Gehölzsortimente der Zukunft
von: Dr. Philipp SchönfeldDer Klimawandel wirkt sich nicht nur auf die Wälder und das öffentliche Grün (Straßenbäume!) aus, sondern beeinflusst auch die Pflanzenverwendung im Privatgarten. In Bezug auf Stauden, die selten älter als circa 20 Jahre werden, fällt die Anpassung leicht. Da rücken in Zukunft die Arten aus den Lebensbereichen Fr1, FS, SH, Gr1 und G1 in den Vordergrund. Schwieriger ist es hingegen bei den Gehölzen, die meist mehrere Jahrzehnte alt werden. Da ist eine vorausschauende Planung erforderlich.
In Veitshöchheim in Unterfranken sind die Auswirkungen des Klimawandels besonders deutlich spürbar. Das zeigen die Klimadaten aus Würzburg eindrucksvoll. Während der Jahresdurchschnitt (1961 bis 1990) bei sieben Hitzetagen (Tageshöchsttemperatur von mindestens 30 °C) lag, waren es in den außergewöhnlich heißen Sommern der letzten Jahre 31 Tage (2015), 36 Tage (2018) und 27 Tage (2019). Die Niederschlagssummen in der Vegetationsperiode von April bis Oktober hatten in den drei genannten Jahren bei lediglich 220 bis 306 Millimeter gelegen.
Viele der beliebten Ziersträucher wie Deutzien, Pfeifensträucher, Forsythien, Weigelien, Magnolien, Hortensien, viele Viburnum-Arten usw. benötigen zur guten Entwicklung frische Böden. Auf Wassermangel und längere Trockenperioden reagieren sie empfindlich und müssen zusätzlich gewässert werden. Das wird spätestens dann problematisch, wenn von Seiten der Behörden bei Wasserknappheit Gießverbote verfügt werden. Das Gehölzsortiment für Hausgärten muss sich also wandeln.
Es gilt Pflanzen zu finden, die für solche, durch den Klimawandel in Zukunft vermutlich immer häufiger auftretende, extrem heiße und trockene Sommer geeignet sind. Hilfestellung bei der Suche bieten diverse wissenschaftliche Untersuchungen und Quellen: zum Beispiel die Untersuchung von Roloff u. a. (2008), die im Auftrag des BdB erarbeitet wurde, oder die Lebensbereiche der Gehölze nach Kiermeier (1995). Dort sind in den Lebensbereichen 2 (Auen- und Ufergehölze, Gehölze feuchter Lagen), 3 (Artenreiche Wälder und Gehölzgruppen, Gehölze gut nährstoffversorgter Böden) und 6 (Steppengehölze und Trockenwälder, Gehölze warm-trockener Lagen) in Verbindung mit den entsprechenden Ziffern für die Bodenfaktoren viele vielversprechende Arten zu finden.
Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit allein reichen als Kriterien aber nicht aus. Angesichts der aktuellen Bedeutung des Themas "Biodiversität" sollten diese Arten auch Nahrung und Lebensraum für Tiere bieten. Die oft zu beobachtende Reduzierung der Biodiversität auf Blüten und blütenbesuchende Insekten greift meines Erachtens zu kurz. Schließlich stellen auch die Früchte ein Nahrungsangebot dar, das insbesondere von Vögeln und Kleinsäugern gern genutzt wird. Darüber hinaus dienen die Gehölze im Garten auch als Schutz- und Aufenthaltsraum zum Beispiel zur Fortpflanzung.
Neben den oben angegebenen Kriterien müssen die Gehölze natürlich nach wie vor ihre Rolle im Rahmen der Gartengestaltung erfüllen. Die Gärten werden tendenziell eher kleiner und damit der Platz für Pflanzungen knapper. Mit der Verwendung von Arten wie beispielsweise Forsythien, die nur einen Schmuckaspekt im Jahr bieten und den Rest des Jahres "nur" grün sind, ist der Platz schlecht genutzt. Viel besser ist es, Arten zu pflanzen, die mehrere Schmuckaspekte im Jahr bieten, das heißt, die neben der Blüte noch dekorative und essbare Früchte, duftenden Blüten oder Blätter, eine auffällige Herbstfärbung oder eine besondere Rindenfarbe/-struktur aufweisen. Auf diese Weise wird der knappe Platz gestalterisch optimal genutzt - Biodiversität und Gestaltung gehen Hand in Hand.
