Stadtbäume nach dem Trockensommer 2018

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Trockenheit Baumforschung
Acer monspessulanum, Würzburg. Fotos: Philipp Schönfeld, Susanne Böll
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Alnus x spaethii, Münchberg. Fotos: Philipp Schönfeld, Susanne Böll
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Blattsensor.
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Tab. 1: Wetterdaten Würzburg Quelle: DWD und Wetterkontor

Nicht nur die Menschen, auch das Stadtgrün leidet unter dem zunehmend stärker spürbaren Klimawandel. Das wird insbesondere an den zunehmenden Problemen der Stadtbäume deutlich. Das Projekt "Stadtgrün 2021" untersucht seit 2009 inzwischen 29, bisher eher selten verwendete Baumarten auf ihre Eignung als "Klimabäume". Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die überwiegende Zahl der Versuchsbäume Hitze und Trockenheit besser widerstehen kann als die bisher gängigen Arten. Auf eine zusätzliche Bewässerung konnte weitestgehend verzichtet werden.

Dennoch trat auch in den sehr heißen Jahren 2015 und 2018 die Laubfärbung nicht vorzeitig ein, sondern im normalen zeitlichen Rahmen. Der Zuwachs im Folgejahr war nur bei einem Teil der Arten geringer. Temperaturmessungen an Blättern, Stamm und Bodenoberfläche zeigten, dass die aus Südosteuropa stammenden Arten im Vergleich zu den heimischen Arten offenbar die Fähigkeit besitzen, die Blatttemperaturen besser zu regulieren.

Problemstellung

Die gängigen Stadtbaumarten leiden zunehmend unter Trockenschäden, Schädlingen und Krankheiten. Das führte in den vergangenen Jahren zum vorzeitigen Tod von tausenden von Straßenbäumen in deutschen Städten. Eine weitere Zunahme der Stresssituation ist aufgrund der Vorhersagen regionaler Klimamodelle zu erwarten, die steigende Lufttemperaturen und verlängerte Trockenperioden prognostizieren. Diese Situation war der Ausgangspunkt für das Projekt "Stadtgrün 2021". Hier werden seit 2009 und 2015 insgesamt 29 ausgewählte Baumarten auf ihre Stadtklimatauglichkeit getestet. Erste Ergebnisse haben sich, dank der Hitzesommer 2015 und 2018, an den einzelnen Versuchsstandorten bereits herauskristallisiert, werden aber, um abgesicherte Praxisempfehlungen geben zu können, bis 2021 noch weiter validiert.

Eine Studie aus dem Jahr 2011 des Instituts für Geographie und Geologie der Universität Würzburg zur Auswirkung des Klimawandels zeigt, dass Würzburg bereits jetzt besonders stark von zunehmender Erwärmung betroffen ist. Die Erwärmung um bis zu 1,4 °C im Winter und 1,1 °C im Sommer im Zeitraum von 1947 bis 2006 sind deutlich höher als im globalen und bundesdeutschen Durchschnitt und kennzeichnen Unterfranken als "Hot-Spot" des Klimawandels. Das regionale Klimamodell prognostiziert unter dem Einfluss steigender Treibhausgaskonzentrationen gemäß IPCC-Szenario A1B bis zum Jahr 2100 eine weitere Erwärmung um rund 5 °C in den meisten Jahreszeiten. Dies führt zu einer bemerkenswerten Zunahme der Hitzetage (Tage mit über 30 °C). Im Mittel werden bis zum Jahr 2100 50 Hitzetage pro Jahr zu verzeichnen sein. Infolge dieser Entwicklung wird auch die Zahl der Tropennächte (Temperatur nicht unter 20 °C) ansteigen, was bei vielen Menschen zu einer fehlenden Regeneration in der Nacht führen kann. (www.wuerzburg.de; 2013)

2015 war ein ungewöhnlich heißer und trockener "Steppensommer" mit 31 Hitzetagen ? 30 °C (langjähriger Durchschnitt: 7 Hitzetage) und lediglich 448 mm Niederschlag. Im langjährigen Durchschnitt fallen 602 mm (Wetterstation Würzburg, DWD). Dabei entfielen auf die Zeit der Vegetationsperiode von April bis Oktober lediglich 227 mm. Das Jahresmittel der Lufttemperatur betrug 11,0 °C.

