GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Immer wieder Neues von den Oberlandesgerichten

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Immer wieder wird die Frage gestellt, welcher Zeitpunkt für die Mangelfreiheit einer vom Unternehmer erbrachten Leistung maßgeblich ist. Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 16.08.2022, Az. 14 U 1140/21) befassen.
Mängel Recht und Normen
Wann muss eine Leistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen? Dazu gibt es eine neue Entscheidung vom Oberlandesgericht Dresden. Foto: dudlajzov, AdobeStock

1. Wann muss eine Leistung den anerkannten Regeln der Technik entsprechen? Entscheidung des OLG Dresden.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bei einem Trockenschuppen hatte ein Unternehmen den Auftrag, eine neue Dachverschalung zu verlegen. Bei der Abnahme der Leistung rügte der Auftraggeber, dass die Dachschalung mit Glattkantenbrettern und nicht mit gespundeten Brettern mit Nut und Feder erstellt wurde, wie dies nach der Flachdachrichtlinie und der DIN 18531 vorgeschrieben sei.

Der Unternehmer beruft sich darauf, dass diese Regelungen der DIN 18531 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht gegolten hätten. Im Übrigen sei die Anwendung der DIN bei solchen lediglich zur Lagerung bestimmten Schuppen unüblich. Die von ihm gewählte Ausführung mit gehobelten und gespundeten Brettern sei keinesfalls zu beanstanden.

Wie sich während des Rechtsstreits herausstellte, hatte sich zwischen Vertragsabschluss und Abnahme der Leistung die DIN 18531 geändert, so dass es bei dem Rechtsstreit maßgeblich darauf ankam, ob die technischen Bestimmungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder die zum Zeitpunkt der Abnahme der Leistung für die Beurteilung der Mangelfreiheit maßgeblich sind.

Unter Berufung auf frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs soll maßgeblicher Zeitpunkt der der Fertigstellung, d. h. der Abnahme sein.

Folge der Rechtsprechung des BGH

Im konkreten Fall würde dies eigentlich bedeuten, dass die Leistung des Unternehmers zum Zeitpunkt der Abnahme nicht mängelfrei war. Da der Unternehmer in dem Rechtsstreit argumentierte, die von ihm gewählte Ausführung sei nicht zu beanstanden und entspreche der üblichen gängigen Konstruktion, beauftragte das Oberlandesgericht Dresden einen Sachverständigen.

Der DIN 18531 kommt keine generelle Rechtsnormqualität zu. Sie trägt lediglich die Vermutung in sich, dass sie die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik wiedergibt. Der vom Gericht eingesetzte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die vom Unternehmer gewählte zimmermannsmäßige Ausführung bei der geplanten Nutzung "ökonomisch, technisch und konstruktiv durchaus richtig ist und nicht zu beanstanden sei".

Im vorliegenden Fall zeigt dies, dass ein Unternehmer durchaus in einem Rechtsstreit den Beweis erbringen kann, dass die geltende DIN-Norm im konkreten Einzelfall ausnahmsweise nicht maßgeblich ist.

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Mängel Recht und Normen
Ein Unternehmer muss die DIN-Normen und anerkannten Regeln der Technik seines Fachgebietes sowie diesbezügliche Änderungen und Neufassungen kennen. Foto: nmann77, AdobeStock

Hinweis

Das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden gibt aber Anlass auf folgendes hinzuweisen. Ein Unternehmer muss auf seinem Fachgebiet die entsprechenden DIN-Normen und anerkannten Regeln der Technik kennen.

Da die Änderung einer DIN-Norm nicht von einem auf den anderen Tag vom Himmel fällt und es hierzu lange Vorlauffristen gibt (Gelbdrucke der Neufassung), hätte der Unternehmer auf alle Fälle den Kunden auf die Änderung der DIN-Norm hinweisen und ihn vor die Entscheidung stellen müssen, ob er die zimmermannsmäßige Leistung, die nach der alten DIN-Norm zulässig war, oder die neue, allerdings auch teurere Ausführung wünscht.

Meines Erachtens hatte der Unternehmer wegen der Änderung der einschlägigen DIN-Norm eine Hinweispflicht gehabt, der er nicht nachgekommen ist. Bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden hatte dieses Versäumnis des Unternehmers allerdings keinen Einfluss auf das Ergebnis.

Das Gericht hielt sich ausschließlich an die für den Unternehmer günstigen Feststellungen des bestellten Sachverständigen.

2. Wann ist man berechtigt, nach Stundenlohn abzurechnen? Entscheidung des OLG Frankfurt.

Ich kenne kaum ein Bauvorhaben, bei dem die Endabrechnung nicht Tagelohnpositionen enthält.

Ein Mandant von mir macht es geschickter und hat mit dieser Methode auch häufig Erfolg. Er rechnet sämtliche Leistungen, von denen er meint, im Tagelohn abrechnen zu dürfen, jeweils sofort gegenüber dem Auftraggeber endgültig ab, so dass diese Leistungen in der Schlussrechnung gar nicht mehr auftauchen. Er erreicht damit eine schnelle Klärung, ob der Auftraggeber seine Abrechnungsweise akzeptiert oder ob es Schwierigkeiten gibt.

Erfahrungsgemäß akzeptieren Auftraggeber während der Bauphase getrennt gestellte Tagelohnrechnungen, weil sie den Auftragnehmer nicht verärgern und noch weitere Leistungen von ihm bis zu einer Gesamtfertigstellung haben wollen.

Weniger empfehlenswert ist es, den Tagelohn in eine Abschlagsrechnung mit anderen Positionen aus dem Einheitspreisvertrag aufzunehmen. Der zumindest bei älteren Lesern noch bekannte Baulöwe Dr. Schneider hat Abschlagsrechnungen mit beinhaltetem Tagelohn weitgehend bezahlt und dann erst bei der Schlussrechnung wieder in Streit gestellt.

