Wie sich eine Bewertung unserer Baumveteranen durchführen und verbessern lässt

Lebende Zeitzeugen

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Abb. 1: Sommer-Linde Collm (Sachsen). Foto: Anna Riedenklau

Diesen Fragen wurde in einer Masterarbeit an der TU Dresden auf den Grund gegangen (Riedenklau 2020). Das Ziel der Untersuchung war die Bestimmung der Charakteristika alter Bäume, um daraus einen Aufnahmebogen zu erarbeiten, mit dem der ästhetische, ökologische und kulturelle Wert eines alten Baumes erfasst werden kann.

Hintergrund

Die Faszination von alten Bäumen ist außergewöhnlich groß und nimmt seit einiger Zeit weiter zu. In der Öffentlichkeit besteht der Wunsch, dass diese lebenden Verbindungen zur Vergangenheit auch für nachfolgende Generationen erhalten bleiben. Doch was macht unsere Baumveteranen so besonders, wie entscheidet man welcher Baum nun intensiver gefördert werden sollte und welcher ist womöglich der älteste in Deutschland?

Dazu sind zunächst Merkmale gesammelt worden, die einen alten Baum auszeichnen und bei einer Beurteilung erfasst werden müssen (Roloff 2020). Dieser Kriterienkatalog wurde dann an ausgewählten Bäumen erprobt und weiterentwickelt.

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Abb 2: Ausgewählte Untersuchungsbäume in Deutschland (Nr.: Reihenfolge der Untersuchungen). Abb.: Anna Riedenklau
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Abb. 3: Stiel-Eiche Borlinghausen (NRW). Foto: Anna Riedenklau

Die ausgewählten Untersuchungsbäume

Um den Kriterienkatalog zu testen, sind 30 Bäume in ganz Deutschland als Untersuchungsbäume gewählt worden. Die Auswahl beschränkte sich auf die langlebigen Baumarten Sommer- und Winter-Linde, Stiel- und Trauben-Eiche und die Gemeine Eibe und erfolgte (nach Vorrecherchen) in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen und Bayern.

Als Nadelbaumart ist die Eibe (Taxus baccata) gewählt worden, da sie neben dem Erreichen eines Höchstalters von bis zu 2000 Jahren eine bedeutende Rolle im Volksglauben und der Mythologie spielt (Roloff 2017). Als heiliger Baum oder Sinnbild für die Ewigkeit sind Eiben noch heute oft in der Nähe von Kirchen sowie auf Friedhöfen zu finden. Da man sich gescheut hat, dort die Eiben, die als eine Verbindung zu den Verstorbenen gelten, zu fällen (Schütt 1994) ist hier die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, besondere und alte Exemplare für die Untersuchung auszuwählen.

Die Stiel- und Trauben-Eiche sind als zu untersuchende Laubbaumarten ausgewählt worden, da sie ein Höchstalter von bis zu 1000 Jahren erreichen können und in Deutschland von großer Bedeutung sind (Roloff 2017). Als heilige Bäume sind Eichen oft an wichtigen Orten wie Dorfmittelpunkten, alten Gerichtsstätten und Hofzentren zu finden. Aus diesem Grund sollten auch besondere und alte Eichen an diesen Plätzen berücksichtigt werden.

Die Sommer- und Winter-Linde sind als weitere Baumarten ausgesucht worden. Denn durch das Erreichen eines maximalen Alters von 1000 Jahren und den fortlaufenden Austrieb am Stammfuß (Roloff 2017), ist auch hier die Möglichkeit gesehen worden, interessante und alte Bäume zu untersuchen. Hinzu kommt, dass Linden oft an markanten Orten wie Gutshöfen, Dörfern, Kirchen und Kultstätten zu finden sind.

Neben der Konzentration auf diese langlebigen Baumarten war ein geschätztes Baumalter von mindestens 300 Jahren ein weiteres Auswahlkriterium.

Vorgehen

Um einen Aufnahmebogen für alte und besondere Bäume zur Anwendungsreife zu bringen, wurde der zuvor erstellte Kriterienkatalog an den 30 ausgewählten Bäumen erprobt und dabei stetig weiterentwickelt. Eine besondere Herausforderung bei der Erarbeitung war es, die Charakterisierung der typischen Merkmale und zugleich den Bogen so frei zu gestalten, dass die Individualität eines Einzelbaumes dennoch optimal erfasst werden kann.