2018 war mit sogar 36 Hitzetagen noch wärmer. Es gab zwei Hitzeperioden. Die erste dauerte vom 25. Mai bis 11. Juni. In diesem Zeitraum erreichte die Lufttemperatur an 2 Tagen 30 °C oder mehr. Die zweite Hitzeperiode dauerte vom 13. Juli bis zum 23. August. In dieser Zeitspanne gab es 27 heiße Tage. Das Jahresmittel der Lufttemperatur erhöhte sich auf 11,7 °C. Es fielen 432 mm Regen, davon im Zeitraum von April bis Oktober nur 220 mm (Tabelle 1).

Material und Methoden

Für die Durchführung des Versuchs 2009/2010 wurden bewusst drei Standorte mit unterschiedlichen Klimabedingungen gesucht. Hof/Münchberg mit kontinentalem Klimaeinfluss ist der Teststandort für Frostresistenz. Kempten besitzt ein gemäßigtes und niederschlagsreiches Klima. Würzburg ist aufgrund des Weinbauklimas dabei der Standort, an dem sich zuerst zeigen wird, in welchem Maße die untersuchten Baumarten hitze- und trockenheitsverträglich sind. Die weiteren Versuchsparameter sind beschrieben bei Böll (2018).

Die in der "Best-of-Liste" und dem neu aufgelegten Merkblatt gegebenen Empfehlungen beruhen auf der Auswertung folgender Messungen und Bonituren:

  • Vitalitätsbonitur (Dichte und Entwicklung der Belaubung, Trockenstress, Krankheiten und/oder Schädlinge)
  • Zuwachsmessungen an Stamm, Leittrieb und Seitenästen
  • Temperaturmessungen am Baum (Blätter, Stamm, Substratoberfläche) und Erstellung sogenannter "Fieberkurven" einzelner Baumarten
  • Phänologie

Vitalität

Jedes Jahr im Frühsommer wird die Vitalität der Baumarten in Bezug auf ihre Frosttoleranz, Kronenvitalität, Trockenstress und Salzempfindlichkeit bonitiert. Auf die Frosttoleranz wird hier nicht erneut eingegangen, da diese bei Böll et al. (2014) bereits beschrieben wurde.

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Trockenheit Baumforschung
Carpinus betulus \'Frans Fontaine\' und Fraxinus ornus, Würzburg.
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Fraxinus pennsylvanica, \'Summit\', Würzburg.
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Liquidambar styraciflua, Herbstfärbung, Würzburg.
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Tab. 2: Blattanalysen 2015: Chlorid- und Natriumgehalt
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Tab. 3: Blattanalysen 2018: Chlorid- und Natriumgehalt
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Tab. 4: Seitentriebzuwachs 2014 bis 2019

Zuwachsmessungen

Seit Beginn des Versuchs wird an jedem Baum jährlich der Längenzuwachs an drei Ästen im oberen Kronenbereich sowie dem Leittrieb und der Stammumfang in einem Meter Höhe gemessen.

Temperaturmessungen

Ausgehend von den Bonituren, mit denen die Vitalität, der Wuchs und die Gesundheit der Bäume überprüft werden, ergibt sich die Fragestellung, ob es bestimmte Eigenschaften gibt, die einzelne Arten besonders stresstolerant gegenüber länger andauernden Hitze- und Trockenperioden machen. Um solche möglichen Anpassungsstrategien der besonders trockenstressresilienten Klimabaumarten an Hitze- und Trockenstress zu erkennen, wurden 2018 vergleichend die "Fieberkurven" von zwei Versuchsbaumarten aus Südosteuropa (Ostrya carpinifolia Hopfenbuche sowie Tilia tomentosa 'Brabant' Silberlinde) und im Vergleich dazu zwei häufig verwendeter heimischer Straßenbaumarten (Carpinus betulus 'Frans Fontaine' Hainbuche sowie Tilia cordata 'Greenspire' Winterlinde) am Standort Würzburg untersucht. Bei je zwei Bäumen der vier Arten wurden die Temperaturverläufe von je drei sonnenexponierten Blättern, der Rindenoberfläche auf Nord- und Südseite sowie im obersten Wurzelbereich in Zehn-Minuten-Intervallen über die gesamte Vegetationsperiode gemessen. Die Messungen sollten zeigen, welchen Temperaturbelastungen Straßenbäume während Hitzeperioden an Straßenstandorten ausgesetzt sind und inwieweit es den hitzebeständigeren kontinentalen Arten gelingt, Temperatureinflüsse stärker zu regulieren als heimische Baumarten. Damit soll ein Auswahlkriterium für die Selektion weiterer geeigneter Arten entwickelt werden.