Die Tabelle enthält eine Auswahl von Sträuchern (entsprechende Bäume wären ein extra Thema), die diese Kriterien in verschiedenen Kombinationen alle erfüllen.
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Angesichts der Forderung nach Trockenheitsverträglichkeit überrascht es nicht, dass der Großteil der aufgeführten Arten aus den Lebensbereichen 2.5, 3.1 und vor allem 6.3 stammt. Einige wenige Arten kommen aus anderen Lebensbereichen, aber mit ähnlichen Standortbedingungen. Entscheidend für eine gute Entwicklung sind aber immer die Standortbedingungen vor Ort! Die 90 Arten bieten für die Gestaltung ein breites Spektrum in Bezug auf Wuchshöhe und -form, Blütezeit und -farbe, Früchte etc. Auf die Aufzählung der mitunter zahlreichen Sorten wurde hier aus Platzgründen verzichtet. Diese erweitern noch einmal erheblich das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Drittel der Arten in der Tabelle sind heimisch und entsprechend in Fettdruck hervorgehoben.
Nachfolgend werden einige Gattungen näher beschrieben, die die nötigen Anforderungen in besonderen Maße erfüllen und/oder in Zukunft mehr erfahren sollten.
Amelanchier: Die Kupfer-Felsenbirne (A. lamarckii) erfreut sich derzeit großer Beliebtheit. Sie bevorzugt allerdings eher frische Standorte. Angesichts des Klimawandels sollten in Zukunft verstärkt die drei Arten A. alnifolia, A. ovalis und A. spicata häufiger gepflanzt werden. Alle genannten Arten blühen im April, bilden essbare Früchte aus und fallen durch eine intensive Herbstfärbung auf. Mit ihrem aufrechten Wuchs eignen sie sich gut für enge Standorte. A. alnifolia ist die Art mit den leckersten Früchten und wird in den USA und Kanada erwerbsmäßig angebaut, zum Beispiel in den Sorten Greatberry Aroma, Greatberry Garden, Greatberry Farm und Saskatoon Berry. Diese und andere Sorten werden inzwischen auch in Deutschland angeboten.
Berberis: Die Potentiale dieser großen Gattung sollten in Zukunft verstärkt berücksichtigt werden. Viele der bei uns verwendbaren Arten sind anspruchslos in Bezug auf ihre Standortansprüche. Sie wachsen auf unterschiedlichen Bodenarten und sind anpassungsfähig an den pH-Wert. Insbesondere die immergrünen Arten wachsen auch an halbschattigen oder schattigen Standorten noch gut. Im Frühjahr schmücken sie sich mit gelben oder orangegelben Blüten. Viele Arten bilden essbare Früchte aus, die sich frisch oder getrocknet vielseitig verwenden lassen. Die unterschiedlich ausgeprägte Bedornung macht den Umgang mit Berberitzen mitunter schwierig. Andererseits sind sie gerade deshalb auch hervorragende Nist- und Schutzgehölze für Vögel und Kleinsäuger. Neben der Verwendung in Einzelstellung oder für gemischte Hecken eignen sie sich auf Grund ihrer Schnittverträglichkeit auch für nahezu undurchdringliche Schnitthecken. Durch das breite Arten- und Sortenspektrum gibt es für jede gewünschte Heckenhöhe - von der Einfassungs- bis zur Sichtschutzhecke - geeignete Arten und Sorten.
Cotoneaster: Die Felsenmispeln haben seit vielen Jahren ein schlechtes Image. Schuld daran sind unter anderem die massenhafte und unreflektierte Verwendung der Bodendecker-Sorten in der Vergangenheit sowie ihre Anfälligkeit für den Feuerbrand. Andererseits handelt es sich um anpassungsfähige und widerstandsfähige Arten. Die kleinen Blüten sind für sich genommen nicht besonders auffallend. Das gleichen sie aber durch ihre Fülle aus. Gestalterisch wirksamer sind jedoch die roten Früchte, die in wirkungsvollen Kontrast zu den (immer)grünen Blättern stehen und gern von den Vögeln gefressen werden. Die laubabwerfenden Arten rücken durch ihre Herbstfärbung zum Ende der Saison noch einmal in den Vordergrund. Die unterschiedlichen Wuchshöhen und -formen ermöglichen eine vielseitige und differenzierte (!) Verwendung.
