Rede der BA-Chefin auf dem BGL-Verbandskongress in Mannheim

Nahles nennt Stellhebel, um den Fachkräftemangel zu lindern

Obgleich in den vergangenen zehn Jahren die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Garten- und Landschaftsbau mit 42 Prozent deutlich stärker gewachsen ist als die Gesamtbeschäftigung (+18%), wird die Berufsgattung "Fachkraft, Berufe Garten-, Landschafts-, Sportplatzbau" als Engpassberuf bewertet. Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), präsentierte dem Kongress des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in Mannheim Stellhebel, die Unternehmen nutzen können, um ihren Fachkräftemangel zu lindern.
Ausbildung und Beruf
Der scheidende BGL-Präsident Lutze von Wurmb bedankte sich bei Andrea Nahles für ihre Rede mit einem Landschaftsgärtner-Schirm. Foto: Bernhard Kreutzer/BGL

Ausbau der Erwerbsbeteiligung von Frauen

Erster Stellhebel ist der Ausbau der Erwerbsbeteiligung von Frauen: Dort ist noch "Luft nach oben", hat Nahles festgestellt. Knapp die Hälfte der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeitet in Teilzeit wie Minijobs, Selbstständige oder mithelfende Familienangehörige. Fast jede zehnte von ihnen würde ihre Arbeitszeit gerne erhöhen, im Schnitt um zwölf Wochenstunden.

Die BA-Chefin empfiehlt, mit diesen Frauen das Gespräch zu suchen und zu besprechen, was getan werden kann, damit sie statt 20 künftig 30 Stunden die Woche arbeiten. Dann müssten passende Arbeitszeitmodelle her, die Kinderbetreuung und Beruf unter einen Hut bringen können. Im GaLaBau sieht Nahles Potenzial den Frauenanteil in der Belegschaft zu erhöhen, denn nur 20 Prozent sind Mitarbeiterinnen. In den Landschaftsarchitekturbüros arbeiten dagegen bereits 60 Prozent Frauen.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Landschaftsplaner (m/w/d), Elmshorn  ansehen
Bachelor of Science (B. Sc.) bzw. ..., Iserlohn  ansehen
Gärtner (m/w/d), Mühlacker  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Ausbildung und Beruf
Erster Stellhebel zur Linderung des Fachkräftemangels ist der Ausbau der Erwerbsbeteiligung von Frauen: Dort ist noch „Luft nach oben“, hat Nahles festgestellt. Foto: BGL

Übergang von der Schule in den Beruf

Zweiter Stellhebel ist ein besserer Übergang von der Schule in den Beruf: Im aktuellen Berichtsjahr 2022/23 waren bei der BA bis August insgesamt 4.000 betrieblichen Ausbildungsstellen für Garten- und Landschaftsbauberufe gemeldet, von denen bis zuletzt noch 37 Prozent unbesetzt waren. Zugleich waren 20 Prozent der Bewerber unversorgt. Das nennt Nahles einen "Mismatch". An die Arbeitgeber appelliert die BA-Chefin deshalb, sich noch mehr jungen Menschen zu öffnen, die nicht zu den als optimal empfundenen Kandidaten gehören.

Die Bundesagentur für Arbeit habe viele Fördermöglichkeiten mit denen eine Ausbildung auch in diesen Fällen gelingen könne. Eine davon sei die "assistierte Ausbildung". Auch Praktika seien aus BA-Sicht eine gute Sache. Zugegangen werden sollte vor allem auf Schüler, die allgemeinbildende Schulen ohne Abschluss verlassen haben. 2021 waren das immerhin 47.000 junge Menschen.

Neben der "assistierten Ausbildung" gäbe es für sie zusätzliche Instrumente wie die "Einstiegsqualifizierung" und "berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen". Grundsätzlich bleibe es eine Tatsache, dass Hauptschüler es vergleichsweise schwer haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. "Hier ist aus meiner Sicht ein ungenutztes Potenzial für die Fachkräftesicherung", so Nahles.

Weiterbildung von Beschäftigten

Dritter Stellhebel ist die Weiterbildung von Beschäftigten: Seit 2019 berät die Bundesagentur für Arbeit nicht nur arbeitslose Menschen, sondern auch Menschen in Beschäftigungsverhältnissen sowie Unternehmen zur Arbeitsmarktsituation sowie individuellen Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung habe festgestellt, dass viele Betriebe und Beschäftigte davon noch nichts wissen.

Vergangenes Jahr haben insgesamt 500 Beschäftigte eine von der BA oder einem Jobcenter geförderte berufliche Weiterbildung in einem Gartenbauberuf in Anspruch genommen. 200 von ihnen nahmen an einer Umschulung teil, die zu einem beruflichen Abschluss führte. Auch dabei gebe es noch Luft nach oben, sagte Nahles. Vor allem bei Geringqualifizierten sei hier Überzeugungsarbeit nötig. Sie täten sich mit der Bereitschaft, eine Weiterbildung anzutreten, besonders schwer.