Bei Baumarten mit dünner Rinde wie etwa Ahorn, Hainbuche, Linde oder Magnolie können Temperaturen mit deutlich über 40 °C zum Absterben des Kambiums führen. Darüber hinaus verursachen hohe Temperaturunterschiede zwischen Nord- und Südseite starke Spannungen und führen oft zu Rindenrissen mit fatalen Folgen.

Phänologie

Die Phänologie (altgriechisch ????? phaíno, Deutsch "ich erscheine" und -logie) befasst sich mit den im Jahresablauf periodisch wiederkehrenden Entwicklungserscheinungen in der Natur und die Phänometrie mit der Erfassung dieser Erscheinungen. Die Eintrittszeiten charakteristischer Erscheinungen werden in einem "phänologischen Kalender" festgehalten. Dieser unterteilt das "phänologische Jahr" in physiologisch-biologisch begründete zehn "phänologische Jahreszeiten" und orientiert sich an charakteristischen Entwicklungsstadien typischer Pflanzen (phänologischer Zeigerpflanzen) und an dem Verhalten der Tiere. Die zehn phänologischen Jahreszeiten sind: Vorfrühling, Erstfrühling, Vollfrühling, Frühsommer, Spätsommer, Hochsommer, Frühherbst, Vollherbst, Spätherbst, Winter.

Ursprünglich in der Phänomenologie der Agrometeorologie beheimatet, hat sich die Phänologie in der modernen Zeit im Besonderen als leistungsfähiges Eichwerkzeug für Klima- und Wettermodelle herausgestellt und wird weltweit an klimatologischen und meteorologischen Forschungseinrichtungen fokussiert behandelt. Von Bedeutung ist sie auch für die Klimawandelforschung (Körner und Basler, 2010; Menzel, 2006).

Das ist der Hintergrund für die Erhebung phänologischer Daten in diesem Forschungsprojekt. Dank der tatkräftigen Unterstützung der Gartenämter und Bauhöfe in den verschiedenen Partnerstädten werden seit 2011 folgende phänologische Beobachtungen an den einzelnen Baumarten/-sorten an den drei Standorten durchgeführt und dokumentiert: Austrieb, Blattfärbung und Blattfall. Aus der Differenz zwischen Austrieb und Blattfärbung lässt sich die Vegetationslänge für die einzelnen Arten berechnen. Die phänologischen Beobachtungen erlauben somit, das Potenzial, aber auch die Gefährdung der einzelnen Baumarten im Zusammenhang mit den lokalen Wetterereignissen an den drei Standorten, sowie "Verhaltensunterschiede" zwischen den einzelnen Arten und Sorten zu beschreiben. Dies ist im Hinblick auf den sich bereits abzeichnenden Klimawandel von größter Bedeutung, um die Resilienz der einzelnen Versuchsbaumarten gegenüber Klimaveränderungen, aber auch im Hinblick auf klimatische Extremereignisse beurteilen zu können.

Bereits jetzt zeichnen sich Phänologieverschiebungen ab, und es wird deutlich, dass sich der Blattaustrieb in den letzten Jahrzehnten verfrüht und die Vegetationsperiode in Süddeutschland verlängert hat (Schaber & Badeck 2005).

Der Austrieb wird über das Kältebedürfnis ("chilling"), Tageslänge und Temperatur-summen gesteuert. Die einzelnen Faktoren haben bei unterschiedlichen Baumarten einen unterschiedlich starken Einfluss. Für die Versuchsbaumarten liegen, soweit uns bekannt, keine Untersuchungen vor. Erste Auswertungen zeigen, dass Liquidambar styraciflua beispielsweise deutlich stärker durch Temperatursummen gesteuert wird, während Magnolia kobus eine eher tageslängengesteuerte Art ist.

Ergebnisse

Vitalität

Trocken- und Hitzeschäden 2015 und 2018

Der überwiegende Anteil der Versuchsbäume zeigte in den Extremsommern 2015 und 2018 an keinem der Standorte Hitzeschäden, Trockenstress oder starke Wachstumseinbußen, was neben der hohen Trockenstresstoleranz der Versuchs-baumarten wohl auch dem verwendeten FLL-Substrat geschuldet ist.

