Der Kommentar

Das gehört verboten

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Nun ist es soweit: Schottergärten sind verboten. So jedenfalls die etwas vorschnelle Interpretation des aktuellen Urteils des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Lüneburg (Az.: 1 LA 20/22). Endlich, so die Befürworter des Verbotes, muss ein Garten ökologisch angelegt werden. Das ist jedoch überhaupt nicht Gegenstand des Urteils.

Es ging hier einzig um die Auslegung des Begriffs "Grünflächen" nach § 9 Abs. 2 NBauO, nach dem die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein müssen, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Weit ausgelegt bedeutet dies, dass ein "Garten" nur aus Terrassen, Parkplätzen und Wegen bestehen darf, sofern nicht andere Regelungen dagegenstehen. Nur wenn es noch Restflächen gibt, müssen diese eine "Grünfläche" sein.

Ob der Gesetzgeber damit einer Versteinerung der Stadt auf das notwendige Ausmaß beschränken kann, so wie es das OVG als Leitsatz aufgenommen hat, muss allerdings bezweifelt werden. Zudem können nach dem Urteil Grünflächen auch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen sein. Das kann also auch eine Lebensbaumhecke oder der überdüngte Zierrasen sein. Von Ökologie steht dort ausdrücklich nichts, so auch die Begründung zum Gesetz.

Nur um jetzt nicht falsch verstanden zu werden: Ich selber lebe in der Vorstadt, habe zum Leidwesen der Nachbarn über 150 Jahre alte Eichen und Moos in den Fugen. Die Schottergärten, die wir auch in der Nachbarschaft haben, finde ich ganz schrecklich, so wie die Schottergarten-Nachbarn meinem Grundstück vermutlich etwas mehr "Ordnung und Sauberkeit" wünschen.

Genauso ist das aktuelle OVG Urteil auf Ermessen begründet und das Gericht hat lediglich keine Anhaltspunkte für Ermessensfehler gefunden. Wo ist aber die Grenze? Sind die staudenreichen Kiesgärten von Beth Chatto noch gut, weil keine geschnittenen Juniperus darinstehen? Die aufwändig gepflegten Kare-san-sui Gärten, auch als Zen Gärten bezeichnet, entsprechen dann nicht mehr den Vorgaben der Niedersächsischen Bauordnung?

Die Aktion "Rettet den Vorgarten" des BGL ist der richtige und zugleich mutige Weg, denn viele Landschaftsgärtner bedienen diesen Markt, zum Teil sogar gerne. Verbote zum guten oder schlechten Geschmack beim Vorgarten sind aber ganz sicher keine Lösung. Wenn Gemeinden wirklich etwas erreichen wollten, dann treffen sie in den Bebauungsplänen, deren Aufstellung ja den demokratisch gewählten Volksvertretern vorbehalten ist, die Beschlüsse, die mehr Ökologie in die Gärten bringen. Dazu fehlt aber den meisten Gemeindevertretern der Mut, denn die Grundstücke lassen sich doch besser ohne irgendwelche Öko-Auflagen verkaufen.

Durchaus nachvollziehbar nennt der Landesverband Haus und Grund das Urteil einen starken Eingriff in die Eigentumsrechte. Offenbar hat die Gemeinde in diesem Fall systematisch alle Vorgärten in ihrem Zuständigkeitsbereich als eine Art Gartenpolizei untersucht, was nun gute Gärten und was schlechte Gärten sind. Dabei legt eine andere Vorschrift im gleichen Gesetz fest, dass nicht überbauten Flächen von Baugrundstücken so herzurichten und zu unterhalten sind, dass sie nicht verunstaltet wirken und auch ihre Umgebung nicht verunstalten. Was das wohl ist? Ermessenssache.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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