Ökonomisch betrachtet

„Verdammt langweilig“…

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… lässt Elon Musk mit Blick auf das diesjährige Welt-Wirtschafts-Forum in Davos verlautbaren. Insofern wird er wohl nicht mitdiskutieren. Ein bisschen Recht hat er aber schon, wenn man die Themen betrachtet, die auf der Agenda stehen. Auch wenn der Veranstalter in gewohnt überschwänglicher Art von einer noch nie da gewesenen Situation mit mehreren Krisen gleichzeitig spricht, wie ihn das Handelsblatt zitiert, sind es doch wieder die gleichen Themen: Deglobalisierung (Protektionismus), Klimawandel (Nachhaltigkeit) und dazu der Ukraine-Krieg mit der Energiekrise, die sich in Erstgenanntes einreihen.

Offenbar sind es aber gerade die Milliardäre und Konzerne, die laut eines Berichts eines Verbunds verschiedener Nothilfe- und Entwicklungsorganisationen (OXFAM) von den aktuellen Krisen profitieren. Diskutieren hier also die richtigen über die drängendsten Themen der heutigen Zeit? Das ist vor allem fraglich, wenn, wie schon im letzten Jahr, gerade die einflussreichsten Akteure der Politik wie der US-Präsident oder Chinas Staats-Chef mit Abwesenheit glänzen und so ihr Desinteresse kundtun.

Nur Olaf Scholz ist als einziger G7-Staatschef vor Ort. Vielleicht ist das auch dringend nötig, wenn man einer aktuellen Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen Glauben schenken will. Danach liegt Deutschland im internationalen Standortranking auf Platz 18 von 21. Andere Studien sehen das nicht so kritisch, die Einschätzung lässt jedoch aufhorchen.

Dabei ist nicht alles schlecht: Zum Beispiel im Bereich Finanzierung landet Deutschland auf Platz eins, d.h. Staat und Haushalte sind im internationalen Vergleich wenig verschuldet. Einerseits kann der Staat so auf Krisen mit "Doppelwums" reagieren, andererseits bricht der Konsum in Krisen nicht sofort ein, wie die Kauflaune der Bundesbürger in der Corona-Zeit und auch im Krisenjahr 2022 gezeigt hat. Allerdings ist die Sparquote 2022 um ein Viertel gesunken. Es geht also an die Substanz, die aber durchaus da ist. Für den GaLaBau ist das ein gutes Zeichen, denn der Branchenumsatz hängt direkt mit dem Konsum zusammen. Zu bedenken ist allerdings, dass dieser nicht mehr so stark wächst und sich negativ korrelierte Wirtschaftszweige wie die Reisebranche inzwischen wieder hoher Nachfrage erfreuen.

Auch im Bereich Infrastruktur und Institutionen rangiert Deutschland auf den vorderen Plätzen. Besonders um die Korruptionsbekämpfung und die Information und Kommunikation steht es, anders als oft bemängelt, im Vergleich gut.

Auf den hinteren Plätzen rangiert Deutschland dagegen im Bereich Steuern, Arbeit, Regulierung und Energie. Der Aspekt Energie ist bereits zu genüge Gegenstand der Diskussion.

Der Bereich Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital macht zusätzlich nachdenklich. Vor allem bei der allgemeinen Bildung und den Arbeitskosten ist Deutschland Schlusslicht und im Vergleich mit Westeuropa, Japan und den USA liegt Deutschland bei der Produktivität ebenfalls ganz hinten. Ein Stück weit drängt sich der Eindruck auf, dass ein Zusammenhang zwischen schlechtem Bildungsniveau und der schwachen Produktivität besteht. Der vorhandene Fachkräftemangel unterstreicht diese Wahrnehmung. Gut, dass Arbeitsminister Hubertus Heil bezahlte Bildungszeiten (Weiterbildungsgesetz) auf den Weg bringen will.

Wenn da nicht die hohen Arbeitskosten wären. Diese belasten die Betriebe und treiben bei gleichzeitig hoher Nachfrage die Preise, auch wenn die Arbeitskosten im deutschen Baubereich noch vergleichsweise moderat ausfallen.

Im internationalen Vergleich bestätigt sich auch das Gefühl vieler Unternehmerinnen und Unternehmer im Hinblick auf die überbordende Regulierung, denn besonders weit abgeschlagen liegt Deutschland bei der Regulierung im laufenden Geschäftsbetrieb.

Kein Land der Vergleichsgruppe bietet im Übrigen schlechtere Rahmenbedingungen für die Mitarbeitenden in Bezug auf Ressourcen wie zum Beispiel Büroausstattung, Aus- und Weiterbildung (s. o.) oder Informations- und Mitbestimmungsrechten bei betrieblichen und unternehmerischen Entscheidungen.

Beim Thema Steuern ist einerseits die Komplexität zu bemängeln. Dieser Aspekt überrascht sicher weniger. Speziell aber in Sachen Steuerbelastung beziehungsweise Kapitalabfluss im Erbfall gibt es deutliche Defizite im Vergleich mit anderen Ländern (Platz 20 von 21). In Anbetracht der vielen, familiengeführten Unternehmen im GaLaBau ein nennenswerter Aspekt.

Nun wird ja oft beklagt, dass derart schlechte Standortfaktoren zu Abwanderung führen können. Diese Sorge kann man der Politik sicher nehmen. Die Betriebe sind der Situation schlicht ausgeliefert. Die Verlagerung des Standortes stellt im sehr lokal tätigen und durch KMU geprägten GaLaBau keine Option dar. Es wäre aber nur fair, dass Rahmenbedingungen, die offenbar in anderen Ländern besser gestaltet werden können, auch in Deutschland angepasst werden.

Ach ja, und dann wären da ja auch noch die globalen Krisen zu lösen. Doch gar nicht so langweilig. Und wie Robert Habeck, angesprochen auf seinen Besuch in Davos anmerkt: Bei aller Kritik ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben, damit internationale Probleme gelöst werden können.

Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen

h.meinen@kullmann-meinen.de

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Autor

Leiter des Instituts für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb), Hochschule Osnabrück

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