Seit 2014 fanden keine regelmäßigen Wässerungen der Bäume mehr statt. 2015 wurden die Versuchsbäume erst im Anschluss an die zweite Hitzeperiode Mitte August und ein zweites Mal Anfang September mit je 200 l gewässert mit Ausnahme der drei Eichenarten Quercus frainetto 'Trump', Quercus cerris und Quercus hispanica 'Wageningen'. Im Jahr 2017 wurden die Bäume nicht gewässert und 2018 erhielten Parrotia persica 'Vanessa' in der KW 30 und KW 36 und Liquidambar styraciflua in der KW 37 jeweils 250 Liter Wasser.

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Mittlerer Seitentriebzuwachs Ulmus \'Lobel\', gemessen in cm
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Mittlerer Seitentriebzuwachs Quercus x hispanica \'Wageningen\', gemessen in cm
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Mittlerer Seitentriebzuwachs Quercus frainetto\'Trump\', gemessen in cm
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Mittlerer Seitentriebzuwachs Fraxinus ornus, gemessen in cm

Bedingt durch die langen Winter 2010 und 2013, mit starken Barfrösten im Februar 2012 und den Spätfrösten in verschiedenen Jahren konnten bereits wesentliche Aussagen zu der Frostresistenz und Salztoleranz der einzelnen seit 2010 getesteten Arten getroffen werden. Bei den salzempfindlichen Baumarten traten im Sommer Blattrandnekrosen durch trockenheitsbedingtes Aufsteigen alter Salzfrachten auf, die teilweise zu deutlichen Wachstumseinbußen führten. Es ist bekannt, dass vor allem in trocken-heißen Sommern teilweise höhere Salzkonzentrationen in oberen Bodenschichten gemessen werden als in Winter- und Frühjahrsmonaten (Pedersen et al. 2000). Blattanalysen der betroffenen Arten zeigten im Sommer 2015 entsprechend hohe Chloridwerte (s. Tab. 2; Kopinga & Van den Burg 1995), teilweise wurden auch hohe Natriumwerte gemessen, (Leh 1973, Kopinga & Van den Burg 1995). Natrium wird bis zu einer "Schadensschwelle" in einem wesentlich geringeren Maße als Chlorid aufgenommen, kann dann aber zu irreversiblen Schäden führen (Leh 1973). Die Blattanalysen zeigen auch für 2018 leicht erhöhte bzw. für Parrotia persica 'Vanessa' in Hof und Magnolia kobus in Würzburg stark erhöhte Chloridwerte (Tab. 2 und 3). (Böll, 2018)

Parrotia persica 'Vanessa' litt während der beiden Hitzeperioden im Juli und August 2015 in Würzburg unter massiven Blattverbrennungen durch Hitze- und/oder Strahlungsschäden und zeigte nach Abklingen der Hitzewellen einen starken Neuaustrieb, der, anders als erwartet, 2016 nicht zu Wachstumseinbußen führte. 2018 konnten durch zweimaliges Wässern Trocken- und Hitzestressreaktionen bei der Parrotie in Würzburg vermieden werden, während in Hof bereits im Juli entsprechende Reaktionen zu beobachten waren, die auch mit der Aufnahme hoher Chloridkonzentrationen verbunden waren.

Zuwachsmessungen

Hohe Temperaturen und lange Trockenperioden beeinträchtigen das Wachstum der Bäume. Das zeigt sich in verfrühten Blattfall sowie geringeren Zuwächsen und war in den Jahren 2015 und 2018 in Würzburg bei den klassischen Straßenbäumen oft zu beobachten. Die Versuchsbäumen hingegen präsentierten sich mit wenigen Ausnahmen (s. Vitalität) gut und voll belaubt. Allerdings gingen auch an ihnen die beiden heißen Sommer nicht spurlos vorüber. Das wird sichtbar im Vergleich der Zuwächse von 2014 zu 2015 und 2017 zu 2018 und 2019.

Für die Bewertung der folgenden Daten wurde eine Zuwachsrate von ? 80 Prozent des vorangegangenen Jahres als normal bzw. vergleichbar eingestuft. Im Folgenden werden die Zuwachsdaten von den witterungsmäßig "normalen" Jahren 2014 und 2017 mit den heißen Jahren 2015 und 2018 sowie 2019 verglichen. (s. Tab. 4) Die Werte von 2014 und 2017 werden dabei als Basiswerte genommen und entsprechen 100 Prozent.

