Aufgaben, Herausforderungen und Lösungsansätze

Begrünung der Städte im Klimawandel

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Extremwetter Bauwerksbegrünung
Abb. 1: Grüne Werte durch Dachbegrünung: umfassende Ökosystemdienstleistungen durch substratlose Dachbegrünung, Eigenversuch Fa. Dernbach, 2006, mit niedrigem Ressourceneinsatz und hoher Biodiversität, viel Biomasse-produktion, hohe Verdunstungsleistung. Abbildung: Dernbach, Laue

Die wohl größte Aufgabe der Menschheit ist in den kommenden Jahrzehnten, ihren um mehr als zweifach möglichen ökologischen Fußabdruck mindestens um die Hälfte, und somit der eigentlichen Biokapazität der Erde entsprechend, zu reduzieren. Dieser seit den 70er-Jahren stetig wachsende "Overshoot" hat vor allen Dingen seine Ursache in dem übermäßigen Ressourcen- und Energieverbrauch und ist die Hauptursache für den beschleunigten Klimawandel.

Der Klimawandel macht sich auf Grund der besonderen Eigenart insbesondere in Städten und somit für mehr als ca. 70 Prozent aller Menschen besonders stark bemerkbar. Eine Vielzahl an Strategiepapieren, Leitfäden und Forschungsberichten zur Klimaanpassung auf der ganzen Welt resümieren dabei immer nur eine Lösung: Die moderne Stadt ist ressourcenschonend, resilient und vor allen Dingen grün. Sie ist in dem Zusammenhang umfassend begrünt und schont alle sensiblen Umweltgüter Boden, Wasser, Luft, Flora sowie Fauna. Die moderne Stadt integriert Schwammstadtprinzipien und vernetzt grün/blaue Infrastruktur. Ganzheitliche ökologische und ökonomische Lösungsansätze müssen in diesem Zusammenhang von selbstbewussten Landschaftsarchitekten und Landschaftsbauingenieuren mitgestaltet und gegebenenfalls auch bestimmt werden. Jegliches Handeln der meisten baubezogenen Disziplinen sind aus ökologischer Sicht immer als Eingriffe in den Naturhaushalt zu werten. Zukünftige Verbesserungen können dort diese minimieren aber in der Regel nicht verhindern. Ganz anders in Landschaftsarchitektur und Landschaftsbau: Der eigentliche Eingriff ist aus einer selbstverständlichen Berufsethik heraus eigentlich immer mit der Initiierung und Lenkung von (natürlichen) Prozessen verbunden. In diesem Zusammenhang stellen die Umweltgüter Boden, Wasser, Klima, Flora und Fauna ihre Ökosystemdienstleistung zur Verfügung. Dieser besondere Wert sollte in den Diskussionen zum Klimaanpassungsprozess untereinander und mit anderen Interessensvertreter der gebauten Umwelt stärker betont werden.

Derzeitiger Ressourcenverbrauch beschleunigt den Klimawandel

Gemäß dem Global Footprint Network¹ liegt der ökologische Fußabdruck Deutschlands derzeit bei 2,3 (bezogen auf die rechnerische Biokapazität der Erde). Das bedeutet, Deutschland handelt und lebt derzeit so, als wenn uns 2,3 Erden zur Verfügung stehen. Seit 1971 ist die weltweite Nachfrage nach natürlichen Ressourcen im "Overshootbereich" der eigentlichen Biokapazität und derzeit würde die Erde rechnerisch mehr als anderthalb Jahre benötigen, um den Verbrauch eines Jahres zu decken. Diese Sachlage ist für die Menschheitsgeschichte noch nie vorgekommen, sie wird als Hauptgrund für den beschleunigten Klimawandel genannt, Probleme sind mittlerweile bis ins private Umfeld jedes Menschen spürbar und die Rückstellung auf ein nachhaltiges Maß stellt die größte Herausforderung der nächsten Jahrzehnte dar. Die Bauwirtschaft gehört insbesondere in Deutschland durch immense Investitionsvolumen und damit verbundene Wertschöpfungsprozesse zu einem der größten Volkswirtschaftssektoren. Sie verbraucht aber auch in diesem Zusammenhang insbesondere in urbanen Räumen große Anteile an Primärenergie und Rohstoffen. "(. . . )

