Stadt, Park, Fluss - ein Bürgerpark für Eppingen

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Idyllisch im fruchtbaren Hügelland des Kraichgaus gelegen, verweist das markante Fachwerkpanorama Eppingens noch heute auf die lange Geschichte der Stadt. Um die ehemals für Eppingen so typischen Bezüge von Stadt und Freiraum wiederzubeleben, nimmt die bevorstehende Gartenschau historische Freiraumstrukturen auf und schafft zeitgemäße Erholungsräume und Grünverbindungen entlang der Altstadt.

Angesiedelt am Zusammenfluss von Hilsbach und Elsenz blickt Eppingen auf eine über 1000-jährige Stadtgeschichte. Die oberhalb der Flusstäler liegende Altstadt wird geprägt durch die Vielzahl gut erhaltener Fachwerkhäuser, deren Dachlandschaften der Stadt ihre einmalige Silhouette verleihen. Dazwischen ragt markant der Turm der Pfarrkirche Unsere Liebe Frau empor, eine wehrhafte Stadtmauer umschloss einst das Ensemble der Kernstadt. Vor ihren Stadttoren lagen, entlang der Mauer, Gärten, Felder und Obstkulturen. Bedingt durch das milde Klima und fruchtbare Lössböden hat der Obst- und Gemüseanbau in Eppingen eine lange Tradition und stellte so die stadtnahe Versorgung der Bewohner sicher.

Am Südrand der Altstadt verlief der Mühlkanal. Gespeist von der Elsenz zweigte der Kanal Wasser zum Betrieb der Stadtmühle ab. Über die Jahrhunderte prosperierte und wuchs die Stadt. Die Angliederung Eppingens an Baden führte um 1800 zur Errichtung diverser Ämter und etlicher Verwaltungsfunktionen, was weiteres Bevölkerungswachstum und die endgültige Erschließung außerhalb der Stadtmauer mit sich brachte. Nach und nach weichte die historisch gegliederte Stadtstruktur Eppingens immer weiter auf, freiräumliche Vernetzungen und die Bezüge zum Wasser gingen in dem sich verändernden Stadtbild verloren. Die nun funktionslose Stadtmauer wurde zu Teilen abgerissen, einige verbleibende Kleingärten erinnerten an die einstigen Versorgungsgärten entlang der Stadtmauer. Der vormals bedeutende Mühlkanal verlandete, die Bachläufe Elsenz und Hilsbach wurden begradigt und zu Teilen kanalisiert. Der Mündungsbereich der beiden Fließgewässer war auch deshalb kaum noch sicht- und erlebbar.

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Erfrischend mutige Entwurfshaltung

Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen der innerstädtischen Gebäudesubstanz etablierten die Altstadt in den vergangenen Jahrzehnten zum beliebten Wohnquartier. Mit steigender Wohnqualität wurde auch der Wunsch nach stadtnahen Grün- und Naherholungsräumen größer. Um dem Fortschreiten von Freiraumdefiziten entgegenzuwirken bewarb sich die Stadt 2010 mit dem Motto "Eppingen spannt den grünen Bogen um die historische Altstadt bis weit in die Stadtteile" erfolgreich um die Ausrichtung einer Gartenschau für das Jahr 2021 (aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie entschied man sich jedoch, die Durchführung der Gartenschau auf das Jahr 2022 zu verschieben).

Der daraufhin im Jahr 2016 ausgelobte, freiraumplanerische Wettbewerb hatte neben der angestrebten Gewässerrenaturierung folglich zum Ziel, einzelne Grünflächen entlang der Altstadt neu zu gestalten und sie mit Bestehendem zu einem gut vernetzten Ganzen zu verbinden.

Das rund 5 ha große Gelände der Daueranlage verweist durch den Verlauf entlang der Altstadt bereits auf seinen historischen Kontext: es umfasst die einst so bedeutenden Grünräume in den Flussauen der Elsenz und spannt sich zwischen ehemaliger Stadtmauer im Norden und Bahntrasse im Süden entlang der Elsenz bis zur Einmündung des Hilsbachs im Osten.

