Projektbearbeitung integrativ und digital

Fit für Baustelle und Büro

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Im Unterrichtsgeschehen der zweijährigen Fachschule am Lehr- und Versuchszentrum Gartenbau (LVG) in Erfurt ist die im Lehrplan ausgewiesene Projektarbeit zentrales Element und ein Höhepunkt der Qualifizierung. Es gilt, Kompetenzen aller Bereiche miteinander zu verknüpfen, die Ergebnisse der Teamarbeit zu verteidigen und im Kolloquium einem kritischen Publikum, bestehend aus Auftraggebern, Lehrern, Kommilitonen und weiteren Interessenten, zu präsentieren.

Kein anderer Baustein der Weiterbildung bereitet zielgerichteter auf die künftige Handlungsfähigkeit in der Berufspraxis mit all ihren Facetten vor. Im Folgenden werden Erfahrungen und Abläufe auf dem Weg zur Erstellung von Projektarbeiten im Fachbereich Garten- und Landschaftsbau am LVG vorgestellt. Besonderes Augenmerk erfährt dabei der Einsatz digitaler Technik.

Mit der Umsetzung europäischer Vorgaben in bundesdeutsche Standards auf dem Gebiet der Digitalisierung sind in den letzten 20 Jahren Rahmenbedingungen geschaffen worden, die die Nutzung entsprechender Techniken und Daten deutlich vorangetrieben und vereinfacht hat. Die Umsetzung der "Open Data"-Strategie, also vorhandene Geobasisdaten zum Teil unentgeltlich für potenzielle Nutzer zur Verfügung zu stellen, ist ein wesentlicher Schritt in diese Richtung für unser Arbeitsgebiet. So können aktuell in sechs Bundesländern entsprechende Informationen von den Nutzern unter Beachtung von Datenschutzvorgaben für die tägliche Arbeit aus dem Basisbestand ALKIS, ATKIS, AFIS (1) genutzt werden. Die Vorteile für den Anwender reichen von der Verringerung des Zeitaufwandes bei der Beschaffung von Arbeitsunterlagen über eine beschleunigte Projektvorbereitung und -kontrolle bis hin zur Leistungsabrechnung. Ausgehend davon ist der Qualifikation künftiger Fach- und Führungskräfte in dieser Schlüsseltechnologie höchste Bedeutung beizumessen, dem stellt sich auch die Fachschule Gartenbau in Erfurt, insbesondere bei der Projektbearbeitung in der zweijährigen Fachschule.

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Wesentlich für die Akzeptanz von Projektthemen bei Fachschülern und Lehrern ist der unmittelbare Praxisbezug. Die vielfältigen Kontakte der Fachbereichsleiter im gartenbaulichen Versuchswesen unseres Hauses, die gleichzeitig Fachschullehrer sind, gereichen allen Beteiligten dabei zum Vorteil. Im Garten- und Landschaftsbau hat sich der grundsätzliche Ablauf vom Geländeaufmaß mit Aufmaßplan über die Entwurfsplanung bis zur Kalkulation bewährt. Der formelle Start in die Bearbeitung der Projektthemen erfolgt zwar erst mit Beginn des zweiten Ausbildungsabschnittes, die Grundlagen werden allerdings schon wesentlich früher gelegt. So erfolgt der Einstieg in den klassischen Unterricht Vermessungstechnik unmittelbar mit Eintritt in die Fachschule. Dabei werden vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten vertieft und ausgebaut, darüber hinaus Voraussetzungen für das Verständnis weiterführender Inhalte geschaffen. Bereits ein bis zwei Monate nach Start der Weiterbildung wird der grundlegende Umgang mit CAD eingeführt. Das geschieht im LVG am Beispiel von "DATAflor GREENXPERT". In wöchentlich stattfindenden Ganztagesseminaren von insgesamt 40 Stunden vermittelt ein Gastreferent die für das Erstellen von Plänen am PC erforderlichen Grundkenntnisse und Fertigkeiten. Bereits vor Ablauf dieser Seminarreihe startet ein weiterer Unterrichtsblock "Digitale Vermessungstechnik" über 40 Stunden, um die unmittelbare Verknüpfung von CAD und den Einsatz digitaler Tachymeter beim Schüler deutlich zu verankern. Dafür konnte ein Vermessungsingenieur mit langjähriger Dozentenerfahrung an der Fachhochschule Erfurt gewonnen werden, der Einblicke in die Vermesser-Welt bietet, die über den Lehrplaninhalt Vermessungstechnik der zweijährigen Fachschule hinausgehen. Unser Ziel ist klar definiert: Wir wollen Fähigkeiten vermitteln und nicht nur Wissen, Methodenkompetenz unmittelbar erlebbar machen!

Für den praktischen Einsatz auf der Projektbaustelle stehen uns zunächst die klassischen Vermessungsgeräte, die wir gemeinsam mit der ebenfalls in unserem Haus ansässigen Überbetrieblichen Ausbildungsstätte nutzen, zur Verfügung. Im digitalen Arbeitsgeschehen setzen wir unter anderem Tachymeter der "Builder"-Baureihe 509 von Leica ein. Damit ist es möglich 3D-Koordinaten zu erfassen und im Anschluss in das CAD-Programm zur weiteren Bearbeitung zu übertragen. Bei Nutzung der Codierung im Zusammenhang mit der Aufnahme erfolgt die Speicherung und Abbildung mit Symboldarstellung für den jeweiligen Punkt auf einen objektbezogenen Layer. Zeitgleich mit der digitalen Geländeerfassung per Tachymeter wird das Gelände auch mit einer Scanning-Totalstation von Trimble (SX 10) aufgenommen. Diese zukunftsweisende Technik ermöglicht die Kombination von Funktionen aus den Bereichen Vermessung, Bildverarbeitung und Hochgeschwindigkeits-3D-Scanning in einem Gerät. Die Fachschule erfährt hierbei personelle Unterstützung von einem Kollegen des gartenbaulichen Versuchswesens in unserem Haus. Dort wird diese Technik schon seit einigen Jahren einsetzt. Um auch den Interessierten/potenziellen Entscheidern, die die örtliche Situation nicht aus eigenem Erleben kennen, einen optischen Eindruck von der zu bearbeitenden Liegenschaft zu vermitteln, werden neben den gängigen digitalen Fotos und 360-Grad-Aufnahmen auch per Drohne Bilder und Videosequenzen erfasst. Ausgerüstet mit diesen Daten und deren Aufbereitung steht zunächst das Erstellen des Aufmaßplans im Vordergrund. Hierbei haben die Fachschüler die Möglichkeit zur Konsultation in der Schule, darüber hinaus besteht das Angebot des Softwareanbieters zur Nutzung von Webinaren und der Hotline.

Bevor der nächste Arbeitsschritt, die Entwurfsplanung ansteht, wird das Softwarepaket "DATAflor BUSINESS" in einem Tagesseminar vorgestellt. Die Kopplung der digitalen Pläne an den kalkulatorischen Bereich wird von allen Fachschülern als großer Vorteil in der Bearbeitung erkannt, wirken sich doch Änderungen im Plan unmittelbar auf die weiteren Arbeitsschritte bis hin zu den Kosten aus. Vom digitalen Aufmaß und der Entwurfsplanung in CAD bis hin zur Abrechnung nach dem Leistungsverzeichnis ist die abschließende prüffähige Rechnungslegung in einem Gesamtpaket möglich.

Da sich die Bearbeitung der Projektarbeit über mehrere Monate erstreckt und somit auch Ferien und gegebenenfalls Praktika eingeschlossen sind, ist die Verfügbarkeit der aktuellen Bearbeitungsstände für alle Mitglieder einer Projektgruppe (zwei bis vier Teilnehmer) an verschiedenen Orten von hoher Bedeutung. Um das zu gewährleisten, können die Dateien im Datenmanagementsystem "Xschool" abgelegt werden, via cloud ist die Kommunikation zwischen Teilnehmern und Lehrkräften von jedem beliebigen Ort aus möglich.

Selbstverständlich ist das Vermitteln und Erarbeiten sehr umfangreicher Kenntnisse aus dem Gesamtspektrum Garten- und Landschaftsbau erforderlich, um eine sachgerechte und den Kundenwünschen entsprechende Planung vornehmen zu können. Dazu sind weitere Kollegen vom Beginn an einbezogen zu Themenbereichen wie beispielsweise Bautechnik, Vegetationstechnik, Pflanzenkunde/Pflanzenverwendung oder Betriebswirtschaft/Unternehmensführung. Konsultationen der Projektbearbeiter mit den betreuenden Fachlehrern ermöglichen Hinweise zur Klärung anstehender Probleme und unterstützen die geforderte Termintreue.

Nach der Bewertung und Notenbildung werden die Projektearbeiten in einem Kolloqium Auftraggebern und weiteren Interessierten vorgestellt. Dabei wird das Spektrum der Präsentationsmöglichkeiten von den Bearbeitern unterschiedlich genutzt - vom ausgeplotteten Plan über Modelle und CAD-Einblendungen via Beamer bis hin zu Begehungen digitaler Gärten in entsprechenden 3D-Videosequenzen.

Zunehmend finden die nach diesen Vorgehensweisen bearbeiteten Projekte unserer Fachschüler auch konkrete Umsetzung in der Praxis. So wurden von den Technikern der Abgangsklassen 2017 und 2018 Entwürfe zur Gestaltung eines Obstbaumuseums im größten Obstanbaugbiet Thüringens, den Fahnerschen Höhen, bearbeitet. Besonderen Anreiz bot der Umstand, dass Garten- und Landschaftsbauer sowie Produktionsgartenbauer zusammen ein Gesamtthema bearbeiten konnten - bisher keine Selbstverständlichkeit, aber eine überaus positive Erfahrung. Während die konzeptionelle Arbeit für den Ausstellungsraum mit der feierlichen Eröffnung im Oktober 2019 in Kleinfahner einen Abschluss für die Techniker im Produktionsgartenbau gefunden hat, befinden sich die Pläne für die Gestaltung der Außenanlagen noch in der Umsetzung.

Auch der Abschlussjahrgang 2019 hat ein Gemeinschaftsprojekt bearbeitet, diesmal wurden Entwürfe zur Erweiterung des Freilichtmuseums in Hohenfelden (https://www.freilichtmuseum-hohenfelden.de/www.freilichtmuseum-hohenfelden.de) bearbeitet. Die Techniker im Produktionsgartenbau widmeten sich bevorzugt obstbaulichen Schwerpunkten wie der Erfassung vorhandener Bestände und deren sachgerechter Ergänzung. Im Bereich Garten- und Landschaftsbau stand die Freiraumplanung zur Erweiterung der Außenanlagen im Mittelpunkt der Aktivitäten. Zumindest bei der Vorstellung der Abschlussarbeiten haben die Entwürfe von den Auftraggebern große Zustimmung erfahren. Wir sind auf die Umsetzung gespannt, weitere Zusammenarbeit ausdrücklich nicht ausgeschlossen!

Dr. Reinhard Wagner
Autor

Referatsleiter Fachschulen und Überbetriebliche Ausbildung beim Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum, Lehr- und Versuchszentrum Gartenbau/ Fachschule

Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum, Lehr- und Versuchszentrum Gartenbau/Fachschule

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