GaLaBau-Wissen - Junge Landschaft

Die Trockenmauer

von:
GaLaBau Wissen Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

174. FOLGE: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Trockenmauern.

Mauern sind von Menschenhand errichtete Gebilde der Kultur. Sie umgeben schützend Haus und Hof, umschließen alte Gärten, in deren Baumschatten nur selten ein scher Blick der Außenwelt dringt, frieden die Stätten des Todes und der Vergessenheit ein, zu denen so viele Wege hinein, aber keiner heraus führt, oder grenzen die freudespenden Hügel ab, an denen die Herbstsonne den goldenen Saft der Trauben kocht. Sie erheben sich als trotzige Zeugen des fehdenreichen Mittelalters noch rings um alte Städtchen, schauen als Ruinen malerisch vom Bergvorsprung oder bilden als verlassene Bastionen Überreste einer späteren, nicht minder kriegerischen Zeit.“ Diese Zeilen schrieb Cornel Schmitt in seiner Schrift „Die alte Mauer und ihr Leben“ (1952, Gartenverlag GmbH, Kleinmachnow bei Berlin).

Für heutige Ohren leider sehr schwülstig, aber durchaus als Beschreibung gelungen. Diesmal soll es um Mauern gehen, die ganz ohne Bindemittel auskommen sollten: Trockenmauern.

Trockenmauer - was kann man darunter verstehen?

Rein von bautechnischer Seite betrachtet kann man die Trockenmauer vielleicht folgendermaßen beschreiben: Als Trockenmauern werden Mauern aus Naturstein oder Beton bezeichnet, die ohne Bindemittel (Mörtel, Kleber etc.) erstellt werden. Ihre Stabilität erhalten sie durch ihr enormes Gewicht und ihre teilweise Schräglage zum Hang (Dosierung oder Anlauf). Sie werden als Schwergewichtsmauern, Stützmauern oder als niedrige, freistehende Mauern ausgeführt.

Die für den Mauerbau anzuwendende DIN 1053 beschreibt die Trockenmauer ausschließlich als Mauerwerk aus Bruchsteinen. Dieser Mangel der DIN 1053 wird in der Praxis regelmäßig widerlegt. Alle Regeln für Mauerverbände aus dem Bereich des Mörtelmauerbaues können auf Trockenmauern angewendet werden.

Der Botaniker (und Romantiker) sieht die Trockenmauer aus einem anderen Blickwinkel. Er würde sagen: Mauern sind ein faszinierender Lebensraum. Aus den Ritzen zwischen den Steinen lugen im Sommer die leuchtenden Blüten des Weißen Mauerpfeffers heraus, auf der Mauerkrone prangen die dichten Polster des gelben Scharfen Mauerpfeffers. Im Schatten sorgen Zimbelkraut und Steinbrech für Farbtupfer und gelegentlich lassen sich auch echte Raritäten entdecken, wie der Braunstielige Streifenfarn oder die Hauswurz.

Der Historiker weist im Hinblick auf das Thema Mauern darauf hin, dass vor rund 2000 Jahren die Römer die Fertigkeit des Trockenmauerbaus zu uns nach Mitteleuropa brachten. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich Mauern dann zu interessanten Lebensräumen aus Menschenhand entwickelt. Auf alten Hofreiten, an Friedhöfen, in naturnahen Gärten, in Weinbergen oder als Hangstützen auf Ackertrassen - immer noch leisten ungefugte Mauern aus Natursteinen aufgeschichtet dem Menschen wichtige Dienste.

Einen habe ich noch, den Naturliebhaber! Der lässt zum Thema Mauer Folgendes verlauten: Richtig interessant werden Mauern, wenn man sich Zeit nimmt und Ausschau nach den tierischen Untermietern hält: Im Obergeschoss, wo Wind und Wetter eine größere Lücke geschaffen haben, können Vögel nisten, ein Stockwerk tiefer haben in einem Hohlraum Wespen ihr Domizil. Mäuse schätzen die geschützten, trockenen Innenräume und das weiß auch das Mauswiesel, das ihnen gerne dort nachstellt. In den schmalen Ritzen und Fugen warten Wolfsspinnen darauf, dass es dunkel wird und sie auf die Jagd nach nachtaktiven Insekten gehen können, wie dies auch für Erd- und Wechselkröten gilt. Diese verspeisen besonders gerne die Schnecken in der Nachbarschaft. Gut zu beobachten sind die Zauneidechsen. Gerade für sie, die selten geworden sind, stellen Trockenmauern wichtige Überlebensräume dar.

Ich gebe zu, dass ich nicht lange suchen musste, um jemanden zu finden und zu zitieren, der eine Meinung zu Trockenmauern hat und diese auch uns auch hören lässt. Fast man alles zusammen, hat man allerdings auch einen kurzen Überblick über Bedeutung und Funktion von Trockenmauern.

