Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Fachkräftemangel: Hürden für Erwerbstätigkeit von Frauen abbauen

Fachkräftemangel Fachkräftesicherung
Wer über den Fachkräftemangel spricht, muss auch über die Hemmnisse reden, die Frauen auf dem Arbeitsmarkt behindern. Foto: FGL Berlin und Brandenburg

Wer über den Fachkräftemangel spricht, muss auch über die Hemmnisse reden, die Frauen auf dem Arbeitsmarkt behindern. Noch immer reduzieren Frauen ihre Arbeitszeit oder geben den Job zumindest zeitweise auf, wenn die Familie ruft. Der Staat ist daher gefordert, die Infrastruktur im Bereich der Kinderbetreuung, aber auch in Sachen Pflege weiter auszubauen.

Die Zeiten, in denen Männer den Haushalt und die Betreuung des Nachwuchses wie selbstverständlich allein ihren Partnerinnen überließen, sind zwar vorbei. Dennoch bleibt die Organisation des Familienalltags nach wie vor hauptsächlich an den Frauen hängen. Und wenn es eng wird, sind sie es meistens, die im Beruf kürzertreten.

Erste Barriere: Der Familienalltag

Das zeigt sich eindrücklich am Beispiel des Elterngelds (Grafik). Zwar haben immerhin knapp 36 Prozent der Väter, deren Kinder im zweiten Quartal 2015 geboren wurden, Elterngeld bezogen - sieben Jahre zuvor galt dies nur für rund 21 Prozent der frischgebackenen Väter. Aber: Im Schnitt bezogen Männer zuletzt lediglich drei Monate lang Elterngeld - im Jahr 2008 waren es annähernd vier Monate. Frauen nehmen es dagegen durchschnittlich fast zwölf Monate in Anspruch.

Dass in der Regel die Frauen ihre Karriere hinten anstellen, hat nicht nur mit der althergebrachten Rollenverteilung zu tun. Auch ökonomische Überlegungen spielen eine Rolle. So ist das Gehalt eines Mannes oft erheblich höher als das seiner Partnerin, sodass er leichter für ein ausreichendes Familieneinkommen sorgen kann.

Zweite Barriere: Der Verdienstunterschied

Gründe für den Verdienstunterschied sind erstens die unterschiedliche Berufswahl von Frauen und Männern. Zweitens ist in rund drei von vier Partnerschaften der Mann älter als die Frau und hat damit meist auch mehr Berufserfahrung. Drittens verfügt in 28 Prozent der Beziehungen der Mann über ein höheres Qualifikationsniveau als seine Partnerin. Umgekehrt ist dies nur bei zehn Prozent der Paare der Fall.

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Bundesweit fehlen für Kinder unter drei Jahren 296.000 Betreuungsplätze. Damit sind 13 Prozent der Kleinen unterversorgt. Grafik: © 2018, IW Medien • iwd 5

Damit nicht genug: Im Laufe des Familienlebens werden die Verdienstunterschiede zwischen den Geschlechtern noch größer, da sich die vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit negativ auf das Erwerbseinkommen auswirkt.

Hinzu kommt, dass die Wahl des Wohnorts häufig mit Blick auf die Karriereperspektiven des Mannes erfolgt. Laut einer Umfrage von 2015 sind 53 Prozent der Männer, aber nur 45 Prozent der Frauen bereits einmal aus beruflichen Gründen umgezogen. Dagegen gaben 58 Prozent der Frauen gegenüber 53 Prozent der Männer familiäre Gründe für einen bisherigen Umzug an.

Dritte Barriere: Die Betreuungsinfrastruktur

Damit künftig beide Partner familiäre Aufgaben übernehmen und dennoch in größerem Umfang erwerbstätig sein können, muss der Staat bei der Betreuungsinfrastruktur noch mehr tun. Zwar besteht seit dem 1. August 2013 für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Trotzdem sind die Angebote für die unter Dreijährigen vielerorts noch unzureichend (Grafik): Bundesweit fehlen für Kinder unter drei Jahren 296.000 Betreuungsplätze. Damit sind 13 Prozent der Kleinen unterversorgt.

Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es gut 78.000 Plätze zu wenig - dort gehen also rund 16 Prozent aller unter Dreijährigen leer aus, obwohl ihre Eltern Betreuungsbedarf hätten. Noch höher ist dieser Anteil nur in Bremen mit fast 21 Prozent.

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Im Schnitt beziehen Männer lediglich drei Monate lang Elterngeld, Frauen nehmen es dagegen durchschnittlich fast zwölf Monate in Anspruch. Grafik: © 2018, IW Medien • iwd 5

Differenziert man nach dem Alter der Kinder, ist die Lücke bei den ganz Kleinen besonders groß: Rund 60 Prozent der Eltern von ein- bis zweijährigen Kindern wünschen sich eine Betreuungsmöglichkeit für ihren Sprössling, aber nur knapp 37 Prozent haben einen Platz. Bei den Zwei- bis Dreijährigen deckt die Versorgungsquote mit 62 Prozent den Bedarf von 77 Prozent deutlich besser ab. Die über Dreijährigen besuchen nahezu ausnahmslos einen Kindergarten - hier gibt es keinen Engpass.

Vierte Barriere: Die Betreuungsqualität

Doch selbst wenn ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht, ebnet dies der Erwerbstätigkeit einer Mutter nicht unbedingt den Weg. Auch die Betreuungszeiten müssen passen. Dies ist gerade bei Grundschulkindern häufig ein Problem - sie werden oft nur bis zum Mittag unterrichtet. Allerdings muss eine Ganztagsbetreuung nicht zwingend in den Schulen erfolgen, Länder wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt setzen dabei vorwiegend auf Horte.

Dies muss die künftige Bundesregierung im Blick behalten, wenn sie - wie im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart - einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Schulkinder einführt. Am Ende zählt für die Eltern vor allem, dass die Betreuung insgesamt ein ausreichend großes Zeitfenster abdeckt.

Darüber hinaus sollte der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur aber auch von einer Qualitätsoffensive begleitet werden: Ziel muss es sein, die Betreuer in Kindertagesstätten und Horten pädagogisch noch besser zu qualifizieren, die Zahl der Kinder je Betreuer möglichst klein zu halten und verstärkt darauf zu achten, dass die Einrichtungen ein dem jeweiligen Alter entsprechendes lernfreundliches Umfeld bieten.

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Rund 65 Prozent aller Personen, die zu Hause einen Angehörigen pflegen, sind Frauen. Foto: Gerda Mahmens, pixelio.de

Haben vor allem Eltern von Kleinkindern daran Zweifel, werden sie ein Betreuungsangebot unter Umständen gar nicht wahrnehmen oder in einem geringeren Umfang, als es angesichts ihrer Erwerbswünsche optimal wäre.

Fünfte Barriere: Pflegebedürftige Angehörige

Ein weiterer Bereich, in dem der Staat Hürden für die Erwerbstätigkeit von Frauen aus dem Weg räumen könnte, ist die Pflege. Zwischen 2001 und 2015 ist die Zahl der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen von rund 1,4 auf fast 2,1 Millionen gestiegen. Die damit verbundenen Aufgaben übernehmen meist die weiblichen Familienmitglieder: Rund 65 Prozent aller Personen, die zu Hause einen Angehörigen pflegen, sind Frauen.

Zwar sind die meisten von ihnen älter als 55 Jahre, sodass die Pflege sich weniger stark auf den beruflichen Karriereweg auswirkt als die Betreuung von Kindern. Dennoch können die Einkommenseinbußen schmerzen. Daher wäre es wichtig, die Angebote für Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen auszubauen. Neben den klassischen Pflegediensten braucht es insbesondere mehr - und gute - Tagespflegeeinrichtungen, in denen zum Beispiel Demenzkranke, die eine kontinuierliche Betreuung benötigen, einige Stunden außerhalb der Familie versorgt werden können.

iwd

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