Ökonomisch betrachtet
Nach der Messe ist vor der Messe
von: Prof. Dr. Heiko Meinen
Endlich war es wieder soweit. Die Branche hat sich in Nürnberg nach vier Jahren wieder getroffen. Die Erleichterung und Freude darüber war jeder und jedem schier ins Gesicht geschrieben. Ein großes Klassentreffen. Persönliche Kommunikation ist eben auch in Zeiten der Digitalisierung und Pandemie durch nichts zu ersetzen.
Das spiegeln auch die Besucherzahlen wider, die nur wenig unter dem Niveau von 2018 lagen.Wenn eine Branchenschau nach so langer Zeit wieder stattfindet, dann interessiert natürlich besonders, was sich geändert hat.
Was sind die Neuigkeiten? Mein Eindruck: Eigentlich nichts. Irgendwie ist alles beim Alten. Keine bahnbrechenden Innovationen, keine revolutionären Veränderungen. Das berichteten auch viele Messebesucher:innen, auf diese Frage angesprochen.
Doch so ganz stimmt das natürlich dann doch nicht. Wahrnehmbar ist eine gewisse Verunsicherung beim Blick in die Zukunft. Während einige Unternehmer:innen nach dem Motto: "Krise? Bisher sind wir da im Vergleich mit anderen Branchen doch immer gut durchgekommen", rosarot nach vorn schauen sind auch - trotz allgemein guter Laune - sorgenvolle Gesichter zu erkennen. Vor allem bei denjenigen, die nicht im Bereich Privatgarten unterwegs sind. Entwicklungstendenzen, wie sie im Baugewerbe vorherrschen, kommen auch dort an. Mit den aktuellen Gegebenheiten, die durch Lieferengpässe, die dynamische Preisentwicklung und den Fachkräftemangel geprägt sind, scheinen sich viele Betriebe dagegen soweit arrangiert zu haben.
Ein weiteres Thema ist ebenfalls omnipräsent: Nachhaltigkeit. Nicht nur, weil "Gemeinsam klimafit in die Zukunft!" als Messethema ausgerufen wurde. Kaum ein Aussteller hat das Stichwort nicht in seiner Präsentation untergebracht. Das Verständnis, um was es dabei geht, ist allerdings sehr breit gefächert.
Auch der Patzer Verlag hat dem Thema zwei Tage gewidmet und Referenten aus den verschiedensten Bereichen zu Wort kommen lassen. Klar ist, die Branche hat sich das Thema zu eigen gemacht und sieht gute Chancen, aus der Notwendigkeit und dem positiven Image auch ein Geschäft zu machen.
Andererseits erfreuen sich die konventionellen, oft nicht besonders nachhaltigen Produkte nach wie vor ungebrochener Beliebtheit wie zahlreiche Aussteller aus diesem Bereich zeigen. Dank der noch allgemein guten Nachfrage und fehlender Regulierung fehlt vielfach scheinbar der Druck zur Veränderung.
NL-Stellenmarkt

Veränderung ist aber auch nicht immer nur gut und so war es sehr erfreulich festzustellen, dass die Branche ihr familiäres, freundliches und unkompliziertes Gesicht behalten hat. Das prägt für einige Tage dann auch das Stadtbild in Nürnberg und gibt der ohnehin schönen Stadt einen sympathischen Anstrich.
Und interessant scheint die Branche immer noch zu sein. Denn auch die Investorenschaft war zahlreich auf der Messe zugegen - idverde sogar mit eigenem Stand. Spannend bleibt es also trotzdem. Auch wenn vieles beim Alten ist, Stillstand ist nicht zu erkennen.
Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen
h.meinen@kullmann-meinen.de