GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Wie Auftraggeber sich vor Mehrkosten schützen können

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Meine Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass gerade private Auftraggeber Angst haben, durch Mehrkosten beim Auftrag ihr Budget zu überziehen. Um sich vor unliebsamen Überraschungen bei der Endabrechnung eines Auftrages abzusichern, versucht man durch entsprechende Vertragsgestaltung eine Kostensicherheit zu erreichen. Mit ihr hofft man, ein Ausufern der Vergütungsforderungen zu verhindern. Was Auftraggeber allerdings oft nicht einsehen, sie sind zumeist selbst daran schuld, dass die Endrechnung zum Schluss höher geworden ist, als die ursprüngliche Angebotssumme.
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Mehrkosten nach der Endabrechnung – das kommt nicht selten vor. Rainer Schilling hat Tipps, wie man unliebsame Überraschungen vermeiden kann. Foto: Kalle Kolodziej, AdobeStock

Vertragsklauseln zu Lasten des Auftragnehmers

Um sich vor Mehrkosten zu schützen, sieht man in von Auftraggebern vorgegebenen Vertragstexten immer wieder Klauseln, wonach der Auftragnehmer bei Angebotsabgabe alles gesehen, erkannt und bei seiner Preiskalkulation im Angebot gebührend berücksichtigt hat. Derartige Klauseln sind praktisch immer unwirksam. Sie verlagern das Vergütungsrisiko in unangemessener Weise auf den Auftragnehmer, der nach besten Wissen und Gewissen kalkuliert hat. Des Weiteren glaubt man sich als Auftraggeber insbesondere schützen zu können, indem man einen Pauschalpreisvertrag schließt.

Bei einem Pauschalpreis hat der Auftragnehmer den Vorteil, nicht ein aufwendiges Aufmaß machen zu müssen. Er muss lediglich nach Erfüllung seiner Leistungen den Pauschalpreis in Rechnung stellen, um die Fälligkeit der Vergütungsforderung nach Abnahme zu erreichen. Als Vertragstyp ist der Pauschalvertrag am meisten geeignet, dem Auftragnehmer Risiken aufzubürden. Bei diesem Vertragstyp übernimmt der Auftragnehmer das sogenannte Massenrisiko, d. h. der in Auftrag ausgegebene Leistungsumfang muss unabhängig von den ursprünglich ermittelten Massen vom Auftragnehmer erbracht werden. Beim Pauschalvertrag ist es einzig und allein Sache des Auftragnehmers, sich vergewissert zu haben, alle vom Pauschalpreis erfassten Leistungen ordentlich kalkuliert zu haben. Wenn der Auftragnehmer nicht die Massen selbst ermittelt, so sollte er vor Abgabe eines Pauschalpreisangebots das ihm vorgelegte Leistungsverzeichnis hinsichtlich der Massenansätze genau prüfen, ob diese korrekt ermittelt wurden oder ob sich aus allen möglichen weiteren Unterlagen, wie Pläne etc., ein tatsächlich größerer Leistungsumfang ergibt, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Leistungsverzeichnis als Grundlage der Pauschalierung

Auftraggeber, die mit dem Unternehmer einen Pauschalvertrag abschließen wollen, haben normalerweise kein Interesse daran, die Position des Leistungsverzeichnisses mit großen Massenreserven zu versehen, weil sich dies ungünstig auf den vereinbarten pauschalierten Endpreis auswirken könnte. So hatte ich in meiner Praxis mit einem Auftraggeber zu tun, der die Massen des Leistungsverzeichnisses äußerst gering beziehungsweise sogar bewusst untersetzt ausgeschrieben hat, um damit einen günstigeren Pauschalpreis zu erzielen. Ein solches Verhalten kann allzu leicht als Betrug gewertet werden.

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Es kommt gerade bei privaten Auftraggebern vor, dass ihre Vertragstexte Klauseln enthalten, die das Vergütungsrisiko in unangemessener Weise auf den Auftragnehmer verlagern. Foto: photogrfx, Adobe Stock

Wie die Praxis zeigt, sind in vielen Fällen nicht nur die Leistungen auszuführen, die ursprünglich im Leistungsverzeichnis angegeben waren. Beim Bau kommt man nicht umhin, auch geänderte oder zusätzliche Leistungen ausführen zu müssen. So geht die VOB in § 1 Nr. 4 VOB/B davon aus, dass der Auftraggeber das Recht hat, den Leistungsumfang nachträglich zu ändern oder auch zu erweitern. Soweit ein Gewerbebetrieb auf die Leistungen eingerichtet ist, hat der Auftragnehmer die von ihm geforderte geänderte oder zusätzliche Leistung auszuführen. Bei einem BGB-Vertrag gilt seit der letzten Änderung ab dem 01.01.2018 eine etwas schwerfällige gesetzliche Regelung gemäß § 650b ff. So verlangt der Gesetzgeber eine Einigkeit von Auftraggeber und Auftragnehmer über die abgeänderte Leistung und die damit verbundene Anpassung der Vergütung. Erst wenn 30 Tage vergeblich über die Vergütung verhandelt wurde, kommt ein einseitiges Anordnungsrecht des Auftraggebers in Betracht. In der Praxis führt die gesetzliche Regelung allzu leicht zu Verzögerungen am Bau, so dass der Regelung in der VOB der Vorzug zu geben ist.

