Umweltgerechtigkeit in der Klimaanpassung
"Grüne Kühlung" ist in Großstädten sozial ungleich verteilt
Es wird erwartet, dass die Hitzewellen künftig an Intensität und Dauer zunehmen werden.
Besonders gefährdet sind Großstädte, so die Studie. Das liege an ihrer Morphologie und dem Grad der Versiegelung. Grünflächen mildern die Hitze, indem sie durch Beschattung und Verdunstung für Abkühlung sorgen. Doch wie ist es um die Verteilung der grünen Kühlung bestellt und wer sind die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen? Die Autoren Studie gingen der Frage nach, wie es mit der Umweltungerechtigkeit in Bezug auf grüne Kühlung in 14 europäischen Großstädten aussieht: in Amsterdam, Athen, Basel, Berlin, Budapest, Florenz, Helsinki, Istanbul, London, Madrid, Paris, Rom, Stockholm und Wien.
Das Papier wurde im Mai in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Nature Cities" veröffentlicht.
Heruntergekommene Gebiete mit wenigstem Grün
zeigen die Forscher, dass die am meisten gefährdeten Einwohner in Europa nicht in den Vorstädten leben, sondern eher in heruntergekommenen Innenstadtgebieten, die mit den Bereichen geringer Kühlung zusammenfallen. Das heißt: die Umgebung ist auch weniger Grün. In allen untersuchten Gebieten erhalten Bewohner mit niedrigem Einkommen, Mieter, Einwanderer und Arbeitslose unterdurchschnittlich wenig grüne Kühlung, während Bewohner mit höherem Einkommen, Einheimische und Hausbesitzer überdurchschnittlich viel Kühlung durch städtische Grünflächen erhalten.
Das Sterberisiko während extremer Hitzewellen kann in diesen Bereichen steigen, weil sich gefährdete Bewohner weder eine passive noch eine aktive Kühlung leisten können. In der Studie wurde lediglich die Außenkühlung untersucht. Doch Menschen mit geringem Einkommen können sich auch keine Innenkühlung durch Klimaanlagen leisten. "Die Verteilung dieser ,grünen Kühlung' ist oft ungleich und wer die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen sind, war lange unklar", sagt Prof. Dr. Birgit Kleinschmit, Studienleiterin vom Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der Technischen Universität Berlin.
Grüne Kühlung erstmals räumlich simuliert
"Eine Stärke der Studie ist, dass die räumliche Simulationen der ,grünen Kühlung' mit Messungen validiert werden konnte", erläutert Bradley Matthews vom Institut für Waldökologie der BOKU, der die Berechnungen mit Messungen abgeglichen hat. "Die modellierte Transpiration der städtischen Vegetation stimmte mit Eddy-Kovarianz-Messungen von urbaner Verdunstung mit acht europäischen Städten überein."
Das Fazit der Forscher: Es bedarf Maßnahmen auf mehreren Ebenen, um die vulnerablen Gruppen stärker zu schützen – sie umfassen die politischen Entscheidungsträger ebenso wie die Anrainer bei der Umgestaltung ihrer unmittelbaren Wohnumgebung. Kleinschmit: "Die in der Studie entwickelten Karten, die besonders betroffene Gebiete ausweisen, können die Entscheidungsträger bei ihrer Planung und Umsetzung der Maßnahmen unterstützen. Zudem ermöglicht unsere Methode weitere Simulationen von Kühlungsleistungen unterschiedlicher Szenarien von Grünflächen- und Stadtentwicklungskonzepten und Szenarien des Klimawandels. cm/BOKU Wien/
Technische Universität Berlin