GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Man sollte sich an den Vertrag halten –

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Immer wieder kommt es zum Streit zwischen den Vertragsparteien, weil der Unternehmer ein anderes Produkt eingebaut hat, als es sich der Auftraggeber vorgestellt, gewünscht beziehungsweise angeordnet hat. In den meisten Fällen kann der Auftraggeber bei einem Vertrag das Produkt bestimmen, welches der Unternehmer im Rahmen seiner Vertragserfüllung einbauen soll oder darf.
Vertragsrecht Recht und Normen
In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit und der Auftraggeber kann durchaus bestimmen, welches Produkt er haben will. Anders sieht es allerdings aus, wenn der Auftraggeber zur öffentlichen Hand gehört. Foto: ah_fotobox, Adobe Stock

Es gibt durchaus Gründe, dass ein Auftraggeber dem Unternehmer zwingend vorschreibt, welches Produkt er einzubauen hat. So hat zum Beispiel ein großer Elektrokonzern im Rahmen des Neubaus eines Verwaltungsgebäudes in der Ausschreibung einiger Gewerke – insbesondere das Elektrogewerk – ein Produkt eines Herstellers vorgeschrieben, obwohl es völlig gleichwertige Produkte anderer Hersteller am Markt gibt.

Hintergrund einer solchen produktspezifischen Ausschreibung war, dass der Elektrokonzern in seinem Verwaltungsgebäude nur Produkte seiner Tochtergesellschaften und nicht eines Konkurrenten sehen wollte. Das war auch ohne weiteres möglich, weil in Deutschland Vertragsfreiheit herrscht und der Auftraggeber durchaus bestimmen kann, was er haben will.

Ausschreibung der öffentlichen Hand

Anders sieht es allerdings aus, wenn der Auftraggeber zur öffentlichen Hand gehört. In den wenigsten Fällen darf ein öffentlicher Auftraggeber ohne rechtfertigenden Grund zwingend Produkte vorschreiben, wenn es gleichwertige Konkurrenzprodukte gibt.

Ausnahmen hierzu gibt es allerdings in bestimmten Fällen, ohne dass der öffentliche Auftraggeber gegen zwingendes Vergaberecht verstößt. So beispielsweise bei der Ergänzung oder Erweiterung einer Computeranlage, wobei die neu angeschafften Teile mit der bestehenden Anlage harmonieren sollen, damit sie einheitlich gewartet werden können.

Auch bei ausgeschriebenen gestalterisch oder künstlerischen Gegenständen, die ein Architekt zur Verwirklichung seiner Vorstellungen für mehr oder minder unerlässlich hält, kann ausnahmsweise rein produktspezifisch ausgeschrieben werden.

Zusatz "oder gleichwertig"

Anders sieht es allerdings dann aus, wenn ein öffentlicher Auftraggeber in seinem Leistungsverzeichnis (LV) das Produkt eines Herstellers vorschreibt, aber aus wettbewerblichen Gründen den Zusatz "oder gleichwertig" verwendet.

Manchmal ist dieser Zusatz nur eine Pflichtübung, weil der Ausschreibende beziehungsweise sein Architekt genau weiß, dass bei der im LV angegebenen Beschreibung des zu liefernden Produktes nur ein einziges und das auch nur von einem bestimmten Hersteller am Markt gibt. So hatte ich in meiner Praxis den Fall, dass bei einem Aluprofil ein minimal geringerer Durchmesser verlangt wurde, den im europäischen Markt überhaupt nur ein einziger Hersteller anbietet.

Wenn es für eine solche Ausschreibung nicht ausnahmsweise rechtfertigende Gründe gibt, wird man mit Aussicht auf Erfolg hiergegen vorgehen können. Im speziellen Fall gab der ausschreibende Architekt gestalterische Gründe an. Tatsächlich konnte man den Unterschied vom normalen Profil zu dem speziellen leicht schmäleren Profil schon von geringer Entfernung aus nicht mehr feststellen, so dass der Verdacht äußerst naheliegend war, dass der Architekt "einem Hersteller etwas Gutes tun wollte".

Gibt es genug vergleichbare Produkte verschiedener Hersteller, ist insbesondere bei einem öffentlichen Auftraggeber der anbietende Unternehmer durchaus berechtigt, abweichend von dem in der Ausschreibung vorgeschlagenen Produkt ein anderes zum Einsatz zu bringen. Ihn trifft allerdings die volle Beweislast für die Gleichwertigkeit des Produktes.

Die Meinung des OLG Frankfurt am Main

In diesem Zusammenhang ist eine schon etwas ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16.05.2013, Az. 15 U 251/11, von Interesse. Dort hatte ein Auftraggeber für ein großes Flachdach die Verwendung einer namentlich genannten Folie ausgeschrieben, wobei ausdrücklich der Zusatz "oder gleichwertig", hinzugefügt war.