Potenziale arbeitsloser Menschen

Vierter Stellhebel sind die Potenziale arbeitsloser Menschen: "54 Prozent der Betriebe geben an, dass eine Besetzung offener Stellen mit Langzeitarbeitslosen für sie generell nicht infrage kommt", erläuterte Nahles: "ein entscheidender Hinderungsgrund scheint hierbei die Unsicherheit hinsichtlich des Leistungsvermögens der langzeitarbeitslosen Personen zu sein." Denn rund 55 Prozent dieser Betriebe würden im Einzelfall Langzeitarbeitslose berücksichtigen, wenn eine Empfehlung über private oder berufliche Kontakte kommen würde.

Das mache sie nachdenklich, sagte die BA-Chefin. Denn man solle nicht einfach fast eine Million Menschen ausschließen, die Potenziale haben – zumal wenn die fertige oder passende Fachkraft heute nicht mehr automatisch an die Tür klopft. Nahles appellierte an die Arbeitgeber, einen Umweg zu nehmen: "Ich qualifiziere eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, die bereits im Betrieb beschäftigt sind und ermögliche ihr oder ihm damit einen betriebsinternen Aufstieg. Die dadurch freiwerdende Stelle kann ich wiederum von extern besetzen."

Fachkräftegewinnung im Ausland

Fünfter Stellhebel ist die Fachkräftegewinnung im Ausland: Viele Regelungen wie Anerkennungspatenschaften zwischen Betrieben und Drittstaatsangehörigen, um eine Einreise zur Durchführung eines Anerkennungsverfahrens in Deutschland zu erleichtern, werden am 1. Februar 2024 in Kraft treten, die Absenkung der Akademiker-Gehaltsgrenze im Rahmen der Blauen Karte EU auf 3.650 Euro monatlich bereits am 18. November.

Ausbildung und Beruf
In Kolumbien hat der Garten- und Landschaftsbau eine lange Tradition. Nur die fachlichen Unterschiede in der Ausbildung müssen noch ausgeglichen werden. Foto: Wheeler Cowperthwaite, Flickr, CC BY 2.0

Die neue Such-Chancenkarte, die künftig einen einjährigen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche inklusive qualifizierter Nebenbeschäftigung bis 20 Wochenstunden ermöglichen soll, tritt dann am 1. Mai 2024 in Kraft treten. Das gleiche gilt für die Westbalkanregelung, die entfristet wird und ihre Kontingentierung, die auf 50.000 Menschen jährlich verdoppelt wird.

Damit werde Deutschland für ausländische Arbeitskräfte interessanter, prognostiziert die BA-Chefin. Allein im vergangenen Jahr beriet die Bundesagentur für Arbeit 165.000 ausländische Zuwanderungsinteressierte aus Drittstaaten zur Arbeit in Deutschland, Anerkennungsverfahren oder Fragen der Sozialversicherung. Bis Juni 2023 waren es bereits 102.000 Zuwanderungsinteressierte. Die Visastellen der deutschen Auslandsvertretungen sind nach Nahles Erfahrungen "bisher der Flaschenhals".

Die BA hat inzwischen Partnerschaftsabkommen mit verschiedenen Ländern neu angebahnt: Es wurden Rahmenkooperationsvereinbarungen unter anderem mit Kolumbien und Indonesien sowie Vermittlungsabsprachen für erleichterte Zuwanderung in Berufen mit hohen Fachkräftebedarfen wie Kolumbien, Indien, Indonesien und Mexiko abgeschlossen.

GaLaBau-Rekrutierungen in Kolumbien

Für den Einsatz im Garten- und Landschaftsbau wurden eine erste Rekrutierung von Fachkräften in BGL-Mitgliedsbetriebe bereits im November 2021 gestartet. Dabei lag der Fokus auf Fachkräften für kleine und mittlere Betriebe in Niedersachsen. Die Arbeitgeber zeigten sich mit den Fachkräften zufrieden, bemängelten aber die fachlichen Unterschiede in der Ausbildung. So zogen sich Anerkennungsprozesse in die Länge.

Ab Sommer 2024 soll es eine neue Rekrutierung in Kolumbien geben. Dabei tragen die Arbeitgeber die Kosten für den Lebenshaltungszuschuss während des Sprachkurses in Kolumbien, das Flugticket, Übersetzungen und weitere Kosten nach der Einreise.

Angedacht ist ein Skills Partnership Ansatz mit dem kolumbianischen Bundesberufskolleg, um die Ausbildungsunterschiede zwischen Kolumbien und Deutschland auszugleichen. Kollegabsolventen sollen dann ein Zusatzmodul mit Inhalten der deutschen Ausbildung Landschaftsbauer absolvieren.

Geplant ist eine Umsetzung in Nordrhein-Westfalen mit Landesmitteln zur Förderung ab Mitte 2024 zwecks Rekrutierung. Dem Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW fiele dabei die "Kümmerer-Rolle" und die Abstimmung mit den Landesbehörden zur Finanzierung aus Landesmitteln zu.

cm/Bundesagentur für Arbeit (BA)

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen