Der Kommentar

Hauptsache pflegeleicht

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Wenn es in der deutschen Gartenkultur – vorausgesetzt, es gibt überhaupt eine Gartenkultur in Hausgärten – ein Unwort gibt, so lautet das "pflegeleicht". Vielleicht geht es ja auch nur mir so, aber, wenn ich die Wünsche der Gartenbesitzer in meinem Umfeld höre, steht meist "pflegeleicht" an erster Stelle.

Die Terrasse bitte ohne Fugen, da kommt eh nur das Unkraut, Macht Rasen nicht zu viel Arbeit? Was mache ich, wenn der Schottergarten verboten ist? Das sind typische Fragen zum Garten. Klar gibt es auch die anderen, die jedes Wochenende im Kleingarten versuchen, das eigenen Gemüse anzubauen, die mit viel Liebe ein Staudenbeet im Vorgarten oder an der Terrasse hegen und pflegen oder sich über ein wenig Moos in den Pflasterfugen freuen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass sich immer mehr Menschen nach dem Eigenheim sehnen. Das eigene Haus, mit dem Parkplatz für das Auto und ein Sitzplatz zu ebener Erde im Freien. Niedrige Zinsen haben das für immer mehr Menschen möglich gemacht. Immerhin haben wir über 16 Millionen Eigenheime in Deutschland. Jährlich werden es zwischen 80.000 und 100.000 mehr. Aber woher weiß eine junge Familie eigentlich, was sie mit den nicht genutzten Flächen rund ums Haus machen soll? Wie wir seit dem Diepholzer Schottergarten-Urteil wissen, muss es per Gesetz Grünfläche sein. Woher soll jemand aber wissen, wie schön ein Garten sein kann, wenn er nie in einem eigenen Haus gelebt hat oder nie als Kind auf dem Land erlebt hat, wie die Natur es wachsen lässt?

Die Gartenarchitektin Gabriella Pape hat einmal gesagt, dass ein Engländer sich freut, wenn eine Pflanze eingeht. Da gibt es wieder Platz, etwas Neues zu setzen. Der Deutsche holt den Anwalt, um den Gärtner zu verklagen. Meine Sorge ist, dass es das Pflanzbeet nie gegeben hat, weil schon alles zugepflastert ist. Wie schlecht es um den deutschen Hausgarten steht, erfährt man immer wieder in der letzten Maiwoche in London auf der Chelsea Flower Show. Dort ist das Gegenteil von "pflegeleicht" zu sehen. Nun wird nicht jeder einen dieser preisgekrönten Gärten zu Hause haben können. Aber der Verein, der diese besondere Show durchführt, die Royal Horticultural Society (RHS, dt.: Königliche Gartenbaugesellschaft,) hat das Ziel; die Gartenkunst zu fördern und zwar für jedermann. 1804 in Piccadilly, London gemeinsam von Profis und interessierten Laien gegründet, richtet sich der Verein heute mit mehr als 240.000 Mitgliedern insbesondere an Laien, stellt unabhängige Informationen bereit und ist Anlaufstelle für alle, die Interesse an schönen und vielfältigen Gärten haben. "Share our passion" war lange Zeit der Wahlspruch der RHS und zeigt, dass "gardening" viel mehr ist als anstrengende Gartenarbeit.

In Deutschland brauchen wir etwas neben den Verboten, auch wenn das scheinbar das politische Mittel der Zeit ist. Bisher gibt es nur Organisationen und Vereine, die sich an Fachleute richten: BdB, BDLA, BGL, DGGL, FLL, GALK, ZVG u.v.m. Wir brauchen eine Anlaufstelle, welche sich an Laien richtet und Gartenbesitzern unabhängig hilft, wie die Gartenkultur in Hausgärten und anderen privaten Bereichen gefördert werden kann. Damit es in deutschen Gärten schön, vielfältig, naturnah, biodivers und vielleicht am Ende sogar pflegeleicht ist.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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