GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Der Streit über die Rückgabe von Sicherheiten

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Bei manchen Unternehmen herrscht die Meinung vor, man müsse als Auftragnehmer zumindest wegen der Gewährleistungsverpflichtungen dem Auftraggeber eine fünfprozentige Sicherheitsleistung in Form einer Bürgschaft stellen. Eine irrige Meinung. Weder nach BGB noch nach VOB hat der Auftragnehmer für die Erfüllung eines Vertrages eine Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungssicherheit zu stellen.

Beide Vorschriften sehen eine solche Pflicht nicht generell vor! Auch nicht § 17 VOB/B. Die Pflicht gilt nur, wenn die Vertragsparteien eine solche Sicherheitsleistung ausdrücklich vereinbart haben. Es gibt auch keinen Handelsbrauch unter Kaufleuten, wonach eine Gewährleistungsbürgschaft vom Auftragnehmer zu stellen ist. Das kann aber durchaus auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.

Die Vertragserfüllungssicherheit wird nicht ganz so häufig vereinbart, wie diejenige zur Absicherung der Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers. Haben die Parteien eine Sicherheitsleistung vereinbart, wird sie vom Auftragnehmer zumeist in Form einer Bürgschaft eines Kreditinstitutes oder einer Versicherung gestellt. Oft verlangen Auftraggeber Bürgschaften mit einem speziellen Text, der häufig als Anlage zum Vertrag vereinbart wird. Oft sind diese Texte zumindest rechtlich bedenklich oder gar unwirksam (s. dazu auch Neue Landschaft 10/2018, Seite 50). Es gibt dazu Rechtsprechung in Hülle und Fülle. Einig ist man sich allerdings, dass die Stellung einer "Bürgschaft auf erstes Anfordern" nicht in Betracht kommt.

Die Rückgabe der gestellten Sicherheit

a. Rückgabe beim BGB-Vertrag

Obwohl die Sicherheitsleistung in § 232 ff. BGB geregelt ist, gibt es dort allerdings keine ausdrückliche Vorschrift, wann eine Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungssicherheit zurückzugeben ist. Im Zweifel ist eine Sicherheitsleistung dann vom Auftraggeber zurückzugeben, wenn es keine zu sichernde Forderung des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer mehr gibt. Bei Vertragserfüllungsbürgschaften ist das zumeist die Erfüllung des Vertrages, bei Gewährleistungsbürgschaften das Ende der Gewährleistungsverpflichtung.

Anders als beim BGB-Vertrag sieht die VOB im Teil B Regelungen vor, wann die Sicherheitsleistung dem Auftragnehmer zurückzugeben ist. Für die Rückgabe einer Vertragserfüllungssicherheit ist in § 17 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B bestimmt:

1. Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für die Vertragserfüllung zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens nach Abnahme und Stellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückzugeben, es sei denn, dass Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Sicherheit für Mängelansprüche umfasst sind, noch nicht erfüllt sind. Dann darf er für diese Vertragserfüllungsansprüche einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten.

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Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das:

Mit der Erfüllung der vertraglich vereinbarten und vom Auftraggeber abgenommenen Leistung, ist die Sicherheit an den Auftragnehmer zurückzugeben. Bei nicht vollständiger Erfüllung des Vertrages ist der Auftraggeber, der zwar die Abnahme erklärt hat, dennoch berechtigt, einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückzuhalten.

Wurde die Vertragserfüllungssicherheit in Form einer Bürgschaft gestellt, gibt es bei einer Teilrückgabepflicht zwei Möglichkeiten. Entweder man tauscht die ursprüngliche höhere Bürgschaft gegen eine andere mit einem angemessenen geringeren Wert aus oder der Auftraggeber erklärt eine Teilenthaftung der Vertragserfüllungsbürgschaft.

Wesentlich öfter gibt es zwischen den Parteien Streit, wann eine Gewährleistungsbürgschaft an den Auftragnehmer zurückzugeben ist. Deren Rückgabe ist in § 17 abs. 8 Nr. 2 VOB/B geregelt. Die Bestimmung lautet:

2. Der Auftraggeber hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von 2 Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Soweit jedoch zu diesem Zeitpunkt seine geltend gemachten Ansprüche noch nicht erfüllt sind, darf er einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten.

Auftraggeber, die nicht ständig mit der VOB zu tun haben, werden durch die Vorschrift häufig überrascht. Dies geschieht zumeist, wenn es für eine anderweitige Regelung zwischen den Parteien schon zu spät ist. Die Bestimmung lässt es zu, dass der Auftragnehmer vom Auftraggeber zwei Jahre nach Abnahme der Werkleistung und Stellung einer Gewährleistungssicherheit diese bereits wieder vom Auftraggeber zurückverlangen kann, das heißt, dass die Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers vier oder fünf Jahre beträgt, wohingegen die Sicherheitsleistung schon nach zwei Jahren zurückzugeben ist. Die restliche Gewährleistungszeit steht der Auftraggeber nach dieser Bestimmung ohne Sicherheit da und muss hoffen, dass der Auftragnehmer seinen Verpflichtungen nachkommt beziehungsweise nicht in Insolvenz gerät. Kundige Auftraggeber nehmen deshalb in den Vertragstext stets eine Klausel auf, wonach die Gewährleistungssicherheit so lange zu stellen ist, wie insgesamt die Gewährleistungsverpflichtung des Auftragnehmers vom Vertrag vorgesehen ist. In einem solchen Fall haftet die Sicherheitsleistung tatsächlich die gesamte Gewährleistungszeit und schützt den Auftraggeber vor unliebsamen Überraschungen.

