Klimawirksame Wiesen für den Siedlungsbereich

Biodiverse Oasen

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Städtische und kommunale Freiräume spielen beim Schutz der biologischen Vielfalt und bei der Klimamäßigung eine wichtige Rolle, da Parks, Friedhöfe, Straßenbegleit- und Abstandsgrün sowie Freiräume an Stadträndern beachtliche Flächenressourcen darstellen. Mit arten- und strukturreichen Wiesenflächen statt regelmäßig kurzgeschorenem "Landschaftsrasen" können entsprechende Freiräume nicht nur optisch enorm aufgewertet werden, sie tragen zur Erhöhung der floristischen und faunistischen Biodiversität, zur Biotopvernetzung und zur Kühlung der Umgebung bei. Die Etablierung von blühenden Wiesen und Säumen wird zudem von vielen Stadtbewohnern heute ausdrücklich begrüßt.
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Städtische Wildblumenwiese vom NABU in Hamburg mit Wildbienenhotel. Foto: A. Adelsberger
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Tabelle 1: Unterschiede zwischen Landschaftsrasen, Kräuterrasen, Wiesen, Säumen sowie Blühflächen (verändert nach Bächtiger, 2002). Abb.: A. Adelsberger, LWG
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Abb. 1: Ökologische Zeigerwerte nach Ellenberg am Beispiel Wiesensalbei (Ellenberg 1996) Abb.: A. Adelsberger, LWG

Trotz einiger zu lösender Fragen (Fuhrpark, Mahdgut-Verwertung) ist ein Umbruch hin zu einer nachhaltigen und ökologisch orientierten Grünpflege machbar. Das dazu nötige Know-How von der standortgerechten Auswahl über die Etablierung von Wiesenmischungen bis hin zur fachgerechten Pflege der unterschiedlichen Wiesentypen wird zukünftig im Garten- und Landschaftsbau sowie in den Grünflächenämtern stärker nachgefragt.

Wiesen und Wildblumensäume für öffentliche Freiflächen

Im öffentlichen und halböffentlichen Grün sollten, wo es die Nutzung zulässt, extensive Kräuterrasen, Säume, Blumenwiesen oder Blühflächen angelegt werden. Das erfordert differenzierte Anlage- und Pflegekonzepte im Umgang mit den verschiedenen Typen. Als Vorbild für artenreiche Blumenwiesen im Siedlungsbereich dienen vor allem die Pflanzengesellschaften der Glatthaferwiesen und Magerrasen sowie der Wildblumensäume an Wäldern, Hecken und Feldgehölzen in der freien Landschaft. Durch eine Umwandlung von beispielsweise Rasenflächen und Abstandsgrün in ökologisch höherwertige beziehungsweise klimatisch wirksamere Typen (z.B. artenreiche Wiesen, Kräuterrasen, Weiden, Säume, Blühflächen) kann ein großer Beitrag zum Biotopverbund, zum Artenerhalt, sowie zur stätischen Klimaregulierung geleistet werden.

Neben den klassischen Wiesen mit einem relativ hohen Gräseranteil spielen auch Blühflächen, Wildblumensäume und Kräuterrasen im Siedlungsraum eine gewisse Rolle. Wenn auch die vier Begrifflichkeiten für unterschiedliche Pflanzenzusammensetzungen und Funktionen verwendet werden, gilt doch im Vergleich zum herkömmlichen Landschaftsrasen für alle, dass sie wertvolle ökologische Lebensräume sind und im öffentlichen Raum vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zulassen. Die Unterschiede zwischen den Typen werden in der Tabelle 1 deutlich.

Anwendung von Wiesen im (halb-)öffentlichen Grün

  • Extensivere Bereiche von Stadtparks,
  • Straßenbegleitgrün,
  • Kreisverkehre,
  • Abstandsflächen in Wohngebieten,
  • Versickerungsaktive Flächen,
  • Golfplätze (Rough),
  • Industriebrachen, Vorhalte- und Restflächen,
  • Rekultivierungen (z. B. Deponien)

Wiesenökologie

Extensive Wiesengesellschaften sind ausgesprochen artenreiche Lebensräume an sonnigen Standorten. Etwa 900 Arten, also rund ein Drittel der Farn- und Blütenpflanzen in Deutschland, haben hier ihr Hauptvorkommen. Dabei stehen die Trocken- und Halbtrockenrasen auf Kalkböden mit rund 480 Arten einsam an der Spitze (Wolf 1993).

Die ökologischen Zeigerwerte

Die klimatischen Faktoren Licht, Temperatur und Kontinentalität sowie die Bodenfaktoren Feuchtigkeit, Bodenreaktion (pH-Wert) und Nährstoffgehalt bedingen die Eignung eines Standorts für das Wachstum einer bestimmten Pflanzenart. Heinz Ellenberg hat jeder mitteleuropäischen Pflanze für jeden dieser 6 Faktoren jeweils einen ökologischen Zeigerwert von 1 bis 9 zugeordnet (s. Ellenberg 1996). Am Beispiel des Wiesensalbeis wird dieses System in Abb. 1 vorgestellt.

Aufgrund der Zeigerwerte der auf einer Fläche vorgefundenen Pflanzen lässt sich somit auf die Standortbedingungen schließen. Umgekehrt besteht auch die Möglichkeit, bei Kenntnis der Standortbedingungen mit Hilfe der ökologischen Zeigerwerte geeignete Pflanzen auszuwählen.

Das spielt bei extensiven Grünflächen eine besondere Rolle; im Gegensatz zum Intensivrasen, bei dem die Standortverhältnisse an die vorgesehene Rasenmischung und Nutzung angepasst werden, muss der umgekehrte Weg beschritten werden: die Artenauswahl ist aufgrund von z.B. nährstoffarmen, mineralischen und trockenen Böden an die Standortverhältnisse anzupassen.

Die Wiese ist ein Kulturbiotop, welches ohne regelmäßige Mahd oder Beweidung in unseren Breitengraden unweigerlich verbuschen würde. Ohne diese Nutzung würde am Ende der Entwicklung stets eine Waldgesellschaft stehen, wenn man von wenigen Sonderstandorten (Stranddünen, hochalpine Lagen etc.) einmal absieht. Bei Nutzungsaufgabe (=Einstellung der Mahd) geht der anfangs geschilderte Artenreichtum immer mehr zurück, weil das Altgras viele niedrigwüchsige Blütenpflanzen an der Entwicklung hindert, insbesondere durch den Lichtentzug.