Im Planungswettbewerb mit 25 zugelassenen Teilnehmern konnte schließlich das Berliner Büro Planorama mit seinem Entwurf für Eppingens neuen grünen Bogen überzeugen. Das Konzept der Landschaftsarchitekten wird von der Jury als "mutig und erfrischend" beurteilt und für seine "konsequente Entwurfshaltung" ausgezeichnet: durch Verbindung der zersiedelten Flächen schaffen die Planer ein großzügiges, durchgängig grünes Band, das sich gefällig um die Altstadt schmiegt. Durch das sich immer wieder bis zur Elsenz aufweitende Parkband entsteht Raum und Weite für Erholungsräume und der lang ersehnte Zugang zu den Gewässern. Indem Elsenz und Hilsbach aus ihrem engen, begradigten Korsett befreit und im urbanen Kontext renaturiert werden, wird der verlorengegangene Bezug der Bachläufe zu ihren Auen wiederhergestellt und ökologisch wertvolle Rückzugsorte geschaffen. Der neugestaltete Freiraum wird durch die Berücksichtigung historischer Bezüge akzentuiert, während die Anforderungen an Klima und Nachhaltigkeit wie selbstverständlich in das Konzept integriert werden.

Vom "Bachwegle" zur "Wassernase"

Die anlässlich der Gartenschau realisierten Freiräume lassen sich in drei Bereiche gliedern: das sogenannte "Bachwegle" im Westen, den zentral gelegenen Weiherpark und den Mündungsbereich von Hilsbach und Elsenz im Osten.

Verbunden werden diese ganz unterschiedlich gestalteten Teilbereiche barrierefrei durch die Altstadtpromenade. Die 3,20 m breite, in Granit gefasste Fuß- und Radwegeverbindung führt konstant durch das grüne Band und nimmt den ehemaligen Verlauf des historischen Mühlkanals auf.

Rund um das Areal "Bachwegle" weisen etliche historische Spuren auf die Geschichte Eppingens hin: neben Teilen der denkmalgeschützten Stadtmauer aus Sandstein finden sich hier auch private Kleingärten, die sich bereits aus den historischen, ehemals sehr bedeutenden Nutzgärten entwickelt haben. Im Zuge der Neugestaltung wurden diese historischen Strukturen aufgenommen und fortgeführt, aber auch eine ökologische Renaturierung und der Ausbau des Hochwasserschutzes berücksichtigt. Glücklicherweise konnten einige der ehemals privaten Kleingartenparzellen gewonnen werden: der Flächentausch ermöglichte die Auflösung der zersiedelten und kleinteiligen Flächen zu einem großen Ganzen. Die so entstandenen, sich bis zur Elsenz aufweitenden "Parkfenster" schaffen nun Weite und öffnen den Blick auf artenreiche Blumenwiesen, gleichfalls dienen sie der Elsenz auch als neue Retentionsräume. Flache, begrünten Böschungen ermöglichen nun den ersehnten, direkten Zugang zum renaturierten Bachbett.

Nördlich der Altstadtpromenade, direkt an der historischen Stadtmauer gelegen, konnten wertvolle historische Nutzgärten über die Jahrhunderte erhalten werden. Angelegt nach historischem Vorbild werden Bestandsbäume und eine historische Gartenlaube in die Beete der Apotheker-, Duft- und Färbergärten integriert. Die historische Einfriedung aus beigen Sandsteinpfosten und Holzlatten wurden aufgenommen und durch Nachbildungen wieder vervollständigt. Sie wurden auch in den angrenzenden Privatgärten fortgeführt, um ein homogenes Bild zu erzeugen. Am nördlichen Ende der Gärten führen Stufen auf eine Terrasse aus farblich stimmigem, gelbem Granit, die der etwa 90 cm höherliegenden Stadtmauer vorgelagert ist. Filigran wirkende, eigens entworfene Bänke laden zum Sonnenbad ein, der Blick reicht über die bunten Gärten bis zur Elsenz. Die wärmende, mit Kletterrosen berankte Sandsteinmauer im Rücken, vermittelt der Ort Ruhe und mediterranes Flair. Historische Durchgänge in der Mauer schaffen eine direkte Verbindung in die malerische Altstadt.