Wie bei der Vertragserfüllungssicherheit ist der Auftraggeber auch bei der Gewährleistungssicherheit berechtigt, trotz eigentlich gegebener Rückgabeverpflichtung, einen Teil einzubehalten, wenn der Auftragnehmer seinen Gewährleistungsverpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist. Hier ist die Situation völlig vergleichbar mit der Teilrückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft.

Im Übrigen schützen sich Banken vor einer unrechtmäßigen Inanspruchnahme, indem Sie in den Bürgschaftstext eine Klausel aufnehmen, wonach die Haftung der bürgenden Bank erst mit Rückgabe der Bürgschaftsurkunde erlischt.

Verjährung als Falle für den Auftraggeber

Bekanntlich verjähren Ansprüche aus einer Gewährleistungsbürgschaft nach § 195 BGB in drei Jahren. Der Auftraggeber muss deshalb besonders aufpassen, da die dreijährige Frist kürzer ist, als die der vier- oder fünfjährigen Gewährleistungsfrist. Ein Auftraggeber, der kurz nach der Abnahme einen Mangel rügt, Nachbesserung verlangt und die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme schafft, kann sich nicht damit zufriedengeben, dass er schließlich eine fünfjährige Gewährleistung vertraglich vereinbart hat. Die Fälligkeit des Bürgschaftsanspruchs tritt nach herrschender Meinung mit der Fälligkeit der Hauptschuld ein, das heißt, die Verjährung beginnt, wenn sich der Anspruch des Bestellers auf Nachbesserung in eine Geldschuld umgewandelt hat. Das bedeutet, dass die Inanspruchnahme der Bürgschaft nicht die gesamte Gewährleistungszeit möglich ist und irgendwann noch innerhalb der Gewährleistungsfrist der Zeitpunkt erreicht sein kann, dass man die Bürgschaft wegen der dreijährigen Verjährung nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Sobald ein Auftragnehmer seinen Gewährleistungsverpflichtungen nicht nachkommt und durch Ersatzvornahme die Inanspruchnahme der Gewährleistungsbürgschaft in Betracht kommt, sollte ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden, der rechtzeitig dafür sorgt, dass eine Befriedigung des Auftraggebers aus der Gewährleistungsbürgschaft rechtzeitig erfolgen kann. Wenn es hinsichtlich der Verjährung zeitlich knapp werden sollte, wird sich der Rechtsanwalt auch überlegen müssen, ob und wann ernsthafte Verhandlungen zwischen dem Hauptschuldner (Auftragnehmer) und dem Gläubiger stattgefunden haben. Derartige ernsthafte Verhandlungen führen auch zu einer Hemmung der Verjährung gegenüber dem Bürgen (§ 203 Satz 1 BGB).

Streit um Rückgabe einer Bürgschaftsurkunde

In meiner Kanzlei befasse ich mich zurzeit mit einem Fall, bei dem mein Mandant eigentlich eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von rund 33.000 Euro an den Auftragnehmer zurückgeben müsste. Wegen Restmängeln im Wert von ca. 4000 Euro, die der Auftragnehmer noch nicht beseitigt hat, hält meine Partei die Bürgschaftsurkunde zurück. Man hat dem Auftragnehmer allerdings angeboten, ihm eine Teilenthaftungserklärung in Höhe von 28.000 Euro zukommen zu lassen. Der Auftragnehmer will diese nicht annehmen und verlangt vollständige Rückgabe der Bürgschaftsurkunde, eher werde er die Mängel nicht beseitigen.

Da mein Mandant dem Auftragnehmer nicht traut und er befürchtet, auf der Restmängelbeseitigung sitzen zu bleiben, habe ich jetzt angeraten, die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme für die Mängelbeseitigung herbeizuführen. Sobald feststeht, was die Mängelbeseitigungskosten ausmachen, werde ich die bürgende Bank in Anspruch nehmen und ihr Zug um Zug gegen Auszahlung der Ersatzvornahmekosten die Bürgschaftsurkunde zurückgeben. Es bleibt abzuwarten, ob der Auftragnehmer dann noch die Mehrkosten geltend macht, die er aufwenden musste, weil die Bürgschaftsurkunde wesentlich länger beim Auftraggeber verblieben ist, als unbedingt nötig war.

Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, lohnt es sich für die Vertragsparteien, die Bestimmungen des § 17 VOB/B zu kennen und entsprechende Regelungen in den Bauvertrag aufzunehmen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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