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Messung vom Zuwachs des Leittriebes.
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Blühende Magnolia kobus in Würzburg.
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Tab. 5: Temperaturmaxima während der Wachstumsperiode
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Tab. 6: Blattaustrieb am Standort im bisherigen Versuchsverlauf – Beginn der Vegetationsperiode Würzburg 16. KW (13.–18. KW)

Im Jahr 2015 lag der prozentuale Zuwachs bei 14 Baumarten unter 80 Prozent des Vorjahres. Die Spanne reichte dabei von 28 bis 79 Prozent. Den geringsten Zuwachs hatte Acer buergerianum mit 28 Prozent, den höchsten Ulmus 'Lobel' mit 79 Prozent. Bei sechs Baumarten lag der Zuwachs bei ? 80 Prozent, bei drei Arten sogar über 100 Prozent: Quercus frainetto 'Trump' 111 Prozent; Celtis australis 142 Prozent und Quercus cerris 161 Prozent. Die außergewöhnlich heiße und trockene Witterung mit den zwei Hitzeperioden führte bei 70 Prozent der Baumarten zu einem verringerten Zuwachs.

Im Vergleich der Jahre 2017 und 2018 wiesen neun Baumarten Zuwachsraten bis zu 80 Prozent auf. Den geringsten Zuwachs zeigte hier wieder Acer buergerianum mit 13 Prozent. Zelkova serrata 'Green Vase' lag mit 77 Prozent knapp unter der 80 Prozent-Grenze. Einen stärkeren Zuwachs im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 im Bereich von 80 Prozent und mehr weisen elf Arten auf. Sechs davon liegen sogar über 100 Prozent: Ginkgo biloba 233 Prozent; Carpinus betulus 'Frans Fontaine' 142 Prozent; Magnolia kobus und Quercus x hispanica 'Wageningen' je 133 Prozent; Quercus frainetto 'Trump' 104 Prozent und Tilia tomentosa 'Brabant' 103 Prozent. Die Beeinträchtigungen des Wachstums waren 2018 weniger ausgeprägt als 2015 und die eben genannten sechs Arten schienen von der Hitze unbeeindruckt zu sein und eine erhöhte Resilienz zu zeigen.

Im Vergleich der Zuwächse von 2017 zu 2019 zeigt sich folgendes Bild: 12 Baumarten blieben im Zuwachs unter der Schwelle von 80 Prozent. Acer monspessulanum wies mit 20 Prozent den niedrigsten Wert auf. Der höchste Wert war in dieser Gruppe bei Zelkova serrata 'Green Vase' mit 74 Prozent zu finden. In der Gruppe mit Zuwächsen über 80 Prozent bezogen auf 2017 sind acht Arten zu finden. Der "Spitzenreiter" ist - wie im Jahr 2018 schon - Ginkgo biloba mit 277 Prozent, es folgen Quercus x hispanica 'Wageningen' (127 %), Gleditsia triacanthos 'Skyline' (123 %), Magnolia kobus (104 %), Carpinus betulus 'Frans Fontaine' (96 %), Ulmus 'Lobel' (92 %) und Parrotia persica 'Vanessa' sowie Quercus frainetto 'Trump' mit jeweils 91 Prozent. (Tab. 4)

Hinweis: auch wenn der prozentuale Zuwachs mitunter hoch ist, so betragen die tatsächlichen Zuwächse in cm bei einigen langsam wachsen Baumarten manchmal nur wenige Zentimeter pro Jahr. Die Diagramme zeigen sehr anschaulich die jährlichen Schwankungen im Zuwachs der einzelnen Baumarten. Welche Baumart sich an welchen Standorten am besten entwickelt, lässt sich aus diesen Diagrammen nur schwer herauslesen. Das wird erst dann deutlich, wenn die Zuwächse kumulativ aufgetragen werden. Da ist klar erkennbar, dass Quercus frainetto 'Trump' in Würzburg am besten wächst. Ulmus 'Lobel' bevorzugt den Standort Kempten während überraschenderweise die wärmeliebende Quercus x hispanica 'Wageningen' in Hof/Münchberg den größten Zuwachs erzielt. Fraxinus ornus gehört zu den Baumarten, die keine Präferenzen erkennen lassen.

