Der Kommentar

Schöne Gärten bauen

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Heute braucht ein Unternehmen einen tieferen Sinn, nach dem es strebt. Geld verdienen scheint etwas Selbstverständliches geworden zu sein, das Geld kommt irgendwie von alleine. An erster Stelle stehen Begriffe wie Nachhaltigkeit, Werteorientierung und Umweltgerechtigkeit. Oder etwas moderner auf Englisch: "Good governance and compliance", ganz so wie es an den Universitäten für Business and Management gelehrt wird und von wo diese Begriffe direkt in die Konzern-Beratung gelangen.

Kürzlich hat mir bei uns an der Hochschule ein Student in einer kleinen Diskussionsrunde sein ganz anderes Ziel nach dem Studium genannt: "Schöne Gärten bauen". Natürlich als selbständiger Unternehmer, denn nur so kann er das in aller Freiheit machen, sich seine Kunden, die zu ihm passen und seine Gärten mögen, aussuchen. Die Einkommensvorstellungen waren überschaubar, klein, eher angepasst an eine Vergütung im Öffentlichen Dienst. Reflexartig haben ich und alle anderen in der Runde ganz andere Ziele für einen Selbständigen genannt. Da wäre zuallererst, dass ein Unternehmer natürlich viel mehr Geld bekommen muss, da ist das hohe Risiko, die praktisch unendliche Arbeitszeit, eben selbst und ständig, aber auch die Altersversorgung.

Beim zweiten Nachdenken wahrscheinlich genau der richtige Weg zum Glück. Ganz nach dem chinesischen Sprichwort: "Willst du ein Leben lang glücklich sein, baue einen Garten oder werde Gärtner". Vielleicht ist es das Glück, was unseren Beruf so attraktiv macht, was uns die Auszubildenden in die Betriebe bringt, viele in der Branche hält und das im Vergleich zum Baugewerbe mit weniger Lohn. Auch Howard Gardner hat in seiner seit 1995 laufenden Langzeitstudie "GoodWorkProject" festgestellt, dass die zufriedensten Menschen als Floristen und Gärtner arbeiten, jedenfalls in den USA.

Sind nicht auch die Erfolgreichsten der Branche als Idealisten gestartet? Die Gärten, die ein Enzo Enea inzwischen auf der ganzen Welt baut oder die Handschrift eines Jacques Wirtz, alles Unternehmer, die als Landschaftsbau-Unternehmer angefangen haben. Der New-York-High-Line-Staudenplaner Piet Oudolf, dessen Name mir als Ideengeber für die blumigen Designs der Frühjahrskollektion in einem Mailänder Modegeschäft genannt wurde. Steht nicht am Anfang des Erfolges die Leidenschaft für den Beruf? Kommt das Geld, wenn es dann läuft, nicht wirklich von alleine?

Aber warum dann überhaupt das schwere Ingenieur-Studium? Um glücklich seine Gärten bauen zu können, braucht es doch nicht viel. Eigentlich reicht eine Anhängerkupplung, der Anhänger kann schon für kleines Geld gemietet werden. Hier waren sich in der Runde der Studierenden dann wieder alle einig: "Wir müssen doch wissen, wie es richtig geht. Wir wollen doch so wenig wie möglich 'Lehrgeld' zahlen müssen." Das ist vielleicht das Patentrezept. Eine solide Ausbildung, verbunden mit dem Streben nach einem Ideal.

Was nun schöne Gärten sind, liegt ja Gott sei Dank im Auge des Betrachters. Streiten kann man auch darüber, aber das ist dann ein neuer Kommentar.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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