Das angrenzende Traditionshaus "Zum Schwanen" wurde umfangreich saniert und zu einem Begegnungsort für Bürger:innen und Besucher:innen Eppingens. Um seine Funktion als sozialer Treffpunkt und Veranstaltungsort auch im Außenbereich widerzuspiegeln, entstand ein Baumbestandener, einladender Biergarten. Die teils prächtigen Bestandsgehölze werden zu einem lockeren Baumdach ergänzt, so dass sowohl sonnige als auch schattige Flächen für einen angenehmen Aufenthalt zur Verfügung stehen.

Folgt man der Altstadtpromenade vom Schwanenareal nach Osten, führt sie zum Bereich des neu entstandenen Weiherparks. Auftakt bildet der Kleinbrückentorplatz, eine Aufweitung an der Kreuzung mit der innerstädtisch bedeutsamen Bahnhofstraße. Als Stadteingang mit direkter Verbindung zu Markplatz und Rathaus musste der Platz auch vielen funktionalen Anforderungen gerecht werden. Geschickt wird dort durch kluge Aufteilung und Verwendung hochwertiger Materialien eine ästhetische Kombination aus städtischem Treffpunkt und funktionalen Nutzungen wie Parken, Anlieferung und Rettungsweg geschaffen. Das helle Asphaltband der Promenade, gefasst in hochwertigem Natursteinpflaster, zieht sich, von einer Baumreihe begleitet, durchgehend über den Platz.

"Panta rhei" - Das Brunnenband

Eines der eindrucksvollsten Gestaltungselemente der Gartenschau nimmt ebenfalls am Kleinbrückentorplatz seinen Anfang: entlang des ehemaligen Mühlkanals, der hier einst verlief, erinnert ein Band aus Brunnen an dieses für die Stadt so wichtige, historische Element. Auf etwa 290 m Länge säumen 14 individuell geformte, sogenannte Wassertische aus portugiesischem Granit die Promenade. Unterstützt durch die Topografie nehmen sie die Fließrichtung des ehemaligen Mühlkanals von West nach Ost auf. Dabei zeigt jeder der Brunnen ein anderes Wasserbild: mal sprudelnd, mal als still spiegelnde Oberfläche begleiten die abwechslungsreichen Wassertische sanft plätschernd den Stadtspaziergang und lassen ihn zur wahren Erholung werden.

In aufwendigen 3D-Simulationen wurde vorab jeder einzelne Tisch als Unikat entworfen, Form und Gefälligkeit wurde an maßstäblich verkleinerten Modellen überprüft. Die finalen Entwürfe wurden in Einzelstücken aufwändig mit CNC-Technik in Portugal gefertigt und per Lkw nach Eppingen geliefert.

Das plätschernde Brunnenband begleitend, führt die Promenade bis zum Steinplatz. Der direkt an die Altstadt grenzende Platz bildet einen weiteren Übergangsort von Stadt und Grün: südlich des Platzes springt die Landschaft zurück, der weite Bürgerpark öffnet sich und gibt den Blick frei auf Elsenz und neuen Stadtweiher.

Am Fuße des gründerzeitlichen Bahnhofs, in einer Senke gelegen, empfängt der Stadtweiher samt Fontäne Besucher:innen und rahmt das prächtige Stadtpanorama Eppingens förmlich ein. Eine großzügige Freitreppe führt hinunter auf die große, den Weiher an zwei Seiten flankierende Holzterrasse, die der Dächerlandschaft der Altstadt eine angemessene Bühne bietet. Die strenge Linienführung der mit edlem Eichenholz beplankten Terrasse steht dabei in spannendem Kontrast zur weichen Uferkante des Weihers und dem naturnahen, lieblichen Bachbett der Elsenz. Von dieser wurde der durch Grundwasser nachgespeiste Stadtweiher separat angelegt, ein schmaler Damm trennt die Gewässer. Durch seine Weite, erzeugt durch die ausgedehnte Wasserfläche und der darauf zu sehenden Spiegelungen von Himmel und Stadtsilhouette, bildet der Stadtweiher einen Gegenpol zur gegenüber thronenden Altstadt.

