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Durchgefallen, Teil 2: Der Prüfer

von:
Hey – das sind unsere Kollegen! Die Prüfer sind dafür zuständig, objektiv unseren Berufsnachwuchs auf seine fachliche und soziale Befähigung zu überprüfen. Keiner hat Interesse daran, einem Prüfling den beruflichen Werdegang zu vermiesen. Der Prüfer ist unparteiisch. Und der Prüfer ist, wie jeder Mensch, auch persönlichen Eindrücken und Emotionen unterworfen, die er bemüht sein muss, während der Prüfung auszuschalten.
Junge Landschaft Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

Organisatorisches

Für jede Prüfung, egal ob Werker-, Gärtner- oder Meisterprüfung, wird ein Prüfungsausschuss gebildet, der aus mehreren Prüfern besteht. Dabei ist idealerweise die Parität zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Berufsschule einzuhalten. Die Berufung in einen Prüfungsausschuss währt fünf Jahre. Die Arbeit ist ehrenamtlich und wird von Arbeitgebern und Berufsverband unterstützt.

Die Organisation des Ausschusses erfolgt durch die Landwirtschaftskammer der einzelnen Bundesländer. Diese Zuständige Stelle übernimmt auch die Geschäftsführung des Ausschusses. Die Ausbildungsberater planen die Prüfungen und stimmen alle Beteiligten auf die Termine ab. Sie laden auch alle Beteiligten zur Prüfung ein.

Prüflinge dürfen nicht von Angehörigen oder eigenem Arbeitgeber, Mitarbeitern und Ausbildern geprüft werden. Gäste dürfen bei Prüfungen zugelassen werden, sind aber nicht an der Findung des Prüfungsergebnisses beteiligt. Prüfungen sind nicht öffentlich. Beschlussfähig ist eine Prüfergruppe, wenn mindestens drei Personen daran mitwirken. Es gilt bei der Ergebnisfindung das Mehrheitsprinzip; sollte es zu keinem Ergebnis kommen, hat der Vorsitzende das "letzte Wort". Der Vorsitzende wird von allen Ausschussmitgliedern gewählt.

Er leitet die Prüfung, eröffnet sie und erkundigt sich nach dem Gesundheitszustand der Teilnehmer. Am Ende der Prüfung teilt er dem Prüfling das Ergebnis mit.

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Grafik: Uwe Bienert
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Grafik: Uwe Bienert

Prüflingspsychologie

Zum Prüfer ist nur der geeignet, der ein hohes Einfühlungsvermögen und eine riesige Portion pädagogischen Geschickes sein Eigen nennt, denn Prüfungen sind „NERVENSACHE“! Jeder ist angespannt und steht unter Druck. In dieser Situation ist es wichtig, dass der Prüfer in der Lage ist, dem Prüfling die Möglichkeit einzuräumen, sein Wissen und seine Kenntnisse zu zeigen.

Prüfungsangst

Es Ist völlig normal, dass diese Zeit bei den meisten Auszubildenden mit Anspannung, bei einigen sogar mit Panik verbunden ist. Angst verhindert optimales Handeln. Da macht Prüfungsangst keine Ausnahme. Sie schafft eine Situation, in der es dem Betroffenen nicht möglich ist, Erlerntes optimal abzurufen.

Nicht jeder, der Prüfungsangst hat, ist sich dessen auch immer bewusst.
Sie hat viele Gesichter und wir werden ihr hier die Maske herunterreißen. Vier Bereiche sind in erster Linie betroffen:

  1. Das seelischen Befinden
    Der Prüfling fühlt sich ängstlich, ist unsicher und leicht reizbar. Sein Gemütszustand ist Stimmungsschwankungen und Unlustgefühlen ausgesetzt.
  2. Die geistige Leistungsfähigkeit
    Der Prüfling wird von Selbstzweifeln zerfressen und gerät verstärkt ins Grübeln. Dabei treten immer häufiger Denkblockaden, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- oder Merkfähigkeitsstörungen auf.
  3. Das Verhalten
    Der Prüfling trinkt mehr Alkohol als gewöhnlich. Er beginnt mehr zu essen als er benötigt, manche sogar nehmen Beruhigungstabletten und trinken viel Alkohol. Es werden vermehrt belanglose und unwichtige Routinearbeiten bevorzugt ausgeübt.
  4. Der Körper
    Die Prüflinge werden von innerer Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Müdigkeit, Schwindelgefühlen, Kloßgefühlen, Herzstechen, Heißhungerattacken oder Appetitverlust geplagt.
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Grafik: Uwe Bienert

Die Umwelt formt den Prüfling

Der Prüfer leistet einen nicht unwesentlichen Anteil daran, ob sich der Prüfling reibungslos an eine Prüfungssituation anpasst.