Als weiterer "Zeigerwert" in Wiesengesellschaften wurde die Mähverträglichkeitszahl M eingeführt (Briemle & Ellenberg 1994): Auf einer Skala wiederum von 1 bis 9 ist abzulesen, wie gut eine Pflanze das regelmäßige Mähen verträgt. Das Gänseblümchen hat beispielsweise die Höchstnote 9, wird durch Schnitt also nicht beeinträchtigt, während die Königskerzen nur Werte von 2 bis 3 erreichen und somit durch das Mähen bald verdrängt werden. Auf diese Weise kann man in Anpassung an die Schnittfrequenz und unter Berücksichtigung der ökologischen Zeigerwerte geeignete Pflanzen für eine Fläche zusammenstellen.

Wiesenfauna

Im Gegensatz zum Intensivrasen zeichnen sich Wiesengesellschaften durch eine hohe Strukturvielfalt aus, weshalb sie Tieren in mehreren Etagen Nahrung und Lebensraum bieten können. Hohle Stängel sind zum Beispiel ein wichtiges Winterquartier für Wirbellose. In Grasland – Ökosystemen leben annähernd 2000 Arten höherer Tiere, davon jeweils circa 500 Käfer- und Fliegenarten sowie circa 60 Schmetterlingsarten (Boness 1953).

Generell korreliert die floristische mit der faunistischen Artenvielfalt bei Wiesen- beziehungsweise Rasenflächen. Marshall und Kollegen (2023) verglichen die Artenvielfalt einer kleinen Wiese mit der einer angrenzenden Rasenfläche und konnten folgendes aufzeigen: Trotz ihrer geringen Größe beherbergte die untersuchte Wiese, die im Vergleich etwa das Dreifache an Pflanzenarten aufwies, etwa dreimal mehr Spinnen- und Wanzenarten. Außerdem war die Biomasse der Wirbellosen 25-mal höher als auf dem Rasen nebenan.

Ziele einer zeitgemäßen Biodiversitätsstrategie und Klimawandelanpassung im kommunalen und städtischen Raum sollte die Erhaltung und Förderung der Vielfalt von Wildarten sein. Obwohl es im Siedlungsbereich gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, bietet sich eine Regio-Mischung mit gebietseigenen heimischen Arten insbesondere auf Flächen am Siedlungsrand an. Durch die Verwendung gebietseigener Arten in städtischen oder kommunalen Randgebieten wird eine Florenverfälschung im Übergang zur freien Landschaft hin vermieden. Dass Wiesenpflanzen aus regionalem Saatgut ortsfremden Sämlingen der gleichen Art überlegen sind, haben wissenschaftliche Studien belegt. Regionale Arten zeigten dabei ein kräftigeres Wachstum und mehr Blütenbildung als gebietsfremde Genotypen (Offenberger, 2017) Doch nicht nur die Pflanzen selbst profitieren von ihrer regionalen Anpassung – sondern auch die Tiere, die mit ihnen zusammenleben. Dies zeigt sich besonders deutlich daran, wann die ersten Blüten austreiben. Bei Wiesen-Flockenblumen lagen die Blühtermine je nach Herkunft bis zu 17 Tage auseinander, beim Weißen Labkraut sogar bis zu 23 Tage.

Nähere Einzelheiten zu Regiosaatgut enthalten die "Empfehlungen für Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut" der FLL (2014) und der BfN-Leitfaden zur Verwendung von gebietseigenem Saat- und Pflanzgut krautiger Arten in der freien Natur Deutschlands (2023), (Kartendienst auf www.regionalisierte-pflanzenproduktion.de). Da der Begriff "Regiosaatgut" nicht geschützt ist, sollte beim Kauf unbedingt auf die entsprechende Zertifizierung geachtet werden (Prüfbescheinigung eines staatlich anerkannten, privaten Zertifizierungsunternehmens).

Durch den fortschreitenden Klimawandel reifen die heimischen Wiesenblumen früher ab als noch vor wenigen Jahren. Gleichzeitig sind durch die milden Herbsttemperaturen viele Insekten noch aktiv und auf Nahrungssuche (s. Abb. 2). Die dadurch entstehende Trachtlücke können im Siedlungsbereich spätblühende, nicht heimische Wiesenarten schließen, die den Mischungen mit regionalem Saatgut beigegeben werden können.

Wiesenflächen für Klimamäßigung und Wasserrückhaltung

Aufgrund ihrer geschlossenen Pflanzendecke und der hohen Durchwurzelung des porenreichen Bodens können Wiesen große Mengen an Regenwasser aufnehmen und so auch in steilen Hanglagen und in Überschwemmungsgebieten von Flusstälern vor Bodenerosion schützen. Vielfalt und Masse an Wurzelsubstanz im Boden erhöht die Klimaresilienz der Fläche genauso wie die der oberirdischen Pflanzenteile. Intensive Durchwurzelung und hohe biologische Aktivität stabilisieren die Bodenstruktur und erhöhen die Wasseraufnahmekapazität bis zum Vierfachen des Bodeneigengewichts. Wiesen gelten als Kohlenstoffsenken, da Pflanzen und insbesondere der Humus im Boden CO2 in großen Mengen speichern können. Humusanreicherung sorgt insgesamt für eine günstigere Bodenstruktur, für mehr Bodenleben, führt zu besserer Wasserspeicherung, also insgesamt zu höherer Klimaresilienz (Beste, 2021). Humusaufbau, der durch Wiesen-Schnittgut entweder auf der Wiese selbst oder an anderer Stelle durch die Verwendung von Schnittgut als Mulch erfolgt, bindet zudem Kohlenstoff im Boden und entlastet damit die Atmosphäre von CO2.

Außerdem sorgen Wiesen im Vergleich zu Rasenflächen durch eine 25 bis 34 Prozent höhere Reflexion der Sonnenstrahlung für eine geringere Lufterwärmung (Marshall et al., 2023) und mäßigen so die Temperatur im unmittelbaren Umfeld. Artenreicher Bewuchs kann zudem als wirksamer Puffer gegen Schwankungen der Bodentemperatur wirken (Huang et al., 2024).

Diese positiven Wirkungen sind allerdings nur gegeben, wenn die Wiese genügend Feuchtigkeit aus dem Untergrund bezieht. In langen Trockenphasen vertrocknen zunächst die meist anspruchsvolleren Gräser, viele der Kräuter hingegen sind durch ein weitstreichendes und tiefes Wurzelwerk noch relativ lange grün. Die Funktion der Klimaregulierung nimmt dann ab, ist aber in dieser Phase immer noch höher als die von nicht bewässertem Rasen. Bei hoher Brandgefahr muss allerdings abgewogen werden, ob die Wiese nicht frühzeitig gemäht werden sollte.

Das Mikroklima innerhalb der Wiese verändert sich mit unterschiedlicher Aufwuchshöhe. Im hoch gewachsenen Wiesenbestand nehmen Temperatur, Wind und Verdunstung tagsüber von oben nach unten ab, die Luftfeuchtigkeit in der bodennahen Krautschicht ist dann am höchsten. Die Krautschicht bewahrt den Boden vor zu starker Abkühlung bei Nacht. Nach der Mahd verändern sich die kleinklimatischen Bedingungen drastisch. Luftbewegungen, Verdunstung und Wärme im bodennahen Bereich nehmen deutlich zu. Die an die Zonierung einer hoch gewachsenen Wiese angepassten Insekten verlieren schlagartig ihren Lebensraum. Deshalb ist es insbesondere auf größeren Wiesenflächen wichtig, Mähkonzepte mit Schonstreifen zu berücksichtigen.

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Abb. 2: In der Grafik ist eine Auswahl von Bienengattungen in Deutschland mit Artenzahl und Flugzeiten dargestellt. Nicht alle Arten einer Gattung sind während des gesamten Zeitraums zu beobachten. Auch gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Manche Arten können zwei Generationen im Jahr bilden. Die Daten beruhen auf Angaben von Müller A., Krebs Al, Amiet F. (1997): Bienen – Mitteleuropäische Gattungen, Lebensweise, Beobachtungen. Angaben zur Artenzahl können auf Grund neuer Erfassungen bzw. Einstufungen von Arten gegenüber anderen Autoren abweichen Abb.: Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau- LWG, 2021
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Feuchter Bereich eines Kräuterrasens auf dem LWG-Gelände. Geeignete Arten siedeln sich oft von ganz allein an, wie hier der Günsel (Ajuga reptans) in zwei Farbformen. Foto: A. Adelsberger
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Magerwiesen auf nährstoffarmen, mineralischen Böden haben oft eine beeindruckende Artenvielfalt an Blütenpflanzen und in der Folge auch an Tierarten, wie hier an der LFU in Augsburg. Foto: A. Adelsberger

Wiesentypen

Artenreiche Wiesenmischungen bestehen neben ein- und zweijährigen Arten überwiegend aus mehrjährigen Stauden und Gräsern. Einmal angelegt kann die Pflanzengesellschaft jahrelang bestehen bleiben, sie unterliegt aber einer gewissen Dynamik der Veränderung. Von Monat zu Monat, aber auch von Jahr zu Jahr sieht eine artenreiche "Blumenwiese" anders aus; vor allem die jeweiligen Regenphasen und -mengen eines Jahres bestimmen die Optik. Nur auf mageren beziehungsweise abgemagerten Böden lässt sich der Artenbestand an Kräutern dauerhaft erhalten, da auf nährstoffreichen Standorten die konkurrenzstärkeren Gräser dominieren.

Glatthaferwiesen

2- bis 3-schürige Fettwiesen auf tiefgründigen und fruchtbaren Böden stellen heute die Masse des Wirtschaftsgrünlands (Tabelle 2). Etwa 180 Pflanzenarten haben hier ihr Hauptvorkommen. Dieser Typ unterscheidet sich durch die unterschiedlichen Feuchtigkeitsverhältnisse des Bodens von trocken bis mäßig feucht und ist daher für die meisten Flächen im öffentlichen Grün am ehesten geeignet.

Magerwiesen

Die in der intensiven Kulturlandschaft sehr selten gewordenen Magerwiesen sind besonders nährstoffarme Grünflächen, deren Pflanzenarten mit wenig pflanzenverfügbarem Stickstoff, Phosphor und relativ wenig Bodenwasser zurechtkommen müssen. Bei sehr trockenen Standorten werden Magerwiesen als "Trockenrasen" bezeichnet. Die artenreichen Magerwiesen leisten einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt, denn sie beherbergen viele Rote-Liste-Arten der Flora und Fauna.

Während die "Silikat-Magerwiesen" (Borstgrasrasen) auf mehr oder weniger trockenen, sauren Böden vorkommen, sind die "Kalk-Halbtrockenrasen" auf eher trockenen, mageren Böden auf Kalkgestein zu finden. Aufgrund des ausgesprochenen Artenreichtums im Hinblick auf Fauna und Flora entsprechen diese Pflanzengesellschaften häufig dem Idealbild einer Blumenwiese. Die Etablierung im öffentlichen Grün erfordert allerdings entsprechende Standortbedingungen bzw. -anpassungen.

Wildblumenschotterrasen

Wenig nutzungsintensive Wege und Plätze oder auch mäßig frequentierte Parkplätze werden häufig mit einer Wassergebundenen Decke angelegt. Diese lassen sich bei entsprechender Anlage und Pflege zu blühenden trockenrasenähnlichen Biotopen entwickeln, die auch der sommerlichen Aufheizung des Belages entgegenwirken. Gerade in den weniger benutzten Randbereichen kann sich ein ökologisch wertvolles Artenspektrum blühender Überlebenskünstler ansiedeln. Das eingesetzte Material sollte wie bei dieser Bauweise üblich einen Null-Anteil in der Körnung enthalten, so dass Wasser kapillar aufsteigen kann, wichtig für die Pflanzenversorgung.

Die Bauweise erfolgt bis zur Deckschicht nach den üblichen Regelwerken. Gute Erfahrungen wurden mit Kalkschotter als Deckschicht ohne Bindemittel gemacht (z. B. 10 cm Schichtstärke bei Körnung 0/32, oder 7 cm für 0/22), aber auch andere Gesteinsarten lassen sich dafür verwenden. Die zunächst vorverdichtete Deckschicht wird vor dem Einharken von Grünkompost, der zwischen 5 bis 30 l/m² als Saatbett aufgetragen wird, oberflächlich wieder aufgeraut. Bei kleineren Flächen geschieht das mit Spitzhacke oder Eisenrechen, bei größeren zum Beispiel mit Wegefräsen, Kreiseleggen beziehungsweise Federzinken-Egalisierer (Aufderheide, 2022).

Das standortgerechte Saatgut wird zur besseren Handhabung mit einem Saathelfer wie feuchtem Sand gestreckt und je nach Mischung mit 1 bis 6 g/m² kreuzweise per Hand ausgebracht. Nach der Aussaat wird die Fläche beispielsweise mit einer Walze gründlich verdichtet.

Es lässt sich auch ohne Einsatz von Grünkompost einfach auf die fertig verdichtete Fläche einsäen, selbst ältere Bestandsflächen mit Oberflächenveredelung sind dafür geeignet. Nach dem Anwalzen des Saatguts ist zu empfehlen, die Oberfläche noch mit feinem Einkornkies (4/8 oder 8/16) dünn abzustreuen.

Eine Pflege ist anfangs nur in Ausnahmefällen nötig. Insbesondere Weiß-Klee ist selektiv zu jäten, da er mit seiner stickstoffanreichernden Eigenschaft auf Dauer die Hungerspezialisten verdrängt. Auch im Herbst anfallendes Laub sollte konsequent entfernt werden, um einer Humusanreicherung entgegenzuwirken. Bei Bedarf kann einmal im Jahr insektenschonend gemäht werden, das Mahdgut ist nach dem Trocknen abzuräumen.

Wiesenansaaten

Zeitfenster für Saat- und Pflanzarbeiten

Samen von Wildarten benötigen mindestens vier bis fünf Wochen durchgehende Feuchtigkeit, deshalb sollte vor angekündigten Niederschlägen gesät werden. Bei der klassischen Frühjahrsansaat macht man sich die gute Durchfeuchtung des Bodens zunutze, empfohlen werden die Monate März und April. Durch die Zunahme von Trockenperioden im Frühjahr gewinnt allerdings vielerorts eine Spätsommeransaat von Mitte August bis Anfang September an Bedeutung, damit mehrjährige Arten bereits im Herbst einen Entwicklungsvorsprung haben. Zudem bietet sie Vorteile für Kaltkeimer, die nach dem Winter dann direkt keimen können. Für diese empfiehlt sich auch eine Wintersaat im Januar/Februar auf gefrorenen Boden. Eine Aussaat im Herbst geht mit einem erhöhten Auswinterungsrisiko einher, problematisch bei Frühjahrsansaaten hingegen kann Spätfrost im April/Mai sein.

Flächenvorbereitung für Ansaaten

Grundvoraussetzung für die Etablierung von artenreichen und langfristig stabilen Ansaatmischungen ist ein möglichst unkrautfreier Oberboden. Der Einsatz eines Totalherbizides wie Glyphosat ist gemäß § 12 Pflanzenschutzgesetz im öffentlichen Grün untersagt. Das lässt noch die Wahl zwischen einer rein mechanischen Flächenvorbereitung und einem Bodenaustausch. Letzterer ist nicht nachhaltig und erfordert zukünftig ein mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und der Mantelverordnung vereinbares Nutzungskonzept für den ausgebauten Oberboden. Auf großen Flächen ist ein Bodenaustausch zudem unwirtschaftlich.

Bei Umwandlung von (Landschafts-)Rasenflächen lassen sich Wiesenansaaten in der Regel einfach nach Abziehen der Narbe etablieren. Alternativ kann bei Rasenflächen auch ein sommerlicher Umbruch in trockenen Phasen erfolgen, der in der Folge für ein Austrocknen der Gräser sorgt. Auf entsiegelten Flächen mit Schotterunterbau lassen sich Magerwiesen etablieren. Auf den Schotterunterbau wird mageres Substrat aufgetragen, das kann Sand, Feinsplitt oder -kies sein. Anschließend wird auf einer 2 bis 3 cm dicken Kompostauflage angesät. (Aufderheide, 2022)

Standortgerechte Wiesenmischungen auswählen!

Entscheidend für die gute Entwicklung einer Wiese ist die Anpassung der Ansaatmischung an den Standort, nur dann ist auch die nötige Klimaresilienz gegeben. Magerrasenmischungen gedeihen auf nahezu rein mineralischen Standorten, ebenso gibt es spezielle Mischungen für mittlere und fette Böden.

Einsäen – Vorgehensweisen und Techniken

Gesät wird obenauf, das Saatgut mehrjähriger Arten darf nicht eingearbeitet werden (Lichtkeimer!). Wird maschinell gesät (Rasenbaumaschine, Drillmaschine), müssen Striegel und Säschare hochgestellt werden. Das unbedingt notwendige Anwalzen der Ansaat sorgt für den benötigten Bodenschluss und eine gleichmäßige Keimung des Saatguts. Allerdings sollte dies nur bei trockenen Bodenverhältnissen erfolgen. Werden Magerarten eingesät, ist zuvor das Ausbringen einer Mulchschicht aus Natursand mit mindestens 7 bis 8 cm Einbaustärke eine Möglichkeit.

Ansaatstärken von 2 g/m² werden für hochwüchsige Säume mit geringem Gräseranteil empfohlen. Bis zu 6 g/m² Ansaatstärke können für Mischungen zur Böschungsbefestigung, für schwierige Standorte, bei hohem Gräseranteil oder falls eine schnellere Deckung gewünscht ist, angesetzt werden.

Zum leichteren Ansäen und gleichmäßigeren Ausbringen hat sich das Strecken des Saatguts mit Füllstoff auf 10 g/m² beziehungsweise 100 kg/ha bewährt. Neben Maisschrot können auch trockener Sand, Sägemehl oder geschrotetes Korn verwendet werden.

Heudrusch- und Heumulch-Verfahren

Beim Heudrusch werden im selben Naturraum ökologisch wertvolle Pflanzenbestände ausgewählt und in der Regel zu mehreren, zeitlich versetzten Dreschterminen schonend beerntet. Die auf diese Weise gewonnenen Samen und Diasporen werden dann auf den zu begrünenden Flächen wieder ausgebracht. Beim Heudrusch-Verfahren nach der Engelhardt-Methode werden dem Erntegut vor dem Auftrag fehlende Arten durch Einzelsaatgut zugegeben.

Beim Heumulch-Verfahren wird frischer beziehungsweise angewelkter Aufwuchs oder samenhaltiges Heu von geeigneten Ausgangsbeständen der Region auf die vorgesehene Fläche aufgebracht. Dies stellt gleichzeitig eine keimungsfördernde Mulchauflage dar. Mit dem Heumulch werden in noch größerem Umfang als beim Heudrusch Eier oder Larven von Tieren sowie die Mikrofauna und -flora einer artenreichen Wiese zum neuen Standort verfrachtet.

