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Ein Plädoyer für mitarbeitende Ehefrauen, Frauen und Töchter

Frauen in GaLaBau-Unternehmen

von:
Gesucht wird – Mädchen für alles. Freundliche und einsatzbereite Mitarbeiterin mit Führungsqualitäten, die loyal die Interessen des Firmeninhabers vertritt. Büroarbeit, Kundenbetreuung, Mitarbeiterführung und allgemeine Organisation des Unternehmens werden verantwortungsvoll übernommen.
Frauen Ausbildung und Beruf
Unverzichtbar: weibliche Fachkräfte im GaLabau. Foto: Neue Landschaft

Absolute Voraussetzung ist Vielseitigkeit, Fingerspitzengefühl und ebenso die Fähigkeit den Chef psychologisch bei unangenehmen Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern und Kunden zu betreuen. Geld für Weiterbildungsmaßnahmen und kompetenzbezogener Vergütung stehen leider nicht zur Verfügung. Es wird ein überdurchschnittlicher Einsatz erwartet, der eine 39-Stunden-Woche weit übersteigt, da Kinderversorgung sowie Haushaltsführung sowohl an den Feierabenden als auch an den Wochenenden zu übernehmen sind. Verzicht auf Überstundenvergütung und Sonderurlaub wird vorausgesetzt. In Mitarbeiterengpässen wird mit dem Einsatz auf den Baustellen gerechnet. Außerdem wichtig – Unentbehrlichkeit!

Höchster Einsatz für Unternehmen und Familie

So könnte eine Stellenbeschreibung formuliert sein, wenn sie der Wirklichkeit entspräche und den Erfahrungsberichten von mitarbeitenden Partnerinnen, Frauen und Töchtern geschrieben werden würde. Diese genannten menschlichen Fähigkeiten sind Voraussetzung für eine Firmengründung, um ein Unternehmen groß zu machen und wachsen zu lassen. Das sind die freiwilligen Investitionen mitarbeitender Ehefrauen, Partnerinnen und Töchter. Wenn diese gesammelten Kompetenzen in das Unternehmen bei der Planung der Planzahlen in Form eines T3-T1 Gehaltes eingerechnet werden würden, dann würden die Stundensätze der Gartenbaubetriebe höher sein, oder manche Betriebe gar nicht mehr existieren. Würden Sie sich – Hand aufs Herz – auf diese Stelle bewerben? Das Gravierendere an dem Thema sind die Folgen, wenn es nicht für immer bleibt.

Wenn es nicht für immer bleibt, was bleibt schon für immer? Es ist doch sowieso alles im Wandel.

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Frauen Ausbildung und Beruf
Immer einsatzbereit für Achhammer Gärten. Foto: Manuela Achhammer

Egal, wo wir gerade hinschauen, alles ändert sich – die Preise, die Wirtschaft, die geschlechtsspezifischen Bezeichnungen, das Klima,- so vieles ändert sich. Doch in einem Lebensbereich wünschen wir uns, dass es für immer bleibt, in den Beziehungen zu unseren Lebenspartnern. Im 21. Jahrhundert werden Ehen geschlossen, mit Sätzen wie, "bis, dass der Tod Euch scheidet". Es ist der physische Tod gemeint, doch 56 Prozent aller Ehen sterben bereits vorher einen nicht körperlichen Tod, die Partner trennen sich und gehen auseinander. Auch berufliche Partnerschaften stehen meistens unter diesem Leitsatz. Trennungen, Insolvenzen und auch der physische Tod führen zu Veränderungen und Krisen.

Und wie sind dann die Lebenspartner abgesichert?

Auf einer Mitgliederversammlung des Garten- und Landschaftsbauverbandes Bayern 2023 wurde an eine Ehefrau eines Firmeninhabers folgende Frage gestellt. Sie hatte bereits Jahre vor der Nachfolge in dem übernommenen Unternehmen angestellt gearbeitet. "Bist Du an der Firma beteiligt?" "Nein, warum? Ich verdiene doch mein Geld." Sie bekommt ein ordentliches Gehalt – Teilzeit. Doch wenn es nicht für immer bleibt? Wenn der Mann stirbt, wenn die Ehe zerbricht? Wie ist die Ehefrau und Mitarbeiterin abgesichert? In Teilzeit mit drei Kindern?

Ein weiterer Erfahrungsbericht: Firmengründung in den frühen 2000er Jahren allein vom Firmeninhaber, die Anfangsjahre waren schwer, immer wieder traten Auftragslücken auf, da der Firmeninhaber nicht zur Akquise kam.

Ein Firmenberater kam in das Unternehmen und empfahl, die Ehefrau solle mit in das Unternehmen, um die Akquise zu übernehmen. Zu Beginn ohne Anstellung, nach kurzer Zeit auf Minijob-Basis angestellt. Schnell füllten sich die Auftragsbücher, die Kunden hatten eine direkte Ansprechpartnerin und fühlten sich sofort aufgehoben. Zur Akquise kam schnell Buchhaltung, Marketing und Personal, und nach kurzer Zeit wuchs das Unternehmen. Die Umsatzzahlen verdoppelten sich von Jahr zu Jahr, die Mitarbeiteranzahl wuchs mit.

Zehn Jahre nach Gründung kam es zur Trennung. Resultat dieser Geschichte: 560 Euro gesetzliche Rente für die Ehefrau und weiterhin zum Zeitpunkt der Trennung Minijob in der inhabergeführten Firma des Ehepartners. Sie war weder Mitinhaberin noch durch eine berufliche Pensionskasse abgesichert.

Frauen Ausbildung und Beruf
Mitarbeitende Ehefrauen übernehmen vielfältige Aufgaben in Firmen, auch nach Feierabend. Und dennoch sind sie nur unzureichend bezahlt und abgesichert. Foto: Maria Vitkovska, Adobe Stock

Dumm gelaufen!

In diesem Fall haben weder der Unternehmensberater noch die Steuerberaterin auf die Risiken hingewiesen und ordentliche Verträge geschlossen, noch für die Altersvorsorge gesorgt. Es ging immer nur um das Wohl der Firma. Die Firma muss schwarze Zahlen schreiben.

"Die Frau folgt nur nach, wenn es keinen Mann gibt!" So die Aussage einer Geschäftsführerin aus dem Netzwerk Frauen Unternehmen Wirtschaft.

Gartenbau-Unternehmen in der 4. Generation alt eingesessen, Urgroßvater, Großvater, Vater führten das Unternehmen. Der Sohn soll in die Fußstapfen der vorangegangenen Generation treten. Die Tochter arbeitet im Büro mit. Er beginnt, scheitert durch gesundheitliche Beeinträchtigungen. Nun ist guter Rat teuer. Wer wird das Unternehmen weiter übernehmen. Nach langem Hin und Her wird der bereits 50-jährigen Tochter der Betrieb überschrieben, die bei Unternehmensübernahme auf erhebliche Schwierigkeiten unter den ehemaligen Mitarbeitern und den Bilanzen stößt. Sie kämpft, ob sie gewinnt, steht bis heute noch nicht fest.

Kein Märchen, Realität

18 Prozent beträgt derzeit die sogenannte Gender Pay Gap, die Lohnlücke oder auch geschlechtsspezifisches Lohngefälle des durchschnittlichen Brutto-Lohns zwischen Frauen und Männern. Diese Lücke ist in manchen europäischen Ländern geringer – in Deutschland und Österreich ist sie am höchsten. (Quelle: Statistisches Bundesamt Destatis, 2023).

Welche Lücke wesentlich weniger in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist die sogenannte Gender Pension Gap – die geschlechtsspezifische Altersversorgungslücke, der Unterschied des Alterssicherungseinkommens zwischen Männern und Frauen. Sie liegt im Jahr 2021 bei 42,6 Prozent. (Quelle: Statistisches Bundesamt Destatis, 2023) Eine große Lücke, die viele Frauen im Alter in die Altersarmut zwingt, oder viele in abhängigen, unfreien Beziehungen hält. Tendenz steigend.

Wie viele Frauen gemeinsam mit ihren Partnern die Unternehmen führen, ist nicht bekannt. Die Erfahrung aus Unternehmensberatungen in der Branche Garten- und Landschaftsbau zeigt, dass Frauen in den Unternehmen engagiert sind, statistisch nicht erfasst und daher nicht belegbar. Sichtbar werden sie in Bayern über den Verband UnternehmerFrauen im Handwerk. Diese verbandsorganisierten Frauen führen größtenteils die Unternehmen gemeinsam mit ihren Partnern, als Mitinhaberinnen, Unternehmerinnen, Meisterinnen oder Nachfolgerinnen. Folglich gibt es sie.

