Der Kommentar

Ein ganz Großer im Landschaftsbau ist gegangen

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Der Landschaftsbau trauert um Alfred Niesel, der im Alter von 99 Jahren verstorben ist.

Er hat an dieser Stelle über zwölf Jahre mit seinen Kommentaren die Diskussion in der Branche befördert und immer wieder den Finger in Wunden gelegt. Vor allem in die Wunden bei den öffentlichen Auftraggebern aber auch bei den Kollegen in den Planungsbüros, denen die bautechnisch einwandfreie Detailplanung und der saubere Vertrag nicht so wichtig waren. Dabei war er selbst nach seinem Studium an der Universität Hannover zunächst als Landschaftsarchitekt tätig. Er hat aber auch einige Jahre im Landschaftsbau bei Firma Fabrizius in Essen gearbeitet.

An der Höheren Gartenbauschule Osnabrück (HGO), wie die heutige Hochschule Osnabrück damals hieß, hat er viele Aufgaben in der Lehre übernommen, in der Nachfolge von Richard Lehr die Vermessungstechnik, aber auch in der Gestaltungslehre war er tätig. Ein Lehrer musste damals eben alles können. Auf die Frage, warum er sich dann so für den Baubetrieb eingesetzt hat, hat er mir einmal zwei Gründe genannt. Zum einen wollte das kein anderer machen und, das war die eigentliche Motivation, er hat die Menschen gemocht, die Chefs der Firmen, die mit der Aufbruchsstimmung der späten Nachkriegszeit etwas in die Hand genommen haben. Oft ganz ohne Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre, der Kalkulation oder vom privaten Baurecht.

Der Grund, dass daraus eine Leidenschaft geworden ist, waren Begegnungen und Zufälle. Im GaLaBau Landesverband Baden-Württemberg ist nach einem Kalkulationsseminar die Kalkulationskartei entstanden. Zwei Kunststoffboxen mit Karteikarten, in denen die gesammelten Zeitansätze niedergelegt waren und, auch das war Niesel ganz wichtig, die eigenen Erfahrungen ergänzt werden konnten, ein lernendes System. Heute würde man KVP, kontinuierlicher Verbesserungsprozess oder Lean Management dazu sagen. Sein letztes Buch hat er mit uns in diesem Verlag noch 2020 im Alter von 95 Jahren veröffentlicht.

Als nach der Gründung der Hochschule plötzlich Geld zur Verfügung stand, war Alfred Niesel mit seinen engen Kollegen schneller als alle anderen. So hat er die Chance genutzt, den Landschaftsbau in der Lehre deutlich auszubauen. Das war der Grundstein für die heutige Akademisierung des Landschaftsbaus. Sein Ziel war es, aus der Landespflege heraus, so nannte man dieses Studium bis Mitte der neunziger Jahre, dem Landschaftsbau eine eigene Heimat an einer Fachhochschule zu geben. Heute haben wir in Deutschland wie selbstverständlich Bachelor- und Masterstudiengänge für den Landschaftsbau. Im Beirat der Landschaftsbaustudiengänge in Osnabrück durften wir Alfred Niesel für den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern bis 2020 bei uns haben. Dort hat er auch noch mit 97 Jahren brillant gute Ideen und Lösungen eingebracht. Wir werden diese sehr vermissen.

Es ist nicht möglich das Leben von Alfred Niesel in 3.000 Zeichen unterzubringen, deshalb bleibt mir an dieser Stelle nur, so wie es seine Familie gemacht hat, einem klugen Menschen, der sich für Menschen und deren Probleme eingesetzt hat und immer versucht hat Lösungen zu finden, Danke zu sagen. Wir werden ihn nicht vergessen.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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