Hitze und Trockenheit - welche Rasengräser sind geeignet?
von: Dr. Harald NonnHitze- und trockenheitsverträgliche Rasenmischungen erlangen immer mehr an Bedeutung. Fundierte Kenntnisse zum Verhalten der Gräserarten in Mischungen sind noch Mangelware. Die Versuchsergebnisse zeigen deutliche Unterschiede innerhalb der Rasenmischungen bezüglich ihrer Toleranz gegenüber Wassermangel. Alle geprüften Mischungen konnten sich nach Wiederaufnahme der Bewässerung erneut begrünen, zeigten aber in der Regeneration noch deutlichere Unterschiede als während der vorausgehenden Austrocknung. Mischungen mit hohen Anteilen an Festuca trachyphylla oder Festuca arundinacea blieben auch bei Trockenheit am längsten grün und regenerierten sich bei Wiederbewässerung am schnellsten. Beide Grasarten sind jedoch schwierige Mischungspartner und Festuca arundinacea erfordert eine angepasste Nährstoffversorgung im Spätherbst sowie einen tief durchwurzelbaren Boden.
Rasenflächen sind in Privatgärten und im öffentlichen Grün wichtige Gestaltungselemente und üben zudem bedeutenden Einfluss auf das kleinräumige Klima aus. Vor allem in den Sommermonaten schätzen die Menschen den kühlenden Effekt von Rasenflächen, sie binden Kohlenstoffdioxid (CO2) sowie Staub und liefern gleichzeitig Sauerstoff (O2). Von hohem Wert, besonders im innerstädtischen Bereich, sind grüne Rasenflächen auch als Spiel- und Erholungsraum. Diese Aufgaben können sie jedoch nur erfüllen, wenn die Rasengräser vital sind, d. h. die Stoffwechselprozesse auch bei hohen Temperaturen und verringertem Wasserangebot erhalten bleiben. Nicht zuletzt die beiden vergangenen Sommer, mit zumindest in weiten Teilen Deutschlands extremer Hitze und langen Trockenperioden hat die üblicherweise verwendeten Gebrauchsrasenmischungen aus Deutschem Weidelgras (Lolium perenne), Wiesenrispe (Poa pratensis) und Rotschwingel (Festuca rubra ssp.), in Schattenlagen auch mit Lägerrispe (Poa supina), an ihre Leistungsgrenzen gebracht.
NL-Stellenmarkt
Die weitere Entwicklung des Klimas in Deutschland bis 2050 prognostiziert der Deutsche Wetterdienst (DWD, 2019) mit folgendem Szenario:
- Sommertemperaturen um 1,5 °C bis 2,5 °C höher als 1990;
- Wintertemperaturen zwischen 1,5 °C und 3 °C wärmer;
- Niederschläge im Sommer um bis zu 40 % weniger;
- Niederschläge im Winter um bis zu 30 Prozent höher.
Vor allem die über mehrere Wochen andauernde Trockenheit und die teilweise regional ausgesprochenen Bewässerungsverbote von Grünflächen haben die Nachfrage nach geeigneten Mischungen für Trockenrasen sprunghaft ansteigen lassen. Doch welche Gräserarten in welcher Kombination sind für diese Situation wirklich geeignet? Wie schnell erholen sich die Mischungen nach einem Trockenschaden?
Die Verwendung von wassersparenden C4-Gräsern (warm season grasses), wie zum Beispiel Bermudagrass (Cynodon dactylon) oder Zoysia grass (Zoysia japonica), scheidet aufgrund der niedrigen Wintertemperaturen in Mitteleuropa und der hiermit verbundenen ausgeprägten Dormanz dieser Grasarten aus.