Dazu einige Tipps:

  1. Es ist von Vorteil, eine vertrauensvolle, nicht kumpelhafte, Atmosphäre zu schaffen.
  2. Der Prüfling sollte zum Reden animiert werden.
  3. Der Prüfer sollte versuchen, seine Gespräche mit dem Prüfling so zu beginnen, dass dieser seine beruflichen Erfahrungen darlegt.
  4. Denkpausen sind wichtig!
  5. Gestellte Fragen sollten wiederholt oder, bei Unverständnis, umformuliert werden.
  6. Antwortet der Prüfling auf eine Frage, sollte der Prüfer dazu auch eine Rückmeldung (bspw. Bestätigung, Anregung zum nochmaligen Überlegen) geben.
  7. Der Prüfer sollte eine innere Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen (auch wenn es bei einigen Kandidaten manchmal schwer ist) und konzentriert wirken.
  8. Der Prüfling wird immer angesehen! (Blickkontakt)
  9. Der Prüfling darf sich korrigieren und sollte bei Fehlern eine Selbsteinschätzung abgeben dürfen.
  10. Während der Prüfung sollte Flüstern mit anderen Prüfern, ironische Grimassen, gelangweiltes Gähnen oder Ähnliches unterlassen werden.

Die Kunst der Fragestellung

Prüfungen sind keine Fragestunde, sondern in ihnen soll der Prüfling sein explizites Wissen im Berufsfeld vortragen dürfen. Er soll zeigen, dass er in den drei Jahren Lehrzeit sich fachliches Wissen und soziale Kompetenz angeeignet hat und wie viel er davon in der Lage ist, im Beruf praktisch anzuwenden.

Prüfungen dürfen nicht zum "Kreuzverhör" verkommen, deshalb sollte auch dem Prüfungsgespräch gegenüber der Frage-Antwort-Situation der Vorrang gegeben werden. Der Prüfling kann im Gespräch seine Gedankengänge darlegen und dem Prüfer seine Ansicht zu einem Sachverhalt nahebringen. Nicht jeder denkt den gleichen Weg! Gut gelöst hat man das Prüfungsgespräch, wenn es den Charakter eines Erfahrungsaustausches unter Kollegen vom Inhalt her nahekommt. Grundsatz sollte sein: Genaue Fragen ziehen genaue Antworten nach sich.

In einem Prüfungsgespräch sind daher offene Fragen für den Gesprächsfluss besonders förderlich. Zum Beispiel die Frage "Welche Möglichkeiten haben Sie den Baumschnitt durchzuführen?" regt das Gespräch eher an als die geschlossene Frage "Ist der Gehölzschnitt korrekt durchgeführt worden?" In offenen Fragen hat der Azubi immer die Möglichkeit, vorhandenes Wissen vorzutragen, auch auf die Gefahr hin, dass es nicht vollständig vorgetragen wird. Es sollte eine offene klare Frageform im Vordergrund der Gesprächsführung stehen. Geschlossene Fragen nur zur Unterstützung bei Faktenwissen oder aufkommenden Zweifeln.

Um die Leistungsfähigkeit des Prüflings zu ermitteln, sollte man im Gespräch versuchen, den Schwierigkeitsgrad der Fragen zu erhöhen. Dabei hat sich eine dreistufige Variante der Befragung ganz gut in der Praxis bewährt:

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Tabelle 1.
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Grafik: Uwe Bienert

"Prüfling, bist Du im Beruf handlungsfähig?"

In den berufsständigen Prüfungen der Gärtner geht es darum, festzustellen ob der angehende Landschaftsgärtner in der Lage ist, die Anforderungen, die der Beruf an ihn stellen wird, selbständig zu bewältigen. Im Beruf geht es später nicht nur um die Fachkompetenz, sondern auch um Methodenkompetenz und Sozialkompetenz. Die Gesamtheit dieser drei Kompetenzen nennt man "berufliche Handlungsfähigkeit".

