Osnabrücker Baubetriebstage auf dem Campus Haste
Konjunktureinbruch: Reißt der Bau den GaLaBau mit nach unten?
Was Heinrich Weitz vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie über die Konjunkturzyklen in der Bauwirtschaft berichtete, war wenig ermutigend. Umso stärker wirkte dadurch der Kontrast zu Lutze von Wurmb – denn der Präsident des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) bewertete die Situation ganz anders als Weitz.
Eine goldene Dekade
Dass es derzeit für das Bauhauptgewerbe kaum Grund zur Freude gibt, daran ließ Weitz keinen Zweifel. Der Konjunktureinbruch am Bau fiele umso stärker ins Gewicht, als die vergangene Dekade ein goldenes Jahrzehnt für ihn gewesen sei. Der Lobbyist berichtete, dass die realen Wachstumsraten für Bauinvestitionen von 2010 bis 2020 hierzulande +22 Prozent betragen hätten, während die restliche EU auf -1 Prozent gekommen sei. Zehn Jahre lang war Deutschland also Bau-Europameister – und das hiesige Bauhauptgewerbe umsatzstark auf Wachstumskurs.
Ein Grund dafür war beispielsweise das Bevölkerungswachstum von knapp 82 auf zunächst über 83 Millionen Einwohner (Flüchtlingskrise 2015, EU-Binnenwanderung), das den Wohnungsneubau forciert hatte. Zugleich stiegen die Reallöhne der Deutschen im Schnitt um 11 Prozent an, was sich in größerer Investitionsfreudigkeit äußerte.
Außerdem hatte der Klimawandel bei der Politik einen Handlungsdruck erzeugt, von dem auch die Bauindustrie profitierte: Energieeffiziente Neubauten sowie die energetische Sanierung von Wohngebäuden wurden staatlich gefördert. Das füllte die Auftragsbücher von Bauunternehmen zusätzlich. Und nicht zu vergessen: Die Baupreise stiegen während dieser Zeit moderat um nur 2,8 Prozent im Jahresdurchschnitt an. Inzwischen hat sich der Wind gedreht – und von positiven Vorzeichen kann infolge von Corona, Ukrainekrieg und Energiekrise keine Rede mehr sein.
Die aktuellen Zahlen in Weitz Präsentation sprachen eine deutliche Sprache: Während realen Bauin-vestitionen 2021 noch stagnierten, betrugen sie im Folgejahr schon -1,6 Prozent.
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Die fetten Jahre sind vorbei
Für 2023 wird ein weiterer Rückgang erwartet. Die Inflationsrate von zuletzt 7,9 Prozent hat die Deutschen sparsamer werden lassen – die hohen Energiepreise drosseln die Investitionslust potenzieller Häuslebauer noch zusätzlich. Staatliche Investitionen sind infolge der Rekordneuverschuldung (Corona, Energiekrise, Sondervermögen Bundeswehr) ebenfalls ins Stocken geraten – während im Gegenzug die Baupreise regelrecht explodiert sind. In 2022, so Weitz, seien sie um 16 Prozent angestiegen – ein absoluter Negativrekord.
Entsprechend düster ist das Bild, das eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zeichnet. Anfang dieses Jahres hatte die DIHK Bauunternehmer gefragt, was die größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung im Baugewerbe seien. Die Energie- und Rohstoffpreise haben den Fachkräftemangel inzwischen als Sorgenkind Nummer Eins abgelöst. Gaben 2020 noch 77 Prozent der Befragten an, das die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter die größte Herausforderung sei, benannten 2023 glatte 79 Prozent die Rohstoffpreise als Bremsklotz Nummer Eins fürs Business. 2020 hatten nur 45 Prozent die Energie- und Rohstoffpreise genannt. Der Fachkräftemangel wird auch heute noch von 72 Prozent als schweres Risiko für den Unternehmenserfolg angesehen.