Die Verwendung von Poa pratensis und verschiedene Arten von Festuca in Rasenmischungen könnten aufgrund der guten Hitze - und Trockenheitstoleranz (Abb. 2 und 3) zu einer Reduzierung des Beregnungsbedarfs beitragen (Gandert und Bures?, 1991; Thieme-Hack et al., 2018). In einem von Eurogreen initiierten und an der Universität Bonn, INRES - Institut für Nutzpflanzenkunde und Ressourcenschutz, durchgeführten Gefäßversuch wurden die Trockentoleranz dieser Gräserarten in verschiedener Kombination sowie ihre Regeneration und Wiederergrünen nach definierter Trockenphase mit einem bildanalytischen Verfahren getestet und verglichen. Mit dieser Versuchsanstellung sollten möglichst trockenheitsverträgliche und regenerative Mischungen gefunden werden.
Material und Methoden
Im Oktober wurden sieben Rasenmischungen (Tabelle 1) in Kunststoffgefäßen (30 x 40 x 20 cm), gefüllt mit der werksgemischten Rasentragschicht Typ "Terrasoil" (Cordel, 2019), in dreifacher Wiederholung angesät. Als Mischungskomponenten wurden Rasensorten von Rotschwingel mit kurzen Ausläufern (Festuca rubra trichophylla), Haarblättriger Schwingel (Festuca trachyphylla - vormals Festuca ovina duriuscula), Rohrschwingel (Festuca arundinacea) und Wiesenrispe (Poa pratensis) ausgewählt.
Die Etablierung des Rasens erfolgte über Winter im Gewächshaus des INRES der Universität Bonn. Bis Ende April des Folgejahres hatte sich der Bestand bei allen Varianten vollständig geschlossen. Die Düngungen bis zum Versuchsbeginn erfolgten mit Ammoniumnitrat (5 g N m-²) sowie mit 25 g m-² "Olympia Rasendünger" (29-5-7-2). In allen Mischungen zeigte Poa pratensis aufgrund der langsamen Keimung und der damit verbundenen eingeschränkten Konkurrenzkraft nur eine geringe Etablierung zwischen 4 und 22 Prozent Deckungsgrad. Die übrigen Mischungspartner entwickelten sich analog ihrer Samen-Mischungsanteile.
Am 25.04. (Tag 0) wurden alle Gefäße nach sättigender Bewässerung gewogen. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte bis zum 30.05. zur Verlangsamung der Austrocknung nur noch eine weitere Wasserzufuhr in Höhe von 10 mm am 16.05. (Tag 22). Die Gewichtsveränderungen der Gefäße durch Evapotranspiration wurden vom 25.04. bis zum 30.05. durch drei Wiegungen pro Woche über 35 Tage erfasst. Die Austrocknung der Gefäße führte in allen Varianten zu einem raschen Gewichtsverlust, der sich bis zum Tag 35 nach der sättigenden Bewässerung stabilisierte. 30 bis 35 Tage nach der sättigenden Bewässerung hatten die Blätter und Blattscheiden der Gräser ihr Blattgrün nahezu vollständig verloren; nur noch welkes, abgestorbenes Pflanzenmaterial war sichtbar. Ab diesem Zeitpunkt (30.05.) wurden alle Gefäße wieder bewässert.
Die Vitalitätsverluste der Mischungen sowie ihre Regeneration nach wieder einsetzender Bewässerung wurden von Tag 0 bis Tag 73 (07.07.) alle drei Tage durch digitale Farbaufnahmen fotografisch festgehalten. Die sich im Versuchsverlauf verändernden Grün- und Gelbanteile wurden mit Hilfe der RAL-Farbanalyse (RAL) bildanalytisch ausgewertet und somit objektiv erfasst (Nonn et al., 2007). Aufgrund des eindeutigen Kurvenverlaufs wurde auf eine statistische Auswertung verzichtet.
Ergebnisse
Alle Rasenmischungen etablierten sich nahezu lückenlos, mit sehr hohen Flächenanteilen der grünen Farbkomponenten (Abb. 4). Unter Wasserstress zeigten alle Mischungen, beginnend mit den Mischungen 1 und 7, zwischen Tag 17 und Tag 21 Vitalitätseinbußen. Ab Tag 33 führte der Wasserstress in allen Mischungen zu einem vollständigen Verlust an grüner Blattmasse. Dies wurde messtechnisch in den abnehmenden grünen Farbtönen (RAL 110 bis RAL 140) und zunehmenden Gelbtönen (RAL 80 bis RAL 100) erfasst (Abb. 4 u. 5).