Rund 50 Prozent aller nicht nachwachsenden Rohstoffe werden durch das Bauwesen beansprucht, das gleichzeitig für ca. 60 Prozent des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich ist." (. . . )². Das betrifft auch den Landschaftsbau, der sich in den letzten Jahrzehnten stetig gesteigert hat. Das heißt alle Baudisziplinen müssen sich intensiv der Verantwortung von Ressourcenverbrauch, für Klimaschutz und Energieeffizienz stellen. Gerade in urbanen Räumen kommen Umweltproblematiken besonders stark zum Tragen. Städte haben auf Grund ihrer besonderen Morphologie insbesondere mit verstärkten Extremsituationen des zunehmenden Klimawandels zu kämpfen³. In der aktualisierten Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2021 werden Anforderungen des nachhaltigen Bauens aufgelistet: "(. . . ) die Energieeffizienz und Klimaneutralität, Erhalt der Biodiversität, die Ressourcenschonung und Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, die Reduzierung des Flächenverbrauchs, die nachhaltige Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen (. . . ) sowie die Sicherung von Gesundheit und Komfort von Nutzern. (. . . )"4

Für einen Großteil der aufgezeigten Probleme wird als Lösungsansatz die "Grüne Stadt" propagiert. Unser Berufsstand steht somit vom Auszubildenden bis zum Hochschullehrer im unmittelbaren Fokus zukünftig veränderter Entwicklungen. Wir werden stärker als zuvor an diesen Veränderungen mitwirken. Es werden eine Vielzahl an Anforderungen und Fragen auf uns zukommen. Die Frage ist, ob unserer Berufsstand darauf passend vorbereitet ist? Grundsätzlich gilt es, Bestands- und Neuanlagen der gebauten Umwelt ressourcenschonend, demateriell, resilient, vernetzt sowie im Umgang mit den Umweltgütern (Klima, Wasser, Boden, Flora, Fauna) dem Wert entsprechend reflektiert zu entwickeln. Nur so lassen sich aktuelle und zukünftige Probleme für eine lebenswerte Umwelt sinngebend gestalten. Dafür sind auch die eigentlichen Ökosystemdienstleistungen von gesunden Umweltgütern unbedingt stärker in den Diskussionsprozess mit einzubringen. Welche ökologischen (aber auch damit zusammenhängenden ökonomischen und sozialen) Leistungen sind für eine gesunde und resiliente Freianlage für lokale Nutzer sowie für globale Zusammenhänge zu nennen? Wieviel beispielsweise CO2-Sequestrierungen (Speicherung von Kohlenstoff) sind für bestimmte Gehölzstrukturen anzunehmen und welches Potential steckt in einer Begrünung für eine zukünftig geforderte CO2-Neutralität?5 Das sind besondere und elementare Werte, die uns und unsere gestalteten Freianlagen "systemrelevant" machen. Wieviel anteilige Verdunstungskühlung gehen beispielsweise von einer quartierbezogenen Grünanlage aus?

Neben Leistungen und der grundsätzlichen Notwendigkeit von Dematerialisierungen (rechnerisch um den Faktor 10/X ermittelt6) bietet unser Berufsstand vielfältige Lösungsansätze für eine zukunftsfähige und begrünte Stadt. Dabei sollte mehr denn je zum einen der reflektierte Umgang mit den Umweltgütern, eine Ressourcen minimierter Einsatz und zum anderen das prozesshafte Handeln für einen sich stetig ändernden Ort (dieser sollte nicht als ein Zustand verstanden werden) tief im Selbstverständnis unseres Berufsstandes verankert sein. Jedoch erscheint dieses oft nicht allen gleichermaßen bewusst zu sein. In den letzten Jahren haben wir uns in Teilen weit vom Grundverständnis des Berufsstandes entfernt: Wir versprechen weniger lebenswerte Freianlagen (die einem spannenden stetigen Wandel unterliegen) sondern nicht selten ein statisches Bild, welches man "beherrschen" möchte. Wir werben bei Nachwuchskampagnen mit Slogans wie "sag der Natur wo es langgeht" oder "einer wie Du bringt Ordnung in den Großstadtdschungel".7 Der sensible und kreative Umgang mit einer sich stetig verändernden Umwelt wie zum Beispiel mit dem Umweltgut Pflanze ist seit Jahren deutlich in den Hintergrund getreten. Insofern kann auch keine Verantwortung dieser angenommen werden. Oft spielt der Faktor Zeit, der ökonomische Zwang oder ein schneller Erfolg eine größere Rolle als das ursprüngliche Grundverständnis von gärtnerischer Begleitung. Für die nachwachsende Generation von Studierenden ist aber ein deutlicher Umbruch festzustellen: Unter anderem vermutlich auch durch die Fridays for Future-Initiativen drehen sich aktuelle Diskussionen genau um dieses genannte Selbstverständnis unseres Berufsstandes. Teilweise eindimensionales ökonomisches Zwangshandeln der Praxis wird zunehmend in Frage gestellt oder sogar abgelehnt. Dieser deutlich gewachsene Idealismus für die wirklichen Aufgaben unseres Berufsstandes heute sind für die Autoren generationsübergreifend mit den Ursprüngen der "Landespflege" der 60er und 70er-Jahre vor 50 Jahren zu vergleichen.