Um die Aufnahmen zukünftig weiter zu vereinfachen und die wichtigsten Erfassungskriterien alter Bäume herauszustellen, ist zusätzlich ein Schnellerfassungsbogen entwickelt worden. Simultan zu dem ausführlichen Bogen sollte auch dieser an den untersuchten Bäumen optimiert und erprobt werden. Der Schnellerfassungsbogen dient dazu, sich in einer kurzen Zeit einen Überblick über den Baum zu verschaffen und sich dennoch auf die wichtigsten Bereiche zu konzentrieren, welche die Wirkung und den Wert eines alten Baumes maßgeblich definieren. Mit Hilfe dieses zusätzlichen Aufnahmebogens kann dann entschieden werden, ob der Baum intensiver untersucht werden sollte.

Auf diese Weise sind zwei verschiedene Aufnahmebögen für alte Bäume erarbeitet worden, mit denen der ästhetische, ökologische und kulturelle Wert bestimmt werden kann. Dabei werden verschiedene Parameter eines Baumes erfasst, die individuelle Punktzahlen erhalten, sodass für jeden Baum eine Gesamtpunktzahl ermittelt wird. Diese Gesamtpunktzahl kann anschließend dabei helfen, verschiedene alte Bäume miteinander zu vergleichen und über weitere Förderungs- oder Erhaltungsmaßnahmen zu entscheiden. Die maximal erreichbaren Gesamtpunkte beim ausführlichen Erfassungsbogen betragen 80 Punkte und beim Schnellbogen 40 Punkte.

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Tabelle 1: Rangfolge der untersuchten Bäume nach erreichter Gesamtpunktzahl mit dem ausführlichen Erfassungsbogen, Location Baum-Nr. in Abb.2 (aus Riedenklau 2020) Tabelle: Anna Riedenklau
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Abb. 4: Eibe in Schlottwitz (Sachsen). Foto: Anna Riedenklau

Der ausführliche Erfassungsbogen

Der ausführliche Erfassungsbogen besteht aus 48 verschiedenen Aufnahmeparametern, die sich in sieben Untersuchungsbereiche gliedern: Habitus und Umgebung, Wurzelanlauf, Stamm, Kronenansatz, Krone, Erfolgte Maßnahmen und Historie des Standortes. Eine Aufteilung in diese Bereiche bewirkt, dass sich der Erfasser zunächst mit dem Gesamteindruck des Baumes sowie seiner Umgebung befasst, bevor der Baum in einzelnen Bereichen intensiv begutachtet werden soll. Abschließend wird der Nutzer dazu angehalten, zu der Historie des Baumes und des Standortes zu recherchieren, um weitere Hinweise zu seinem möglichen Baumalter zu erhalten.

Die Aufnahme beginnt mit der Beschreibung des Habitus und der Umgebung eines Baumes. Durch die Erprobung der Erfassungsbögen sind sechs Parameter ausgewählt worden, die bei diesem Aufnahmebereich näher begutachtet werden sollen. Zunächst wird beschrieben, ob der Baum für einen Besucher frei zugänglich oder schwer zu erreichen ist. Je mehr Menschen Zugang zu einem Baum haben, desto einfacher lässt sich auch das Interesse für den Baum steigern. Dasselbe gilt für die Lage des Baumes. Ein freistehender Baum kann eine ganz andere Wirkung auf einen Besucher haben als ein Baum, der in einem dichten Bestand oder zwischen Gebäuden steht. Auch eine Kronenkonkurrenz mit anderen Bäumen kann die Ästhetik und Vitalität beeinflussen. Des Weiteren soll bei der Beschreibung des Habitus die Höhe des Baumes, das Verhältnis seiner Kronenhöhe zur -breite sowie seine Lebensphase erfasst werden.

Die Erfassungskategorie "Stamm" enthält die meisten Parameter des Aufnahmebogens, da der Stamm das Erscheinungsbild des Baumes wesentlich beeinflussen kann. Es werden 13 verschiedene Eigenschaften untersucht. Dazu soll zunächst der Umfang des Stammes gemessen werden. Ein besonders dicker Stamm kann sehr imposant wirken. Deshalb werden umso mehr Punkte vergeben, je dicker der Stamm ist. Des Weiteren sollen Zwiesel, Stammbiegungen und ein möglicher Schiefstand des Stammes erfasst werden sowie Vitalitätsanzeichen, die Rindenstruktur, Totäste oder Aststummel am Stamm, Stammöffnungen und das Auftreten von Epiphyten. Der Nutzer des Erfassungsbogens wird ebenfalls dazu aufgefordert, weitere Besonderheiten des Stammes darzustellen, wie beispielsweise Spechtlöcher, Nester/Horste und Höhlungen.