Elaeagnus: Von Elaeagnus gibt es viele interessante Arten und Sorten, die zum Teil ebenfalls leckere Früchte tragen. Die sommergrünen Arten sind anspruchslos und wachsen auch auf armen Böden während die Immergrünen höhere Ansprüche an den Standort stellen. Die mit silbrigen oder rostfarbenen Schuppen oder Sternhaaren besetzten Triebe und Blätter sind bereits ein Hinweis auf ihre Trockenheits- und Hitzeverträglichkeit und verbreiten ein mediterranes Flair. Auch wenn die kleinen Blüten nicht sonderlich ins Auge fallen so sind sie doch bei den Bienen sehr beliebt. Die Früchte sind mehlig-fleischig oder aber saftig. Wer Wert auf essbare und wohlschmeckende Früchte legt sollte bevorzugt E. multiflora oder besser noch E. umbellatus in den Sorten 'Serinus' oder 'Turdus' pflanzen.
Rosa: Im Lichte der oben formulierten Kriterienliste rücken viele heimische Wildrosen-Arten in den Fokus von denen leider nur wenige zum Standardsortiment der Baumschulen zählen. Mit ihren einfachen Schalenblüten wirken sie zwar nicht so prächtig wie die vielen gezüchteten Sorten mit den oftmals gefüllten Blüten, aber dafür sind sie in ihren Ansprüchen an den Standort auch deutlich bescheidener. In Bezug auf die Wuchsgröße und -form reicht das Spektrum vom großen 3 Meter hohen Strauch bis zum Kleinstrauch und sogar Bodendecker. Sie lassen sich als Solitäre, in Gruppen oder zusammen mit anderen Gehölzarten in gemischten freiwachsenden Hecken einsetzen. In der Regel bevorzugen sie einen lehmigen, tiefgründigen Boden, der durchaus auch steinig sein darf. Einzelne Arten haben spezielle Standortansprüche, die zu beachten sind. Bis auf wenige Ausnahmen sollte der Standort sonnig sein. Im Spätsommer und Herbst schmücken sie sich mit (meist) roten Hagebutten, die sich in der Küche vielseitig verwerten lassen. Sie stellen aber auch eine wertvolle Nahrung für Vögel und Kleinsäuger dar.
Tamarix: Die Tamarisken sind elegante, aparte und etwas fremd wirkende Sträucher, die in den Gärten bisher selten zu finden sind. Viele kennen sie wahrscheinlich von den Urlaubsaufenthalten am Mittelmeer, wo sie oft in Küstennähe anzutreffen sind. Im Alter entwickeln sie sich mitunter zu sehr malerischen Gehölzgestalten. Ihre schuppenartigen Blätter sind so ganz unterschiedlich als die der "üblichen" Sträucher. Die Vergesellschaftung mit anderen Gehölzen und Stauden ist deshalb etwas schwierig und verlangt Fingerspitzengefühl. Geeignete Partner unter den Gehölzen wären zum Beispiel Caryopteris, Elaeagnus-Arten, Hippophae, Pyrus salicifolia, Buddleia alternifolia, Perovskia, Rosa sweginzowii oder Salix rosmarinifolia. Passende Begleiter unter den Stauden wären zum Beispiel Artemisia pontica und A. ludoviciana, Eryngium alpinum, Echinops ritro, Echinacea pallida, Nepeta faassenii, Stachys lanata, Festuca mairei oder Helictotrichon sempervirens. Mit solchen Kombinationen schafft man ein mediterranes Ambiente im Garten.
Literatur
P. Kiermeier (1995). Die Lebensbereiche der Gehölze. 3. Auflage, Verlagsgesellschaft Grün ist Leben
Roloff u. a. (2008): Klimawandel und Gehölze. Bund deutscher Baumschulen (Hrsg.)
Roloff, A. und Bärtels, A. (2014): Flora der Gehölze. 4. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
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