Bauliche Nachverdichtung von Innenstädten in Frage gestellt

Abkühlung nur bei 40 Prozent Grünflächenanteil in der Stadt

Innenstädte Stadtbäume
Klimawandelanpassung kann nur gelingen, wenn eine ausreichende Durchgrünung der Stadt sichergestellt ist, so eine Studie der TU München in Würzburg. Foto: Holger Uwe Schmitt, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Welche Auswirkungen Bäume auf die Temperatur in der Stadt haben, untersuchten Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) im Rahmen einer mehrjährigen empirischen Studie. Am Beispiel der Stadt Würzburg zeigen die Forschenden in einer dreijährigen empirischen Studie, dass ein Grünflächenanteil von rund 40 Prozent nötig ist, um im Sommer für kühlere Temperaturen zu sorgen.

Die mittlere Lufttemperatur war an innerstädtischen Standorten in Würzburg im Vergleich zu suburbanen Standorten im Sommer um 1,3 °C und im Winter um 5 °C höher. "Die Unterschiede wurden durch die Ausprägung der vorherrschenden Flächennutzung, insbesondere die Anzahl der Gebäude, beeinflusst", sagte Stephan Pauleit, Professor für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung an der TUM.

Genug Stadtgrün verringert Hitzestress enorm

An einem der innerstädtischen Standorte - an einem Marktplatz, auf dem kein einziger Baum steht - wurden im betrachteten Zeitraum von drei Jahren insgesamt 97 heiße Tage mit mehr als 30 °C Lufttemperatur gezählt. Davon wurden neun Tage verzeichnet, an denen die Feuchtkugeltemperatur - ein Index zum Verständnis der thermischen Belastung - über dem Schwellenwert für extremen Hitzestress von 35 °C lag. Als Feuchtkugeltemperatur wird die tiefste Temperatur, die sich durch Verdunstungskühlung erreichen lässt, bezeichnet. Der Index wurde aus den meteorologischen und anderen damit verbundenen Variablen der Station berechnet, die direkt im Zentrum des Marktplatzes errichtet wurde. Diese Werte zeigen den Einfluss der Umgebung an, einschließlich der Standortmerkmale wie Gebäude oder Grünflächen.

An keinem der vorstädtischen Standorte gab es dagegen extreme Hitzestresstage. "Unsere Studie hat gezeigt, dass etwa 40 Prozent an Grünflächen in der bebauten Umwelt einschließlich Rasenflächen, Gründächern und begrünten Wänden den extremen Hitzestress im Sommer auf die Hälfte reduzieren könnten, ohne dass sich der Kältestress im Winter erhöht", erklärte Dr. Mohammad A. Rahman, Wissenschaftler am Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung.

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Bäume kühlen um 1 bis 8 °C ab

In heterogenen städtischen Ökosystemen haben Bäume mehrere biophysikalische Funktionen. Erstens reduzieren Bäume durch ihre ausgedehnten Baumkronen den Eintrag von kurzwelliger Strahlung auf den Boden um bis zu 90 Prozent. Das ist vor allem im Sommer der Fall, wenn die Laubbäume in gemäßigten und kalten Klimazonen ihre Blätter tragen. Zweitens kühlen Bäume ihre unmittelbare Umgebung um 1 bis 8 °C ab, wodurch sich die relative Luftfeuchtigkeit erhöht. Dies geschieht durch ihre Transpiration, das heißt durch die Wassermenge, die bei der Nahrungsproduktion durch die Blätter verloren geht. Gleichzeitig können Bäume auch einige negative Auswirkungen haben, wie die Behinderung der vertikalen und horizontalen Durchmischung der Luft in engen Straßenschluchten, so dass schadstoffbelastete Luft in Höhe der Fußgänger nicht verdünnt und abgeführt wird. Grasbewuchs hingegen reduziert die Wärmestrahlung durch höhere Reflexion im Vergleich zur bebauten Umgebung. Er ermöglicht aber höhere Windgeschwindigkeiten zur Verringerung der sommerlichen Wärmebelastung und eine höhere Sonneneinstrahlung, wodurch gleichzeitig die winterliche Kältebelastung minimiert wird.

"Unsere Ergebnisse stellen die heute in wachsenden Städten zu beobachtende bauliche Nachverdichtung von Innenstädten in Frage. Klimawandelanpassung kann nur gelingen, wenn eine ausreichende Durchgrünung der Stadt sichergestellt ist", sagt Rahman. Um negative Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit zu vermeiden, seien Grünflächen strategisch zu planen. So könnten sie auch in dichter bebauten Stadtquartieren effektiv Wärmebelastungen vermindern. TU München

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