Temperaturmessungen

2018 war ein ungewöhnlich heißer und trockener Sommer in Würzburg. In den Kronen der Versuchsbäume auf Höhe der verkabelten Sonnenblätter wurde jedoch - im Vergleich zu den Daten des DWD - infolge der versiegelten Umgebung fast das Doppelte, nämlich 71 (!) Hitzetage (? 30 °C), davon 14 sog. Wüstentage (> 35 °C!), im Untersuchungszeitraum gemessen.

Auch die Blatttemperaturen erreichten mit T >40 °C immer wieder kritische Bereiche, in denen Proteine in den Blättern geschädigt werden und zum frühzeitigen Blattfall führen können (s. Tabelle 5). Allerdings zeigen sich während der anhaltenden Hitzephasen, wie etwa Anfang August 2018 mit Tageshöchsttemperaturen von knapp 35 °C, deutliche Unterschiede zwischen den heimischen Baumarten und ihren südosteuropäischen Verwandten: Während die beiden Hainbuchen im Tagesverlauf Spitzen von deutlich über 2 °C über der Lufttemperatur erreichten und damit häufig die kritische 40 °C-Grenze der Blatttemperatur überschritten, können die südosteuropäischen Hopfenbuchen offensichtlich ihre Blatttemperatur weitaus besser regulieren und erreichten nur selten die D-T Marke von 1 °C. (Bauer, 2018)

Ähnlich sieht es bei den beiden Lindenarten im Vergleich aus: Die heimischen Winterlinden heizten sich während der Hitzephasen deutlich stärker auf als die Silberlinden, lagen mit Höchstwerten von D-T 1,5 °C aber noch unter den Hainbuchen. (Tabelle 5)

Die Messwerte vom Sommer 2019 werden derzeit noch ausgewertet. Voraussichtlich Anfang 2020 folgt dann eine umfassende Darstellung im Rahmen einer Fachveröffentlichung.

Noch extremer sind die gemessenen Temperaturmaxima im Übergangsbereich von Substrat und Mulch von über 60 °C, die auf die dunkle Farbe der verwendeten Lava zurückzuführen ist.

Die Ergebnisse belegen eindeutig, dass insbesondere die "dünnhäutigen" Straßenbaumarten nicht nur während der ersten Jahre nach der Pflanzung mit Tonkinmatten oder einem weißen Rindenanstrich vor Sonnenbrand geschützt werden sollten, sondern bis sie sich selbst beschatten können. Als Mulch sollten nur helle organische oder anorganische Mulchmaterialien verwendet werden, die eine relativ hohe Rückstrahlung gewährleisten.

Phänologie

Die Vegetationsperiode dauert in Würzburg in der Regel 199 Tage (6,5 Monate). Sie beginnt am 16. April in der 15. Kalenderwoche und endet zum 31. Oktober in der 44. Kalenderwoche. Der Zeitrahmen für den Beginn reicht dabei vom 28. März bis zum 3. Mai (13.-18. Kalenderwoche). Die Vegetationsperiode endet selten vor dem 11. Oktober (41. Kalenderwoche) oder nach dem 22. November (47. Kalenderwoche). (https:/de.weatherspark.com) Das Einsetzen der Blattfärbung markiert dabei das Ende der Photosynthese und damit der Vegetationsperiode.

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Ostrya carpinifolia, Würzburg.
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Parrotia persica \'Vanessa\', Hof/Münchberg.
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Messung Terminaltrieb von Quercus Cerris.
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Twittering tree am 26. August 2019.
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Tab. 7: Beginn der Blattfärbung im Jahr 2015 im Vergleich zu den Jahren 2011 bis 2014
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Tab. 8: Beginn der Blattfärbung im Jahr 2018 im Vergleich zu den Jahren 2011 bis 2017.

Austrieb und Länge der Vegetationsperiode

Betrachtet man die Kalenderwochen des Austriebs in den einzelnen Jahren näher, so erfolgte dieser erwartungsgemäß am wärmsten Standort in Würzburg durchgängig früher als an den anderen beiden Standorten, während der Kältestandort Hof/Münchberg im Allgemeinen das Schlusslicht bildete. Es gab jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Versuchsbaumarten, sowohl was den zeitlichen Beginn des Austriebs (Frühtreiber/Spättreiber) als auch die Variabilität des Austriebszeitpunkts an den verschiedenen Standorten betrifft (Beispiel: Tabelle 6).