Für die kulturelle Wertermittlung dient hauptsächlich der Aufnahmebereich Historie/Besonderheit des Standortes. Hier soll zu einem möglichen Baumalter recherchiert werden. Dabei wird deutlich zwischen einem geschätzten und tatsächlich nachweisbaren Alter differenziert. Zudem wird die Bedeutung des Standortes erfasst, indem Hinweise zu früheren Begebenheiten und Funktionen des Ortes gesucht werden, wie zum Beispiel als heiliger Ort, Kult- oder Gerichtsstätte.

Der Schnellerfassungsbogen

Der entwickelte Schnellerfassungsbogen für einen umfassenden Überblick über den Baum in einer kurzen Zeit ist ebenfalls in verschiedene Baumbereiche gegliedert. Es werden 15 Parameter erfasst, indem Habitus und Umgebung, Stamm, Krone, Erfolgte Maßnahmen und die Historie des Baumes beschrieben werden. In Bezug auf den ausführlichen Aufnahmebogen bleiben die vergebenen Punktzahlen unverändert. Es ist lediglich die Anzahl der Parameter reduziert worden, sodass in diesem Bogen die wichtigsten und prägnantesten Charakteristika hervorgehoben werden. So werden zum Beispiel im Aufnahmebereich "Stamm" nur noch der Umfang des Baumes, auffällige Sicherheitsdefekte wie Risse, Fäule oder Schädlingsbefall, Vitalitätsanzeichen sowie individuelle Besonderheiten erfasst.

Bei den "Erfolgten Maßnahmen" ist zudem darauf geachtet worden, dass nur eindeutig sichtbare Eingriffe aufgenommen werden. Dazu zählen Einkürzung, Auslichtung, Kappung und Sicherungsmaßnahmen, die ein Auseinanderbrechen des Stammes verhindern sollen.

Die kompletten ausführlichen Erfassungsbögen mit allen Parametern sowie genauen Parameterdefinitionen können auf der Instituts-Webseite www.tu-dresden.de/forstbotanik (Erfassungsbogen Altbäume: Erläuterungen, Langfassung, Kurzfassung) heruntergeladen und von Interessierten selbst getestet und verwendet werden.

Ergebnis: Ranking der untersuchten Bäume

Mit dem ausführlichen Erfassungsbogen sind 30 Bäume in ganz Deutschland aufgenommen und hinsichtlich Ästhetik, Ökologie und Kultur bewertet worden. Dazu zählen 15 Linden, acht Eichen und sieben Eiben. Dass so viele Linden untersucht wurden, lässt sich mit dem hohen Anteil der Linden an allen alten Bäumen in Deutschland begründen. In der Tabelle 1 sind die aufgenommenen Bäume der ausführlichen Erfassung aufgeführt und nach den erreichten Gesamtpunktzahlen sortiert.

Mit einer Gesamtpunktzahl von 64,6 hat die Linde in Heede den höchsten Punktwert erreicht. Mit lediglich 0,2 Punkten Unterschied folgt die Linde in Elbrinxen mit 64,4 Punkten. Die aufgenommene Linde in Blomberg erreicht die wenigsten Punkte im Bereich der Linden. Die meisten Punkte (59,1) bei den Eichen hat der Baum in Erle erhalten. Die Differenz zu der nächst höchsten Eichenpunktzahl ist größer als bei den Linden. Denn die Eiche in Graupa erreicht 55,45 Punkte.

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Abb. 5: Stiel-Eiche Schloss Holte (NRW). Foto: Anna Riedenklau


Die wenigsten Punkte bei den Eichen erhält der Baum 12, diese Eiche in Schloss Holte hat 36,8 Punkte bekommen. Die Eibe in Flintbek erreicht mit 47,73 Punkten die höchste Gesamtpunktzahl unter den Eiben. Der große Punkteunterschied zu den anderen untersuchten Eiben ist auch hier auffällig. Die Eibe in Fischbeck hat die wenigsten Punkte (32,94) in der gesamten Untersuchung bekommen

Diese Differenzen zwischen den untersuchten Gattungen zeigen auch die durchschnittlichen Gesamtpunktzahlen: Die Linden erreichen im Durchschnitt 55 Punkte, die Eichen 47,7 Punkte und die Eiben 38 Punkte. Die geringen Punktzahlen der Eiben resultieren hauptsächlich aus ihren geringeren Dimensionen aufgrund ihrer Langsamwüchsigkeit (Schütt 1994) im Vergleich zu den untersuchten Linden und Eichen. So erreichen Eiben bei hoch bewerteten Erfassungsparametern wie Höhe, Umfang, und Kronenbreite weniger Punkte. Auch erfordern die geringeren Ausmaße und die Ausbildung eines Komplexstammes selten baumerhaltende Maßnahmen, sodass in diesem Erfassungsbereich ebenfalls nur geringe Punktzahlen erreicht werden. Dies führt zu einer großen Differenz in der Gesamtpunktzahl zwischen den untersuchten Laubbaumarten und dieser Nadelbaumart. Hinzu kommt noch ihre geringe jahreszeitliche Veränderung, die aber nicht erfasst wurde.