Falsche Vorstellungen vom Pauschalpreis

Immer wieder muss ich feststellen, dass bei Auftraggebern eine Meinung weit verbreitet ist, dass man beim Pauschalvertrag in gewissem Umfang Leistungen ändern oder ergänzen kann, ohne dass dies Einfluss auf den vereinbarten Pauschalpreis haben soll. Häufig hört man, "eine solche Leistung muss doch im Pauschalpreis noch drin sein". Diese für den Auftraggeber günstige Meinung wird vom Bundesgerichtshof nicht geteilt. Vom Pauschalpreis ist generell nur die Leistung erfasst, für die eine Vergütung pauschaliert wurde.

Der Bundesgerichtshof hat mehrfach in seinen Entscheidungen klargestellt, dass ein Pauschalvertrag kein Preispolster zugunsten des Auftraggebers darstellt und auch geringe Änderungen oder Ergänzungen dazu führen, dass der Auftragnehmer hierfür eine Vergütung im Wege der Anpassung des Pauschalpreises an den neuen Auftragsumfang verlangen kann. Für derartige Leistungen gilt § 2 Nr. 7 VOB/B i. V. m. § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B. Auch kleine Änderungen in der Endphase der Abwicklung eines Bauvertrages können große Wirkungen nach sich ziehen und den ganzen vom Auftragnehmer vorgesehenen Bauablauf auf den Kopf stellen. Dadurch kann ein gerade noch auskömmlicher Vertrag auf einmal defizitär werden. Alle diese Umstände sind bei der Anpassung eines Pauschalpreises gebührend zu berücksichtigen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Höhe der Vergütung, als auch für die Bauzeit.

Ein Auftragnehmer sollte durchaus wissen, mit geänderten oder zusätzlichen Leistungen sich "keine goldene Nase verdienen zu können". Ein nicht auskömmlich kalkulierter Pauschalpreis kann bei richtiger Anwendung der Bestimmungen der VOB oder auch der Neuregelung im BGB kaum dazu führen, dass man auf einmal üppige Gewinne macht. Für die Anpassung des Preises sollte sich jeder Vertragspartner den Leitsatz merken: "Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis". Letztendlich ist es aber Sache des Unternehmers, seine Urkalkulation so darzustellen, dass sich seine Position nicht unnötig verschlechtert. Eine Änderungsanordnung des Auftraggebers – sei sie auch nur in zeitlicher Hinsicht – sollte für den Auftragnehmer Grund sein zu überprüfen, ob sich hieraus für ihn betriebswirtschaftliche Gegebenheiten herleiten lassen, die zu einer Anpassung des Pauschalpreises führen können oder müssen.

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Ein Vertrag kann von beiden Seiten nur sinnvoll erfüllt werden, wenn man sich verträgt und nicht jede vertragliche Position bis zum bitteren Ende ausreizt. Foto: ArLawKa, AdobeStock

Pauschalpreis aufgrund funktionaler Leistungsbeschreibung

Ein besonders hohes Risiko geht ein Auftragnehmer dann ein, wenn für die Bildung des Pauschalpreises kein Leistungsverzeichnis vorgelegen hat, sondern lediglich eine funktionale Leistungsbeschreibung mit Plänen. Es ist für den Unternehmer allerhöchste Vorsicht geboten, wenn der Auftraggeber einen sogenannten "Global-Pauschalvertrag" schließen will. In ihm sollen alle Leistungen enthalten sein, die aus der funktionalen Leistungsbeschreibung und den Plänen ersichtlich sind. Die auftraggeberseitig in letzter Zeit oft gewünschte Vertragsart stellt ein ganz erhebliches Risiko für den Unternehmer dar. Allzu leicht werden Leistungen vergessen oder anders interpretiert. So hat vor einiger Zeit ein bekannter Jurist gesagt, "ein Punkt auf einem hundertstel Plan des Architekten kann sich im schlimmsten Fall beim Gobal-Pauschalvertrag als Säule entpuppen". Einen Global-Pauschalvertrag sollte ein Auftragnehmer nur schließen, wenn er die aus dem Vertrag sich ergebenden Risiken abschätzen kann und ausreichend mit dem Auftraggeber geklärt hat, welche Vertragsleistungen tatsächlich erbracht werden sollen. Ein Unternehmer sollte sich gut überlegen, ob er das Risiko eines Global-Pauschalvertrages aufgrund der vorgelegten Unterlagen eingehen kann oder nicht.

Es liegt in der Natur des Auftrags an einen GaLaBau-Betrieb, dass dessen Leistungen erst in einer relativ späten Phase eines Bauvorhabens erbracht werden können. Oft ist das Budget des Auftraggebers bereits ziemlich ausgereizt, so dass für die Außenanlagen eines Bauvorhabens nicht mehr die Mittel zur Verfügung stehen, die eigentlich erforderlich wären. In einer solchen Situation wird ein Auftraggeber nur schwer gewillt sein, mit dem Auftragnehmer den Pauschalpreis noch nachzuverhandeln. Hier hilft nur zeitnah Abschlagsrechnungen zu stellen. Werden diese vom Auftraggeber nicht mit entsprechenden Zahlungen bedient, bleibt nur Druck zu machen und gegebenenfalls durch Androhung der Einstellung der Baustelle. Im schlimmsten Fall bleibt nichts anderes übrig, als die Baustelle bis zum Ausgleich der Abschlagsrechnung stillzulegen oder nur mit reduzierter Mannschaft weiterzuarbeiten.

Beide Parteien eines Vertrages sollten sich immer bewusst sein, dass ein Vertrag ein gegenseitiges Geben und Nehmen darstellt. Ein Vertrag kann von beiden Seiten nur sinnvoll erfüllt werden, wenn man sich verträgt und nicht jede vertragliche Position bis zum bitteren Ende ausreizt.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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