Welche Baumarten in ihrem Austriebsverhalten eher durch den Faktor Tageslänge oder aber Temperatur gesteuert werden, untersucht anhand der vorliegenden Daten derzeit Frau Lisa Wasitschek im Rahmen ihrer Bachelorarbeit an der Universität Würzburg, Fachbereich Geographie. Die Arbeit wird von Prof. Heiko Paeth betreut.

Blattfärbung 2015 und 2018

Im Folgenden werden nur 19 der 20 Baumarten betrachtet, da Quercus x hispanica 'Wageningen' immergrün ist.

Im Beobachtungszeitraum von 2011 bis 2017 beginnt die Blattfärbung bei 16 Baumarten in der 41. bis 45. Kalenderwoche. Alnus x spaethii, die keine Herbstfärbung im eigentlichen Sinne ausbildet, bildet dabei in der 45. Kalenderwoche das Schlusslicht. Der Zeitpunkt der Blattfärbung liegt somit - mit der Ausnahme von Alnus x spaethii - im Beginn des oben angeführten Zeitrahmens in Würzburg für das Ende der Vegetationsperiode. Fraxinus pennsylvanica 'Summit' (37. KW), Gleditsia triacanthos 'Skyline' (36. KW) und Magnolia kobus (40. KW) beenden die Vegetationsperiode deutlich früher. Dabei sind Fraxinus pennsylvanica 'Summit' und Gleditsia triacanthos 'Skyline' bekannt dafür, das Laub auch unter "normalen" Umständen als einer der ersten Arten abzuwerfen.

Wie stellt sich die Situation nach dem trockenen und heißen Sommer 2015 dar? Bei 17 Arten setzte die Laubfärbung im normalen Zeitraum für das Ende der Vegetationsperiode ein, und zwar überwiegend im mittleren bis späten Bereich (44.-46. Kalenderwoche). Alnus x spaethii ist dabei in der 46. Kalenderwoche wieder die letzte Art in der Reihe. Bei Fraxinus pennsylvanica 'Summit' sowie Gleditsia triacanthos 'Skyline' setzt die Laubfärbung wieder früher ein (40. Kalenderwoche).

Bezogen auf das Mittel des Beginns der Blattfärbung bei den Versuchsbäumen für den Zeitraum 2011 bis 2014 sind 14 Baumarten im Jahr 2015 ein bis drei Wochen später in die Laubfärbung eingetreten. Bei Celtis australis und Quercus cerris ist der Zeitpunkt gleich geblieben (41. Kalenderwoche) und bei Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia und Tilia tomentosa 'Brabant' setzte die Blattfärbung ein bis zwei Wochen früher ein. Trotz des heißen und trockenen Sommers hat sich die Vegetationsperiode also bei 74 Prozent der Baumarten verlängert. Das ermöglichte den Bäumen eine längere Photosynthese und mehr Einlagerung von Reservestoffen. Für das Jahr 2015 lässt sich daraus schließen, dass im Gegensatz zu den heimischen und bisher häufig verwendeten Stadtbaumarten ein Großteil der Versuchsbaumarten bei entsprechender Herbstwitterung offenbar in der Lage ist, Assimilationsverluste während extremer Hitzewellen durch eine längere Vegetationsperiode auszugleichen. Diese Fähigkeit könnte ein wichtiges Selektionskriterium für zukünftige Stadtbäume sein, sofern sie nicht mit einer späten Holzreife verbunden ist, die zu Frühfrostschäden führen kann.

Für das Jahr 2018 ergibt sich ein etwas anderes Bild. Nur noch bei neun Arten, also knapp der Hälfte (47 %) setzte die Blattfärbung im üblichen Zeitrahmen für Würzburg ein. Im Gegensatz zu 2015 liegt hier der Zeitpunkt früher, nämlich in der 41.-45. Kalenderwoche. Hier ist es Carpinus betulus 'Frans Fontaine', bei der als letzte die Färbung erst in der 45. Kalenderwoche einsetzt. Alle anderen Arten beginnen früher, wobei Gleditsia triacanthos 'Skyline' in der 36. Kalenderwoche die erste Art ist.