Abschlagsrechnungen an sich haben stets nur vorläufigen Charakter. Selbst wenn der Kunde eine Abschlagsrechnung ohne Murren bezahlt hat, kann er dies – wie Dr. Schneider – in der Schlussrechnung wieder in Streit ziehen. Dies gelingt nicht so leicht, wenn der Kunde eine endgültig erteilte reine Tagelohnrechnung ohne Vorbehalt bezahlt hat.

Die Rechtsprechung geht im Übrigen soweit, dass der Kunde Einzelpositionen der Schlussrechnung, die er bei den gezahlten Abschlagsrechnungen akzeptiert hat, wieder in Streit stellen kann. Oft wird argumentiert die in Rechnung gestellte Leistung sei bereits in einer anderen Position oder in einer Teilpauschale enthalten.

Zur Abrechnung nach Tagelohn macht das Oberlandesgericht Frankfurt in seiner Entscheidung vom 27.02.2023 (Az. 29 U 117/20) klarstellende Ausführungen, die man als GaLaBau-Unternehmer beachten sollte.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Auftraggeber schließt mit einem Unternehmer einen Einheitspreisvertrag im Wert von rund 100.000 Euro. Dem Vertrag lag die VOB/B zugrunde. Wegen nicht beseitigter Mängel kündigt der Auftraggeber den Vertrag.

In der Schlussrechnung des Unternehmers ist unter anderem eine Position von 8 325,50 Euro als Tagelohnarbeiten ausgewiesen. Der Auftraggeber verweigert die Bezahlung mit der Begründung, der Auftragnehmer könne nicht nachweisen, dass Arbeiten auf Stundenlohnbasis beauftragt worden seien.

Unter anderem beruft sich der Auftraggeber auf § 2 Abs. 10 VOB/B, wonach es für Stundenlohnarbeiten einer entsprechenden Vereinbarung bedarf, an der es fehle.

Hinweis

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat es offengelassen, ob im vorliegenden Fall § 2 Abs. 10 VOB/B wirksam vereinbart wurde oder ob die Bestimmung einer Inhaltskontrolle nicht standhält, wenn die VOB nicht als Ganzes vereinbart wurde.

Das Gericht meint, dass in dem Fall, wenn die VOB nicht wirksam vereinbart wurde, die entsprechende Bestimmung des BGBs zur Anwendung gelangt (§ 306 Abs. 2 BGB). Im BGB gibt es keine der VOB entsprechende Regelung zum Tagelohn.

Es kommt dann auf die übliche Vergütung an. Insbesondere sei es üblich, kleinere Baunebenleistungen, die vom Gericht allerdings nicht näher definiert werden, nach Tagelohn abzurechnen.

Das Gericht hat im vorliegenden Fall die abgerechneten 8 325,50 Euro nicht als "kleine Baunebenleistungen" angesehen, die man nach Tagelohn als übliche Vergütung abrechnen könne. Da das Gericht die Arbeiten nicht als "kleine Baunebenleistungen" angesehen hat, um die es auch nicht gegangen sein dürfte, wurde die Klage des Auftragnehmers zumindest in Höhe der Tagelohnforderung abgewiesen.

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Jedem Auftragnehmer ist anzuraten, wenn er Leistungen im Tagelohn erbringen will, eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kunden zu treffen und sich diese nach Möglichkeit auch bestätigen zu lassen. Foto: Artalis-Kartographie, AdobeStock

Rat an den Auftragnehmer

Jedem Unternehmer ist anzuraten, wenn er Leistungen im Tagelohn erbringen will, eine entsprechende Vereinbarung mit dem Kunden zu treffen und sich diese nach Möglichkeit auch bestätigen zu lassen. Nur wenn die VOB als Ganzes vereinbart ist, was in den aller wenigsten Fällen vorkommt, kann man sich bei einem VOB-Vertrag auf § 2 Abs. 10 VOB/B berufen.

Aus meiner Erfahrung aus zahlreichen Baurechtsstreiten, kann ich berichten, dass die Vergütung vom Tagelohn häufig Streitpunkt ist und bei einem Vergleich die Vergütung von Tagelohnarbeiten Grund ist, Abstriche zu machen.

Unabhängig davon sollte man bei Tagelohnarbeiten stets zeitnah Rapportzettel ausfüllen, aus denen ausdrücklich nochmals hervorgeht, dass die Leistungen im Tagelohn abzurechnen sind. Wird ein solcher dem Auftraggeber vorgelegter Rapportzettel nicht zeitnah von diesem unterzeichnet, steht bei der Endabrechnung zu befürchten über die Vergütung des Tagelohns streiten zu müssen.

Eine zeitnahe Abrechnung ist stets angebracht, damit der Auftraggeber weiß, "wo er steht". Ein Auftraggeber, der mit einer von ihm nicht so hoch vermuteten Schlussrechnung überrascht wird, dürfte Schwierigkeiten machen und versuchen, bei der Leistungsprüfung gerade beim Tagelohn Korrekturen abzubringen.

Das Wort "Vertrag" kommt von vertragen. Beide Seiten sollten bei der Abwicklung eines Vertrages alles tun, um dem gerecht zu werden. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass durch die Höhe der Schlussrechnung verärgerte Auftraggeber der Meinung sind, erst einmal gar nichts zu zahlen und sich verklagen zu lassen.

Ein Rechtsstreit sollte für die Partei allerdings nur das allerletzte Mittel sein. In Anbetracht der Unwägbarkeiten eines Rechtsstreits ist jede außergerichtliche Einigung dem Unglücksfall eines Rechtsstreits vorzuziehen. Baurechtsstreite sind zumeist langwierig und teuer.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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