Die Bundestagsabgeordnete und GaLaBau-Unternehmerin zur Regierungsbildung in Berlin
Benning: "Der Weißbuchprozess wird weiter verfolgt"
Die GaLaBau-Unternehmerin Sybille Benning ist mit einem Direktmandat für den Bundestagswahlkreis Münster in den Deutschen Bundestag zurückgekehrt. Die Christdemokratin ist sich sicher, dass der Weißbuchprozess in einer neuen Großen Koalition weiter vorangetrieben wird. Auch der Hochwasserschutz, die Biodiversität und der Bürokratieabbau seien CDU, CSU und SPD wichtig. Das Interview führte Christian Münter.
Das Thema Stadtgrün wird in den Ergebnissen der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD nicht ausdrücklich benannt. Sehen Sie in dieser Legislaturperiode dennoch eine Chance, die im Weißbuch benannten Ziele umzusetzen?
Sybille Benning: In jedem Fall, denn es handelt sich im Moment um das Ergebnis von Sondierungsgesprächen, die eine gemeinsame Basis abbilden sollen, um Koalitionsgespräche zu führen. In Koalitionsverhandlungen werden viele Punkte konkreter definiert. Ich bin sicher, dass die Ziele des Weißbuchprozesses weiter verfolgt werden. Den Politikern in CDU, CSU und SPD ist klar, dass wir die Qualität des Wohnumfeldes wie auch der Freiräume verbessern müssen und, dass das Weißbuch Stadtgrün dafür die richtige Strategie aufzeigt.
Besonders interessant ist die Vorstudie für einen neuen Bundeswettbewerb "Grün in der Stadtentwicklung". Er kann und sollte die Wahrnehmung der Kommunen für die Bedeutung von Grünflächen schärfen. Schön ist auch, dass sich die BBSR-Studie "Kleingärten im Wandel" mit neuen Konzepten der Nutzung im urbanen Raum beschäftigt. Dieses Thema wurde bisher lange zu wenig beachtet.
Das Sondierungspapier will das Programm zum vorbeugenden Hochwasserschutz ausbauen. Da trifft es sich mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, das wegen des Anstiegs der Hochwasserrisiken zusätzliche Anpassungsmaßnahmen an Flüssen angemahnt hat.
NL-Stellenmarkt
Sybille Benning: Die gestiegenen Hochwasserrisiken sind schlimm. Schuld ist nicht nur der Klimawandel sondern auch die sehr starke Versiegelung des Bodens in den letzten Jahrzehnten. Das ist ein Faktum. Wir müssen nun an verschiedenen Stellen ansetzen: Zum einen muss über die Versiegelung nachgedacht werden und es dürfen keine Baugebiete mehr ausgewiesen werden, wo sich das Hochwasser seit mehreren hundert Jahren immer wieder hinbewegt. Auf der anderen Seite muss auch der Hochwasserschutz weiter ausgebaut werden. Wir brauchen zum Beispiel mehr und größere Retentionsflächen, aber auch mehr renaturierte Gewässerläufe. Es gibt ja auch schon gute und wirksame Beispiele dafür.
Das Sondierungspapier nimmt auch die Biodiversität und ein "Aktionsprogramm Insektenschutz" ins Visier. Da kann Stadtgrün, auch wenn es nicht ausdrücklich erwähnt wird, sicher einiges leisten.
Sybille Benning: Wir Fachleute wissen sehr genau, was gut gestaltetes Stadtgrün alles leisten kann: Das sind vor allem klimatische Verbesserungen und Standortverbesserungen, sowie eine Erhöhung der Biodiversität von Flora und Fauna. Ein guter Planungsprozess und eine gute Ausführung tragen zu einer höheren Biodiversität in der Stadt bei.
Eine sinnvolle Planung sollte auch Strukturen vernetzen und ausbauen. Ich setze auch auf eine neue Kompensationsverordnung. Sie ist sehr wichtig und könnte auch dazu beitragen, urbane und ländliche Strukturen besser zu vernetzen. Ich bin sicher, dass gerade durch Grün in der Stadt und die Vernetzung mit dem Grün im Umland die Biodiversität deutlich gesteigert werden wird.
