8 Milliarden Euro für ein städtebauliches Modellprojekt

TXL wird Park, Landschaftsraum und grüne Stadt

Der Berliner Flughafen Tegel (TXL) ist ab Mai 2021 kein Flughafen mehr. An seiner Stelle soll ein großer Landschaftspark, ein weitläufiger Naturraum, ein Wohnviertel mit Quartierspark, grünen Fassaden, Innenhöfen und Dachgärten, sowie ein Forschungs- und Industriezentrum entstehen. Sein größter Mieter: die Beuth Hochschule mit ihren Landschaftsarchitekten. 2023 sollen die Baumaßnahmen beginnen.

Von den 495 ha Gesamtfläche des Geländes werden rund die Hälfte, 245 ha, als Grün- und Landschaftsfläche genutzt. 221 ha sind für den Hochbau und 29 ha für Verkehr reserviert. Berlin lässt sich die Entwicklung des mitten in der Stadt gelegen, städtebaulichen Modellprojekts einiges kosten: Allein 50 Millionen Euro stehen im Landeshaushalt zur Verfügung. Die Investitionen privater Investoren und aus öffentlicher Hand werden insgesamt auf 8 Milliarden Euro geschätzt.

Großer Landschaftspark mit Spiel- und Sportplätzen

Den Wettbewerb für die Grünplanung, der bereits 2019 ausgeschrieben worden war, hat das Berliner Büro Weidinger Landschaftsarchitekten gewonnen. Neben dem Quartierspark übernimmt es die Gestaltung eines 26 ha großern Landschaftsparks auf dem östlichen Gebiet des Areals. 2021 müssen zunächst erhebliche Mengen an Kampfmitteln des Zweiten Weltkriegs aus dem Boden entfernt werden. Erdarbeiten sind dann für 2022/2023 vorgesehen. Der Freianlagenbau des Landschaftsparks Nord ist auf 2023 bis 2026 datiert, der des Landschaftsparks Süd auf 2026 bis 2029. Passend zum Thema Heide, das den Landschaftspark durch den angrenzenden Naturraum bestimmt, werden Kiefernhaine angelegt. Auf den Rasenflächen ist die Pflanzung klimaresistenter Leitbaumarten geplant, darunter so außergewöhnliche wie der Geweihbaum (Gymnocladus dioicus), der Korkbaum (Phellodendron amurense) und die Blumen-Esche (Fraxinus ornus). Gepflanzt werden bereits größere Bäume, damit sie Besuchern bald Schatten spenden können. Der Geweihbaum kann bis zu 30 m hoch werden und einen Kronendurchmesser von bis zu 25 m erreichen.

Das Bewegungsangebot im Landschaftspark ist vielfältig: Drei große Spielplatzbereiche und zehn unterschiedliche Sportangebote sind vorgesehen. Auf den Grünflächen werden unter anderem ein Rasenballsportbereich auf 7630 m², eine Fläche für Frisbee-Golf auf 6500 m², sowie ein Outdoor Fitnessbereich von 450 m² angeboten. Der Belag der angrenzenden nördlichen Landebahn mit den Taxiways bleibt erhalten und wird unter anderem für eine Rollerderbybahn, einen Fahrradparcours sowie einen Parcours- und Calisthenics-Park genutzt.

Grün Berlin bewirtschaftet großen Naturraum

Der mit 200 ha größte Bereich des früheren Flughafens, die "Tegeler Stadtheide", soll als geschützter Naturraum erhalten bleiben und gepflegt werden. Die Regie übernimmt dort bald die Grün Berlin GmbH. Sie will zunächst die Unterlagen sichten und ein Konzept mit deutlich ökologischem Ansatz entwickeln. Auch auf der Stadtheide müssen Kampfmittel aus dem Boden geräumt werden. Dabei sollen historische Luftbilder helfen.

Die zum größten Teil begehbaren Tegeler Landebahnen sollen, wie bereits auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof, öffentlich zugänglich sein und für Freizeitaktivitäten genutzt werden können. Die vorhandenen Wege werden instandgesetzt und neue Wege gebaut. Sandtrockenrasen, Grasnelken- und Heidenelkenflur und Heidenelkenflur bleiben erhalten. Die Frischwiesen im Naturraum werden zu Beweidungsflächen für Schafe und andere Tiere, zum Beispiel Dülmener Pferde aus dem Kienbergpark. Der Dung der Tiere fördert die Pflanzenstruktur und unterstützt die Insektenwelt.

Beuth Hochschule kommt mit zwölf Studiengängen

In das denkmalgeschützte Flughafengebäude zieht die Beuth Hochschule für Technik mit rund 20 Prozent der Studierenden ein. Zwölf Studiengänge sollen dort unterkommen, darunter Landschaftsarchitektur (B.Sc.), Urbanes Pflanzen- und Freiraummanagement (M.Eng.), sowie Landschaftsbau- und Grünflächenmanagement (dualer Studiengang). In dem markanten sechseckigen Terminalbau entstehen neue Seminarräume, Labore und Versuchsflächen. Der Campus, der als begrünter Stadtplatz angelegt ist, soll satte zehn Hektar groß werden.

Die Hochschule wird Teil der Urban Tech Republic, eines Forschungs- und Industrieparks für urbane Technologien, für den auf einer Fläche von 211 ha die südliche Start- und Landebahn überbaut wird. Unternehmen die sich bewerben, müssen mit einem von sechs festgelegten Themen befasst sein. Eines davon ist die Entwicklung neuer Materialien, zum Beispiel für nachhaltiges Bauen.

Blau-grünes Quartier mit Regenwasserkonzept

Für das Kurt-Schumacher-Quartier sind 5000 Wohnungen vorgesehen, die bezahlbar sein sollen. Zur Auflage gemacht wurde den Bauherren die Begrünung aller Dächer und vieler Fassaden. Zum Wohnviertel gehören begrünte Innenhöfe, grüne Stadtplätze, quer durch das Quartier ein Gartenband und ein 5 ha großer Quartierspark. Dort werden vier Spielplätze und eine Multisportanlage angelegt. Auch einen Joggingweg mit Fitness- und Gesundheitspunkten wird es geben. Der Bebauungsplan geht im dritten Quartal 2021 in die Festsetzung. Die Umsetzung des Quartiersparks ist auf das Jahr 2023 datiert.

Das Regenwasser wird im gesamten Viertel gesammelt und versickert: Geplant ist ein Kaskadensystem, das über begrünte Dächer, Vorsprünge und Überschwemmungsflächen in unterirdische Speicher verläuft. Der Leitplan Regenwasser und Hitzeanpassung stammt von bgmr Landschaftsarchitekten Berlin. Er folgt dem Prinzip der Schwammstadt und soll auch zur Kühlung des neuen Stadtquartiers beitragen. Elisabeth Voigt

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