundstempel zu führen. In dem ist zu ersehen, wer sie vereidigt hat und für welche Gebiete die Vereidigung gilt. Dennoch fühlen sich viele vereidigte Sachverständige berufen, auch zu anderen Themen und Gebieten Stellung zu nehmen, für die ihr Eid nicht gilt. Auf diesen Umstand sollten die Beteiligten ein besonderes Augenmerk richten. Außerdem gibt es viele nicht vereidigte Sachverständige, die sich selbst als solche berufen fühlen, ohne ihre Fachkunde besonders nachgewiesen zu haben. Manche dieser Personen sind vorsichtig mit dem Begriff des Sachverständigen. Sie benutzen den Begriff des "Experten" und führen unter Umständen sogar einen ovalen Stempel, der von keiner Stelle stammt, die zur Vereidigung von Sachverständigen berufen ist.

Qualitätsüberwachung des Sachverständigen

Die Stelle, die den Sachverständigen bestellt und vereidigt hat, ist dafür verantwortlich, dass der Sachverständige über die erforderliche Sachkunde verfügt und sich auch auf seinem Gebiet weiterbildet und auf dem neusten Stand der Technik und Wissenschaft bewegt. Über die Qualität von Sachverständigen hört man oft Beschwerden, die der Unterzeichner zum Teil nachvollziehen kann. Dies gilt nicht nur für seine fachlichen Kenntnisse sondern auch für die Parteilichkeit von Sachverständigen. Immer wieder kommt es vor, dass Sachverständige mit ihren Äußerungen in den Verdacht geraten, befangen zu sein. Unbedachte Äußerungen oder persönliche Beziehungen, die der Sachverständige nicht ausreichend offen legt, können schon Grund dafür sein, dass der Sachverständige sich zu Recht des Verdachts der Besorgnis der Befangenheit aussetzt.

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Der Sachverständigenvertrag als Werkvertrag

Generell wird der Vertrag mit einem Sachverständigen als Werkvertrag einzuordnen sein, da er den Erfolg schuldet, das heißt, er muss ein Gutachten nach den anerkannten Regeln der Lehre und Technik erstellen, wobei er bei seinen Bewertungen alle in Betracht kommenden Ursachen, die auf sein Ergebnis einen Einfluss haben können, beachten muss. Generell ist auch ein Sachverständiger nach Werkvertragsrecht gewährleistungspflichtig. Aus seiner täglichen Arbeit weiß der Verfasser, dass sowohl Privatgutachten als auch für Gerichte erstattete Gutachten oft korrektur- oder ergänzungsbedürftig sind. Eine Partei, die meint, durch die Ausführungen im Gutachten benachteiligt zu sein, sollte es deshalb nicht versäumen, entsprechend durch Fragen und Vorhalte den Gutachter anzuhalten, seine Ausführungen zu erläutern und zu überprüfen. Häufig hat dies Erfolg. Ist man überhaupt nicht von den Feststellungen des beauftragten Sachverständigen überzeugt und besteht zum Beispiel sogar die Gefahr aufgrund des Sachverständigengutachtens einen Rechtsstreit zu verlieren, sollte stets daran gedacht werden, sich eines anderen Sachverständigen zu bedienen. Dessen Privatgutachten kann dann in den Rechtsstreit eingeführt und dem Sachverständigen vorgehalten werden. Auch kann in einer mündlichen Anhörung vor Gericht dem Sachverständigen das Privatgutachten vorgehalten werden. In einem Anhörungstermin empfiehlt es sich auf alle Fälle, den Verfasser des Privatgutachtens zur Unterstützung hinzuzuziehen.