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Abb. 2: Leistung von Grün, statistische C02 Neutralitätskalkulationen zweier Stadtplatzvarianten: 1x nach 300 Jahren bei angenommener Komplettversiegelung und ohne Grün, 1x nach 9 Jahren mit waldartigen Baumbestand und offenporigen befestigten Flächen. Grundlage: Pathfinder von ClimatePositiveDesign.com, Masterthesis Sara Parhoun, TH OWL Abbildung: Dernbach, Laue

Zukünftige Handlungsfelder und Transformationsbereiche

Welche Handlungsfelder und Transformationsbereiche betreffen Freianlagen und unseren Berufsstand mit ihren Facetten? Hierbei ist zunächst entsprechend der Problemlage nach zwei Notwendigkeiten zu differenzieren: Zum einen ist eine deutliche Dematerialisierung endlicher Ressourcen zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks wichtig und zum anderen sind die Auswirkungen des beschleunigten Klimawandels eben durch den derzeitigen überproportionalen Fußabdruck abzumildern. Dafür werden gemäß der Weiterentwicklung zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2021 (DNS 2021) sechs Transformationsbereiche genannt: unter anderem auszugsweise "Energiewende und Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Nachhaltiges Bauen (. . . ), eine schadstofffreie Umwelt und menschliches Wohlbefinden(. . . )"8. Für alle Bereiche der Planung bieten zunächst im täglichen Handeln definierte Kriterien der Nachhaltigkeit zum Beispiel durch den "Leitfaden Nachhaltige Freianlagen" der FLL9 Hilfestellung zur grundsätzlichen Beurteilung des eigenen Handelns. Zudem bieten neue Software Lösungen wie ENVI-met¹0 oder der Pathfinder von ClimatepositiveDesign¹¹ im Planungsprozess Unterstützung. Ergänzend liefern spezialisierte Unternehmen mit ihren Instrumenten wie beispielsweise Greenpass¹² oder Greenscenario¹³ analytische Unterstützungshilfe. Im Bereich Landschaftsbau steht zunächst der sinngebende Verstand zum eigentlichen Zweck einer Freianlage im Vordergrund. Wir gehen wir mit Bestand, Boden und Zusammenhängen um? Inwieweit lohnen sich schonendere und klassische Behandlungsmethoden des Gärtners für zukünftige Ziele? Inwieweit macht es Sinn, Bodenarbeiten im regnerischen November durchzuführen? Inwieweit lohnen sich sommerliche Pflanzungen mit Containerware für Pflanzenausfall im kommenden Jahr? Und wie nachhaltig sind realisierte Schottergärten oder unreflektierte Wünsche der Kunden für dauerhafte Auftragslagen? Im Weiteren werden zunächst definierte oben genannte Transformationsbereiche und deren Bezüge zu den Grundsätzen unserer Profession aufgeführt.