Viele Frauen im Handwerk und auch in der grünen Branche stellen ihre Arbeit den Firmen zur Verfügung ohne auf ihre spätere Zukunft zu achten. Es werden Frauen mit in die Firmen genommen, sie kümmern sich um Buchhaltung, Marketing und Personal, während die Geschäfte und Gärten von den Partnern ausgeführt werden. Die Inhaber sind meistens die Söhne oder Firmengründer. Vielerorts werden Lohnkosten gespart oder gar keine Verträge zwischen beiden Partnern geschlossen.

Die Branche Garten- und Landschaftsbau hat sich aus ursprünglich landwirtschaftlichen Betrieben entwickelt und eine Statistik untermauert die vermuteten Erfahrungen aus Unternehmensberatungen. 2022 sind 62,3 Prozent Frauen mithelfende Angehörige. Ebenso aus der Tradition heraus ist die Nachfolge männlich. Erst wenn kein männlicher Nachfolger in Aussicht steht, wird an die Frauen und Töchter gedacht.

Frauen Ausbildung und Beruf
Gleichberechtigte Geschäftsführung auf Augenhöhe. Foto: Manuela Achhammmer

Traditionen sind wichtig, halten unsere Gesellschaft zusammen, doch wenn Traditionen in den Köpfen später zu Altersarmut bei Frauen führt und somit die Gesellschaft belastet, was vorher eine Entlastung der Betriebe war, dann gerät sehr viel in Schieflage. Eine Firma zu gründen ist eine Lebensentscheidung und betrifft unumgänglich die ganze Familie. Deshalb sollte diese Entscheidung gemeinsam getroffen werden und im Anschluss das Auskommen beider Partner gesichert sein, auch nach einer Trennung oder dem Tod. Von Anfang an ist Gleichstellung der Firmenbeteiligten, die maßgeblich am Unternehmenserfolg beteiligt sind notwendig, damit am Schluss für beide die Rechnung aufgeht.

Das Thema ist vielschichtig. Es liegt im Wesen der Frau begründet, Fürsorglichkeit, Anpassungsfähigkeit, Empfindsamkeit und Empathie in ein Unternehmen einzubringen und sich dabei selbst zu vergessen. Zum einen ist es wichtig, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, welche Kompetenzen eine Frau in den Betrieb einbringt und diese gesehen, sowie monetär anerkannt werden. Zum anderen ist es wichtig, dass bei Firmengründung oder Unternehmensberatung sowohl von Steuerberater*innen, Unternehmensberater*innen und Notar*innen auf die finanzielle Unabhängigkeit der beiden Geschäftspartner geachtet wird.

Wenn Frauen sich entscheiden, in das Unternehmen ihres Partners einzusteigen, ist es lebensnotwendig, dass sie sich persönlich einsetzen auch an dem Unternehmen beteiligt zu werden, sich um eine gute private Altersvorsorge kümmern und ihren Kompetenzen entsprechend bezahlt werden. Sollte das vom Unternehmen nicht tragbar sein, dann rechnet sich auch das Unternehmen nicht.

Bei einem Interview mit einer Bezirksvorsitzenden von Unternehmer Frauen im Handwerk sind nach ihrer Erfahrung junge Frauen gut ausgebildet und gehen nicht mehr in die Betriebe ihrer Partner*innen. Wären junge gutausgebildete Frauen adäquat in den kleinen mittelständischen Unternehmen bezahlt und honoriert, würde die Zukunft für manchen Betrieb gesichert sein.

Es ist das klassische Rollenbild, das in diesem Artikel dargestellt ist. Als Autorin bin ich an anderen Geschichten sehr interessiert. Teilen Sie Ihre Geschichte mit mir.

Zum Abschluss ein Zitat von Aenne Burda: "Man kann meist viel mehr tun, als man sich gemeinhin zutraut." Dann werden Vorsorgelücken kleiner, ein Miteinander auf Augenhöhe in Unternehmen zur Norm und die Bedeutsamkeit von weiblicher kreativer Arbeitsweise sichtbar.

 Manuela Achhammer
Autorin

Achhammer Gärten GmbH

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