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Grafik: Uwe Bienert
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Tabelle: Uwe Bienert

Was sollte ich über Trockenmauern als GaLaBauer wissen?

Zunächst sind einige bautechnische Funktionen zu beachten. Diese Funktionen richten sich nach dem Sinn und Zweck für den Bau dieser Trockenmauer Prinzipiell unterteilt man sie in Mauern zur Befestigung von Hängen (Stütz- und Futtermauern) und freistehenden Mauern.

Die Basis jeder Trockenmauer ist das Fundament, in alten Schriften findet man auch den Begriff "Gründung".

Dieses Fundament hat zwei wichtige Funktionen: Es muss erstens die Lasten sicher in den Untergrund leiten und zweitens den Baukörper vor Schäden schützen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, das richtige Fundament zu wählen. Bei den Fundamenten unterscheiden wir zwischen labilen Fundamenten und stabilen Fundamenten.

Während die labilen Fundamente ohne Bindemittel aus gestampften oder anderweitig verdichteten Schichten bestehen, sind die stabilen Fundamente aus Beton gegossen oder aus Steinen gemauert.

Wenn man sich im Klaren über die Funktion und die Dimension der Mauer ist, fragt man sich sicher: "Wie soll meine Mauer aussehen?"

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Grafik: Uwe Bienert

Die Bauformen von Mauern

Mauern können in verschiedenen Formen gebaut werden. Dabei kommen für die Trockenmauer nicht alle Formen in Betracht. Der Vollständigkeit wegen nenne ich sie an dieser Stelle jedoch alle.

Eine Bauform fehlt, richtig - die Verblendmauer! Bei den Verblendmauern dient der sichtbare Stein der Mauer nur als Zierelement zur "Verblendung" oder zum "Verdecken" eines unansehnlichen Baukörpers. Dieser Betonkörper wird vor Ort aus Ziegeln aufgemörtelt, aus Beton gegossen oder aus großen Fertigteilen zur Mauer aufgebaut. Das sichtbare Mauerwerk hat keine statische Funktion.

Verblendmauern werden nicht als Trockenmauern gebaut, sondern immer als Mörtelmauern.

Noch mehr Regeln

Natursteinmauern sind materialaufwendig, besonders wenn sie als Stützmauern (Schwergewichtsmauern) verwendet werden. Um Material zu sparen, Oberflächenwasser schnell abfließen zu lassen und die Statik zu erhöhen, erhalten sie daher oft einen vorderen oder/und hinteren Anlauf (Dossierung). An der Sichtseite verhindert die Dossierung gleichzeitig ein optisches "Überhängen" der Mauer. Die Neigung beträgt rund zehn bis 20 Prozent der Mauerhöhe.

Das Wasser ist ein gutes Stichwort. Denn auch von Trockenmauern ist, wie bei allen Bauwerken, Wasser fernzuhalten. Das Bauwerk "Mauer" ist zu entwässern. Dabei kommt es auf viele Faktoren an. Zum einen auf die bautechnischen Details, wie Höhe und Hanganschluss, zum anderen auf das Bauumfeld, wie Bodenart und Bodenwasser, ist dabei besonderes Augenmerk zu legen.

Gerade Mauern mit Hanganschluss sind für Oberflächen und Bodenwasser besonders anfällig. Wasser bildet im Boden eine Art Gleitfilm in dem die Bodenbestandteile weniger Kraftschluß haben und somit der Boden hinter der Mauer ins rutschen geraten könnte. Bei feuchten Böden erhöht sich der Bodendruck hinter der Mauer.

Der klassische und sehr wirksame Aufbau einer Mauerentwässerung besteht aus einer hinter der Mauer befindlichen Packlage aus Schotter (z. B. 16/32), die sich bis ins Fundament der Trockenmauer fortsetzt.

Unterstützt wird dieser Aufbau durch ein zusätzliches Textilvlies, welches die Aufgabe eines Filters hat und die feinen Bodenteile von der Packlage getrennt hält.

Der Abfluss des anfallenden Wassers kann über die Sickerschlitze oder wie hier im Bild über ein flexibles Dränrohr erfolgen. Dabei soll das Rohr ein Gefälle von 1 bis 2 Prozent in seiner Längsachse haben.

Und was passiert oben auf der Mauer? Dort befindet sich die Mauerkrone.

Die Gestaltung und die technische Bauweise des oberen Abschlusses der Mauer, der so genannten Mauerkrone, hängen stark von der Mauerart und dem verwendeten Material ab. Während bei Ziegel und Klinkermauern traditionell eher auf das Aufsetzen einer Rolle zurückgegriffen wird, ist im Natursteinmauerbau immer noch die Abdeckplatte oder der Abdeckstein die zweckmäßigste Variante. Aber auch andere "alternative" Abdeckungen, wie etwa bepflanzte Mauerkronen, Dachziegel- oder Holzschindelabdeckungen, sind im Mauerbau durchaus anzutreffen.

