Der Kommentar
Hauptsache nachhaltig
von: Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-HackNach allgemeiner Lesart geht der Begriff der Nachhaltigkeit auf eine Veröffentlichung eines Försters um 1713 zurück. Hans Carl von Carlowitz hat mit seiner "Sylvicultura oeconomica" seinem Sachsenkönig klargemacht, dass nur so viel aus seinem Wald entnommen werden kann, wie nachwächst. Es ging hier nicht um Naturschutz oder die Rettung des Waldes, es ging schlicht ums Geld.
Heute werden die ökonomischen, ökologischen und sozialen, auch gerne als "people, planet, profit" bezeichneten Qualitäten des Handelns – und das ist sehr wichtig – gleichwertig nebeneinander gesehen. So ist es in den internationalen Zertifizierungssystemen für das Bauwesen vorgesehen.
Die Akzeptanz für solche Systeme ist international durchaus hoch, weil es eine Garantie für hohe Bauqualität ist. In Deutschland ist die Nachfrage noch recht übersichtlich, auch weil die deutschen Bauvorschriften schon hohe Standards mit sich bringen. Diese Systeme sorgen dafür, dass alle Entscheidungen im Bauprozess wohlüberlegt sind. Ein Zentimeter mehr Dämmung, eine Dusche für die Mitarbeiter, die mit dem Fahrrad kommen oder die Kostenoptimierung des Projektes im Lebenszyklus betrachtet – das sind alles Maßnahmen, die ein Gebäude nachhaltiger machen.
Daneben verpflichtet die Europäische Union Unternehmen zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese trifft ab 01.01.2025 AGs, GmbHs, UGs, KGaAs, die mehr als 40 Millionen Euro Umsatz, 20 Millionen Bilanzsumme oder 250 Mitarbeiter haben.
Es wird unmittelbar nicht allzu viele Landschaftsbaubetriebe treffen. Mittelbar dürfte es aber auch kleine und mittlere Unternehmen treffen, über die Kriterien Environmental, Social and Corporate Governance (ESG) zu berichten, sofern sie Teil der Wertschöpfungskette eines berichtspflichtigen Unternehmens sind.
Auch ist zu erwarten, dass Banken bei der Kreditvergabe die ESG-Kriterien berücksichtigen. Kredite könnten für Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsbericht teurer werden. Nach den Vorgaben der EU sind etwa 1100 Angaben möglich, teilweise Pflichtangaben und zum Teil freiwillig. Dazu gehören Angaben wie die Partikelemissionen von Pkw, Aktivitäten, die sich negativ auf die Artenvielfalt sensibler Gebiete auswirken oder der Umsatzanteil der direkten Lieferanten mit positivem S-Rating (A- und B-Rating) am Gesamtbeschaffungsvolumen, sicher im Landschaftsbau keine Sandard-Kennzahlen.
Nachhaltiges Wirtschaften ist in jeder Hinsicht gut. Er ist auch nicht neu, denn seit Carlowitz weiß jeder Unternehmer, dass der Ressourcenverbrauch nicht überstrapaziert werden darf, sonst droht die Pleite. Auch ist es gut, sich bei allen Entscheidungen Gedanken über die Folgen der Entscheidungen für die Umwelt, die Mitarbeiter und den Geldbeutel in gleicher Weise zu machen, denn das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Zu befürchten ist aber, dass wir nur ein neues Bürokratiemonster auf dem Weg bringen. Mit viel Papier für wenig Mehrwert.
Ihr Martin Thieme-Hack
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