Kleine und mittlere Unternehmen müssen Meldestellen einrichten

EU-Whistleblower-Richtlinie in Kraft getreten

Mit Verspätung ist in Deutschland die sogenannte EU-Whistleblower-Richtlinie Gesetz geworden. Das Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) wurde vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Es soll Whistleblower besser schützen und Rechtssicherheit bei der Meldung und Offenlegung von Missständen in Unternehmen und Behörden schaffen. Um Korruption, Geldwäsche, Steuerbetrug oder Verstöße gegen das Umwelt- und zur Lebensmittelrecht gezielter verfolgen zu können, müssen auch kleine und mittlere Unternehmen interne Meldestellen einrichten.
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Bundestag und Bundesrat haben das neue Gesetz vor der Sommerpause beschlossen. Inzwischen ist es in Kraft. Foto: Thomas Trutschel/photothek.net

Das neue Gesetz setzt die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, um. Sie war eigentlich bis zum 17. Dezember 2021 in allen EU-Mitgliedstaaten umzusetzen.

Das Bundesjustizministerium hatte im Dezember 2020 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in Deutschland in die Ressortabstimmung gegeben. Das Gesetzgebungsverfahren konnte jedoch wegen Widerspruchs der damals unionsgeführten Ressorts nicht weiter betrieben werden.

Unmittelbar nach Antritt der neuen Bundesregierung hatte das Bundesjustizministerium einen überarbeiteten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Hinweisgeberschutzrichtlinie erstellt. Zentraler Bestandteil war das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Es wird begleitet von notwendigen Anpassungen bestehender gesetzlicher Regelungen. Die wesentlichen Bestandteile neuen Gesetzes sind:

Anwendungsbereich

Der persönliche Anwendungsbereich des HinSchG soll entsprechend den Richtlinienvorgaben weit gefasst werden und umfasst alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können neben Arbeitnehmern, Beamten beispielsweise auch Selbstständige, Anteilseigner oder Mitarbeiter von Lieferanten sein.

Der sachliche Anwendungsbereich soll so ausgestaltet sein, dass das Gesetz für die Praxis handhabbar und anwendungsfreundlich ist. Es greift daher die durch die Richtlinie vorgegebenen Rechtsbereiche auf und ergänzt sie, wo dies erforderlich ist, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.

So sollen in den Anwendungsbereich insbesondere alle Verstöße einbezogen werden, die strafbewehrt sind, sowie bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Außerdem wird der Anwendungsbereich teilweise über die nach der Richtlinie einzubeziehenden Rechtsakte der Europäischen Union hinaus in begrenztem Umfang auf nationale Vorschriften aus dem jeweiligen Regelungsbereich ausgedehnt.

Beispielsweise werden nicht nur Verstöße gegen europäisches Kartellrecht, sondern auch solche gegen deutsche Kartellrechtsvorschriften in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzes einbezogen.

Interne und externe Meldestellen

Institutionelles Kernstück des Hinweisgeberschutzsystems sind die internen und externen Meldestellen, die hinweisgebenden Personen für eine Meldung von Verstößen zur Verfügung stehen. Entsprechend den Richtlinienvorgaben sind hinweisgebende Personen frei darin, für ihre Meldung die internen oder sogleich die externen Stellen zu wählen.

Die internen und externen Meldestellen prüfen die eingegangenen Meldungen und ergreifen die erforderlichen Folgemaßnahmen. Beschäftigungsgeber müssen interne Meldestellen einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen betrifft sowohl die Privatwirtschaft als auch den gesamten öffentlichen Sektor, sofern bei der jeweiligen Stelle in der Regel mindestens 50 Personen beschäftigt sind.

Spielräume, die die Richtlinie für Erleichterungen für Wirtschaft und Verwaltung bietet, werden im HinSchG wahrgenommen. So sollen Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten für die Einrichtung interner Meldestellen bis zum 17. Dezember 2023 Zeit haben. Auch können Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten, mit anderen Unternehmen zusammen eine gemeinsame Meldestelle betreiben.