Die Haftung des Sachverständigen für seine Leistung

Da der Sachverständigenvertrag einen Werkvertrag darstellt, gilt für ihn auch das werkvertragliche Mängelrecht. Eine Haftungsfreizeichnung für seine Hauptleistungspflicht, der Erstattung des Gutachtens, ist nach Meinung des Bundesgerichtshofes so ohne weiteres nicht möglich (vgl. BGH Urteil vom 11.10.2001, Az. VII ZR 475/00). Wird das Gutachten eines Sachverständigen bestimmungsgemäß gegenüber Dritten verwendet, kommt zudem eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht. Derartige Haftungsfälle von Sachverständigen sind insbesondere im Immobilienbereich bei der Bewertung von Gebäuden gegeben, wenn der Sachverständige bei seiner Begutachtung gravierende Mängel übersehen hat, die maßgeblich für die Ermittlung des Kaufpreises waren. Zu unterscheiden ist bei der Haftung allerdings zwischen einem Sachverständigen, der als Privatgutachter tätig war und einem solchen, der seinen Auftrag zur Begutachtung von einem Gericht erhalten hat. Ein gerichtlich ernannter Sachverständiger haftet ausschließlich nach § 839 a BGB. Nach dieser Vorschrift wird der gerichtlich bestellte Sachverständige privilegiert, das heißt, seine Haftung wird durch die Vorschrift stark eingeschränkt. Nach § 839 a BGB haftet ein gerichtlich bestellter Sachverständiger nur für ein vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtiges Gutachten. Nur in einem solchen Fall ist er für den Ersatz des von ihm verursachten Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf seinem Gutachten beruht. Unvermögen ist normalerweise kein Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Der Weg einen gerichtlich bestellten Sachverständigen haften zu lassen, ist äußerst dornig.

Der durch das unrichtige Gutachten geschädigte Verfahrensbeteiligte hat es äußerst schwer den Vorsatz oder die grobe Fahrlässigkeit des handelnden Sachverständigen nachzuweisen. Selbst wenn ihm dies gelingt, nimmt § 839 a Abs. 2 BGB auf § 839 Abs. 3 BGB Bezug, das heißt, der Geschädigte muss erst sein Rechtsmittel ausschöpfen, um anderweitig den Schaden abzuwenden. Nur wenn dies nicht gelingt, kann bei vorsätzlich oder grob fahrlässigem Handeln ausnahmsweise der gerichtlich bestellte Sachverständige zur Leistung von Schadenersatz herangezogen werden. Die Fälle sind so selten, dass der Verfasser in seiner weit mehr als 40-jährigen Tätigkeit als Rechtsanwalt einen solchen Fall nicht erlebt hat. Die Parteien sollten immer daran denken, dass diese Haftungsbefreiung nur für gerichtlich bestellte Sachverständige gilt und Privatgutachter von der Haftungsprivilegierung des § 839 a BGB nicht profitieren. Privatgutachter müssen deshalb häufiger für den von ihnen verursachten Schaden gerade stehen.

Die Vergütung des Sachverständigen

Die Vergütung des Privatgutachters kann weitgehend frei vereinbart werden (Grenze: Sittenwidrigkeit bzw. Wucher). Üblicherweise wird ein Stundenhonorar ausgemacht, wobei ich immer wieder feststelle, dass gewisse Sachverständige für relativ wenig Leistung viele Stunden benötigen. Der Bundesgerichtshof hat sich vor einiger Zeit mit den Anforderungen an die Darlegung des Vergütungsanspruchs bei einem nach Zeitaufwand zu vergütenden Sachverständigen befasst.

Nach der Entscheidung des BGH muss der Sachverständige zunächst lediglich darlegen, wie viele Stunden angefallen sind. Macht der Auftraggeber geltend, der Aufwand sei unverhältnismäßig gewesen, trifft ihn insoweit die Beweislast. Es ist deshalb äußerst schwierig, eine Herabsetzung als überhöht empfundener Sachverständigenhonorare zu erreichen. Die früher bestehenden Beschränkungen des Sachverständigenhonorars durch die HOAI sind seit längerem entfallen, so dass bei der Vereinbarung eines Honorars die übliche Freiheit der Vereinbarung einer Vergütung gilt.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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