Nach der Regenerationsbewässerung am 30.05. (Tag 35) nahmen die Grünanteile wieder zu und die Gelbanteile sanken. Besonders rasch regenerierte sich die Mischung 5, die bereits eine Woche nach dem Beginn der Regenerationsbewässerung wieder 10 Prozent grüne Flächenanteile erreicht hatte. Ihr folgte einige Tage später die Mischung 6. Innerhalb von 11 bis 16 Tagen nach beginnender Regenerationsbewässerung wurden nur von den Rasenmischungen 5 und 6 grüne Flächenanteile von 30 Prozent erreicht. Alle anderen Rasenmischungen erreichten diesen Wert deutlich später oder verfehlten ihn bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes. Diese Entwicklung war bei Betrachtung der Echtfarbenbilder deutlich zu verfolgen (Abb. 6).
Von allen geprüften Rasenmischungen zeigten nur die Mischung 5 (hoher Anteil an Festuca trachyphylla) und Mischung 6 (hoher Anteil an Festuca arundinacea) eine gute Toleranz gegenüber Trockenheit und eine akzeptable Regeneration. Mischungen mit hohen Anteilen an Festuca rubra konnten diese Leistung nicht erbringen. Poa pratensis spielte für die Trockentoleranz der Rasenmischungen eine untergeordnete Rolle.
Besondere Anforderungen des Rohrschwingels
Die Versuchsmischung 7 zeigte aufgrund der extrem unterschiedlichen Blattstrukturen von Festuca trachyphylla und Festuca arundinacea ein sehr heterogenes Erscheinungsbild (Abb. 7). Daher ist eine gemeinsame Verwendung beider Gräserarten nicht angeraten. Für Festuca rubra ssp. gilt die gleiche Empfehlung. Die grobe Blattstruktur und das hohe Gewicht der Samen erfordern bei Festuca arundinacea Mischungsanteile von mindestens 70 Gew.-Prozent, wie zum Beispiel in der RSM 2.2.2 Gebrauchsrasen - Trockenlagen. Geringere Anteile erhöhen die Gefahr der Bildung von groben Einzelhorsten. Wichtig ist ein gut durchwurzelbarer Boden, denn nur dann kann der tief wurzelnde Rohrschwingel seine Trockenheitstoleranz voll ausspielen. Die bei den bisher zur Verfügung stehenden Zuchtsorten von Rohrschwingel eher gelbliche Winterfarbe kann durch eine stickstoffbetonte Düngung im Spätherbst deutlich verbessert werden.
Literatur
Cordel (2019): Produktinformation Terrasoil. www.lava-substrate.de.
DWD, Deutscher Wetterdienst (2019): Klimawandel wird auch unser Leben in Deutschland verändern www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimawandel/ueberblick/ueberblick_node.html;jsessionid=097AC5708C373DEB5189BAF0B35004D3.live11044 (aufgerufen am 23.10.19).
Gandert, K. D. und Bures?, F. (1991): Handbuch Rasen - Deutscher Landwirtschaftsverlag. Berlin.
Nonn, H., Lock, R. und Kühbauch, W. (2007): RAL-referenzierte Messung der Farbe und Struktur von Rasenflächen. Teil 1: Farbmessung an unterschiedlichen Gräserarten in drei verschiedenen Stickstoffstufen - Rasen-Turf-Gazon 38, S. 217-222.
RAL: RAL Farben - Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung, Bonn. www.ral-farben.de
Thieme-Hack, M. (Hrsg.) et al. (2018): Handbuch Rasen - Fachbibliothek grün, Eugen Ulmer, Stuttgart.
Turegeon, A.J. (1996): Turfgrass Management - 4th edition. Prentice Hall, New Jersey.