Transformationsbereich Energiewende

Der Transformationsbereich Energiewende und Klimaschutz fokussiert im Wesentlichen die Reduktion schädlicher Treibhausgase. Die Treibhausgasneutralität soll in Deutschland 2050 erreicht werden (VN Klimaschutzgipfel New York). Hier geht es um den Umbau der Energiewirtschaft und unter anderem als Kernelement des Klimaschutzprogramms 2030/Klimaschutzgesetz um nationale CO2-Bepreisung. Das wird Auswirkungen auf den Ressourcenverbrauch generell haben. Zum Beispiel werden Preise für energetisch aufwendig konstruktive Elemente im Platz- und Wegebau, für Transportwege weit exportierter Baustoffe oder auch allgemein Treibstoffe für Maschinen mit konventionellen Antriebstechniken steigen. Das bedeutet für unseren Berufsstand generell, dass materialintensive Bauprojekte zukünftig anders betrachtet werden müssen. Hier sollten grundsätzliche Handlungsweisen mit weniger materialintensiven Lösungen diskutiert werden. Beispielsweise hat die Deutsche Bundesgartenschaugesellschaft sinngemäß Absichten für ein zukunftsfähiges Wirtschaften formuliert.¹4 In diesem Zusammenhang liegt es in der Natur der Sache unserer Berufsgruppe, dass wir wieder mehr aus dem Ursprungsgedanken des Gärtnerns heraus denken sollten. Inwieweit bekommt der Grundsatz "von Entwickeln aus dem Bestand heraus" wieder mehr Bedeutung? Inwieweit kann das "Wachsen und Entstehen" und das "Prozesse initiieren und begleiten" in diesem Zusammenhang wieder mehr in das tägliche Entwickeln, Planen und Beraten Einzug erhalten? Da wir aber primär nur gemäß anteiliger Bausumme für ein fertiges (und in der Regel statisches) Werk bezahlt werden, sind solche eigentlich ursprünglichen Denkmuster unseres Berufsstandes unattraktiv. In diesem Zusammenhang bedarf es Aufklärung und Veränderungswille. Wie wertvoll ist eine Begleitung durch fachgerechte Pflege und Entwicklung eines Freiraums für den Kunden bei gleichzeitig günstigerer, weil materialextensiver Bausumme, und wie wertvoll ist das für dauerhafte Einnahmen eines Unternehmers? Hier gilt es, vor allen Dingen auch die eigentlichen Leistungen (ökologische, soziale, ökonomische) und fachbezogenen Besonderheiten (Kompetenz richtiger Pflege und Entwicklung contra "Hausmeisterservice") unserer Freianlagen stärker in Wert zu setzen! Eine noch sich entwickelnde Freianlage ist oft wertvoller als eine fertige materialintensive Anlage mit beispielsweise neu gepflanzter Pflanzcontainerware bestückt. Dort übersteigt der ökologische Fußabdruck der Herstellung zusammen mit der intensiven Betreuung weit das "normale" gärtnerische Begleiten einer sich noch entwickelnden Freianlage.

Der ökologische Wert einer Anlage drückt sich derzeit immer mehr in einer gesellschaftlichen Akzeptanz aber nicht unmittelbar in einem geldwertenden Vorteil für Unternehmer oder Planer aus. Das wird sich aber langfristig durch gesetzliche Vorgaben oder durch Umlagen wie zum Beispiel CO2-Bepreisung ändern. Derzeit kann aber der bewusstere Umgang mit den Umweltgütern (Anerkennung der ökologischen Werte) als Marketinginstrument genutzt werden. Zukünftige Freianlagen sollten stärker als bisher Informationen zur ökologische Wertigkeiten (Ökosystemdienstleistungen) einer Freianlage vermitteln: Wieviel Hochwasserschutz, wieviel Kühlwirkung für ein Quartier, wieviel CO2-Sequestrierung von Baumpflanzungen oder wieviel Anpassungsfähigkeit im Kontext des Klimawandels liefern beispielsweise die eigenen Freianlagen? Neuanlagen aber auch veränderte Bestandsanlagen sind ebenso wie in anderen Bereich der Bauwirtschaft in der Regel als Eingriff zu werten. Jedoch steht unsere Disziplin im Gegensatz zu anderen Baudisziplinen auch für verbesserte Leistungen (im Bestand) und kann zudem Plusbilanzen liefern (CO2-Sequestrierungen etc.). Solange konkrete Gesetzanforderungen dieses Handeln noch für die Objektebene offenlassen, kann aber solch ein wichtiges in-Wert-Setzen der Anlagen bereits als Marketinginstrument für Auftragssicherung und für eine bestimmte Klientel an Kunden angeboten werden. Hier gibt es beispielsweise über die genannten Softwareanwendungen oder über die Lösungsansätze spezialisierter Unternehmen die Möglichkeit, effektive Leistungen der Freianlagen quantifizierbar und somit vermittelbar zu machen (Abb. 2).