Alle genannten Verfahren sind auch im besiedelten Raum sehr gut anwendbar und sichern die regionaltypische Wiesenflora auf der neuen Fläche. Diese sollte jedoch in etwa den Standortbedingungen der Ausgangswiese entsprechen, damit sich möglichst alle enthaltenen Arten in der neuen Wiese etablieren können. Außerdem ist das Material der genannten Übertragungsverfahren rar und begehrt.

Gepflanzte Wiesen

Kleinere Flächen, die schnell fertige Wiesenbilder ergeben sollen, können auch mit den Methoden "Pflanzung" oder "Pflanzung mit Ansaat" zu Wiesen entwickelt werden. Eine Pflanzung ist viel besser planbar als eine Ansaat und ist damit die sicherste und schnellste Methode zur Etablierung, aber auch die teuerste. Bei größeren Flächen kommt eher eine Kombination von (Initial-)Pflanzung und Aussaat in Frage. Nach Bedarf können auch Geophyten für eine Bereicherung der Frühlingsblüte in Wiesen kombiniert werden. Insbesondere schwer über Aussaat zu etablierende Arten werden bei dieser Methode als vorgezogene Pflanzware gesetzt. Mittlerweile gibt es für Eilige auch die Möglichkeit, Wildblumenmatten ohne größere Vorarbeiten direkt auf den Rasen aufzubringen.

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Wiesen halten immer mehr Einzug in die Städte und tragen neben einer Erhöhung der Biodiversität auch zur Klimaregulierung bei. Hier ein Beispiel aus Amsterdam. Foto: A. Adelsberger
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Typische Artenausstattung eines kalkhaltigen Bodens mittleren Nährstoffgehalts: Wiesenmargerite, Wiesensalbei und Wachtelweizen. Foto: A. Adelsberger
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Tabelle 2: Einteilung der Wiesentypen (nach Witt & Dittrich 1996, Ellenberg 1996). Abb.: A. Adelsberger, LWG
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Abb. 3: Vor Auswahl einer Mischung sind die Standortbedingungen möglichst genau zu analysieren. Sind diese geklärt, ergeben sich alternative Handlungs- bzw. Auswahloptionen, wie in diesem Entscheidungsbaum deutlich wird. (verändert nach Edelmann, 2021) Abb.: A. Adelsberger, LWG
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Abb. 4: Zonierung in einem biodiversen Hausgarten. Neben einer betretbaren Rasenfläche (1) direkt vor der Terrasse findet sich in der nächsten Zone ein Kräuterrasen (2), der nur gelegentlich betreten werden sollte. Die von der Terrasse am weitesten entfernte nicht zu betretende Wiesenfläche (3) wird durch einen umlaufenden Rasenweg begrenzt. Grafik: Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau- LWG, 2021

Die Mahd als Pflegestrategie

Wiesen bedürfen nicht nur des Mähens, sondern erfordern auch ein Mähgutverwertungskonzept. Der erste Mähgang ist gegebenenfalls bereits circa sechs bis acht Wochen nach dem Feldaufgang ("Auflaufen") notwendig, um unerwünschte Arten zurückzudrängen. Wird dieser sogenannte Schröpfschnitt auf circa 10 cm Höhe versäumt, ist die Verschiebung der Artenanteile in der Mischung vorprogrammiert. Meist ist es nicht nötig, das Mahdgut nach dem Schöpfschnitt abzuräumen, es trocknet schnell und ist nach kurzer Zeit nicht mehr sichtbar. Wenn das Mahdgut aber den Boden vollständig abdeckt, sollte es abgerecht werden (Van de Poel, 2014).

Das Minimum der Mahdhäufigkeit ab dem zweiten Aufwuchsjahr definiert sich grundsätzlich über den Wiesentyp. Für mitteleuropäische Wiesen liegt dieses Minimum in der Regel bei ein bis drei Schnitten. Ganz wenige Magerwiesen können aber auch nur alle zwei bis drei Jahre gemäht werden (Jenny, 2013). Soll ein produktiver Standort ausgehagert werden, so sind in den ersten Jahren je nach Witterung zwei bis drei, manchmal sogar vier Schnitte notwendig (Briemle et al., 1991). Nur so kann mittelfristig ein ausreichendes Blütenangebot für Bestäuber erreicht werden, wovon blütenbesuchende, aber auch am Boden lebende Insekten profitieren. Der Schnittzeitpunkt sollte in den Sommermonaten mittels spezifischer floristischer Indikator-Arten für jede Wiese individuell festgelegt werden.

Eine niederländische Studie ergab bei verschiedenen Mahdvarianten in einer Wiese, dass bei einer zweimaligen Mahd pro Jahr inklusive Mähgut-Entfernung die höchste Artenvielfalt festgestellt werden konnte. Das bezog sich sowohl auf die Flora als auch auf die Fauna innerhalb der Wiese. Da die Parzellen nach dem Mähen für einige Zeit ohne Blüten waren, ist davon auszugehen, dass ein Rotationsschema (auch "Mosaikmahd" genannt), d. h. ein abwechselndes Mähen unterschiedlicher Bereiche, die Insektenvielfalt und -häufigkeit weiter fördert (Noordijk et al., 2009).

Nach der Trocknung auf der Fläche ist das Mähgut abzuräumen (ggf. Heuverwertung). Verbleibt das Mähgut länger oder dauerhaft auf der Fläche, führt das zu Verfilzung, Abdunklung der Wiesenpflanzen und Nährstoffanreicherung. Dadurch reduziert sich die Vielfalt der Pflanzenarten und damit das Nahrungsangebot für die Insekten.

Abnahmefähiger Zustand von Neuansaaten

In Ausschreibungen des Landschaftsbaus wird häufig der Begriff "abnahmefähiger Zustand" verwendet. Die DIN 18917 definiert den abnahmefähigen Zustand für Landschaftsrasen bei einer durchschnittlichen projektiven Bedeckung des Bodens von mindestens 50 Prozent, erlaubt aber bei Extremstandorten Abweichungen. Die Entwicklung einer Ansaat ist stets von vielen Bedingungen abhängig, auch gibt es Arten, deren Saatgut naturgemäß erst nach einigen Monaten oder Jahren keimt. Deshalb wird in der DIN 18917 kein Zeitraum/Zeitpunkt festgelegt, nach dem dieser Zustand erreicht sein muss. Nur darf der letzte Schnitt vor der Abnahme nicht länger als zwei Wochen zurückliegen. Der ausführende Landschaftsgärtner einer Ansaat sollte Mängelansprüche zurückweisen, wenn der Auftraggeber deren Fertigstellungspflege übernimmt.

