Der Kommentar

Wo ist der Fehler?

von:
Menschen, die Entscheidungen treffen müssen, befinden sich immer öfter in dem Dilemma, es jedem recht machen zu wollen.

So liefert die Bundesrepublik Deutschland nach intensivem Drängen der Nachbarn moderne Kampfpanzer in die Ukraine – wobei die drängelnden Nachbarn jetzt selber gar nicht mehr liefern wollen – , und gleichzeitig finanziert die gleiche Bundesrepublik Putins Krieg mit dem Erwerb von recht teurem Gas. Das Volk wünscht sich halt beides.

Die Produktion von Flüssiggas durch Fracking will zurzeit in Deutschland niemand genehmigen, weil die Risiken für die Umwelt und die Anlieger zu hoch erscheinen. Am – im neuen Deutschlandtempo gebauten – LNG-Terminal in Wilhelmshaven wird in den nächsten Jahren aber sehr viel Fracking-Gas anlanden. Ein Widerspruch?

Auch der Atomausstieg ist nur auf deutschem Boden gelungen. Der nunmehr zum Staatskonzern erhobene Uniper-Konzern hält mehrheitliche Anteile an Atomkraftwerken in Schweden und verdient damit scheinbar sehr viel Geld. Kann das Zufall sein?

Auch die Gewinnung von Lithium für die Produktion von Batterien für die Mobilitätswende findet nicht hier statt, sondern vernichtet in unglaublichem Umfang einmalige Landschaften, beispielsweise in Chile. Alles, damit wir die Mobilitätswende schaffen, auch wenn der Strom zum größten Teil (noch) mittels Stein- und Braunkohle erzeugt wird.

Zugegeben, die Darstellung ist deutlich überspitzt und bildet die tatsächliche Komplexität bei weitem nicht ab. Auch habe ich keine bessere Lösung, schlüssig ist es irgendwie trotzdem nicht.

Aktuell verlangen Verbände, neben den vielen guten und richtigen Forderungen, in einer Stellungnahme zur Transformation des Vergaberechts durchaus nachvollziehbar weniger Bürokratie bei den Vergabeverfahren. Auch bei solchen, die durch die Einbindung von Nachhaltigkeitsaspekten entstehen könnten. Wo es dann aber doch mehr Bürokratie sein darf, ist beim Preis, denn hier soll endlich wirklich das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag bekommen. Aber wie soll das ohne Verkomplizierung des Verfahrens gehen?

Nicht zuletzt erscheint aktuell die Bildungspolitik gespalten. Der Mangel an Lehrern, auch an berufsbildenden Schulen, wird immer größer. Gleichzeitig wird Ingenieuren von vielen Betrieben eindringlich davon abgeraten, einen Abschluss als Master zu machen. Den Masterabschluss aber braucht man, um beispielsweise als Lehrer an einer Berufs- oder Fachschule als Seiten- oder Quereinsteiger tätig werden zu können. Wäre es nicht besser, dafür Werbung zu machen, damit die Berufsausbildung funktionieren kann?

Quer- oder Seiteneinsteiger möchten die Kultusministerien der Länder nach deren Regelungen nur ungern in den Schuldienst aufnehmen. Die Schulen selber nehmen praxiserfahrene Ingenieure meist viel lieber, weil diese die gleiche Sprache sprechen, wie sie die Auszubildenden von der Baustelle kennen. Praktiker oder Pädagogen? Beides ist wohl noch schwieriger zu bekommen.

An allen Stellen treffen wir auf gegenläufige Ziele, die uns in ein Dilemma führen. Wer diesen Fehler erkennt, hat vielleicht die Lösung.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

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