Auch am Steinplatz selbst wird das wiederkehrende Motiv des Wassers aufgegriffen: der große Wasserspielplatz sorgt am Rande der Altstadt für Aktion und Abkühlung. Das Thema "Wasser und Forschen" wurde weiterentwickelt und auf rund 700 m² zu konkreten Spielideen ausformuliert. Der Spielplatz hebt sich durch seine hölzerne Einfassung von der hochwertigen, mit Naturstein belegten Platzfläche ab. Eichenholzauflage und Lehne der großen, eigens für den Ort entworfenen Sonnenbänke leiten sich daraus ab. Während auf dem Platz ein generationenübergreifender Treffpunkt entsteht, spielt sich unterhalb des Platzes Hochtechnisches ab: Wasserreservoir und Technikraum von Brunnenband und Spielplatz wurden mit einem begehbaren Schacht unterhalb der Platzfläche eingebaut und so geschickt in das Gelände integriert.

Die markante und durch das Gelände leitende Altstadtpromenade findet am Altstadtring ihren Abschluss. Die Parkgestaltung wird jedoch östlich des Altstadtrings mit dem grünen Szigetvár-Platz aufgegriffen und setzt sich bis zum Übergang Eppingens zu den offenen Flächen am Stadtrand fort. Am Zusammenfluss von Hilsbach und Elsenz wird die sogenannte "Wassernase" ausgebildet. Der einst idyllische, als Badestelle genutzte Ort ging im Laufe der Stadtentwicklung verloren und war zuletzt kaum ablesbar. Das durch enge Hochwasserdämme geleitete Bett des Hilsbachs wurde im Mündungsbereich verbreitert und von Sediment- und Schlammablagerungen befreit, um diesem Ort seine ursprüngliche, natürliche Atmosphäre zurückzugeben. Einen Kontrast dazu bildet die markante geometrische Plattform der Wassernase.

Über Sitzstufen und Furten mit Trittsteinen werden die Bachläufe erleb- und querbar.

Brücken bauen

Im Hinblick auf die Stärkung der Verbindung von Altstadt und Freiraum sind - sowohl baulich als auch symbolisch - die insgesamt vier neuen, barrierefreien Fuß- und Radbrücken über die Elsenz bemerkenswert. Drei bestehende Brücken wurden durch Neubauten ersetzt, während die Brücke am Stadtweiher eine neu konzipierte Verbindung zum Bahnhof bildet. Entworfen wurden die Brücken mit Spannweiten von bis zu 15 m von den Planern selbst. Trotz hoher Anforderungen durch Renaturierung und Hochwasserschutz entstanden filigran anmutende Bauwerke. Belegt mit gesägtem Granit, Geländern aus schlanken, pulverbeschichteten Stahlprofilen und Handläufen aus Eiche zeichnen sich die Brücken nicht zuletzt durch ihre edle Materialwahl aus. Durch das nachhaltige Konzept und die konsequente Verwendung hochwertiger Materialien, wie Sandstein aus der Region und europäischem Granit aus Portugal, wurden dauerhafte Elemente geschaffen, die noch lange nach der Gartenschau erhalten bleiben. Unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte und der Adaption historischer Bezüge entstand entlang der Altstadt ein zeitgemäßer Park, der sich durch eine hohe Gestaltungs- und Nutzungsdiversität auszeichnet und positive Impulse für die Lebensqualität in Eppingen setzt.

Planorama Landschaftsarchitektur
Maik Böhmer
Sprengelstraße 15, 13353 Berlin
www.planorama.eu, info@planorama.eu
Planungs- und Bauzeit: 2016 bis 2021
Fläche Daueranlage: 5 ha

Dipl. Ing. Katrin Paczulla
Autorin

Planorama Landschaftsarchitektur

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