Der DIHK bemängelt, dass sich die Wirtschaft in der Großen Koalition statt auf Entlastungen eher auf Mehrbelastungen einstellen müsse. Die Sondierungsergebnisse würden den Betrieben bei Lohnzusatzkosten und an anderen Stellen zusätzliche Bürokratie sowie Regulierung aufbürden.
Sybille Benning: Wir haben ein Sondierungspapier für eine Koalition mit der SPD fertiggestellt. Eine Koalition aber ist immer ein Kompromiss. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen mussten wir sehen, wer unter den Fraktionen des Deutschen Bundestages noch in der Lage ist, mit uns Regierungsverantwortung zu tragen.
Hervorheben möchte ich aber, dass wir uns mit der SPD einig sind, an einem Bürokratieabbau zu arbeiten. Dazu gehört auch das Thema des E-Governement. Das würde zu einem Abbau der Belastung von Unternehmen führen. Beim Bürokratieabbau sind wir aber auch schon vorangekommen, haben Wirtschaft und Verbraucher zwischen 2013 und 2017 von Bürokratie entlastet. Der jährliche Bürokratieaufwand der Bürger wurde in diesem Zeitraum um 8,5 Millionen Stunden reduziert.
Gerade für mittelständische Unternehmen sind überbordende bürokratische Anforderungen eine ernste Erschwernis für ihren wirtschaftlichen Erfolg. Wir brauchen deshalb eine neue Gesetzgebungs- und Verwaltungskultur, bei der die Vermeidung oder Begrenzung neuer Regelungen im Vordergrund steht. Bei neuen Gesetzesvorhaben soll - soweit vertretbar - auf Kontrolle und Regulierung verzichtet werden, bis eine Notwendigkeit dafür eindeutig nachgewiesen ist. Der Erfolg einer Regierung bemisst sich nicht in der Zahl der verabschiedeten Gesetze. Deshalb streben wir an, die Zahl neuer Gesetzentwürfe in der kommenden Wahlperiode um mindestens 10 Prozent zu reduzieren. Deutschlands öffentliche Verwaltung soll in Bund, Ländern und Kommunen eine der bürger- und anwenderfreundlichsten öffentlichen Verwaltungen Europas werden. Durch die Einführung eines digitalen Bürgerportals und eines elektronischen Bürgerkontos werden wir sicherstellen, dass praktisch alle Verwaltungsdienstleistungen deutschlandweit elektronisch verfügbar sind. Das spart Zeit und Geld und ermöglicht zusätzliche Wertschöpfung.
Eine neue Fachkräftestrategie, eine Investitionsoffensive für Schulen einschließlich der Berufsschulen und ein flächendeckender Breitbandausbau bis 2025 birgt demgegenüber sehr viel Positives für die Wirtschaft.
Sybille Benning: Das ist die Handschrift der CDU. Wir brauchen einen sehr guten Ausbaustand der Digitalisierung. Wir müssen die Digitalisierung in das lebenslange Lernen einbauen. Das gilt nicht nur für Schule, Ausbildung und Studium, sondern auch für die berufliche Weiterbildung. Es gibt bereits Veranstaltungen für kleine und mittlere Unternehmen, die Anwendungsmöglichkeiten der Digitalisierung aufzeigen und dafür geeignete Partner vermitteln.
Wichtig ist auch, dass wir die Berufsschulen fördern, weil sie einen großen Teil unserer Fachkräfte ausbilden. Hier gibt es noch ein großes Aufholpotenzial. Wichtig ist eine gute Verzahnung der dualen Ausbildung mit der höheren Berufsbildung. Bildungsgänge müssen durchlässiger, Abschlüsse einfacher anerkannt werden. Da sind wir auf einem guten Weg. Aus fachlicher Sicht interessant und aus sozialer Sicht wichtig wäre zudem ein verstärkter internationaler Austausch junger Fachkräfte. Sie könnten sich damit neue Qualifikationen erarbeiten und auch nutzen.
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