Umwandlung durch Pflegeumstellung: vom Rasen zur Wiese

Bestehende Rasenflächen können nicht nur durch Umbruch und Neuanlage in artenreiche Wiesen umgestaltet werden, es gibt drei kostengünstigere und schonendere Verfahren, die im Kern die Pflege betreffen.

Pflege extensivieren

In manchen Fällen lässt sich ein Rasen durch einfache Pflegeumstellung meist recht gut zu einem artenreichen Blumenkräuterrasen, einer Blumenwiese oder einem Wildblumensaum entwickeln. Das trifft insbesondere dann zu, wenn der Boden noch Diasporen von Kräutern enthält.

Die Umstellung ist einfach und problemlos und deshalb definitiv einen Versuch wert. Dabei sollte jede Düngung und Bewässerung eingestellt und die Mahdhäufigkeit den entsprechenden Wiesentypen angepasst werden.

Einbringen von Arten durch Initialpflanzung oder -aussaat

Der bestehende Rasen wird zum Beispiel am Rande einer größeren Rasenfläche abgeschält und entfernt, der Boden gelockert und dann mit einer dem Standort angepassten Wiesenmischung oder mit einer Mischung aus bestimmten Einzelarten angesät und/oder angepflanzt. Gepflegt wird wie bei Neuansaaten. Von diesem Ansaatstreifen breiten sich die Zielarten dann nach und nach in die Nachbarfläche aus. Diese Vorgehensweise erfordert ein wenig Geduld, aber die meisten angesäten Arten werden sich bei Standorttreue im Laufe der Zeit in der neuen Wiese etablieren.

Aktive Umwandlung

Bei der aktiven Umwandlung sollte der Rasen ohne konkurrenzstarke Obergräser wie beispielsweise Glatthafer, Weidel-, Liesch-, Knäuel- oder Honiggras sein. Vor dem Aufbringen eines reinen Kräutersaatguts wird der Rasen abgemäht und die Grasnarbe anschließend durch starkes Vertikutieren aufgerissen. Die Fläche wird direkt mit ausgewählten Kräutern

mit circa 1 bis 2 g/m2 eingesät und anschließend angewalzt. Zusätzlich ist die Pflanzung bestimmter Wiesenstauden möglich. Einsäen von so genannten Untergräsern (z. B. Kammgras, Schaf-Schwingel, Horstrot-Schwingel, Ruchgras, Rotes Straußgras) ist ebenfalls möglich, sollte aber sehr sparsam erfolgen. Gepflegt wird die aufbereitete Fläche durch regelmäßiges Mähen im ersten Jahr, so dass genügend Licht an die Kräuterkeimlinge gelangt, bis diese dann kräftige Rosetten gebildet haben. Gewässert wird sparsam nach Bedarf. Im Folgejahr sollte Anfang Mai noch ein Pflegeschnitt stattfinden, danach ist die Fläche in der Pflege wie eine Blumenwiese zu handhaben.

Wiesenwege und -bankette

Für die Erschließung von Wiesen im Siedlungsbereich bieten sich regelmäßig gemähte Wege innerhalb der Wiesenflä che an.

Das ermöglicht den Bürgern nicht nur das Durchqueren, sondern auch Naturbeobachtung. „Schrittverweigerer“ wie Baumstämme, bogenförmig in den Boden gesteckte Äste oder Baustahlstangen an den Wegerändern sorgen dafür, dass Spaziergänger auf den Wegen bleiben. Rasenbankette entlang von Wegen angrenzend an hochwüchsige Wiesenflächen erhöhen die Akzeptanz bei den Bürgern. Die Bankette sollten mindestens so breit sein wie die Aufwuchshöhe. Zudem darf der Aufwuchs an Straßenrändern eine Höhe von 60 cm nicht überschreiten, um Sichtachsen freizuhalten.

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Tabelle 3: Vergleich verschiedener Begrünungsmethoden zur Anlage von Blumenwiesen (verändert nach Witt/Dittrich 1996 und Molder 1997). Abb.: A. Adelsberger, LWG
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Wiese mit Krokussen und Schneeglöckchen in Baden-Baden. Diese Geophyten versamen sich an passenden Standorten, sorgen schon früh im Jahr für optische Highlights und dienen als wertvolle Nektar- und Pollenspender. Foto: A. Adelsberger
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Dichternarzissen, hier in Kombination mit Günsel, ergeben schöne Bilder, gemäht werden kann aber erst nach dem Einziehen des Laubes im August. Foto: A. Adelsberger
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Dauerhaft artenreiche Wiesen erfordern stets die Entfernung des Mähguts. Mietgeräte sind oft günstiger als die eigene Anschaffung und Wartung. Foto: A. Adelsberger
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Blühstarke "Wiesen-Inseln" können bei Mähdurchgängen belassen werden, so bilden diese Fruchtstände zur Selbstversamung aus. Foto: A. Adelsberger
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Tabelle 4: Schnittzeitpunkte bei unterschiedlich starkwüchsigen Blumenwiesen und bei Wildblumensäumen. Das Mähgut ist bei allen Varianten in den Sommermonaten am besten drei bis sechs Tage auf der Fläche liegenzulassen (ggf. 1–2x Wenden, denn bei Trocknung und Wenden fallen Samen aus!) und danach abzufahren (Verwertung als Heu, oder für Kompost- bzw. Biogasanlage). In den Vorfrühlings- und Herbstmonaten wird das Material direkt abgefahren.

Schonende Mahd für Flora und Fauna

Neben Umgang mit Nährstoffeinträgen, Schnitthäufigkeit und -zeitpunkt(en) ist auch die Mahdtechnik für die Erhaltung der Artenvielfalt bedeutend. Am tierschonendsten ist nachweislich die Mahd mit Messerbalken (Fingerbalken- oder Doppelmessertechnik): Aufgrund der oszillierend bewegten Messer in einer Ebene wird die Kleinstfauna nur einer geringen Gefahr ausgesetzt, durch die Messerwerkzeuge geschädigt zu werden. Bei anderen Verfahren wie beim Sichelmulchen/-mähen oder klassischem Mulchen werden durch die hohen Rotationsgeschwindigkeiten und die größere Eingriffsfläche deutlich mehr Tiere beeinträchtigt. Dabei entsteht zusätzlich ein je nach Messerbauart und Rotationsgeschwindigkeit ausgeprägter Sog.