Vor allem anhand des jeweils am besten bewerteten Baumes der untersuchten Gattungen Linde, Eiche und Eibe wird deutlich, dass beide Erfassungsbögen tatsächlich sowohl den ästhetischen und ökologischen als auch den kulturellen Wert eines Baumes erfassen können. Dies zeigt auch die Anerkennung, die diesen Bäumen bereits zuteilwurde. So ist die "Dicke Linde in Heede" der erste Nationalerbe-Baum Deutschlands sowie der Rekordbaum des Jahres 2014 (Jablonski 2020). Auch die "Femeiche in Erle" wird durch viele Veranstaltungen und Attraktionen beworben und die "Eibe von Flintbek" ist als erste Eibe zum Nationalerbe-Baum Nr. 3 gewählt worden (www.nationalerbe-baeume.de).

Zur Frage nach dem ältesten Baum Deutschlands

Zu Beginn der Untersuchungen war die eigentliche Fragestellung der Masterarbeit, ob durch intensive Recherchen an einzelnen Bäumen sowie in Kirchen- und Gemeindebüchern Hinweise auf den ältesten Baum Deutschlands gefunden werden können. Doch die durchgeführten Nachforschungen ergaben schnell, dass nirgends einwandfreie Belege für das tatsächliche Alter dieser uralten Bäume vorhanden sind. Zudem sind Jahrringbohrungen bei diesen meist hohlen Bäumen weder hilfreich noch zulässig, auch steht der Aufwand dafür in keinem Verhältnis zu seinem Nutzen. Doch die gesamte Untersuchung zeigt die übergeordnete Bedeutung des Baumalters. Da hauptsächlich Bäume, die mindestens 300 Jahre alt sind, untersucht werden sollen, dominiert das Alter die Baumauswahl für die Erfassung. Zudem sind die meisten Bäume vor allem wegen ihres möglicherweise hohen Alters bei vielen Interessierten so bekannt und deshalb auch häufig Thema vieler Zeitungsartikel und Berichte.

Die entwickelten Erfassungsbögen ermöglichen keinen Rückschluss auf das Alter eines untersuchten Baumes. Dennoch wird der Erfasser durch die Parameter im Erfassungsbereich "Historie/Besonderheit des Standortes" aufgefordert, zu der Geschichte des Baumes zu recherchieren. Dies kann bei einer eigenen Alterseinschätzung helfen.

Die Frage nach dem ältesten Baum Deutschlands lässt sich also nicht nachweisbar beantworten - dies ist auch ein sehr wichtiges Ergebnis der Untersuchungen. Die Erfassungsbögen erfordern eine intensive Recherche zu der Historie des Baumes und Standortes, sodass sich der Erfasser eine eigene Meinung bilden kann. Zusätzlich führt der Bogen dazu, dass man sich mit dem gesamten Baumindividuum näher beschäftigt und dadurch dessen Besonderheiten und Charakteristika kennenlernt und mehr wertschätzt. Dies trägt dazu bei, dass eine Vielzahl alter Bäume stärker gefördert werden kann, um weiter zu altern. Es ist deshalb durchaus förderlich, dass der Titel "Ältester Baum Deutschlands" nicht einem einzelnen Baum zugesprochen wird, sondern dem Erhalt mehrerer alter Bäume in Deutschland dient, denn es kommen bis zu 20 Bäume dafür in Frage. Aus diesem Grund wird hier auch absichtlich kein einzelner Baum so bezeichnet.

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Abb 6: Eibe in Balderschwang (Bayern). Foto: Anna Riedenklau

Schlussbemerkungen und Aufruf

In dieser Abhandlung werden zwei verschiedene Varianten der Erfassung eines alten Baumes vorgestellt. Sie sollen ermöglichen, dass die typischen Charakteristika alter Bäume hervorgehoben sowie bewertet werden und dennoch die Individualität dieser besonderen Bäume berücksichtigt wird.