Wichtig sind Sicherheit und Statik

Trockenmauerbau hängt von vielen unterschiedlichen, schwer kalkulierbaren Faktoren ab. Aus diesem Grund dürfen Trockenmauern nicht für statisch belastete Bauteile verwendet werden.

Große Trockenmauern erfordern das Wissen eines Statikers und sind auch von diesem zu planen. Dabei ist die dafür vorgeschriebene Höhe von Bundesland zu Bundesland verschieden. Während in Brandenburg Trockenmauern an 1,5 m genehmigungspflichtig sind, liegt die genehmigungspflichtige Höhe in Berlin beispielsweise bei 2 m.

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Grafik: Uwe Bienert
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Tabelle: Uwe Bienert

Pflanze und Stein - Kann das gut gehen?

Dieser Lebensraum ist kein Zuckerschlecken für die Bewohner - egal ob Tier oder Pflanze. Für unsere Pflanzen sind Vorteile, welche Tiere vielleicht genießen, eher Nachteile.

Der Standort ist im Sommer sehr bodenwarm und im Winter sehr bodenkalt. Es gibt wenig Wasser und fast keine Nährstoffe. An der Mauerbilden sich sehr unterschiedliche Wind-, Licht- und Schattenverhältnisse aus. Und das Wichtigste, was eine Pflanze braucht, den Boden als "Haltepunkt", ist auch nicht vorhanden. Kurz: Wir schaffen einen künstlichen Extremstandort.

Das Habitat nur auf den direkten Teil der Mauer zu beschränken, ist sicherlich das Dümmste, was der Gärtner machen könnte. Die Trockenmauer ist der Mittelpunkt eines Ensembles von technischem Bauwerk und pflanzlichen Komponenten.

Sicher kann man sich darüber streiten, wie man wohl die Mauerbepflanzung unterteilt und ob es nicht doch dabei bleiben sollte, das die Mauerbepflanzung auch nur direkt in der Mauer zu erfolgen hat, aber bei näherer Betrachtung stellt man dann doch fest, dass die Erweiterung der Idee auf das Mauerumfeld doch recht zweckmäßig ist und sicher auch eine potentiellen Kunden begeistern kann.

Deshalb hier eine Möglichkeit den pflanzlichen Lebensraum "Mauer" zu charakterisieren:

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Tabelle: Uwe Bienert
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Grafik: Uwe Bienert

Benötigt die Pflanzung Pflege?

Die Bereiche vor und hinter der Mauer unterscheiden sich in der Pflege gegenüber "normalen" Pflanzflächen im GaLaBau nicht oder nur wenig. Sicher sollte man darauf achten, dass es beim Wässern nicht zu Ausspülungen im Hangbereich kommt und die Pflanzen vor der Mauer, abhängig von der Sonnigkeit des Standortes, des Öfteren mit Wasser versorgt werden sollten.

Auch die Pflanzen im Kronenbereich und im Sichtbild der Mauer sind sehr pflegeleicht. Sie sind, aufgrund ihrer Herkunft aus extremen Klimazonen und Standorten, Kummer gewohnt. Diese Pflanzen haben sich an einen Extremstandort gut angepasst und versuchen, durch verschiedene Überlebensstrategien (bspw. Sukkulenz) ihren Platz am Standort zu erhalten.

Besonderes Augenmerk sollten wir aber auf den "Wildanflug" legen. Immer wieder gelingt es einheimischen Pionierpflanzen, hauptsächlich Gehölzen wie Betula pendula, Prunus padus oder Sambucus nigra, durch Samenanflug in den Fugen der Mauer Fuß zu fassen. Sofort entfernen! Durch das sekundäre Dickenwachstum der Wurzel ist die Stabilität der Mauer gefährdet. Die Wurzeln drücken die Steine auseinander.

Uwe Bienert

Quellen:

DIN e.yV. (Hrsg.) (2019): VOB Gesamtausgabe, Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Ausgabe 2019, Beuth Verlag GmbH, Berlin., Englert K., R. Katzenbach, G. Motzke (2014): Beck`scher VOB- und Vergaberechtskommentar, 3.Auflage, C.H. Beck, München., ATV DIN 18318, Ausgabe 2019, Beuth Verlag GmbH, Berlin Gütebestimmungen für Gehölze (FLL e. V.) und den Gütebestimmungen für Stauden (FLL e. V.) (Forschungsanstalt Landesentwicklung Landschaftsbau e. V.) Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag), Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim), Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim), International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group), DIN 18916 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Pflanzen und Pflanzarbeiten“


Nächsten Monat lesen Sie: "Vertikale Begrünung".

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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