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Abb. 3: Den Freiraum als Prozess betrachten, Metamorphose des Hochofenwerks Thyssen Meiderich in einen Landschaftspark, Landschaftspark Duisburg Nord, Projektteam Latz + Partner, Latz-Riehl, G. Lipkowsky, Planung und Realisierung 1990–2002. Foto: H. Laue, 2009

Transformationsbereich Kreislaufwirtschaft

Der Transformationsbereich Kreislaufwirtschaft der DNS 2021 fordert ein "(. . . ) weitgehendes Entkoppeln der Konsum- und Produktionsaktivitäten vom Ressourcenverbrauch. Konsumieren und Produzieren müssen innerhalb der planetaren Grenzen stattfinden.(. . . )". In diesem Zusammenhang sind auch für unseren Berufsstand zwei Dinge hervorzuheben: Ressourceneffizienz (effiziente Nutzungen) und Rückführung (oder Recycling). Beide Handlungsmuster entsprechen eigentlich den ursprünglichen Grundsätzen unserer Disziplin: Beispielsweise bieten unterschiedliche Bodenstandorte unterschiedlicher Flora und Fauna entsprechende Wachstumsentwicklungen. Werden beispielsweise aber auf kalkreichen Bodenstandorten Pflanzen mit sauren Bodenansprüchen gesetzt, kann nur mit aufwendigen und somit mit nicht effektiven und effizienten Mitteln des Bodenaustausches oder -ersatzes ein kurzzeitiges Bild erzeugt werden. Insbesondere der Umgang mit Pflanzen aber auch der Umgang mit Materialien sollte der Ressourceneffizienz und dem Kreislaufgedanken entsprechen. Es ist ein ureigener Gedanke des Gärtners, in Kreisläufen und vom Standort her zu denken. Derzeit bestimmen aber nicht selten ökonomische Gesetzmäßigkeiten oder auch ästhetische Modevorstellungen die Entscheidungen. Importnatursteine aus China tragen trotz möglicher technischer oder ästhetischer Qualitäten einen gigantischen CO2-Rucksack. Recycling und Rückführungsaspekte sollten wesentliche Argumente zur Auswahl geeigneter Materialien sein und beispielsweise WPC belegte Oberflächen sollte die Ausnahme bleiben (nur bei gesicherten Rückführungsprozessen). Dieses sollte in Rückbesinnung auf alte Werte aber auch im Vorgriff kommender Gesetzesvorgaben sich ändern.

Die Transformationsbereiche Nachhaltiges Bauen, eine schadstofffreie Umwelt und menschliches Wohlbefinden fokussieren im weiteren qualitätsbezogene Entscheidungen zur Nachhaltigkeit. In diesem Zusammenhang ist zunächst der grundsätzliche transformative Gedanke für Freianlagen zu nennen. Freianlagen sind langlebige aber sich stetig verändernde Räume. Darin liegt ihr ureigener Reiz und so sind sie auch zu kommunizieren. Projective Ecologies (2014) von dem amerikanischen Landschaftsarchitekten Chris Reed betont zum Beispiel die Besonderheit des Prozesshaften einer Freianlage. Sukzession, Vergänglichkeit und Veränderung sind stetige Begleiter unserer Anlagen. Dieses ist ein besonderer Wert, der als stetiges Wachstum und als unendliche Quelle von Kreativität und Veränderung begriffen werden kann. Zudem betont die DNS 2021, im weiteren seien Klimaneutralität und Ressourcenschonung nicht länger als fakultative Zusätze zur Erfüllung aller Anforderungen zu behandeln. Diese Anforderungen müssen sämtliche Planungs- und Investitionsentscheidungen durchdringen. Das bedeutet, dass insbesondere die positiven und negativen Wirkungsweisen unseres Handelns auf die Umweltgüter sowie auf die lokale und globale Umwelt benannt werden müssen. Insbesondere grüne und blaue Teilbereiche können ausgleichen, verbessern und Leistungen erbringen. Dabei sind auch die Auswirkungen von Schadstoffen und schädigende Einflüsse durch Naturgewalten im urbanen Raum zu nennen. Auch hier liefern Freiräume wichtige Ausgleichfunktionen. Schadstoffkonzentrationen können bei richtigem Einsatz von Substraten und Pflanzen als unschädliche Rohstoffe absorbiert werden. Unsere Profession benötigt aber unbedingt mehr Wissen zu den eigentlichen Ökosystemdienstleistungen einzelner Strukturtypen des Freiraums und wie diese zu nutzen sind. Hier ist kreatives Unternehmertum und neugieriges Forschungsinteresse notwendig, um Wissenslücken zu schließen. Es fehlen qualitätsgleiche ökologische Werte für Freianlagen.