Der ausführliche Erfassungsbogen ermöglicht durch die Vielzahl an Parametern, dass der gesamte Baum detailliert aufgenommen wird. Zusätzlich wird zur Geschichte des Baumes und des Standortes intensiv recherchiert, sodass weitere Hinweise und Belege für das Alter des Baumes gefunden werden können. Die detaillierte Betrachtung einzelner Baumbereiche trägt dazu bei, die Besonderheiten und Charakteristika eines alten Baumes herauszuarbeiten und den Wert alter Bäume miteinander zu vergleichen. Zudem erfordert der ausführliche Erfassungsbogen einen höheren Zeitaufwand (20-30 Minuten), aufgrund der vielen aufzunehmenden Parameter.

Dagegen bietet der Schnellbogen eine umfassende Übersicht des Baumes in einer kurzen Zeit (zehn Minuten). Es werden die wichtigsten Merkmale des Baumes in den Vordergrund gestellt. Durch den Ausschluss einiger Aufnahmebereiche wird allerdings nicht der gesamte Baum aufgenommen. Dies führt dazu, dass einige Merkmale nicht erfasst werden, welche die Wirkung des Baumes möglicherweise stärker beeinflussen könnten. Zudem bewirkt die niedrigere Gesamtpunktzahl, dass es geringere Differenzen zwischen den Ergebnissen der Baumaufnahmen gibt. Dies schränkt die Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse ein.

Daraus folgt, dass der Schnellerfassungsbogen dazu geeignet ist, eine Baumaufnahme in kurzer Zeit durchzuführen und aufgrund dessen zu entscheiden, ob der Baum weiter untersucht werden soll. Der ausführliche Bogen ist hingegen geeigneter, den gesamten Baum intensiv zu begutachten und die Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse zu verbessern.

Die Auswahl der Parameter sowie die dazugehörigen Bewertungsziffern beruhen auf den Erfahrungen, die während der vielen Baumuntersuchungen gemacht worden sind. Aus diesem Grund ist der Aspekt der Subjektivität allgegenwärtig und die Ergebnisse der Aufnahmen sind immer nur im Rahmen der gesamten Untersuchung zu betrachten. Derselbe Baum wird also von jedem Nutzer unterschiedlich bewertet, sodass er immer eine andere Gesamtpunktzahl erhalten wird. Das mag zwar ein Kritikpunkt sein, erhöht aber gerade die Spannung und regt zur Diskussion an.

Trotz des Subjektivitäts-Faktors bieten die entwickelten Aufnahmebögen offensichtlich eine geeignete Beurteilungsgrundlage mit nachvollziehbaren Kriterien für unsere ältesten Bäume. Mit diesem Ansatz sollen zukünftig zusätzliche Bäume aufgenommen und bewertet werden, sodass die Bögen weiter erprobt und verbessert werden können. Denn sie tragen dazu bei, dass die Besonderheiten unserer alten Bäume stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Dadurch wächst ganz allgemein das Interesse daran, sie zu fördern - was wiederum dazu führen sollte, dass es in Zukunft eine Vielzahl (ur-)alter Bäume in Deutschland geben kann.

Wer einen besonderen und alten Baum kennt und die Erfassungsbögen selbst testen möchte, kann sich gerne die Bögen von der Instituts-Website www.tu-dresden.de/forstbotanik herunterladen. Die Autoren freuen sich, wenn Sie die ausgefüllten Bögen an folgende E-Mail-Adresse zurücksenden: forstbotanik@tu-dresden.de. So erhalten wir Rückmeldungen über weitere Bäume und gegebenenfalls auch unterschiedliche Bewertungen.

Danksagung: Diese Arbeit wurde durch die Gütegemeinschaft Baumpflege e.V. finanziell gefördert.

Literatur

Jablonski, E. (2020): Dicke Linde in Heede/Emsland. In: Roloff, A. (Hrsg), 2020: Die starken Bäume Deutschlands. 111 faszinierende Naturerben und ihre Geschichten. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, S. 68-69.

Riedenklau, A. (2020): Die Entwicklung eines Erfassungs- und Bewertungsbogens für alte Bäume zur Beurteilung ihres ästhetischen, ökologischen und kulturellen Wertes. Masterarbeit Forstbotanik, TU Dresden, 140 S.

Roloff, A. (2017): Der Charakter unserer Bäume; Ihre Eigenschaften und Besonderheiten. Verlag E. Ulmer, Stuttgart, 255 S.

Roloff, A. (2020): Starke Bäume, Charakterbäume und das neue Projekt Nationalerbe-Bäume Deutschlands. Fortwissenschaftliche Beiträge Tharandt, Beiheft 22, S. 98-116.

Schütt, P. (1994): Taxus baccata. Enzyklopädie der Holzgewächse. III-1, S. 1-11.

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