Die Einrichtung von internen Meldestellen soll den Unternehmen auch dadurch erleichtert werden, dass Dritte als interne Meldestellen beauftragt werden können oder diese innerhalb des Konzerns zentral bei der Konzernmutter angesiedelt werden können.

Eine zentrale externe Meldestelle soll beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden.

Die externe Meldestelle des Bundes beim BfJ soll mit einer Bund-Länder-übergreifenden Zuständigkeit ausgestattet werden, die sowohl den öffentlichen Sektor als auch die Privatwirtschaft betrifft.

Der externen Meldestelle des Bundes soll darüber hinaus die Aufgabe zukommen, Personen, die eine Meldung erwägen, umfassend über die zur Verfügung stehenden Verfahren zu informieren und zu beraten. Den Ländern steht es frei für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen, eigene externe Meldestellen einzurichten.

Offenlegung

Dass sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit wenden dürfen, ist den Richtlinienvorgaben folgend nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dies gilt etwa bei der Gefahr irreversibler Schäden oder in Fällen, in denen die externe Meldestelle nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat.

Vertraulichkeitsgebot

Wesentlich für die Akzeptanz des Hinweisgeberschutzsystems ist ein wirksamer Schutz der Identität der hinweisgebenden und sämtlicher von einer Meldung betroffenen Personen. Die Identität darf dabei grundsätzlich nur den jeweils für die Bearbeitung einer Meldung zuständigen Personen bekannt sein.

Informationen über die Identität einer hinweisgebenden Person oder einer Person, die Gegenstand einer Meldung ist, sollen nur in Ausnahmefällen herausgegeben werden dürfen, etwa in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden.

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Whistleblower: Auch kleine und mittlere Unternehmen sollen dafür sorgen, dass die Trillerpfeife gefahrlos benutzt werden kann. Foto: Kurt Brodbeck/pixelio.de

Anonyme Meldungen

Um der Gefahr einer Überlastung des neuen Hinweisgeberschutzsystems vorzubeugen und erste Erfahrungen sowohl interner als auch externer Meldestellen abzuwarten, können die zur Einrichtung von Meldestellen Verpflichteten frei darüber entscheiden, ob sie Systeme vorsehen, die die Abgabe und Bearbeitung anonymer Meldungen unter Gewährleistung der Anonymität ermöglichen, oder ob sie hierauf verzichten.

Allerdings sollten interne und externe Meldestellen – soweit nicht bereits eine spezialgesetzliche Regelung existiert – dennoch auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Dadurch darf aber die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet werden.

Auch anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber fallen unter die Schutzbestimmungen des Hinweisgeberschutzgesetzes, wenn ihre zunächst verdeckte Identität bekannt wird.

Schutz vor Repressalien

Das HinSchG sieht entsprechend den Richtlinienvorgaben verschiedene Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen vor. Zentrales Element ist das Verbot von Repressalien.

Hierzu werden alle ungerechtfertigten Nachteile wie beispielweise Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing gezählt, die eine hinweisgebende Person infolge einer Meldung oder Offenlegung erleidet.

Um die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger zu verbessern, enthält das Gesetz in Umsetzung der Richtlinie eine Beweislastumkehr zugunsten der geschützten Person.

Schadensersatzansprüche

Das HinSchG enthält zudem zwei spezielle Schadensersatzvorschriften: Zum einen ist der hinweisgebenden Person bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot der daraus entstehende Schaden zu ersetzen.

Zum anderen ist im Falle einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung die hinweisgebende Person zur Erstattung des dadurch eingetretenen Schadens verpflichtet.

Sanktionen

Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG sollen als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße geahndet werden können. Dies gilt beispielsweise für das Behindern von Meldungen oder das Ergreifen von Repressalien, aber auch das wissentliche Offenlegen unrichtiger Informationen.

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