Während die Fachkompetenz das Fachwissen beinhaltet, beschreibt die Methodenkompetenz die Fähigkeit, Zusammenhänge darzustellen, die Arbeit zu organisieren und nach Plan durchzuführen. Sozialkompetenz zeigt, ob der Mensch in der Lage ist, im Team zu arbeiten, ein Gespräch führen zu können und ob er seine Argumente vertreten kann.

Neben diesen Kompetenzen sind auch die Schlüsselqualifikationen, wie Entscheidungsfreudigkeit, Problemlösung, Flexibilität und Ideenreichtum wichtig. Um diese Kompetenzen und Qualifikationen während der Prüfung zu beleuchten. helfen dem Prüfer die folgenden Denkanstöße:

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Tabelle 2
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Tabelle 3

Abgerechnet wird zum Schluss! Klingt nach John Wayne (für unsere jüngeren Leser – J.W. war ein amerikanischer Schauspieler, der in der Regel Westernhelden verkörperte)! Wie oben schon angedeutet, dienen Prüfungen dazu, die Leistungsfähigkeit eines Prüflings zu ermitteln. Um das zu können, müssen die Leistungen messbar sein, einheitlich beurteilt und sachlich neutral ermittelt werden. Dazu ist es erforderlich, für alle Prüflinge gleiche Prüfungsbedingungen, gleiche Schwierigkeitsgrade und gleiche Nutzungsmöglichkeiten von Hilfsmitteln sicher zu stellen. Sympathie, Antipathie und Vorurteile sind in einer Prüfung ein "No-Go".

Qualitätssicherung auch bei einer Prüfung

Die schwierigste Aufgabe bei einer Prüfung ist es, Gerechtigkeit zu gewährleisten. Hier gelten die sogenannten "Gütekriterien" zur Prüfungsgerechtigkeit: Objektivität, Gültigkeit (Validität) und Zuverlässigkeit (Reliabilität).

Wer sucht, der findet

. . . auch die Note! Klar, am Ende der Prüfung sollte auch ein Ergebnis in Form einer Note stehen. Diese werden mittels der Bewertungsprotokolle ermittelt und richten sich nach fachlichen Standards, die unter anderem die Normative des Berufs vorgeben. Die Beurteilung der Leistung sollte erfolgen nach:

  • der Erfüllung der Anforderungen
  • der Arbeitseinteilung
  • der Arbeitsplatzplanung
  • der Arbeitsplatzanordnung
  • der Arbeitsgeschwindigkeit
  • dem Umgang mit Material und Gerät
  • der Beachtung der Sicherheitsvorschriften
  • dem Ergebnis der Arbeit.
  • Eine Prüfung gilt als BESTANDEN wenn,
  • das Gesamtergebnis mindesten AUSREICHEND ist
  • alle Prüfungsteile mindestens mit AUSREICHEND beurteilt werden
  • kein Prüfungsfach mit UNGENÜGEND bewertet wurde und
  • maximal ein Prüfungsfach mit MANGELHAFT beurteilt wurde.

Das Ergebnis wird den Prüflingen einzeln mitgeteilt. Fragen des Prüflings sind zu beantworten und ihm sind Einsicht in die Unterlagen zu gewähren.

Quellen

Berufsbildungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Mai 2020 (BGBl. I S. 920), das zuletzt durch Artikel 10a des Gesetzes vom 16. August 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 217) geändert worden ist,

Verordnung über die Berufsausbildung zum Gärtner/zur Gärtnerin vom 6. März 1996 (BGBl. I S. 376),

Bilder Uwe Bienert,

Farbatlas Krankheiten und Schädlinge an Zierpflanzen, Obst und Gemüse, (Bernd Böhmer, Walter Wohanka; Ulmer-Verlag),

Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag),

Schädlinge & Krankheiten (Pippa Greenwood, Andrew Halstead; Dorling Kinderley Verlag),

Einheimische Laubgehölze (Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim),

Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim),

Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt / Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim),

International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group),

www.kiefernspezi.de,

Wikipedia,

www.hortipendium.de

Uwe Bienert

Nächsten Monat lesen Sie: „Durchgefallen, Teil 3: Der Ausbil-
dende“.

 Uwe Bienert
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Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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