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Abb. 4: Ausgewählte ökologische und ökonomische Leistungen unterschiedlichen Begrünungsformen, H.Laue, zusammengetragen und ergänzt (vgl. Quellenangaben), 2021, besonders gekennzeichnet in orange sind positive klimatische Effekte auf die Reduktion des Hitzestress und auf verminderten Regenwasserabfluss (Schwammstadtprinzip). Abbildung: Dernbach, Laue

Die Grüne Stadt - was leistet das Grün für den Klimawandel?

Das damalige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit startete ausgehend von allgemeinen Verbesserungen zur Lebensqualität 2013 eine langfristige Initiative für grünere Städte. 2015 entstand das Grünbuch Stadtgrün und mündete im Jahre 2017 in das Weißbuch Stadtgrün¹5 mit zehn Handlungsfeldern eines verantwortlichen Handelns. In diesem Zusammenhang werden auch notwendige Forschungscluster definiert. Auszugweise und mit Zusammenhang Klimawandel sind zu nennen: grüne Flächenressourcen der Stadt nutzen und ausbauen, Begrünung von Bauwerken, Grundlagen für kompakte und funktionsgemischte grüne Stadtstrukturen schaffen, Berücksichtigung der Kühlleistung und der Klimaschutzfunktion von Böden in der räumlichen Planung, Umsetzung von grüner Infrastruktur in urbanen Räumen, Wert von Stadtgrün herausarbeiten. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welche Leistungen als Beitrag unseres Berufstandes auszugsweise bereits genannt werden können? Dafür hat beispielsweise das Handbuch Stadtklima¹6 des Landes NRW fünf städtische Problemfelder definiert: Wärmeinseln, Windfeld, Niederschlag, Luftfeuchtigkeitsverhältnisse sowie Luftqualität. Neben einer globalen oben genannten Verpflichtung für grundsätzlich verbesserte Ressourcennutzung als Beitrag zur Reduktion des ökologischen Fußabdruckes sind hier eindeutige Handlungsbereiche mit Bezug zur Grünen Stadt angesprochen.

Das Problemfeld städtische Wärmeinseln ist im Wesentlichen auf Baumasse und die besondere Struktur einer Stadt zurückzuführen. Insbesondere kurzwellige und energiereiche Strahlungseingänge führen durch Absorption, Speicherung und in der Struktur stattfindende Reflektion in der Energiebilanz zu einem Ungleichgewicht (im Vergleich zum ländlichen Umland). Hier geht es neben problematischer Stadtstruktur (Sky View Faktor/eigeschränkter Winkel zum Himmel zur Rückstrahlung) und nicht reflektierenden Oberflächen (niedrige Albedo, Asphalt etc.) vor allen Dingen um fehlende Ausgleichsfaktoren wie beispielsweise durch Verdunstungskühlung (aber auch durch Verschattung). Hier können insbesondere Grünstrukturen einen wertvollen Ausgleich schaffen. Allgemeine Leistungen zur Hitzereduktion liegen selbst bei kleineren Freianlagen im Sommer bei ca. 5 bis 20°¹7 gefühlter Temperatur (PET). Mit unterschiedlichen Anwendungen wie beispielsweise ENVI-MET lassen sich unterschiedliche Grünstrukturen differenzieren, (über Blattflächenindex etc.) simulieren und quantifiziert darstellen. Das "Kuras-Projekt"¹8 betont unter anderem eine besondere Leistungsfähigkeit bewässerter Baumrigolen und Wasserflächen zur Hitzereduktion. Durch gesicherte Wasserverfügbarkeit geht von den Bäumen eine besondere Verdunstungsleistung aus. Zudem werden vielschichtige, verbessernde ökologische Effekte in Steckbriefen zusammengetragen. Das DBU-geförderte Projekt "Optimierung der Evapotranspirations- und Kühlleistung extensiver Dachbegrünungen"¹9 betont unter anderem unterschiedliche Bewässerungsmöglichkeiten und Kühlleistungen von Extensivdachbegrünungen. Eine kostengünstige und einfache Technik. In der Regel können nur intensive Dachbegrünungsformen einen nennbaren Beitrag zur Verringerung des städtischen Wärmeinseleffektes liefern, da Extensivbepflanzungen bei Wassermangel ihre Verdunstungsleistung einstellen. Oft verhindern technische (Gewicht) oder ökonomische (Kosten) Gegebenheiten die Möglichkeit, Intensivbegrünungen als Anpassungsmaßnahmen für den Klimawandel für Bestands- oder Neubegrünungen auch umzusetzen. Das oben genannte, geförderte Projekt resümiert eine Umwandlung der eingehenden Globalstrahlung in latente Wärme bei Sedum-Begrünungen mit 25 Prozent, bei bewässerten Formen mit über 50 Prozent und bei gezielt bewässerten Gräser-Kraut-Vegetationen mit sogar mehr als 70 Prozent. So lassen sich durch einfache technische Systeme der Extensivbegrünungen auch große Beiträge zum städtischen Wärmeinseleffekt erzeugen. Zusammenfassend betonen viele Initiativen und Forschungsergebnisse auch die Besonderheit bewässerter Flächen wie technische Feuchtgebiete²0 oder "urban wetlands".