"Baupreise folgen Materialpsreisen"
Deutsche Mitarbeiter sind ohnehin schon keine tragenden Säulen des Baugewerbes mehr, wie Weitz mit Blick auf die Beschäftigungszunahme zwischen 2010 und 2021 deutlich machte. Während in dieser Zeit knapp 132.000 Ausländer am Bau angeheuert hätten, waren es gerade einmal rund 41.000 Deutsche. 76 Prozent derer, die die wachstumsbedingte Personalnachfrage bedient hätten, hatten keinen deutschen Pass. Solange Deutschland als Wirtschaftsstandort attraktiv war, habe man sich auf diese Arbeitsmigranten verlassen können, so Weitz, doch nun stelle sich die Frage: "Wie lange kommen die noch?"
Mit Blick auf die horrenden Kosten, die für das Baugewerbe auch infolge drastisch gestiegener Materialpreise anfallen, kritisierte Weitz "die Politik", die ganz pauschal ihr Fett wegbekam. Er klagte, dass politische Entscheidungsträger einerseits die Baukosten durch verschärfte Normen und Regeln nach oben treiben würden, der Branche dann aber vorwerfen würden, zu teuer zu sein. Dieses Schwarzer-Peter-Spiel blende eine simple Tatsache aus: "Baupreise folgen Materialpreisen". Allein Bauholz sei zwischen 2020 und 2022 um 62 Prozent teurer geworden, Bitumen um 88 und Betonstahl gar um 102 Prozent. Als Resultat habe sich der Neubau von Wohngebäuden um 27 Prozent verteuert – während die staatliche Förderung im Gegenzug stark gedrosselt worden sei.
Völlig in Untergangsstimmung müsse die Baubranche dennoch nicht schwelgen, wie ein Blick auf die Prognose der realen Bauinvestitionen zeigt. Während die für dieses Jahr noch -2,4 Prozent beträgt, wird für 2024 ein Plus von 1,5 Prozent erwartet. Und der Garten- und Landschaftsbau? Was bedeuten die Schatten, die Weitz´ Worte warfen, für einen typischen GaLaBau-Fachbetrieb?
"Krisen immer als Chance begriffen"
BGL-Präsident Lutze von Wurmb stieß mit der Politik-Kritik einerseits ins gleiche Horn wie Weitz, relativierte dessen düstere Prognosen aber zugleich mit Blick auf den GaLaBau. Zwar habe das Bauministerium "keine Ahnung, wie sich die Baukosten entwickelt haben", doch mache der Neubau nur rund 20 Prozent der GaLaBau-Aufträge aus. Mit anderen Worten: Wenn das Bauhauptgewerbe wankt, muss der GaLaBau noch lange nicht fallen. Einerseits sei der Privatgartenmarkt ohnehin der stärkste Umsatztreiber landschaftsgärtnerischer Fachbetriebe. Und andererseits, so von Wurmb, seien "Städte der GaLaBau-Markt der Zukunft". Deshalb dürfe man beispielsweise das Thema Schwammstadt nicht Tiefbau-Ingenieuren überlassen, sondern müsse es selbst besetzen.
Grundsätzlich, so der BGL-Präsident, sehe er seine Branche auch weiterhin gut für die Zukunft gerüstet, was auch an der dort herrschenden Mentalität liege: "Solange ich denken kann, ist der GaLaBau nie in ein Loch oder in Passivität gefallen. Er hat Krisen immer auch als Chancen begriffen." Der Tenor von Weitz und von Wurmb hätte also in Teilen nicht unterschiedlicher ausfallen können. Während beide deutliche Kritik an den Entscheidungsträgern im Bauministerium äußerten, zeigte der BGL-Präsident auf, dass der GaLaBau gar nicht so sehr am Wohnungs- und Industrieneubau hänge. Folglich müsse er sich dessen Pessimismus auch nicht zu eigen machen.
Hendrik Behnisch
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