Der Auftraggeber glaubte mit dieser Ausschreibung das von ihm gewünschte Herstellerprodukt auf seinem Flachdach zu erhalten. Spätestens bei der Abnahme des Flachdachs stellte der Auftraggeber eine Konkurrenzfolie auf seinem Dach fest und verweigerte deshalb die Zahlung der Schlussrechnung. In einem selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Marburg und im anschließenden Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main stellte ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger fest, dass das auf dem Flachdach eingebaute Konkurrenzprodukt gleichwertig ist und der Quadratmeterpreis auch nur minimal um einige Cent zum gewünschten Produkt differiert.

Das Oberlandesgericht verurteilte deshalb den Auftraggeber zur Zahlung der offenen Werklohnforderung, weil bei der Ausschreibung nicht ausreichend zum Ausdruck gekommen sei, dass der Auftraggeber nur das eine spezielle Produkt und kein anderes haben wollte. Bei den Vorgaben aus dem Leistungsverzeichnis konnte der Unternehmer durchaus das Konkurrenzprodukt einbauen, ohne dadurch seinen Werklohn zu verlieren.

Neues Urteil des OLG Celle

In vermeintlichem Widerspruch zum Frankfurter Urteil steht ein neu veröffentlichtes Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2022, Az.: 14 U 44/22. Dort hatte ein öffentlicher Auftraggeber eine größere Anzahl von Stahlblechtüren einer namentlich genannten Firma oder "gleichwertig" ausgeschrieben.

In der Ausschreibung des Auftraggebers war noch der Satz enthalten: "Ich/wir erkläre(n), dass das vom AG vorgeschlagene Produkt Inhalt meines/unseres Angebots ist, wenn Teilleistungsbeschreibungen des AG den Zusatz "oder gleichwertig" enthalten und von mir/uns keine Produktangaben (Hersteller- und Typenbezeichnung) eingetragen wurden."

Bei dem neuen Urteil des Oberlandesgerichts Celle sah der Angebotstext des Weiteren vor, dass der Bieter das angebotene Produkt entsprechend mit Hersteller und Typenbezeichnung benennen sollte. Dafür war zum Ausfüllen im Angebot extra eine Zeile freigelassen. Der Unternehmer hielt sich an diese Vorgabe und trug ein namentlich benanntes Produkt ein.

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Das neue Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 14.12.2022, Az.: 14 U 44/22 sollten Unternehmer, die mit der öffentlichen Hand zusammenarbeiten kennen. Foto: Axel Hindemith, CC BY-SA 3.0

Einbau eines abweichenden Produkts

Auf sein Angebot erhielt der Unternehmer sodann den Zuschlag. Er baute sodann die Türen eines anderen in seinem Angebot nicht genannten Herstellers ein. Als das später der Auftraggeber rügte, behauptete der Unternehmer die Gleichwertigkeit der eingebauten Türen.

Nachdem der Unternehmer nicht bereit war, die eingebauten Türen durch das Produkt des benannten Herstellers zu ersetzen, kündigte der Auftraggeber den Vertrag. Er war auch nicht bereit, dem Unternehmer seine Leistung zu vergüten. Das OLG Celle musste deshalb darüber entscheiden, ob die auftraggeberseitige Kündigung des Vertrages wirksam war und der Unternehmer eine Vergütung zu erhalten hatte.

Die Entscheidungsgründe des OLG Celle

Das Gericht meinte in seinem Urteil, der Unternehmer habe zwar aufgrund der Ausschreibung die Möglichkeit des Einbaus eines gleichwertigen Produktes gehabt. Diese Möglichkeit sei allerdings durch das Verlangen in der Ausschreibung eingeschränkt, das vorgesehene gleichwertige Produkt schon im Angebot des Unternehmers nennen zu müssen.

Da der Unternehmer nicht das benannte Produkt eingebaut habe, spiele es keine Rolle, ob das Produkt gleichwertig sei oder nicht. Die Leistung des Unternehmers sei selbst bei Gleichwertigkeit des verwandten Produktes mangelhaft, so dass die vom Auftraggeber ausgesprochene Kündigung wirksam sei. Der Unternehmer habe dementsprechend keinen Anspruch auf Vergütung.

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Besser vorher eine Zustimmung beim Auftraggeber einholen, falls die Verwendung abweichender Produkte nötig wird. Foto: JustLife, Adobe Stock

Geht man von der Gleichwertigkeit der Produkte aus, was bei angebotenen Stahltüren sehr leicht der Fall sein kann, so erscheint mir im Hinblick auf die vorzitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt das Urteil des Oberlandesgerichts Celle äußerst hart. Um nicht in die missliche Situation zu geraten, die der Unternehmer im Falle des Oberlandesgerichts Celle hatte, sollte man sich vorsichtshalber an sein im Angebot genanntes Produkt halten und im Nachhinein nicht ein vom Angebot abweichendes Produkt zum Einsatz bringen.

Zumindest sollte man den Auftraggeber zuvor informieren und seine Zustimmung einholen. Ansonsten ist das Risiko unkalkulierbar hoch. Der Unternehmer kann nicht nur seinen Vergütungsanspruch verlieren, sondern wird wohl auch noch die Kosten des Ausbaus der vom Auftraggeber nicht für vertragsgemäß gehaltenen Stahlblechtüren tragen müssen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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