Bezogen auf den Mittelwert für den Beginn der Blattfärbung bei den Versuchsbäumen für den Zeitraum 2011 bis 2017 hat lediglich bei Carpinus betulus 'Frans Fontaine' und Fraxinus pennsylvanica 'Summit' die Laubfärbung später eingesetzt. Gleditsia triacanthos 'Skyline' sowie Quercus frainetto 'Trump' liegen genau im Mittel der Jahre 2011-2017. Bei allen weiteren Arten setzte die Laubfärbung - wohl bedingt durch die länger andauernde Hitzephase - ein bis zwei Wochen früher ein. (Tabellen 7 und 8)

Hinweise für die Praxis und Ausblick

In den Jahren 2019 und 2020 werden die Untersuchungen von Temperaturprofilen heimischer Straßenbäume und verschiedener Klimabaumarten aus dem Projekt "Stadtgrün 2021" fortgeführt. Es wird interessant sein zu sehen, ob die südosteuropäischen Arten während anhaltender Hitzeperioden wieder in der Lage sind, ihre Blatttemperatur deutlich stärker zu regulieren als die heimischen Stadtbaumarten. Um die zugrunde liegenden Mechanismen zu klären, werden wir 2020 eine Kooperation mit Prof. Schuldt, Lehrstuhl für Botanik II, Universität Würzburg eingehen. Außerdem sind von seiner Seite an den Versuchsbäumen Stomataschlussmessungen und weitere physiologische Trockenstressuntersuchungen an Blättern und Zweigen geplant, die einen Überblick über die Wasserversorgung der Versuchsbäume geben sollen.

Für die Öffentlichkeit twittert unsere Linde Tilia auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau Würzburg weiterhin in Echtzeit ihre Temperaturen von Kopf bis Fuß mit entsprechenden Kommentaren - jetzt auf der Website der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG). Zusätzlich ist auf dem LWG-Gelände ein weiterer "talking tree" hinzugekommen. Er wird im Rahmen des BayTreeNet des Forschungsverbunds bayklif des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst ebenfalls auf der LWG-Website zu sehen sein. Weitere Kooperationen sind geplant.

Literatur

Bauer, K. (2018): Auswirkungen der Klimaänderungen auf den städtischen Baumbestand - Vergleich von Temperaturprofilen verwandter Baumarten. Masterarbeit, Technische Universität Dresden, Fakultät Umweltwissenschaften.

Böll, S. (2018): Stadtbäume der Zukunft. Veitshöchheimer Berichte aus der Landespflege, 184, S. 77-87.

Böll, S., Schönfeld, P., Körber, K., Hermann, J.V. 2014: Stadtbäume im Zeichen des Klimawandels: Erste Ergebnisse aus dem Projekt "Stadtgrün 2021" und weitere Ausblicke. Jahrbuch der Baumpflege, S. 155-170

Kopinga, J., van den Burg, J. 1995: Using soil and foliar analysis to diagnose the nutritional status of urban trees. Journal of Arboriculture 21, 17-24.Pauleit, S. 2002: Tree establishment practice - results from a European survey. Urban Forestry & Urban Greening 1, 83-96.

Leh, H.-O. 1973: Untersuchungen über die Auswirkungen der Anwendung von Natriumchlorid als Auftaumittel auf die Straßenbäume in Berlin. Nachrichtenbl. Deutsch. Pflanzenschutzd. (Braunschweig) 25, 163-170.

Perderson, L. B., Randrup, T. B., Ingerslev, M. 2000: Effects of road distance and protective measures on deicing NaCl deposition and soil solution chemistry in planted median stripes. Journal of Arboriculture 26, 238-244

Schaber, J., Badeck F.-W. 2005. Plant phenology in Germany over the 20th century. Reg. Environ. Change 5: 37-46.

www.wuerzburg.de (2013), www.wuerzburg.de/media/www.wuerzburg.de/org/med_512829/415557_booklet_ikk_kurzfassung_-_17.09.2013-.pdf

Menzel, A. (2006): Zeitliche Verschiebungen von Austrieb, Blüte, Fruchtreife und Blattverfärbung im Zuge der rezenten Klimaerwärmung. Forum für Wissen, S. 47-53

Körner, C. and Basler, D. (2010): Phenology Under Global Warming. Plant Science, Volume 327, S. 1461fSchaber, J., Badeck F.-W. 2005. Plant phenology in Germany over the 20th century. Reg. Environ. Change 5: 37-46.

de.weatherspark.com/y/64039/Durchschnittswetter-in-Würzburg- Deutschland-das-ganze-Jahr-über. Durchschnittswetter in Würzburg

Dr. Philipp Schönfeld
Autor

Ehem. Sachgebietsleiter Pflanzenökologie und Pflanzenverwendung

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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