Eine Mahdhöhe von mindestens 10 cm schont Insekten und von mindestens 14 cm auch Amphibien und andere Kleintiere, da so das Risiko verringert wird, dass diese in Kontakt mit dem Mähgerät kommen. Dadurch werden ebenfalls die Blattrosetten vieler Kräuter geschont. Manchmal muss bezüglich der Schnitthöhe auch ein Kompromiss gefunden werden: Insbesondere bei der Entwicklungspflege artenreicher Wiesenbestände ist der Einfluss der Schnitthöhe auf die Entwicklung der Flora zu beachten. So kann bei einem hohen Gräseranteil ein Schröpfschnitt helfen, diesen zurückzudrängen. Der Wiederaustrieb der Gräser wird dadurch geschwächt.

Je geringer die Mahdgeschwindigkeit, desto besser können Tiere flüchten. Bei der Messerbalkenmahd ist die Geschwindigkeit technisch bedingt bereits gering und die Messertechnik maximal tierschonend. Größere Flächen sollten für eine tierschonende Mahd von innen nach außen oder von einer Seite zur anderen gemäht werden. Die Tiere können so besser flüchten und werden nicht im Zentrum zusammengetrieben. (Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL), 2020)

Mähgutverwertung

Im Zuge der Pflegeextensivierung und Umwandlung von Rasen in Wiesenflächen fallen im Siedlungs- und Straßenbereich große Mengen Mähgut an, vor allem in niederschlagsreichen Regionen. Sind Beimengungen von Müll und – trotz teilweise hoher Bußgelder – Hundekot vorhanden, kommt das Material als Rauhfutter für Tiere nicht in Frage. Grundsätzlich sind viele unterschiedliche Verwertungsformen für Mähgut wie Vergärung (stofflich-energetische Verwertung), Verbrennung und neben weiteren die Kompostierung (stoffliche Verwertung) als eine der Hauptverwertungsalternativen möglich.

Weil Kompostwerke allerdings oft weit entfernt von den bearbeiteten Flächen liegen und hohe Annahmegebühren erheben, ist dieser Weg für viele Bewirtschafter des öffentlichen Grüns oft eine Haupthürde der ökologischen Pflege, da es die Grünpflegekosten in die Höhe treibt. Eine denkbare Alternative dazu wäre die dezentrale Kleinkompostierung. Verfahrensvorgaben für eine zukünftige dezentral ausgerichtete Kleinkompostierung sind in einigen Bundesländern auf dem Weg (z. B. LfU Bayern 2023), um lokale Stoffkreisläufe zu vereinfachen. Einige (Kommunal)unternehmen nutzen das Material als Strukturgeber für flüssige Reststoffe zur Herstellung von Humusdünger oder als Silierkomponente zur Biogas-Erzeugung (z. B. BSR Berlin).

Eine Mulchanwendung von Grasschnitt auf eigenen Flächen ist im Sinne einer „Eigenverwertung“ von Mähgut möglich. Vor der Verwendung als Mulch auf anderen Flächen sollte allerdings zuvor auf lokale Genehmigungsbehörden zugegangen werden, da es sich bei Mähgut von öffentlichen Flächen aufgrund des angenommenen „Entledigungswillens“ in den meisten Fällen um „Abfall“ im Sinne der Gesetzgebung handelt (Dittmer, 2023). Hierbei ist der abfallrechtlich entscheidende Faktor der angenommene „Entledigungswille“ der Unterhaltspflichtigen unabhängig von zum Beispiel Schadstoffgehalten, die vor allem an den vielen wenig bis mittelstark frequentierten Straßenrändern meist deutlich unterhalb von gesetzlichen Grenzwerten bleiben. (Dittmer, 2024)

Für eine Verwendung als (Frisch)mulch in angrenzenden Gehölzpflanzungen muss das Mähgut mindestens so aufbereitet werden, dass die Nährstoffgehalte zur Zielbegrünung passen und ein wirtschaftliches Ausbringen auf den Pflanzflächen möglich ist.

In verschiedenen Forschungsprojekten werden die Verwertungswege für Grün- beziehungsweise Mähgut näher untersucht (z. B. DVU 2022-24, LWG 2023-2025).

Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Am Wohnheim der LWG in Veitshöchheim soll eine artenreiche Wiese durch Mahdextensivierung entstehen, das Mähgut wird nach der Mahd regelmäßig entfernt. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Pflegeextensivierung auf Wiesenflächen kann auch durch ein entsprechendes Beweidungskonzept mit z. B. Schafen erfolgen, wie hier im Schlosspark von Schloss Drottningholm bei Stockholm. In der Folge ist mit einer Zunahme der Artenvielfalt zu rechnen. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Aufklärung hilft zur Akzeptanz und zur Rücksichtnahme! Hier ein Hinweisschild auf einem Wiesenstreifen in einem kleinen Stadtpark in Amsterdam. Ein schönes Beispiel für das Nebeneinander von nutzbarem Rasen und nicht zu betretender Wiese im öffentlichen Grün. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Rasenbankette wie hier im Landschafts- und Kulturpark AQUA MAGICA zwischen hochwüchsigen Wiesenflächen und angrenzender Belags- bzw. Wasserfläche vermitteln "Gepflegtheit", so dass die Akzeptanz bei den Spaziergängern auch in blütenarmen Zeiten erhöht wird. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Neben dem gemähten Wegesaum befindet sich ein Altgrasstreifen, der ungemäht in den Winter geht. Dieser bietet Unterschlupf beziehungsweise Winterquartier für zahlreiche Tierarten. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Die Wiese ist Lebensraum für unzählige Arthropoden. Die Schnitthöhe sollte 10 cm nicht unterschreiten, da sonst zahlreiche Kräuter und in der Folge auch faunistische Arten in ihrem Fortbestand gefährdet sind. Günstig zur Durchschreitung und für Artenbeobachtung sind regelmäßig gemähte Wiesenwege. Foto: A. Adelsberger
Wiesen Klimagerechte Landschaftsplanung
Verschiedene Mähtechniken und deren Auswirkungen auf die Wiesenfauna; (grün=tierschonend, rot= tierschädlich, zunehmende Schädlichkeit von oben nach unten). Abb.: A. Adelsberger, LWG