Das Problemfeld städtisches Windfeld ist auf unsere Branche bezogen ein in Deutschland weitestgehend unbespieltes Feld. Hier sind wichtige Erkenntnisse aus der Stadtklimatologie und aus Initiativen anderer Länder wichtig. In Skandinavien aber auch in den Niederlanden forschen Landschaftsarchitekten gemeinsam mit Architekten, Städteplanern und Klimatologen an gemeinsamen Lösungen. Festzuhalten ist, dass Grünstrukturen auch hier einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung negativer Effekte leisten können: Windbremsungen sind zum einen bezogen auf den spürbaren Wirkungsraum immer effektiver durch transparente Barrieren zu erreichen (z. B. durch Begrünungen). Zum anderen werden im großräumlichen Zusammenhang städtische Belüftungen primär durch größere blaue- und grüne Infrastruktur möglich gemacht. Hier geht es zum einen um wichtigen Luftaustausch und zum anderen im Mikroklima um Minimierung von negativen Maximaleinflüssen durch Wind. Im Weiteren sind Begrünungen wichtige Partner der Luftreinigung: Insbesondere die Absorption schädlicher Luftschadstoffe. Unterschiedliche Studien benennen Reinigungsleistungen von ca. 2 bis 20 Prozent²¹. Die ökologische Leistung bezieht sich dabei auf die Reduktion der Partikelkonzentration in der Luft durch Vegetation. Dieses ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Windgeschwindigkeit, Staubkonzentration, Vegetationsformen und Platzierung in der Windrichtung zur Emission und vor allen Dingen von der absorbierenden Oberfläche der Vegetation.

Das Problemfeld städtischer Niederschlag bezieht sich hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels auf extreme Niederschlagsereignisse, auf vermehrte Trockenperioden und zunehmende Überflutungsszenarien. Beispielsweise haben Städte am Rhein mit größeren Niederschlagsereignissen und damit auch verbundenen Überflutungsproblematiken zu kämpfen. Städte wie beispielsweise Köln verlangen für bestimmte Bereiche Berechnungsdimensionierungen und Anpassungen an mögliche 100-jährige Hochwasserereignisse. Das Land Berlin hat mit vielschichtigen Anpassungsstrategien an die Klimaveränderungen²² unter anderem mit dem Stadtentwicklungsplan Klima wichtige Weichen zur Klimaanpassung gestellt. Es geht um vielschichtige Strategien, die alle oben genannten Auswirkungen in ein ganzes System zusammentragen. In diesem Zusammenhang erfordern neben zunehmenden Extremniederschlägen auch lange Trockenheitsperioden in Berlin besondere Anpassungsmaßnahmen. Weitere Kommunen haben eigene Anpassungskonzepte entwickelt (Karlsruhe, Bremen, Bochum, Bottrop, Dresden, usw.).