Fazit

  • Wiesen beziehungsweise deren Böden sind wichtige Kohlenstoffspeicher.
  • Wiesen schützen vor Bodenerosion, indem sie den Boden stark durchwurzeln.
  • Wiesen verbessern das lokale Klima, da sie mit der entstehenden, offenporigen Bodenstruktur hohe Mengen an Regenwasser zurückhalten.
  • Wiesen regulieren das Mikroklima in der Stadt besser als kurzgeschorene, nicht bewässerte Rasenflächen, insbesondere in Hitze- und Trockenzeiten.
  • Blumenwiesen und andere blühende Kräuter-, Stauden- oder Kräuter-Gras-Gesellschaften weisen eine deutlich höhere floristische und faunistische Artenvielfalt als Rasen auf und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Biotopverbund in der Stadt.
  • Richtige Mahdtechniken und Mahdzeitpunkte sorgen für eine tierschonende Wiesenpflege.
  • Die Nutzungsfrequenz einer Fläche bestimmt, ob Rasen und andere Flächen in artenreiche Kräuterrasen, Blumenwiesen, Blühflächen oder Säume verwandelt werden können.
  • Durch die Etablierung verschiedener Wiesentypen (z. B. durch verschiedene Schnitthäufigkeiten) und ein differenziertes Pflegemanagement (Rotationsschema oder "Mosaikmahd") kann ein Maximum an Artenvielfalt (Flora + Fauna) erzielt werden.
  • Regelmäßig gemähte Bankettstreifen entlang beziehungsweise Rasenwege durch Wiesen helfen das optische Erscheinungsbild insgesamt zu verbessern. Abgeblühte oder frisch gemähte Wiesen bieten nach der Blüte oder auch im Winter oft nicht das Bild des perfekten gepflegten Grüns – Aufklärung hilft zur Akzeptanz!

Literatur

  • Aufderheide, U. (2022) Öffentliche und gewerbliche Grünflächen naturnah- Praxishandbuch für die Anlage und Pflege, Heinz Sielmann Stiftung (Hrsg.), NaturGarten e. V., Naturpark Our, Umweltzentrum Hannover e. V., Pala-Verlag, Darmstadt.
  • Bächtiger, J. (2002) Rasen und Wiesen- Grüne Augenweiden, aus: Sonderdruck der Gärtner-Fachzeitschrift g'plus, Wädenswil und Zürich, 2002.
  • Beste, A. (2021): Humusaufbau macht klimaresilient!, Deutsche Baumschule 07/2021, S. 18–22.
  • BfN (Hrsg.), (2023): Leitfaden zur Verwendung von gebieteigenem Saat- und Pflanzgut krautiger Arten in der freien Natur Deutschlands, BfN Schriften 647.
  • Boness, M. (1953): Die Fauna der Wiesen unter besonderer Berücksichtigung der Mahd. Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere, Ausgabe, 42, S. 225–277.
  • Briemle, G., Ellenberg, H. (1994): Zur Mahdverträglichkeit von Grünlandpflanzen. Möglichkeiten der praktischen Anwendung von Zeigerwerten. Natur und Landschaft 4/94, S. 139–147.
  • Briemle, G., et al. (1991): Mindestpflege und Mindestnutzung unterschiedlicher Grünlandtypen aus landschaftsökologischer und landeskultureller Sicht. – Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspf. Baden-Württ. 60: 1–160.
  • Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL), (Hrsg.), (2020): Praxisempfehlungen Insektenschonende Mahd; abrufbar unter: https://www.natuerlichbayern.de/praxisempfehlungen/insektenschonende-mahd
  • Dittmer, L. (2023) Mähgut von öffentlichen Flächen – Rohstoff oder Abfall? B_I Galabau, 10+11/2023, S. 4–8.
  • Dittmer, L. (2024): Mähgut aus Straßenbegleitgrün – Ein Schadstoffträger? Anliegen Natur, eingereicht.
  • Edelmann, T. et al. (2021): Das Veitshöchheimer Leitbild zur integrierten Pflanzenverwendung, NEUE LANDSCHAFT 05/2021, ab S. 7.
  • Ellenberg, H. (1996): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 5. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL), (Hrsg.), (2014): Empfehlungen für Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut (Broschüre), Bonn.
  • Huang, Y. et al. (2024): Enhanced stability of grassland soil temperature by plant diversity. Nature Geoscience 17, S. 44–50.
  • Jenny, E. (2013): Reaktivierung Wildheunutzung Erstfeldertal. – Amt für Raumentw. Kanton Uri: 62 S.; abrufbar unter https://www.ur.ch/dienstleistungen/3445
  • Landesamt für Landwirtschaft (LfL), (Hrsg.), (2020): Mäh-Knigge – Handlungsempfehlungen zur tierschonenden Mahd, LfL, 4. Auflage, März 2020, Redaktion Stefan Thurner und Katharina Mikschl.
  • Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), (Hrsg.), (2021): Lebensräume für (Wild)Bienen – Garten & Balkon insektenfreundlich gestalten: Empfehlungen und Tipps der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau. Veitshöchheimer Berichte 191, 2021.
  • Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), Herausgeber (2023): Lebensräume für (Wild)Bienen – Garten und Balkon insektenfreundlich gestalten; abrufbar unter https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/bienen/dateien/broschuere_bienengarten_bf.pdf et al., (2023): Urban wildflower meadow planting for biodiversity, climate and society: An evaluation at King's College, Cambridge, abrufbar unter:https://besjournals.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/2688-8319.12243
  • Molder, F. (1997): Begrünungen mit samenreifem Heu zur Umgehung der Ökotypenproblematik bei der Anlage artenreicher Grünlandbestände im Landschaftsbau. Rasen-Turf-Gazon 3/97, S. 64–81.
  • Müller A., et al. (1997): Bienen – Mitteleuropäische Gattungen, Lebensweise, Beobachtungen. Naturbuch Verlag Augsburg.
  • Noordijk, J. et al. (2009): Optimizing grassland management for flower-visiting insects in roadside verges. – Biol. Conserv. 142: 2097–2103.
  • Offenberger, M. (2017): Wiesenpflanzen aus regionalem Saatgut sind ortsfremden Sämlingen überlegen – ANLiegen Natur 39/1; abrufbar unter www.anl.bayern.de/publikatione... de Poel, D. & Zehm, A. (2014): Die Wirkung des Mähens auf die Fauna der Wiesen – Eine Literaturauswertung für den Naturschutz. – ANLiegen Natur 36(2): 36–51, Laufen, https://www.anl.bayern.de/publikationen/.
  • Witt, R., Dittrich, B. (1996): Blumenwiesen: Anlage, Pflege, Praxisbeispiele. BLV - Verlag, München.
  • Wolf, G. (1993): Die Blumenwiese als Lebensgemeinschaft. AID – Heft Nr. 1155. n
Dipl. -Ing. Andreas Adelsberger
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Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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