Extremwetter Bauwerksbegrünung
Abb. 5: Windvergleichsstudien bei unterschiedlichen Anströmgeschwindigkeiten hinter durchlässig grünen Elementen (Hecken, Bäumen) und undurchlässigen harten Barrieren (Mauern, Gebäuden), größte Kontraste bei undurchlässigen Barrieren. Abbildung: Dernbach, Laue
Extremwetter Bauwerksbegrünung
Abb. 6: Konfliktbereich Straßen: Lösungsansätze für Wurzel-, Leitungs- und Gebäudebereiche: Rohverkapselungen und nachhaltige Abdichtungen, z. B. Dernoton, Fa. Dernbach, Dernbach 2020, bearbeitet Laue, 2021. Abbildung: Dernbach, Laue

Hindernisse, Schnittstellen und Perspektiven für unseren Berufsstand im Klimawandel

Unser Berufsstand wird insbesondere für zukünftige Aufgaben der Klimaanpassungen ganz besonders gefordert sein: Dabei spielt der sensible, reflektierte und kompetente Umgang mit den Umweltgütern Klima, Wasser, Boden, Flora und Fauna eine besondere Rolle. In diesem Zusammenhang sind die Verantwortlichen für Auszubildende, Meistern, Technikern und Studierenden gemeinsam gefordert, die richtigen Weichen zu stellen. Dabei sind Barrieren zwischen berufsinternen (Landschaftsbau, Landschaftsarchitektur, Landschaftsplanung) und berufsexternen Disziplinen (Landschaftsarchitektur, Architektur, Klimatologie, Wasserwirtschaft, etc.) abzubauen und Synergien neuer Zusammenarbeit zu nutzen. Hier sind auch räumliche Ansprüche und gesetzte Grenzen neu zu denken. Wer beansprucht welchen Raum und wie sind Ansprüche aller weniger nach einfachen physischen Grenzen, sondern vielmehr nach systemischen Grenzen zu betrachten? Ein einfaches Beispielbild stellt der Straßenbaum dar: Hier gehören unterschiedliche Konflikte zum Tagesgeschäft. Es geht um gesellschaftlichen und politischen Druck von Begrünung, dagegen sprechen Versorgungsansprüche, Infrastruktur und Anforderungen des Verkehrs und im Weiteren sind Regressansprüche durch Schäden vorzubeugen. Durch eine sachliche Betrachtung eigener Notwendigkeiten können aber gegebenenfalls neue Anforderungen definiert werden. Das Institut für Unterirdische Infrastruktur (IKT)²³ widmet sich beispielhaft diesen Konflikten und versucht neue Ansprüche, sinngebende Systemgrenzen und besondere technische Lösungen zu vermitteln. Neue digitale Techniken verknüpfen hilfreich neue Zusammenhänge und Ansprüche (BIM).

Das grundsätzlich nachhaltig zu agieren ist, ist Gesetzeswille. Dies wird unter anderem aus dem ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit bereits im Grundgesetz (GG) in Art 20a aufgegriffen, "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen (. . . ) durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung." In diesem Sinn formulieren insbesondere das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) nachhaltige Funktionen des Naturhaushaltes und die Sicherung dieser. Insofern sollte davon auszugehen sein, dass zukunftsorientierte Werte der Nachhaltigkeit wie beispielsweise Klimaschutz auch in den Umsetzungsprozessen von Planung und Bau die Regel sind. Jedoch werden Begrifflichkeiten entweder sehr allgemein formuliert oder sind derzeit nur für übergeordnete Maßstäbe der Bauleitplanung verbindlich vorgegeben. Auf der Ebene der Objektplanung und Umsetzung sind verbindliche rechtliche Vorgaben auf einzelne Aspekte verengt oder noch nicht umgesetzt. Es ergeben sich Lücken zwischen übergeordneten Handlungsvorgaben, Theorie und Praxis. Insofern bleibt das ganzheitliche Handeln oft von den Idealen der Bauherren, der Planer oder der Landschaftsbauer abhängig. Langfristig werden aber die verschiedenen Strategien und Leitfäden in geltendes Recht bis in die Objektebene umgesetzt. Entweder direkt oder indirekt. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass sich unser Berufsstand seiner besonderen ökologischen Werte als Beitrag zur positiven Klimabeeinflussung bewusst wird. Diese systemrelevanten Werte unserer Freianlagen können aber nur durch einen reflektierten Umgang mit den Umweltgütern ihre volle Wirkung entfalten. Dieses liegt in dem Ursprungsgedanken des "Gärtnerns" verankert.

Prof. Dr.-Ing. Hendrik Laue
Autor

Hochschule Ostwestfalen-Lippe

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